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Veröffentlicht am 22.05.2023

Wie hungrig bist du?

Komplizin
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Diese Frage bekommt Sarah Lai, Associate Producer einer kleinen Filmgesellschaft, eines Tages von Hugo North gestellt, dem Milliardär, der beschlossen hat, einen Teil seines immensen Vermögens in die Gesellschaft ...

Diese Frage bekommt Sarah Lai, Associate Producer einer kleinen Filmgesellschaft, eines Tages von Hugo North gestellt, dem Milliardär, der beschlossen hat, einen Teil seines immensen Vermögens in die Gesellschaft zu stecken. Mit „hungrig“ ist allerdings der Hunger nach Karriere, Ruhm und Geld gemeint.
Sarah Lai erzählt von ihren Anfängen in der Branche, wie sie sich als kleine unbezahlte Assistentin nach oben gearbeitet hat. Zuerst muss sie Drehbücher noch heimlich lesen, da sie lediglich für Telefonate und kleinere Verwaltungsaufgaben zuständig ist, später wird dank ihrer Verbesserungsvorschläfe aus einem Allerweltsdrehbuch eines, dessen Verfilmung eine Auszeichnung bei den Golden Globes erhält. Den Ruhm dafür heimsen allerdings andere ein.
Als Leser bekommt man einen Eindruck davon, was sich in Hollywood hinter den Kulissen abspielt. Dass junge Frauen von älteren reichen und einflussreichen Männern angebaggert werden, ist nichts Neues. Manche lassen sich gerne abschleppen, da sie sich davon Vorteile versprechen, andere, wie die Ich-Erzählerin selbst, sind geschockt, was sich viele, die in der Filmindustrie das Sagen haben, herausnehmen und mit welcher Selbstverständlichkeit dies geschieht.
Ich habe „Komplizin“ mit Interesse gelesen, allerdings hätte es für meinen Geschmack durchaus gekürzt werden können, ohne an Dringlichkeit zu verlieren. Das Buch liest sich ein wenig wie ein Tagebuch, jedoch beleuchtet es nur Sarahs Berufsleben. In den Jahren, die sie für die Filmgesellschaft arbeitet, ist kein einziges Mal die Rede von irgendwelchen Beziehungen oder Freundschaften, wenn man von der Freundschaft zu einer Schauspielerin absieht, die allerdings nur für die Dauer der Dreharbeiten anhält. Dass dieser Roman „noch jahrelang nachhallen wird“, wie auf der Titelseite verkündet, wage ich zu bezweifeln.

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Neuanfang mit Herausforderungen

Abschied auf Italienisch
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Nach dem Tod seines Vaters erbt Commissario Vito Grassi dessen abgelegenes Haus in Cinque Terre und lässt sich kurzentschlossen von Rom nach Ligurien versetzen. Die Kinder sind erwachsen und Vito und seine ...

Nach dem Tod seines Vaters erbt Commissario Vito Grassi dessen abgelegenes Haus in Cinque Terre und lässt sich kurzentschlossen von Rom nach Ligurien versetzen. Die Kinder sind erwachsen und Vito und seine Frau Chiara leben nur noch nebeneinanderher, es ist Zeit für einen Neuanfang.
Gleich am ersten Tag nach seiner Ankunft erfährt er von einem Todesfall in einem Tunnel. Was zunächst wie ein Unfall aussieht, entpuppt sich als Mord und Vito muss sein Können unter Beweis stellen. Wenig später wird eine zweite Leiche gefunden, ausgerechnet in der Nähe seines Grundstücks.
Wie bei Regionalkrimis so üblich, spielen Land und Leute eine große Rolle. Die Landschaftsbeschreibungen des Cinque Terre und die eingestreuten italienischen Sätze haben mir gut gefallen, weil ich gemerkt habe, dass ich doch noch nicht alles Italienisch vergessen habe. Vito Grassi wird als kauziger und eigenwilliger Einzelkämpfer dargestellt, der andere gern brüskiert, aber auch seine sympathischen Seiten hat. Seine jüngere Kollegin Marta Ricci und er haben einen eher holprigen Start miteinander, doch mit der Zeit kommen sie gut miteinander klar. Ähnlich verhält es sich mit Toni, einer Mitbewohnerin seines Vaters, die anscheinend schon seit Jahren im Haus wohnt und offensichtlich etwas zu verbergen hat.
Die Kriminalfälle fand ich nicht sonderlich spannend und die Auflösung etwas konstruiert, aber dieser erste Band einer neuen Reihe hat mich trotzdem gut unterhalten. Ich mag den Humor und die Sprache des Autors. Den Anfang des Buchs fand ich richtig gut, gegen Ende ist es für meinen Geschmack etwas zu sehr in die Länge gezogen. Wer italienisches Flair und entspannte Lektüre sucht, ist hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 28.03.2023

Zwischen den Weltkriegen

Ginsterhöhe
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Der Bauernsohn Albert Lintermann kehrt nach dem Ende des 1. Weltkriegs schwer versehrt zurück in sein Heimatdorf Wollseifen in der Eifel. Er ist glücklich, am Leben zu sein, doch die Menschen begegnen ...

Der Bauernsohn Albert Lintermann kehrt nach dem Ende des 1. Weltkriegs schwer versehrt zurück in sein Heimatdorf Wollseifen in der Eifel. Er ist glücklich, am Leben zu sein, doch die Menschen begegnen ihm angesichts seiner schweren Gesichtsverletzung mit Entsetzen. Seine Frau Bertha macht da keine Ausnahme.
Albert stürzt sich in die Arbeit, zu viel ist in seiner Abwesenheit auf dem Hof liegengeblieben. Nach einiger Zeit beschließt er, sich einer Operation zu unterziehen, die sein Gesicht im Rahmen der Möglichkeiten wiederherstellt. Auch mit dem Hof läuft es gut, zumal Albert in neue landwirtschaftliche Maschinen investiert hat, die die Arbeit beträchtlich erleichtern. Doch dann wird eine neue Partei, die NSDAP, gegründet, die immer mehr an Macht gewinnt. Trotz Wollseifens abgeschiedener Lage, ist das Dorf für die neue Partei von Interesse. Wie sehr sich dies auf das Schicksal des kleinen Eifeldorfes auswirken wird, ahnt zunächst keiner.
Die Idee zu diesem unter dem klangvollen Pseudonym Anna-Maria Caspari geschriebenen Roman hat mich interessiert: auf Tatsachen basierende Zeitgeschichte, erzählt anhand der Geschichte des Dorfes Wollseifen und seiner fiktiven Bewohner. Die Umsetzung hat mich allerdings nicht ganz überzeugt. Am meisten hat mich gestört, wie unbedarft die Frauen dargestellt werden: Bertha hat Angst, dass ihr Kind mit entstelltem Gesicht auf die Welt kommen könnte, falls sie von Albert erneut schwanger wird. Eine andere Dorfbewohnerin ist enttäuscht, dass der König, der zur Einweihung einer Talsperre den Ort besucht, nicht mit Krone und Hermelinumhang erscheint. Und nachdem die tatkräftigen Männer Wollseifens das Dorf elektrifiziert haben, wundern sich manche Frauen, dass man das elektrische Licht nicht auspusten kann. Alles was recht ist, aber ganz so einfältig hätte die Autorin die Frauen nicht darzustellen brauchen! Außerdem fehlen mir in dieser Geschichte die Abstufungen, alles ist schwarz oder weiß, gut oder böse. Kein Wunder, dass der Bösewicht des Dorfes zu den Ersten zählt, die der NSDAP beitreten!
Ich hatte mir jedenfalls von diesem Roman, der die Geschichte des Dorfes Wollseifen und seiner Bewohner von 1919 bis 1949 beschreibt, mehr Tiefgang versprochen. Aber wahrscheinlich bin ich einfach im falschen Genre gelandet.

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Veröffentlicht am 20.03.2023

Vom Kuhstall zum Catwalk

Der Traum vom Leben
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Die siebzehnjährige Luise Jensen wächst in einem kleinen Dorf in Ostfriesland auf. Bevor sie im örtlichen Friseursalon Dauerwellen legt, melkt sie morgens noch die Kühe auf dem elterlichen Hof. Nachdem ...

Die siebzehnjährige Luise Jensen wächst in einem kleinen Dorf in Ostfriesland auf. Bevor sie im örtlichen Friseursalon Dauerwellen legt, melkt sie morgens noch die Kühe auf dem elterlichen Hof. Nachdem sie bei einem Frisierwettbewerb den ersten Preis einheimst, wird sie von einem „gealterten Starfriseur“ entdeckt und bekommt die Chance, mit ihm nach Paris zu fahren, um dort bei der Prêt à Porter Woche die Models zu stylen. Wie es das Schicksal so will, fällt ein Model aus, und Luise, die mit ihrer Körpergröße von 1,86 m die entsprechend langen Beine hat, darf einspringen. Hier beginnt die Geschichte, etwas unrealistisch zu werden, denn das Mädchen, das bis vor kurzem ein Landei par excellence war, bewegt sich selbstsicher mit Models wie Naomi Campbell und Linda Evangelista auf dem Catwalk. Schon am ersten Abend in Paris lernt sie einen guten Freund kennen und auch die Topmodels sind ausgesprochen nett zu ihr. Ihre wenigen Sprachkenntnisse verbessern sich innerhalb einer Woche dermaßen, dass sie ein wahres Sprachgenie zu sein scheint.
Es hat mir Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen, obwohl mich die Mode und Modelwelt eigentlich nicht sehr interessieren. Die Beschreibungen von Paris, beispielsweise ein nächtlicher Ausflug auf den Turm von Notre Dame, haben mir gut gefallen. Wie aus dem Nachwort hervorgeht, beruht die Geschichte auf einer wahren Begebenheit. Dass allerdings alles so reibungslos vonstatten gegangen sein soll, halte ich doch für sehr unwahrscheinlich. Die weniger schönen Seiten der Welt, in der die Models sich bewegen, werden nur sehr oberflächlich angesprochen. Es wird zwar erwähnt, dass die Models sich eigentlich nur von grünem Salat ernähren sollen, doch Themen wie Bulimie bleiben außen vor. Ein modernes Märchen eben. Trotzdem ist es eine Lektüre, die mir durchaus Spaß gemacht hat.

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Veröffentlicht am 09.03.2023

Jeder Mensch braucht Wurzeln

Rote Sirenen
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Victoria Belim wurde in der Ukraine geboren. Als junge Frau wanderte sie mit ihren Eltern nach Kalifornien aus, später zog sie zurück nach Europa und lebt heute in Belgien. Im Jahr 2014, dem Jahr, in dem ...

Victoria Belim wurde in der Ukraine geboren. Als junge Frau wanderte sie mit ihren Eltern nach Kalifornien aus, später zog sie zurück nach Europa und lebt heute in Belgien. Im Jahr 2014, dem Jahr, in dem Russland die Krim annektierte, beschließt sie, auf Besuch in ihre alte Heimat zurückzukehren. Sie wohnt bei ihrer Großmutter mütterlicherseits, Valentina, die in der Nähe von Kiew wohnt und sich mit Hingabe um ihren Nutzgarten kümmert. So sehr, dass sich Victoria zunächst brüskiert darüber fühlt, dass Valentina mehr Zeit mit ihren Pflanzen als mit ihr verbringt.
Victoria ist auf der Suche nach ihren Wurzeln. Vor allem das ungeklärte Schicksal ihres Urgroßonkels Nikodim, der in den 1930er Jahren verschwand und in der Familie totgeschwiegen wird, hat es ihr angetan. Valentina hält nichts von diesen Plänen, sie versteht nicht, weshalb Victoria alte Wunden wieder aufreißen will. Obwohl Victoria so gut wie nichts über Nikodim weiß, lässt sie nicht locker, bis sie eine Archivarin findet, die ihr bei ihrer Suche behilflich ist.
„Rote Sirenen“ ist ein sehr persönliches Buch. Oft ist die Geschichte der weitverzweigten Familie verwirrend. Die vielen Namen der Freunde und Verwandten und der unzähligen Dörfer, die Victoria im Zuge ihrer Suche aufsucht, machen das Lesen stellenweise mühsam. Entsprechend lang habe ich für die Lektüre dieses Buchs gebraucht. Man erfährt sehr viel über die Mentalität der Menschen, die Geschichte des Landes und die Beziehung zu Russland. Ich fand es interessant zu erfahren, dass es in der Ukraine gang und gäbe ist, sich mit manchen Menschen auf Ukrainisch und mit anderen auf Russisch zu unterhalten! Obwohl dieses Buch vor dem gegenwärtigen Krieg beendet wurde, sind die Parallelen zu 2014 unübersehbar. Es ist schmerzlich zu lesen, dass Orte, die jetzt aufgrund von Greueltaten in den Nachrichten genannt werden, einst für ihre blühenden Kirschgärten berühmt waren.
Ein Buch, das vor allem für politisch und historisch Interessierte von Interesse ist.

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