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Veröffentlicht am 26.08.2019

Ein typischer Ivanov Krimi - klar, schnörkellos und aktuell

Entführung
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Ich kannte die bisherigen Fälle von Petra Ivanovs zweiter Krimiserie nicht und war nun umso gespannter, wie die Serie um Pal Palushi und Jasmin Meyer sein wird.
Es ist ein typischer Ivanov-Krimi – spannend, ...

Ich kannte die bisherigen Fälle von Petra Ivanovs zweiter Krimiserie nicht und war nun umso gespannter, wie die Serie um Pal Palushi und Jasmin Meyer sein wird.
Es ist ein typischer Ivanov-Krimi – spannend, klar und strukturiert ohne Schnickschnack, dafür mit einem tiefen Blick in die schweizerische Politik und Justiz.

„Entführung“ beschäftigt sich mit der Entführung eines jungen reichen Mädchens, dessen Entführer geschnappt wurde, aber nun nicht preis gibt, wo sich die Entführte befindet. Palushi ist sein Pflichtverteidiger und erntet dafür Anfeindungen und Hasskommentare. Palushi, ein Moslem verteidigt einen Moslem, der eine Schweizerin entführt hat. Ein gefundenes Fressen für die Medien. Palushi versucht vergebens klarzumachen, dass er keinen Einfluss auf die Vergabe der Mandate hat.

Palushi und Meyer versuchen nun gegen die Zeit zu laufen und das Mädchen zu finden. Der Entführer sagt kein Wort, reagiert weder auf Drohungen noch Verständnis oder Hafterleichtungsangebote. Palushi versucht über die Religion an Informationen zu gelangen und erhält einen Hinweis, der ihn in große Schwierigkeiten bringen wird.

Petra Ivanov hat nicht nur einen spannenden und sehr aktuellen Fall zum Krimi gemacht, sondern auch die Schattenseiten des Anwaltsberufes beleuchtet. Es öffnet dem Leser die Augen, dass Pflichtverteidiger nicht immer so agieren können, wie man es von ihnen als Außenstehender erwartet. Sie zeigt, welche juristischen Hürden zu bewältigen sind, um winzige Informationen zu erhalten, wie die Weitergabe von Hinweisen die eigene Existenz bedrohen kann und wie leicht die Medien die Bevölkerung manipulieren kann.

Mir gefällt der klare und schnörkellose Schreibstil von Petra Ivanov sehr. Besonders gut hat mir der Blick hinter die Kulissen gefallen. Viele Dinge waren mir so nicht bewusst. Die Autorin schafft es den Blick zu schärfen und die Medien noch mehr zu hinterfragen. Die Schweiz von einer ganz anderen Perspektive, die gar nicht so mit dem bisherigen Bild zusammenpassen will.

Veröffentlicht am 21.07.2019

Lesenswerte Geschichte

Gute Geister
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Die drei außergewöhnlichen Frauen aus dem Jahr 1962 unterscheiden sich in einem gravierenden Punkt. Skeeter ist weiß und Aibileen und Minny sind schwarz. Während die Eine nur mit den konservativen Frauenbild ...

Die drei außergewöhnlichen Frauen aus dem Jahr 1962 unterscheiden sich in einem gravierenden Punkt. Skeeter ist weiß und Aibileen und Minny sind schwarz. Während die Eine nur mit den konservativen Frauenbild der 60iger Jahre zu kämpfen hat, müssen die schwarzen Frauen sich auch noch dem Rassismus und den damit verbundenen Einschränkungen stellen.

Skeeter ist anders als ihre Freundinnen. Sie hat nicht zwingend zum Ziel zu heiraten und Mutter zu werden. Sie möchte Journalistin werden, doch niemand nimmt sie ernst, am wenigsten ihre Mutter. Doch dann eröffnet sich ihr eine Chance, die sie unbedingt nutzen will. Doch die Konsequenzen sind nicht abzusehen und sie muss das Leben und die Sicherheit anderer Menschen in Unsicherheit bringen.

Aibileen ist einfach nur eine gute Seele oder eben der gute Geist. Sie hat alles verloren, was ihr wichtig war und doch macht sie weiter. Sie gibt ihre Fürsorge an die Babies der weißen Arbeitgeberfamilien weiter und versucht ihnen Selbstbewusstsein und Liebe zu geben, vorallem, wenn die eigentliche Mutter kein Interesse an dem Kind hat.

Minny, oh Minny...was für eine Frau. Laut, polternd, zu direkt und zu deutlich in ihren Aussagen schafft sie es, dass sie immer wieder ihre Arbeit verliert. Bis sie an eine unselbständige junge Frau kommt, die die Anwesendheit von Minny vor ihrem Mann verheimlicht und Minny damit auch wieder einmal mehr in Schwierigkeiten bringt.

Kathryn Stockett hat den Frauen aus Jackson ein Gesicht gegeben. Sie lässt den Leser tief in die Seelen schauen und zeigt ein Gesicht von Amerika, welches man gern verdrängt. Der Rassismus ist dominant und blüht in allen Facetten. Gewalt und Ungerechtigkeiten gegenüber Schwarzen sind noch an der Tagesordnung, umso mehr muss man den Hut vor den Frauen ziehen, dass sie das Projekt gewagt haben.

Diese Geschichte lohnt sich, sie ist wunderbar geschrieben und lässt sich sehr gut lesen. Die Charaktere sind gut ausgearbeitet, so dass man mit ihnen mitfiebern, trauern, lachen oder entsetzt sein kann.

Veröffentlicht am 17.07.2019

Gelungenes Debüt

Der Kinderflüsterer
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"Wenn die Tür halb offen steht, ein Flüstern zu dir rüberweht.
Spielst du draußen ganz allein, findest du bald nicht mehr heim.
Bleibt dein Fenster unverschlossen, hörst du ihn gleich daran ...


"Wenn die Tür halb offen steht, ein Flüstern zu dir rüberweht.
Spielst du draußen ganz allein, findest du bald nicht mehr heim.
Bleibt dein Fenster unverschlossen, hörst du ihn gleich daran klopfen.
Denn jedes Kind das einsam ist, holt der Flüsterer gewiss."


Diese wenigen Sätze im Klapptext haben mich eingefangen und mitgenommen, in diese düstere, traurige und grausame Geschichte. Ich habe das Buch ab und zu weggelegt, weil die Bilder zu sehr im Kopf tanzten und doch musste ich wissen, wie es ausgeht.

Der Titel sagt es schon, dass diesmal die Opfer die Kinder sind. Kein schönes Thema, kein leichtes Thema. Tom und sein Sohn Jake ziehen weg, weg von ihren Sorgen und raus aus der Gegend, in der sie mal so glücklich waren. Die Trauer um die verstorbene Frau und Mutter zieht trotzdem mit. Sie ziehen in ein Haus, welches einen düsteren Ruf hat, aber Jake gefällt das Haus. Sein Vater ist weniger begeistert, doch kauft er es seinem Sohn zuliebe. Die Gerüchte versuchen sie zu ignorieren, doch dann geschieht eine Entführung und es tauchen wieder die ganzen Fragen aus der Vergangenheit auf. Es wird gruselig und dramatisch und es beginnt eine harte Zeit für Vater und Sohn.

Der andere Handlungsstrang beschreibt das Leben von Pete Willis, der den Kinderflüsterer in das Gefängnis gebracht hat. Doch noch immer fehlt das fünfte Kind. Er kann nicht damit abschließen. Die erneute Entführung eines Kindes bringt sein labiles Gleichgwicht noch mehr ins Wanken. Seinem ganz persönlichen Kampf muss er sich jeden Abend aufs Neue stellen - dem Alkohol. Die Zerrissenheit und die zähen inneren Kämpfe hat Alex North sehr gut beschrieben.

Alex North hat einen düsteren Roman, der mir manchmal Gänsehaut bescherrt hat, geschrieben. Der sehr bildliche Schreibstil sorgt dafür, dass man abtauchen kann und auch dafür, dass das Kopfkino anspringt. Jakes etwas eigenwilliges Verhalten (Unnahbarkeit, Fantasiefreundin) sorgen dafür, dass man die Verzweiflung und die Erschöpfung des Vaters noch mehr wahrnimmt. Alex North weiß die Spannung vom Anfang bis zum Ende zu halten und sorgt durch die vielen kleinen Wendungen immer wieder für neue Informationen und Verwirrungen.

Für mich ist es ein gelungenes Debüt. Ich bin gespannt auf das nächste Buch.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Berührend, komisch und so gut

Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Live
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Meyerhoffs Geschichte über seine Schauspielausbildung und das Leben mit den Großeltern hat mich amüsiert und berührt. Er beschreibt seine Großeltern sehr detailliert und lässt auch keine Marotten und ...

Meyerhoffs Geschichte über seine Schauspielausbildung und das Leben mit den Großeltern hat mich amüsiert und berührt. Er beschreibt seine Großeltern sehr detailliert und lässt auch keine Marotten und Eigenheiten aus, aber man merkt auch stets seine Liebe und Zuneigung zu ihnen.

Ich konnte herzlich über seine Erlebnisse in der Schauspielschule lachen. Schon das Vorsprechen (Bewerbung) war herrlich und eigentlich nicht zu topen, aber so manche Gesangs- und Improvisationsstunde haben es geschafft. Diese Ehrlichkeit und Ironie mit der er sich und seine fehlenden Talente beschreibt, haben mir gut gefallen. Je mehr man von ihm erfuhr, desto eher konnte man die nahenden Katastrophen erahnen.

Neben der Schauspielausbildung waren die Großeltern noch im Mittelpunkt. Herrlich, diese zwei älteren Herrschaften. Die Großmutter (keinesfalls Oma) und ihre etwas überkandidelte Art waren für mich das Highlight. Der stets gleiche Tagesablauf und die vielen kleinen Eigenheiten haben mich auch an meine Großeltern erinnert. So manche Stelle in diesem Hörbuch (besonders am Ende) machte mich etwas melancholisch, da sie mich an so viele eigene Erlebnisse erinnerten.

Das Hörbuch hat mir sehr gut gefallen. Neben einer sehr ironischen Schauspielausbildung bekommt man einen sehr privaten Einblick in das Familienleben des Autors.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Bleibt im Kopf

Die Frau des Zoodirektors
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Ein beeindruckende Geschichte, die unter die Haut geht und den Zuhörer nachdenklich zurücklässt.

Eine besondere Biografie von einem Ehepaar, welches sich sowohl für die Menschen als auch für die Tiere ...

Ein beeindruckende Geschichte, die unter die Haut geht und den Zuhörer nachdenklich zurücklässt.

Eine besondere Biografie von einem Ehepaar, welches sich sowohl für die Menschen als auch für die Tiere eingesetzt hat. Leider sind sie etwas in Vergessenheit geraten. Doch mit diesem Hörbuch wird ihre Geschichte erzählt. Die Autorin hat sehr gut die biografischen Elemente (aus Tagebüchern) und geschichtliche Fakten miteinander verbunden. So entstand eine gelungene und beeindruckende Geschichte rund um die grausamen und schweren Jahre der Polen während der Nazizeit. Die Sprecherin des Hörbuches schaffte es mich mitzunehmen und festzuhalten. Die Charaktere wurden sehr gut herausgearbeitet und man konnte sich die Situationen gut vorstellen. Man litt und freute sich mit ihnen und erschrak ebenso, wenn wieder grausame Details erzählt wurden. Trotz aller Traurigkeit, Grausamkeit und Krieg fand die Autorin auch immer einen kleinen Weg etwas Freude, Optimismus und Humor in die Geschichte einzubauen.

Ein Hörbuch, was sich lohnt und eine Geschichte, die Kopf bleibt, weil sie zwei gegensätzlichen Seiten (Grausamkeit und Menschlichkeit) aufzeigt.