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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.06.2023

Das typische Jane-Austen-Flair wirkt manchmal deplatziert

Northanger Abbey
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Ich muss ganz ehrlich sein, ich bin ein Fan von Jane Austen. Dass sich nun ausgerechnet eine Krimi-Autorin an eine Neuadaption macht, fand ich ziemlich spannend. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl ...

Ich muss ganz ehrlich sein, ich bin ein Fan von Jane Austen. Dass sich nun ausgerechnet eine Krimi-Autorin an eine Neuadaption macht, fand ich ziemlich spannend. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, obwohl es mich nicht völlig überzeugen konnte.
Zu den Figuren muss ich sagen, dass Val McDermid zwar einerseits sehr gut den Ton und die Charakterisierung der Vorlage getroffen hat, aber andererseits ihren Figuren so manche Wesenszüge andichtet, die nicht direkt in unsere Zeit passen beziehungsweise sehr antiquiert wirken. Da hilft es auch nicht viel, wenn sich die Jugendlichen ständig über Facebook, Twitter und Twilight unterhalten. Zum Flair des Originals passt das hervorragend, doch für unserer Gegenwart waren mir vor allem die Mädchen einfach zu unselbstständig und naiv. Das bedeutet nicht, dass mir die Protagonisten generell nicht gefallen haben. Man muss sich lediglich auf sie einlassen, dann können sie auch die Geschichte tragen und so den Leser unterhalten.


Der Schreibstil erinnerte mich so stark an denjenigen von Jane Austen, dass ich mich gleich in einen ihrer Romane hineinversetzt fühlte. Unter dem Gesichtspunkt fand ich es auch überhaupt nicht schlimm, dass die Handlung nicht so ominös verläuft, wie man vielleicht aufgrund der Inhaltsangabe erwarten würde. Hier stehen in jedem Fall die gesellschaftlichen Verwicklungen wesentlich mehr im Vordergrund als irgendwelche Verbrechen, die es aufzuklären gilt. Das will ich mal vorwegnehmen, auch wenn es womöglich für den einen oder anderen ein Spoiler ist. Gerade bei der Schriftstellerin kann da schon mal ein falscher Eindruck entstehen.
Allerdings erscheinen dadurch auch so manche Szenen viel zu oberflächlich, gerade für uns. Im achtzehnten Jahrhundert waren eben schon Umstände skandalös, die uns heutzutage nur noch ein müdes Gähnen entlocken. Besonders die Ereignisse rund um Bella Thorpe langweilen wahrscheinlich die meisten eher als dass sie jemanden ernsthaft schockieren.


Fazit

Northanger Abbey von Val McDermid ist eine überdurchschnittliche Neuadaption des Klassikers von Jane Austen. Die Figuren, der Schreibstil und die Handlung, die alle stark an das Original angelehnt sind, machen den besonderen Charme und das Flair aus.
Leider sind die Charaktere und die Story an sich in vielen Teilen so stark an die Vorlage angelehnt, dass sie nicht vollständig in unsere Zeit passen und dadurch antiquiert und allzu oberflächlich wirken.
Wer die ursprüngliche Geschichte liebt, trotz der Autorin keinen spannenden Thriller erwartet und den die teilweise sehr seichten Verwicklungen nicht stören, der kann sich das Buch ruhig genauer ansehen.

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Veröffentlicht am 14.06.2023

Wenn skurrile Phantasie auf die harte Realität trifft...

Willkommen in Night Vale
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Willkommen in Night Vale hat schon im Vorfeld viel Beachtung durch die Podcasts erhalten, auf denen das Buch basiert. Ich selbst kenne die Sendungen nicht, vielleicht konnte mich die Geschichte deshalb ...

Willkommen in Night Vale hat schon im Vorfeld viel Beachtung durch die Podcasts erhalten, auf denen das Buch basiert. Ich selbst kenne die Sendungen nicht, vielleicht konnte mich die Geschichte deshalb nicht so mitreißen wie andere Leser.
An den Figuren lag das zumindest nicht. Ich mochte sie alle, eben weil sie so anders und trotzdem völlig vertraut sind. Ihre Probleme sind so alltäglich, obwohl sich die Gesetze ihrer Welt teilweise sehr stark von unserer Realität unterscheiden. Die Suche nach der eigenen Vergangenheit und Identität oder die Sorgen und Nöte rund um sein Kind verleihen den Charakteren eine gewisse Tiefe, mit der man sich wunderbar identifizieren kann. Gleichzeitig bestechen sie durch ihre skurrilen Absonderlichkeiten, die ihre Wesenszüge perfekt abrunden und ergänzen.
Zusätzlich würzen die zwei Autoren ihr Ensemble mit interessanten Nebenpersonen, über die ich gerne mehr erfahren hätte, die allerdings auch nicht zu kurz kommen.


Der Schreibstil passt toll zum Setting, überrascht mit vielen abgedrehten Wortneudeutungen, Formulierungen und Beschreibungen und ist mit einem kuriosen Humor unterlegt, den man mögen muss. Diese Dinge und der Plot an sich, der eine völlig unübliche Story getragen hätte, waren für mich das Positive an dem Roman.
Leider ist die Handlung teilweise sehr chaotisch aufgebaut und bis auf einen dünnen roten Faden oft ziemlich zusammenhanglos. Das eigentliche Geschehen hätte man auch auf weniger Seiten erzählen können, was nicht heißt, dass mir das Werk zu dick war. Es gibt einfach nur einen zu dürftigen Inhalt preis und die originellen Zwischenkapitel der Stimme aus Night Vale sind nicht in der Lage, diese Lücken zu füllen. Als Podcast mag das gut funktionieren, aber für ein Buch sind die einzelnen Abschnitte einfach zu blass. Man langweilt sich aufgrund der kurzen Sätze kaum, doch es bleibt auch am Schluss nicht wirklich was hängen. Gerade hier, bei einer Veröffentlichung, die so viel verspricht, war das für mich besonders ärgerlich und frustrierend. Da hätte man noch einiges mehr daraus machen können.


Fazit


Willkommen in Night Vale ist ein ungewöhnliches Werk zu den Podcasts von Joseph Fink und Jeffrey Cranor. Ihre skurrilen und trotzdem wunderbar vertrauten Figuren, der schräge Schreibstil und die Idee einer ganz und gar ungewöhnlichen Stadt haben mir an dem Roman mit am besten gefallen.
Allerdings fehlte es mir eindeutig an dem dazu passenden Inhalt. Die Handlung ist viel zu dünn und teilweise so zusammenhanglos konstruiert, dass mich Night Vale nicht so begeistern konnte, wie ich es aufgrund des Hypes erwartet hatte.
Wer die Vorlage kennt und liebt, verrückte Charaktere und Orte mag und sich für zwischendurch mal etwas Abgedrehtes gönnen will, für den ist das Buch super geeignet.

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Veröffentlicht am 14.06.2023

Spannender Thriller mit übersteigertem Ende

Die sieben Farben des Blutes
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Nach einigen Jugendromanen und viel Fantasy hatte ich mal wieder Lust auf einen richtigen Thriller. Der Klappentext zu diesem Buch hat mich sofort angesprochen und meine Erwartungen wurden beinahe auch ...

Nach einigen Jugendromanen und viel Fantasy hatte ich mal wieder Lust auf einen richtigen Thriller. Der Klappentext zu diesem Buch hat mich sofort angesprochen und meine Erwartungen wurden beinahe auch alle erfüllt.
Die Figuren konnten mich zum größten Teil überzeugen. Gerade die Hauptpersonen rund um Helena Faber, wie ihre Kinder und ihr Ex-Mann sowie Faber selbst, sind wirklich gut in den vielen kleinen Zwischenszenen ausgearbeitet. Man kann sich wunderbar in die Charaktere hineinversetzen, gerade wenn es um familiäre Belange geht. Ganz besonders hat mir da der psychologische Kniff rund um Helena Faber gefallen, wie sie langsam an der Jagd nach dem Mörder zu verzweifeln droht. Mehr will ich an der Stelle nicht verraten, aber bis zu einem gewissen Punkt wird dies super und nachvollziehbar gezeigt.
Das übrige Personal wirkt dagegen etwas blass, was mich allerdings nicht so sonderlich gestört hat, da das vermutlich komplett den Rahmen gesprengt hätte. Nur bei Dionysos hätte ich mir etwas mehr Profil gewünscht.


Der Schreibstil hat etwas Distanziertes, Kühles an sich, was jedoch toll zu der Geschichte passt. Denn dadurch wird eine ganz eigene Art von Spannung und Atmosphäre erzeugt, die die dargestellte Brutalität erträglich macht und einem die Morde sehr nahe bringt. Man kann sich alles sehr bildlich vorstellen, ohne emotional so sehr mitgenommen zu werden, dass man nicht weiterlesen würde.
Zusätzlich nutzt der Autor die Story, um das Problemthema Emanzipation auf seine Weise näher zu beleuchten und Fragen aufzuwerfen, über die man(n) und frau vielleicht einmal nachdenken sollten.
Leider haben mir die letzten ungefähr hundert Seiten gar nicht gefallen. Ich will hier nicht spoilern, aber Uwe Wilhelm verliert sich hier in einer Wendung, die dem Ganzen komplett die Spannung und den Thrill nimmt. Es passt einfach nicht recht zum Rest des Buches, gerade weil die Heldin nicht mehr so souverän agiert wie vorher. Mehr will ich dazu nicht verraten, aber wenn ihr es lest, werdet ihr wissen, was ich meine.


Fazit

Die sieben Farben des Blutes von Uwe Wilhelm ist alles in allem ein in weitesten Teilen sehr spannender Thriller. Mit zum größten Teil glaubhaften und sehr gut ausgearbeiteten Figuren, einem schonungslosen, aber distanzierten Schreibstil und interessanten Aspekten zum Thema Emanzipation konnte der Roman bei mir punkten.
Allerdings wurden nicht alle Fragen geklärt und besonders der unnötig ausgeweitete Schluss hat mich ziemlich gestört, da er massiv die Spannung aus der Geschichte herausnimmt.
Wer plausible Charaktere zu schätzen weiß, deren psychologischer Werdegang dem Leser wichtiger ist als die Jagd nach dem Mörder, und wer sich von blutigen Geschichten nicht abschrecken lässt, für den ist dieses Buch bestens geeignet.

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Veröffentlicht am 14.06.2023

Würdet ihr gerne mit Toten sprechen können?

Die Bibliothek von Edinburgh
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Wie bereits angekündigt habe ich den ersten Band der Edinburgh Nights beendet und möchte euch meine Meinung dazu natürlich nicht vorenthalten.

Das Buch wird als eine Mischung aus "The Sixth Sense" und ...

Wie bereits angekündigt habe ich den ersten Band der Edinburgh Nights beendet und möchte euch meine Meinung dazu natürlich nicht vorenthalten.

Das Buch wird als eine Mischung aus "The Sixth Sense" und "Stranger Things" angepriesen, was ich nur bedingt nachvollziehen kann. Eigentlich hat es mit dem ersten nur die "Ich sehe tote Menschen"-Thematik und mit dem zweiten nur den "Es ist ein Kind verschwunden"-Plot gemeinsam. Vom Feeling und der Atmosphäre her ist es ganz anders.

Zuerst einmal fällt einem der rotzige Schreibstil auf, der aber wunderbar zur Hauptfigur Ropa passt. Sie ist eine mutige, sehr verantwortungsbewusste Jugendliche, die selten ein Blatt vor den Mund nimmt. Ich mochte sie sehr und sie hat auch die nötige Tiefe, um die Geschichte zu tragen. Auch die übrigen Charaktere sind selten flach (mit wenigen Ausnahmen), dafür aber manchmal ziemlich skurril gestaltet. Sie alle waren auf ihre Art toll, selbst wenn ich bei manchen gerne mehr über ihre Motive erfahren hätte.

Die Story an sich hat etliche originelle Einfälle zu bieten. Da wäre zum einen die Bibliothek der Toten, die allein schon ein ganzes Buch wert wäre, aber viel zu selten für meinen Geschmack vorkommt. Und zum anderen erwarten einen einige unerwartete Wendungen und Nebenschauplätze, die die Geschichte interessant machen.

Umso mehr hat es mich geärgert, dass kaum etwas über die Hintergründe erzählt wird. Man erfährt nicht viel über die Welt, die entweder in der Zukunft oder einer alternativen Realität spielt. Und das ist streckenweise verdammt verwirrend. Vor allem da Ropa über die Magietheorie sehr viel mehr preisgibt als über die Ereignisse, die zu dem veränderten Edinburgh geführt haben. Es werden nur ein paar Dinge angedeutet, viel zu wenig, um sich ein richtiges Bild zu machen.

Außerdem gab es so zwischendurch so manche Länge, in der der rote Faden schon fast verloren ging. Da hätte ich lieber mehr Infos über die Bibliothek bekommen,was hoffentlich im zweiten Band nachgeholt wird.

Ich werde "Das Hospital von Edinburgh" auf jeden Fall lesen, aber wenn es mich nicht mehr abholt als Band 1, könnt ihr euch bald auf ein weiteres Gewinnspiel freuen 😁

Insgesamt gebe ich dem Buch 3,5 von 5 Schals.

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Veröffentlicht am 05.06.2023

Gute Unterhaltung

Die Buchhändlerin von Paris
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Heute stelle ich euch mal wieder etwas ganz anderes vor, nämlich einen historischen Roman aus den goldenen Zwanzigern. "Die Buchhändlerin von Paris" von Kerri Maher schildert die Entstehungsgeschichte ...

Heute stelle ich euch mal wieder etwas ganz anderes vor, nämlich einen historischen Roman aus den goldenen Zwanzigern. "Die Buchhändlerin von Paris" von Kerri Maher schildert die Entstehungsgeschichte von James Joyce' Ulysses aus der Sicht der Verlegerin und Buchhändlerin Sylvia Beach.

Natürlich kenne ich den Roman Ulysses und wusste schon, dass er anfangs in den USA verboten war. Aber die genauen Umstände kannte ich bisher nicht. Allein deswegen war der Roman sehr interessant zu lesen, gerade aus der Sicht der Frau, die alles ermöglicht hat.

Und das ist auch das Positive an der Geschichte: Hier werden willensstarke und mutige Frauenfiguren präsentiert, die dennoch mit ihren Zweifeln und Ängsten zu kämpfen haben, allen voran Sylvia. Die Autorin schildert den Werdegang des Buches in all seiner schmerzlichen Ausführlichkeit, wieviel Mühen, Tränen und vor allem Geld es gekostet hat und wie viel Frustration und Enttäuschung die Hauptperson erleben musste.

Und trotzdem fühlt man viel zu selten mit ihr mit. Gerade bei den wirklich emotionalen Moment kam zu wenig Gefühl bei mir an, zu sehr ähnelt die Schreibweise einem kühlen Bericht. Außerdem wirken besonders die interessanten Nebenfiguren wie Hemmingway und Ezra Pound zu leblos und wie Randnotizen, obwohl sie die Geschichte vermutlich viel mehr belebt hätten, hätte man ihnen mehr Tiefe verliehen.

Alles in allem sind besonders die historische Atmosphäre und die mutige Hauptfigur die größten Pluspunkte des Romans. Aber ein bisschen weniger nüchterne Schilderung und etwas mehr emotionale Spannung hätte dem Buch wirklich gut getan.

Insgesamt gebe ich der Story 3,5 von 5 Sternen.

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