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Veröffentlicht am 02.06.2018

Häuser aus Salz

Häuser aus Sand
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Die palästinensische Familie Yakoub muss nach dem Einmarsch israelischer Soldaten im Jahr 1948 die Heimat in Jaffa verlassen und findet in Nablus im Westjordanland eine neue Heimat. Für die Kinder ist ...

Die palästinensische Familie Yakoub muss nach dem Einmarsch israelischer Soldaten im Jahr 1948 die Heimat in Jaffa verlassen und findet in Nablus im Westjordanland eine neue Heimat. Für die Kinder ist Jaffa nur eine ferne Erinnerung, ihre Wurzeln bilden sie in Nablus. Doch auch dort ist nur eine Heimat auf Zeit, sie werden aufgrund der politischen Lage in alle Winde zerstreut: Kuwait, Amman, Paris, Boston...

Im ersten Kapitel lernen wir Salma kennen, die ihrer Tochter Alia am Vorabend ihrer Hochzeit aus dem Kaffeesatz liest. Alia ist eine lebenslustige, unkonventionelle junge Frau und eigentlich die Hauptperson des Romans, denn von ihrem Leben erfahren wir am meisten. Am Ende ist sie eine verwirrte alte Frau, die in der Vergangenheit lebt, aber in lichten Momenten ihre Kinder und Enkel erkennt und sich ihres Alters bewusst wird. Diesen Zyklus eines gelebten Lebens fand ich sehr berührend.

Jedes Kapitel wird von einem anderen Mitglied der Familie erzählt. Dank des vier Generationen umfassenden Familienstammbaums am Anfang des Buchs kann man der teilweise doch verwirrenden Familienkonstellation gut folgen.
Zu Beginn hatte ich ein wenig Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden, doch als ich mit den einzelnen Personen erst einmal vertraut war, wollte ich gar nicht aufhören zu lesen. Am Schluss hätte ich gerne gewusst, wie es mit der vierten Generation weitergeht.

Es ist nicht nur die persönliche Geschichte der Familie Yakoub, der Leser erfährt viel über den Krieg im Nahen Osten und dessen Auswirkungen auf die Bevölkerung. Die persönlichen Schicksale, die hinter den Fernsehbildern stehen, sind einem normalerweise nicht bewusst. Hala Alyan erzählt nicht nur von im Krieg vermissten Söhnen, sondern auch von der Langeweile der Kinder, die sich tagelang mit ihren Familien in den Häusern verschanzen müssen und dem Schicksal zurückgelassener Hausmädchen.

Ich habe dieses Buch mit großem Interesse gelesen. Was ich allerdings ausgesprochen ärgerlich finde, ist die deutsche Übersetzung des Titels. Im englischen Original heißt das Buch „Salt Houses“, wobei im Text auf die „Häuser aus Salz“ Bezug genommen wird. Sie sind ein Sinnbild der verlorenen Heimat, Häuser, die von einer Flutwelle (und nicht der Wüste) davongetragen werden. Weshalb die Übersetzerin der Meinung war, ohne Not „Häuser aus Sand“ daraus zu machen, ist mir rätselhaft. Abgesehen davon ist das Buch jedoch hervorragend und flüssig übersetzt. Eine berührende Familiengeschichte, die darüber hinaus Einblicke in die schwierige politische Situation im Nahen Osten gibt.

Veröffentlicht am 29.05.2018

Was geschah mit Billy?

Sommernachtstod
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Der fünfjährige Billy verschwindet eines Abends spurlos aus dem Garten seiner Eltern. Trotz großangelegter Suche wird er nicht gefunden. Wurde er ermordet oder entführt? Es findet sich keine Leiche, und ...

Der fünfjährige Billy verschwindet eines Abends spurlos aus dem Garten seiner Eltern. Trotz großangelegter Suche wird er nicht gefunden. Wurde er ermordet oder entführt? Es findet sich keine Leiche, und es geht kein Erpresserschreiben ein. Die Mutter zerbricht an dem Unglück und auch über dem Leben der restlichen Familie hängt ein Schatten.
Die ältere Schwester Vera verlässt ihr Elternhaus und das Dorf sobald sie volljährig ist und beginnt als Therapeutin zu arbeiten. Eines Tages taucht in einer ihrer Trauergruppen ein junger Mann auf, der sehr viel über den Fall ihres verschwundenen Bruders weiß. Ist er ein Freund Billys oder etwa Billy selbst? Wenn das der Fall ist, wo war er die ganzen Jahre und wer hat ihn entführt?
Vera, die schon seit Jahren nicht mehr in ihrem Heimatort war, beschließt, ihren Vater und den älteren Bruder Mattias zu besuchen, der mittlerweile Polizist ist. Sie erhofft sich, dass er Einsicht in die Akten von damals hat und sie auf bislang nicht verfolgte Spuren stoßen. Doch nicht alle im Dorf scheinen von dem Gedanken angetan zu sein, nicht einmal der Vater will etwas von Veras Theorie, dass Billy möglicherweise am Leben ist, wissen...
Sommernachtstod ist ein mitreißender und äußerst spannender Krimi. Auch wenn ich einige Beweggründe nicht nachvollziehen konnte, fällt doch am Schluss jedes Puzzleteil an Ort und Stelle und so manches erscheint in einem ganz anderen Licht. Perfekte Urlaubslektüre!

Veröffentlicht am 02.05.2018

Nobelpreisträger, Flüchtlinge und Trojaner

Das Meer löscht alle Spuren
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Auch der zweite Band der Reihe um die Journalistin Nora Sand spielt abwechselnd in Dänemark und London. Der berühmte iranische Schriftsteller und Nobelpreisträger Manash Ishmail, der nach seiner Flucht ...

Auch der zweite Band der Reihe um die Journalistin Nora Sand spielt abwechselnd in Dänemark und London. Der berühmte iranische Schriftsteller und Nobelpreisträger Manash Ishmail, der nach seiner Flucht aus dem Iran in einem dänischen Auffanglager gelandet ist, verlangt, Nora Sand zu sprechen. Nur ihr will er ein Interview geben. Als Gegenleistung soll Nora ihm dabei helfen, seine Frau Amina, die bei der Flucht von ihm getrennt wurde, zu finden. Da die beiden fortan in London leben wollten und dort einen Journalisten als Ansprechpartner haben, ist Manash auf den Namen der Auslandskorrespondentin Nora Sand gestoßen.
Da in Noras Privatleben gerade alles drunter und drüber geht, ist sie froh, sich in ein neues Projekt stürzen zu können. Bald merkt sie jedoch, dass es nicht einfach ist, etwas über Amina in Erfahrung zu bringen. Amina ist zwar in London angekommen, doch dann wurde sie in einer Nacht- und Nebelaktion abgeholt. Möglicherweise eine Verwechslung? In der privaten Flüchtlingseinrichtung, in der sie vermutlich untergebracht wurde, stößt Nora auf eine Mauer des Schweigens. Eine Krankenschwester lässt ihr eine kurze Information zukommen. Die Frau hat offensichtlich Angst, zu Recht, wie sich kurz darauf herausstellt.
Zeitgleich zu ihren Recherchen über Aminas Verbleib soll Nora Sand für ihre dänische Zeitung ein Portrait des bekannten Pharmaunternehmers Erik Biehl schreiben, dessen Firma in Kürze ein bahnbrechendes neues Medikament zur Gewichtsreduktion auf den Markt bringen will. Nora findet heraus, dass es Verbindungen zwischen der Pharmafirma und der Londoner Flüchtlingseinrichtung gibt. Je mehr sie sich mit dem Fall beschäftigt, desto gefährlicher wird die Lage für Nora. Als dann auch noch mehrere wichtige E-mails wie von Geisterhand von ihrem Server verschwinden, merkt Nora, dass sie einer großen Sache auf der Spur ist...
„Das Meer löscht alle Spuren“ ist ein spannender und gut durchdachter Krimi, der mir noch besser gefallen hat als der erste Band der Reihe. Einige Fragen blieben für mich allerdings offen, beispielsweise welche Rolle der dänische Geheimdienst PET in dem Ganzen spielte und wieso ein gewisser Kritiker des Unternehmens nicht einfach klammheimlich aus dem Weg geschafft, sondern ein vermeintlicher Selbstmord inszeniert wurde. Außerdem erscheint es mir seltsam, dass ein Unternehmen bereits ein Medikament auf den Markt bringen will, mit dem es offensichtlich noch große Probleme gibt. Trotzdem kann ich den Krimi voll und ganz empfehlen. Ich habe ihn in Rekordzeit gelesen und freue mich schon darauf, noch mehr von Lone Theils zu lesen.

Veröffentlicht am 29.04.2018

Die Machenschaften der Pharmaindustrie

Riskante Manöver
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Das neue, speziell für Kinder entwickelte Medikament „Validolor“ der Firma Wenner steht im Verdacht, für den Tod eines Kindes verantwortlich zu sein. Mats Holm, seines Zeichens PR-Agent, wird gemeinsam ...

Das neue, speziell für Kinder entwickelte Medikament „Validolor“ der Firma Wenner steht im Verdacht, für den Tod eines Kindes verantwortlich zu sein. Mats Holm, seines Zeichens PR-Agent, wird gemeinsam mit seiner Partnerin Laura May angeheuert, um die Firma gegenüber den Medien zu vertreten und den Skandal so gut wie möglich in Grenzen zu halten. Mats nimmt den Auftrag unter einer Bedingung an: dass Wenner ihm die Wahrheit sagt. Von Anfang an ist klar, dass es für Holm nicht damit getan ist, ein paar Pressemitteilungen zu schreiben. Mats und Laura stellen auf eigene Faust Recherchen an.
Eine Mitarbeiterin von Wenner Pharma ist verschwunden. Hat sie einem amerikanischen Konkurrenzunternehmen Informationen zugespielt und sich abgesetzt? Oder ist ihr etwas zugestoßen? Dann verschwindet ein zweiter Mitarbeiter und wird kurz darauf ermordet aufgefunden. Da der Mann den Ruf hatte, nichts anbrennen zu lassen und sich außerdem entsprechende Spuren am Tatort finden, wird schnell die Ehefrau des Ermordeten als Täterin ausgemacht. Doch ein Indiz passt nicht. Vielleicht war es auch ein eifersüchtiger Ehemann oder womöglich Wenner Pharma?
Als ob Mats Holm nicht schon genug mit diesen Fällen zu tun hätte, teilt ihm seine 17jährige Tochter auch noch mit, dass sie schwanger ist. Bei einem Gespräch mit ihrem Vater stellt sie ihm einige Fragen im Zusammenhang mit dem Selbstmord ihrer Mutter vor vielen Jahren. Doch Mats erzählt ihr nicht alles, und auch der Leser erfährt nicht, welche Informationen er zurückhält.
Am Ende löst sich der Fall, doch anders als es zunächst den Anschein hatte. „Riskante Manöver“ ist ein spannender Krimi mit gut durchdachtem Plot und glaubhaften Personen. Allerdings hatte ich teilweise Probleme, die vielen Namen auseinanderzuhalten. Ein Glossar wäre hilfreich gewesen. Was mir gut gefallen hat, war der unerwartete Schluss. Da nicht alle Fragen beantwortet wurden, gehe ich davon aus, dass es bald eine Folgeband geben wird, in dem Mats Holm und Laura May einen neuen Fall zu lösen haben.

Veröffentlicht am 28.04.2018

Angekommen in Fuseta

Spur der Schatten
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Um es vorweg zu nehmen: Lost in Fuseta – Spur der Schatten gefällt mir noch besser als der erste Band um den ungewöhnlichen Ermittler Leander Lost, der selbst in der Hitze Portugals grundsätzlich im schwarzen ...

Um es vorweg zu nehmen: Lost in Fuseta – Spur der Schatten gefällt mir noch besser als der erste Band um den ungewöhnlichen Ermittler Leander Lost, der selbst in der Hitze Portugals grundsätzlich im schwarzen Anzug auftritt.
Der Asperger-Autist Lost, der im Rahmen eines Austauschprogramms in Portugal gelandet ist, hat sich inzwischen in Fuseta an der Algarve gut eingelebt. Von seinen Kollegen wird er geschätzt, mehr als dies je auf seiner alten Dienststelle in Hamburg der Fall war. Er pflegt sogar private Kontakte mit seinen Kollegen, die sich an seine Eigenheiten gewöhnt haben. Beispielsweise nimmt Leander alles wortwörtlich und es ist ihm unmöglich zu lügen. Dies führt zu mancher komischen Situation.
Als eine Polizistin verschwindet, machen sich Leander und seine Kollegen Graciana und Carlos auf die Suche nach ihr. Bald stellt sich heraus, dass sie ermordet wurde und es sich um einen sehr viel komplizierteren Fall handelt als zunächst angenommen. Die Spuren reichen bis zu der ehemaligen portugiesischen Kolonie Angola.
Der eigentliche Kriminalfall tritt zuweilen ziemlich in den Hintergrund. Das Buch lebt von den eigenwilligen Charakteren und der Beschreibung der portugiesischen Lebensart. Es wird hervorragend gelesen von Andreas Pietschmann, es ist wirklich ein großes Vergnügen, ihm zuzuhören!
Auch wenn einige der Personen für meinen Geschmack doch etwas überzeichnet sind, beispielsweise der ewig hungrige und an Essen denkende Carlos Estevez, hat mir dieses Hörbuch ein paar kurzweilige Stunden an der Algarve beschert und ich freue mich schon auf die Fortsetzung der Fuseta-Reihe.