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Veröffentlicht am 08.05.2022

Großartige Unterhaltung mit geschichtlichen Bezug

Die Sammlerin der verlorenen Wörter
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Die Welt der Wörter und die Welt der Männer. Esme widmet ihr Leben der Entstehung des Oxford English Dictionary. Ihr Vater nimmt sie bereits als Kind mit in die Welt der Wörter und öffnet ihr damit auch ...

Die Welt der Wörter und die Welt der Männer. Esme widmet ihr Leben der Entstehung des Oxford English Dictionary. Ihr Vater nimmt sie bereits als Kind mit in die Welt der Wörter und öffnet ihr damit auch den Zugang zur Bildung. In der damaligen Zeit nicht für jede Frau zugänglich und selbstverständlich. Die Lexikographen sind ausschließlich Männer, die darüber entscheiden, welches Wort mit welcher Definition und Erläuterung in das Wörterbuch aufgenommen wird.

Die Frauen dürfen mitarbeiten, kleine Tätigkeiten ausführen und den Männern zuarbeiten, aber keine Entscheidungen treffen. Anfangs stört es Esme nicht, dass sie "nur" mitarbeitet, aber je länger sie dabei ist und je mehr sie sich mit den einzelnen Wörtern beschäftigt, desto mehr muss sie feststellen, dass die "Frauenwörter" und die Wörter aus dem einfachen Volk im Wörterbuch fehlen. Die Herausgeber des Wörterbuches lehnen diese Wörter ab, da sie zu obszön, zu weiblich oder zu umgangssprachlich sind. Doch Esme sammelt weiter diese Wörter auf dem Markt, bei Kneipen- und Theaterbesuchen, Protestaktionen und legt sie in ihre Truhe der verlorenen Wörter ab.

Die Autorin verwebt mehrere Themen miteinander. Der Hauptstrang ist die Entstehung des Wörterbuchs und die mühsame Arbeit der Lexikographen. Im Laufe der Geschichte kommen noch die politischen Geschehnisse hinzu. Die Suffragetten und ihre Forderungen nach mehr Rechten für die Frauen insbesondere das Wahlrecht. Aber auch der erste Weltkrieg findet seinen Weg in diese Geschichte. Die politischen Ereignisse nehmen im Laufe der Geschichte immer mehr Platz ein. Die Stimmung wird immer düsterer, trauriger und bedrückender, aber sie spiegelten die Zeit gut wider.

Ich brauchte ein paar Seiten, um mich in die Geschichte einzulesen, aber je weiter die Geschichte voranschritt, desto interessanter und fesselnder wurde sie. Die Charaktere sind greifbar und teilweise sehr gut beschrieben. Charaktere, die nur eine Nebenrolle spielten, waren manchmal etwas blass. Jedoch konnte man sich schnell ein gutes Bild vom Skriptorium und den Hauptcharakteren verschaffen, da sich hier die Autorin die Zeit nahm, um sie, im Laufe der Geschichte, immer mehr auszubauen.

Die Autorin bringt immer wieder Beispiele von Wörtern, wie sie auf den Belegzetteln und später im Wörterbuch erschienen sind. So erfährt man ganz nebenbei noch einige neue englische Wörter und deren Erklärung dazu.

Großartige Unterhaltung mit geschichtlichen Bezug (keine reine Biografie).

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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.04.2022

Die Natur entdecken

Meine wilden Kräuterfreunde
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Das schmale Buch der wilden Kräuterfreunde soll Kindern und Jugendlichen die Pflanzen auf unserer Wiese (sofern es keine golfrasenähnliche Grünflächen sind) näherbringen. Es ist ein Mitmachbuch, welches ...

Das schmale Buch der wilden Kräuterfreunde soll Kindern und Jugendlichen die Pflanzen auf unserer Wiese (sofern es keine golfrasenähnliche Grünflächen sind) näherbringen. Es ist ein Mitmachbuch, welches Raum für die eigene Kreativität (Seiten zum Ausmalen und Bekleben) lässt, viele interessante Anregungen und Rezepte sowie ein kleines Kräutermemo bietet.

Der Schreibstil ist einfach und unkompliziert und durch die Du-Anrede wird der Lesende direkt angesprochen. Die wunderbaren Illustrationen von Christina Wasnegger sind sehr detailliert und ansprechend. Die Pflanzen werden auf sechs Buchseiten vorgestellt. Auf der ersten Seite ist eine Illustration der Pflanze und auf der zweiten Seite stehen neben der optischen Beschreibung auch der Spitzname, die Zauberformel, die Familie und die besten Freunde. Auf der dritten Seite erfährt man, was die Pflanze gut kann, die Superpower, die Verwendung, nützliches Wissen und das Lebensmotto der Pflanze. Die vierte Seite ist zum Einkleben der gefundenen und getrockneten Pflanze vorgesehen. Auf den Seiten fünf und sechs werden zwei Rezepte vorgestellt.

Der Stil erinnerte mich an ein Freundschaftsbuch aus Schulzeiten. Denn auch hier soll das Kind die ersten Seite selber ausfüllen und seine Familie, Zauberformel, Superpower usw. beschreiben bzw. vorstellen. Die nachfolgenden Kräuter werden dann im gleichen Stil näher gebracht. Durch das Sammeln, Trocknen und Einkleben wird gleich noch wie ein kleines Herbarium angelegt.

Es sind einfache Kräuter, die jeder schon einmal gesehen hat. Von dem Gänseblümchen über den Löwenzahn bis zum Hirtentäschel werden 12 Pflanzen vorgestellt. Besonders gut fand ich die kleinen und einfach Rezepte, die man leicht nachmachen kann. Vom Backrezept über die Salbe bis zum Hustensaft und Windlicht ist alles dabei, was kurzweilig und interessant für einen verregneten Nachmittag zu Hause ist.

Aber vorher muss man raus in die Natur, Pflanzen suchen, entdecken und sammeln.

Veröffentlicht am 13.04.2022

Einmal Kurzurlaub bitte.

Meine Normandie
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Einmal Kurzurlaub bitte.

Mit Sabine Grimkowski durch die Normandie zu reisen, heißt interessante Menschen kennenzulernen, Museen zu besuchen, die Vergangenheit zu erkunden und Saint Michel zu erklimmen.

Die ...

Einmal Kurzurlaub bitte.

Mit Sabine Grimkowski durch die Normandie zu reisen, heißt interessante Menschen kennenzulernen, Museen zu besuchen, die Vergangenheit zu erkunden und Saint Michel zu erklimmen.

Die Autorin kannte ich bisher von einem ihrer Krimis und nun durfte ich sie als Reiseleiterin durch die Normandie kennenlernen. Sie schreibt so ruhig und entspannt, mit Humor und gelegentlichem Augenzwinkern, dass man ohne Probleme in ihre Beschreibungen versinken kann. Ihre Mischung aus eigenen Erlebnissen, unterhaltsamen, aber auch manchmal traurigen, Anekdoten von ihren Bekanntschaften sowie den geschichtlichen Einblicken waren für mich Unterhaltung und Entspannung pur. Sie erzählt voller Wärme und Empathie von den Menschen, denen sie begegnet ist. Mit wenigen Worten kreiert sie ein Bild und lässt die Menschen lebendig werden. Saint-Michel, mein persönliches Highlight, zu erklimmen, war wie ein zweiter Besuch für mich. Die Beschreibungen und die Eindrücke von ihr konnte ich im Geiste nur bestätigen. Sie haben meine Erinnerungen wieder aufgefrischt und lebendig werden lassen.

Ich wäre sehr gern noch länger mit ihr gereist, aber die Autorin hat sich für eine Kurzreise von nur 160 Seiten entscheiden. So bleibt mir nichts anderes übrig als noch einmal die Spur von Kommissar Leblanc aufzunehmen und die Normandie in der Krimiversion zu bereisen.

Veröffentlicht am 03.04.2022

Ein interessantes Buch, das sich wunderbar lesen lässt und zum Nachdenken anregt.

Ein Leben lang
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Ich lese die Bücher von Christoph Poschenrieder gern. Er hat ein gutes Gespür für interessante und glaubhafte Geschichten und er weiß wie er den Lesenden einfangen muss.

Der Autor bedient sich hier einer ...

Ich lese die Bücher von Christoph Poschenrieder gern. Er hat ein gutes Gespür für interessante und glaubhafte Geschichten und er weiß wie er den Lesenden einfangen muss.

Der Autor bedient sich hier einer wahren Geschichte und erzählt sie aus der Perspektive der Freund:innen. Im Wechsel erzählen die Freunde, wie sie die Zeit des Inhaftierung, des Gerichtsverfahrens und der Verurteilung in Erinnerung, was sie gefühlt haben und wie es ihnen jetzt nach vielen Jahren damit geht. Er lässt sie ihre eigenen Aktionen hinterfragen und neu darauf blicken. Ebenso gibt er dem Mörder eine Stimme. Waren seine Freund:innen loyal genug? Haben sie wirklich alles gegeben? Hat er sie belogen?

Wie gut kennt man seine Freunde? Weiß man wirklich, wie sie ticken und was sie fühlen? Die Freundschaft wird in dieser Geschichte auf eine harte Probe gestellt. Einer von ihnen soll ein Mörder sein. Christoph Poschenrieder schält wie eine Zwiebel diese Geschichte. Seite um Seite, Interview um Interview wird die Geschichte zerlegt und am Ende stellt sich die zentrale Frage. Die Art und Weise, wie der Autor die Geschichte erzählt, ist vielleicht etwas ungewöhnlich, aber sehr gut und interessant. Vieles scheint sich zu wiederholen, aber durch die verschiedenen Perspektiven kommen immer wieder neue Details hinzu, die ein verschwommenes Bild klarer werden lassen. Und doch gibt es immer wieder und auch nach 15 Jahren immer noch die Zweifel. Was hat man übersehen? Oder besser, wollte man manches vielleicht übersehen, weil man doch Freunde war? Trotz aller Zweifel steht für die Freunde, die jetzt 15 Jahre später nicht mehr eng befreundet sind, fest, dass ihre Aktionen, ihre Loyalität zu dem Freund richtig und wichtig war, auch wenn der nagende Zweifel geblieben ist.

Ein interessantes Buch, das sich wunderbar lesen lässt und zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Lesenswert.

1922
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Für jeden Geschichts- und Literaturliebhaber könnte dieses Buch eine wahre Freude sein. Meine war es. Ich bin abgetaucht in das 1922. Während meiner Reise durch das Jahr 1922 begegnete ich James Joyce ...

Für jeden Geschichts- und Literaturliebhaber könnte dieses Buch eine wahre Freude sein. Meine war es. Ich bin abgetaucht in das 1922. Während meiner Reise durch das Jahr 1922 begegnete ich James Joyce und Virgina Woolf, auch T.S. Eliot war dabei, aber auch die berühmte Sylvia Beach und deren noch bekanntere Buchhandlung Shakespeare & Company.

Ich reiste einmal quer durch Europa, erfuhr von der Schaffung vieler Romane, Geschichten und Gedichten und lernte die Schriftsteller:innen etwas näher kennen. Viele Zusammenhänge und Verknüpfungen waren mir nicht bekannt, so dass ich immer wieder überrascht wurde. Das machte auch das Buch auch so interessant und spannend. Schon damals gab es viele Befindlichkeiten, Eifersüchteleien und Streits unter den Schriftsteller:innen. Nur schrieb man sich noch Briefe und setzte keinen Tweet ab. Immer wieder tauchte das wohl bekannteste Werk von James Joyce auf. "Ulysses". Ich habe den Kampf, um das Lesen des Gesamtwerkes verloren, konnte mich aber dank dieses Buches trösten. Viele bekannte Autor:innen aus dieser Zeit empfanden es als "unlesbar". Die Diskussion um das Buch kannte ich schon aus Sylvia Beachs Buch "Shakespeare & Company", aber der Autor Norbert Hummelt hat sie noch einmal aus verschiedenen Perspektiven aufgegriffen und so das Bild abgerundet.

Für mich war die Reise durch die Geschichte, der Politik und der Literatur aus dem Jahr 1922 eine Freude. Ich habe es gern gelesen. Dank des schönen und gut zu lesenden Schreibstils des Autor konnte man wunderbar abtauchen und die Reise genießen.

Lesenswert.

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