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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.11.2022

Bewegend und melancholisch

Zur See
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Inhalt: Auf einer kleinen, weit entfernt vom Festland gelegenen Nordseeinsel, lebt seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Nach alter Tradition fahren die Männer der Familie zur See. Hanne und Jens Sander ...


Inhalt: Auf einer kleinen, weit entfernt vom Festland gelegenen Nordseeinsel, lebt seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Nach alter Tradition fahren die Männer der Familie zur See. Hanne und Jens Sander haben drei Kinder auf dieser Insel großgezogen. Hanne war oft allein mit den Kindern, während Jens auf einem Schiff unterwegs war. Und dann, vor etwa zwanzig Jahren, hat Jens seine Familie verlassen und auch die Seefahrt aufgegeben um ganz einsam als Vogelwart zu arbeiten, während Hanne mit den Kindern zurück blieb. Auch der älteste Sohn Ryckmer, inzwischen schon längst erwachsen, hat nach einem schlimmen Sturm auf See sein Kapitänspatent abgegeben. Er fürchtet sich vor einer großen Flutkatastrophe und sucht Trost im Alkohol. Seine Schwester Eske arbeitet im Seniorenheim und entspannt bei lauter Death und Heavy Metal Musik. Nur Henrik, der jüngste Bruder, scheint zufrieden zu sein. Er liebt das Meer und den Strand, sammelt Treibgut und baut daraus skurrile Kunstwerke. Keiner der Sanders schafft es, die Insel für längere Zeit zu verlassen.

Meine Meinung: Ein Jahr lang begleiten wir die Familie Sander, sowie den Inselpastor und einige andere etwas kauzige Inselbewohner. Der Erzählstil von Dörte Hansen ist sehr besonders. Poetisch, ruhig und unaufgeregt, dabei sehr eindringlich und bildgewaltig, erzählt sie aus der Sicht der Inselbewohner von dem steten Wandel des Lebens und der Traditionen auf der Insel. Auch die Einheimischen passen sich zwangsläufig der neuen Zeit an und verdienen ihr Geld mit den Touristen, die in der Urlaubssaison die Insel überschwemmen. Erst in den Wintermonaten kehrt wieder Ruhe ein und das Leben nimmt seinen „normalen“ Gang.
Die Autorin beschreibt ihre Charaktere sehr warmherzig, aber keiner von ihnen ist glücklich oder zufrieden mit seinem Leben und es entsteht eine bedrückende und melancholische Stimmung. Auch das Ende habe ich als sehr traurig empfunden.

Fazit: Eine großartig erzählte Geschichte, die genau die richtige Länge hat. Bewegend und melancholisch.

Veröffentlicht am 24.10.2022

Interessant und atmosphärisch

Das Leuchten der Rentiere
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Inhalt: Die kleine Elsa ist Sámi und erst neun Jahre alt, als sie am Rentiergehege ihrer Familie zufällig einem Mann begegnet, der nur kurz zuvor ihr kleines Rentierkalb getötet hat. Ohne ein Wort zu sagen, ...

Inhalt: Die kleine Elsa ist Sámi und erst neun Jahre alt, als sie am Rentiergehege ihrer Familie zufällig einem Mann begegnet, der nur kurz zuvor ihr kleines Rentierkalb getötet hat. Ohne ein Wort zu sagen, macht der Mann ein unmissverständliches Zeichen, mit dem er Elsa schreckliche Konsequenzen androht, sollte sie ihn verraten. Von nun an lastet dieses große Geheimnis schwer auf ihrer Seele, vor allem, weil das Töten der Rentiere nicht aufhört Die Anzeigen der Rentierzüchter bei der Polizei werden nicht wichtig genommen und verlaufen ins Leere. Erst viele Jahre später ergibt sich für Elsa die Gelegenheit für Gerechtigkeit zu sorgen.

Meine Meinung: Die Autorin Ann- Helén Laestadius ist gebürtige Samin und gibt einen sehr interessanten Einblick in das Leben und die Kultur der Sámen. Sie hat diese Geschichte in drei Teile unterteilt. In Teil 1 ist Elsa erst neun Jahre alt, dann gibt es im nächsten Teil einen Zeitsprung von zehn Jahren und Teil 3 spielt dann noch einmal zwei Jahre später. Der Schreibstil ist eher ruhig, oft eindringlich, an einigen Stellen aber leider auch etwas zäh und ich kam nur relativ langsam mit dem Lesen voran.
Die Protagonistin Elsa wird im Lauf der Geschichte erwachsen und ist mir wirklich ans Herz gewachsen. Ich fand ihre Entwicklung vom Kind zur mutigen Frau sehr beeindruckend. Aber auch die anderen Charaktere werden anschaulich und authentisch beschrieben.
Die Schauplätze konnte ich mir durch die detailierten Beschreibungen sehr gut vorstellen und auch die bedrückende und düstere Atmosphäre der langen dunklen, kalten und schneereichen Wintermonate wird sehr deutlich geschildert. Dazu kommen die Ungerechtigkeiten der Polizei und der anderen Dorfbewohnern den Samen gegenüber, sowie die anhaltende Tierquälerei und Wilderei. Nicht jeder der Rentierhalter hält diesen psychischem Druck auf Dauer stand. Im letzten Viertel des Buches nimmt die Spannung dann deutlich zu und das Ende hat mir gut gefallen.

Fazit: „Das Leuchten der Rentiere“ ist ein ganz besonderes Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte. Es beschreibt ungeschönt das Leben der sámischen Rentierhalter im nördlichen Schweden und deren häufige Konfrontation mit Wilderei und Rassismus, aber ebenso die Schönheit der Natur. Ich habe das Buch trotz einiger Längen gerne gelesen und die Geschichte werde ich sicher noch eine ganze Zeit im Gedächtnis behalten

Veröffentlicht am 07.10.2022

Gelungene Fortsetzung mit sympathischen Protagonistinnen

Wer mit den Toten spricht
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Inhalt: Die 25-jährige Cassie Raven ist Sektionsassistentin der Gerichtsmedizin. Seit ihrem 4. Lebensjahr glaubt sie, dass ihre Eltern gemeinsam bei einem Verkehrsunfall gestorben sind. Nach einem Schlaganfall ...

Inhalt: Die 25-jährige Cassie Raven ist Sektionsassistentin der Gerichtsmedizin. Seit ihrem 4. Lebensjahr glaubt sie, dass ihre Eltern gemeinsam bei einem Verkehrsunfall gestorben sind. Nach einem Schlaganfall möchte ihre Großmutter nun ihr Gewissen erleichtern und gesteht, dass sie jahrelang gelogen hat, denn Cassies Vater Callum lebt noch. Er wurde zu siebzehn Jahren Gefängnis für den brutalen Mord an ihrer Mutter verurteilt. Cassie ist fassungslos. Doch dann meldet sich er sich kurze Zeit später bei ihr und beteuert seine Unschuld. Mithilfe von Phyllida Flyte beginnt Cassie zu recherchieren und hofft, die Unschuld ihres Vaters beweisen zu können.

Meine Meinung: „Wer mit den Toten spricht“ ist bereits der 2.Fall für Cassie und Flyte und problemlos ohne Vorwissen zu lesen.
Cassie ist nicht gerade die typische Sektionsassistentin und aufgrund ihres Aussehens wird sie schnell unterschätzt und in eine Schublade gesteckt, in die sie nicht gehört, denn sie ist noch sehr jung, trägt Gothic Look mit Gesichtspiercings und Tatoos. Mit sehr viel Respekt behandelt sie die ihr anvertrauten Toten und spricht sogar mit ihnen, was ihr oft beim Erkennen der Todesursache hilft. Auch den lebenden Menschen gegenüber zeigt sie viel Empathie und auch die Liebe zu ihrer Großmutter wird sehr deutlich. Ich finde Cassie äußerst zielstrebig, liebenswert und sympathisch. Flyte dagegen ist immer korrekt gekleidet und frisiert und wirkt sehr kühl. Doch vieles ist nur Fassade, denn die Todgeburt ihrer kleinen Tochter macht ihr noch schwer zu schaffen. Auch Flyte mag ich sehr gern. Obwohl sie so unterschiedlich sind, schätzen sich die beiden Frauen und fühlen sich voneinander angezogen.
Der Schreibstil ist lebendig und lässt sich flüssig lesen. Die Handlung würde ich eher als ruhig und auch nicht als übermäßig spannend bezeichnen. Gut gefallen haben mir die Beschreibungen von Cassies Arbeit in der Gerichtsmedizin und die Erkenntnisse, die sie daraus gezogen hat. In einer Nebenhandlung lässt Cassie der angebliche Selbstmord eines Jugendlichen keine Ruhe und sie stellt auf eigene Faust Nachforschungen an.
Gerne habe ich Cassies und Flytes Spurensuche verfolgt, bei der ich miträtseln konnte und einige falsche Vermutungen hatte. Die Auflösung war dann überraschend für mich.


Fazit: Eine gelungene Fortsetzung in der die liebenswerte Cassie in eigener Sache ermittelt. Ich freue mich auf den nächsten Fall.

Veröffentlicht am 30.09.2022

Spannender Mystery-Thriller mit leichten Schwächen

SCHNEE
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Inhalt: 4 Freunde planen eine abenteuerliche Tour im harten und schneereichen Winter im isländischen Hochland. Doch dann kommt alles überraschend anders… . Ein Rettungsteam sucht nach den Vermissten und ...

Inhalt: 4 Freunde planen eine abenteuerliche Tour im harten und schneereichen Winter im isländischen Hochland. Doch dann kommt alles überraschend anders… . Ein Rettungsteam sucht nach den Vermissten und macht unerklärliche Entdeckungen. Was ist den Freunden passiert?

Meine Meinung: Yrsa Sigurdardóttir erzählt ihre gruselige Geschichte auf drei verschiedenen Perspektiven und auf zwei Zeitebenen - denn die Erlebnisse der Wanderer spielen einige Tage zuvor. Der Schreibstil der Autorin lässt sich wie gewohnt schnell und flüssig lesen. Ihre Beschreibungen der dunklen, kalten und schneebedeckten isländischen Landschaft sind wunderbar anschaulich beschrieben, so dass man fast die Kälte, so wie auch die düstere und unheimliche Atmosphäre beim Lesen spüren kann. Das Erzähltempo ist ruhig, einige Passagen empfand ich sogar als etwas langatmig, doch am Ende vieler Kapitel gibt es einen kleinen Cliffhanger, so dass ich immer wissen wollte, wie es in diesem Handlungsstrang weitergeht.
Zum einen ist da Jóhanna, die ehrenamtlich bei der Rettungswacht arbeitet und nach den vermissten Freunden sucht. Jóhanna findet zusammen mit ihrem Partner die Pjórir die erste Leiche. Sie ist mit dem Polizisten Geiri verheiratet, so dass sie weitgehend über den Stand der Ermittlungen informiert ist. Vor kurzem haben sie zusammen ein Haus gekauft.
Hjövar ist ein Eigenbrötler, der sich von seinen Freunden und seiner Familie immer mehr zurückzieht. Er arbeitet auf einer abgelegenen Radarstation, meistens nur mit einem zugelaufenen Kater als Gesellschaft. Immer häufiger kommt es während seines Dienstes in der einsamen Station zu unheimlichen Vorkommnissen, die ihn nicht zur Ruhe kommen lassen.
Der 3.Handlungsstrang erzählt von den Erlebnissen der vier Freunde und ihrem Führer Haukúr. Nur ganz langsam laufen die losen Fäden der drei Handlungsstränge zusammen und auch die Spannung und der Grusel nehmen immer weiter zu. Doch dann hat mich die abrupte, kurz abgehandelte und meines Empfindens unwahrscheinliche Auflösung sehr enttäuscht, auch wenn es dabei durchaus ein paar Aha-Momente für mich gab.

Fazit: „Schnee“ ist ein Mystery-Thriller mit einer tollen dunklen und kalten Atmosphäre, bei dem mir besonders die gruseligen Momente gefallen haben. Das Ende fand ich dagegen schwach.
Andere Thriller der Autorin haben mich (noch) mehr begeistern können.

Veröffentlicht am 14.09.2022

Das blaue GIftfläschchen

Die versteckte Apotheke
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Inhalt: London 1791: Nach dem Tod ihrer Mutter hat Nella deren Apotheke übernommen, doch inzwischen gibt es hier nicht nur heilende Kräuter, sondern auch todbringende Arzneien. Verzweifelte Frauen können ...

Inhalt: London 1791: Nach dem Tod ihrer Mutter hat Nella deren Apotheke übernommen, doch inzwischen gibt es hier nicht nur heilende Kräuter, sondern auch todbringende Arzneien. Verzweifelte Frauen können bei auch heimlich Gift kaufen, mit dem sie gewalttätige oder untreue (Ehe-) Männer ins Jenseits befördern können. Doch dann erreicht sie eine geheimen Nachricht - die Bitte um ein schnell wirkendes Gift - bei der Nella sofort ein ungutes Gefühl hat. Nur ungern erfüllt sie den Wunsch der Kundin - mit fatalen Folgen für sie.
London, Gegenwart: Eigentlich war die Reise nach London zur Feier ihres 10. Hochzeitstages gedacht, doch kurz vorher erfährt Caroline von der Affaire ihres Mannes. Kurzentschlossen reist sie allein nach London. Schon an ihrem ersten Urlaubstag findet sie beim mudlarking (so nennt man die Schatzsuche im Schlamm der Themse) ein altes blaues Apothekerfläschchen mit der Gravur eines kleinen Bären. Caroline, die Geschichte studiert hat und gerne Historikerin geworden wäre, beginnt sofort zu recherchieren. Dabei kommt sie der versteckten Apotheke auf die Spur…

Meine Meinung: Die Geschichte der versteckten Apotheke wird auf zwei Zeitebenen und aus drei verschiedenen Perspektiven jeweils in der Ich-Form erzählt. Von Caroline, Nella und Eliza. So lernt man alle drei Protagonistinnen noch besser kennen. Der Schreibstil ist flüssig und unterhaltsam und der Einstieg in das Buch fiel mir leicht. Aber obwohl mir das Setting in London sehr gut gefallen hat, hätte ich mir die Atmosphäre im historischen London noch etwas düsterer gewünscht.
Eliza ist ein erst zwölfjähriges Dienstmädchen, das von ihrer Herrin in die Apotheke geschickt wird, um das bestellte Gift abzuholen. Sie ist sofort fasziniert von dem was Nella macht, von den heilenden und den todbringenden Kräutern und Pflanzen, und möchte von ihr lernen. Mit ihren zwölf Jahren ist Eliza noch sehr kindlich und naiv und ich mochte sie gerne.
Nella musste vor vielen Jahren einen schweren Betrug und Verlust verkraften. Das veranlasste sie, die tödlichen Arzneien herzustellen, um anderen Frauen in Not zu helfen. Sie bereitet das Gift ausschließlich für Männer zu, mit Frauen ist sie solidarisch. Nella wirkt nach außen barsch und unfreundlich, doch sie hat einen weichen Kern. Obwohl sie eine Mörderin ist, mochte ich sie und war ich immer auf ihrer Seite.
Auch Carolines Geschichte habe ich gerne gelesen, dabei fand ich die Beschreibungen des mudlarking zu Beginn des Buches besonders interessant. Davon habe ich noch nie gehört. Bei ihren Recherchen macht Caroline eine spannende und spektakuläre Entdeckung, die ich allerdings ziemlich unrealistisch finde. So kommt sie der versteckten Apotheke auf die Spur und findet auch bald eine neue Zukunftsperspektive.
Mir hat gut gefallen, wie Sarah Penner beide Zeitebenen miteinander verknüpft, ebenso wie die Gemeinsamkeiten, die Caroline und Nella haben.
Das Ende ist etwas mystisch angehaucht, was ich für diese Geschichte durchaus passend finde.

Fazit: „Die versteckte Apotheke“ ist ein unterhaltsamer Roman, den ich zwar gerne gelesen habe, aber von dem ich trotzdem mehr erwartet hatte. Trotzdem eine Leseempfehlung.