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Veröffentlicht am 13.12.2019

Surrealer Grusel mit unterschwelligem Horrorfaktor, der einen fesselt

Geister
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Tom ist siebzehn, totaler Fan von Horrorfilmen und neu an der Schule. Während er recht schnell aufgenommen wird, hat sein Nachbar Juri (seine Mitschüler nennen ihn Totengräber) schon deutlich schwerer. ...

Tom ist siebzehn, totaler Fan von Horrorfilmen und neu an der Schule. Während er recht schnell aufgenommen wird, hat sein Nachbar Juri (seine Mitschüler nennen ihn Totengräber) schon deutlich schwerer. Juri wohnt im Haus gegenüber, das sich als geheimnisvolle Villa mit vielen Geheimnissen entpuppt. Zwischen den beiden Jungen entwickelt sich schnell eine etwas seltsame Art der Freundschaft. Immer wieder geraten die beiden aneinander, gehen aber auch immer wieder aufeinander zu. Gemeinsam mit Juri macht sich Tom auf die Suche nach einer geheimnisvollen blauen Blume, die nur alle paar Jahre blüht, aber großen Reichtum verspricht. Parallel zu den gruseligen Erlebnissen während der Suche nach der Blume, laufen die Vorbereitungen zum Jahreswechsel, der gleichzeitig auch der Wechsel ins neue Jahrtausend bringt. Durch die gruseligen Erlebnisse und die Untergangsstimmung zum Jahreswechsel bringen Toms Leben und seine Sicht auf das Leben völlig durcheinander.
Pia Lüddecke hat hier einen modernen Horrorroman geschaffen, der einen vom ersten Moment an fesselt. Geschickt wird ein Jugendroman mit Gothik, schwarzer Romantik und Horror kombiniert. Was im ersten Moment wie die Phantasien pubertierender Jugendlicher erscheint, wir nach und nach immer rätselhafter und gruseliger. Bis zu dem Punkt, an dem der Leser nicht mehr sicher ist, ob all das tatsächlich passiert, oder doch nur Phantasie ist.
Während Tom eigentlich der typische Antiheld mit großen und kleinen Fehlern ist, handelt es sich bei Juri um einen Jungen, um nicht zu sagen, ein Wesen, das man nicht richtig einschätzen kann. Ist er ein etwas verrückter Jugendlicher, oder doch ein Vampir? Immer wenn man glaubt, der Antwort ein Stückchen näher gekommen zu sein, kommen neue Fragen und Zweifel auf. Und genau das fesselt den Leser an die Seiten.
Der Grusel und der Horror in dieser Geschichte entstehen ganz viel durch Kopfkino. Sie lässt viel Raum für Gedankenspiele ohne zu überfordern. Und genau dadurch wird das Buch auch ein bisschen schwer erklärbar. Eben durch das Normale, das Unvorstellbare und die vielen Andeutungen, den unterschwelligen Horror, der immer mitschwingt, hat mich dieses Buch gefesselt und begeistert.
Wer hier blanken Horror und blutrünstigen Grusel erwartet, der wird wahrscheinlich von dem Buch enttäuscht sein. Wer sich aber auf eine unheimliche Geschichte mit unterschwelligem Gruselfaktor, subtilem Horror und etwas surrealen Aspekten einlassen kann, der kommt hier voll auf seine Kosten.
Mit dem etwas offenen Ende könnte ich mir auch gut eine Fortsetzung vorstellen. Auf jeden Fall freue ich mich schon darauf mehr von Pia Lüddecke zu lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2019

Dramatische Flucht übers gefrorene Haff

Die Flucht der Trakehner
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Der junge Jesco kehrt verwundet aus dem Krieg zurück in seine Heimat Ostpreußen. Da er einen Arm verloren hat, wird er vom Dienst an der Front freigestellt und kommt als neuer Leiter auf das Vorwerk Barjohrgallen ...

Der junge Jesco kehrt verwundet aus dem Krieg zurück in seine Heimat Ostpreußen. Da er einen Arm verloren hat, wird er vom Dienst an der Front freigestellt und kommt als neuer Leiter auf das Vorwerk Barjohrgallen des Gestütes Trakehnen. Seine Frau Sophie übernimmt die Leitung eines benachbarten Gutes. Im Winter 1944 kommen die Russen immer näher, und schnell ist der Entschluss gefasst, dass jeder mit einem Treck nach Westen fliehen soll. So macht sich also Sophie mit Arbeitern und Bewohnern des Gutes auf den Weg. Gleichzeitig startet Jesco mit einigen Helfern und 300 Trakehnern. Da eine Reise durch Polen nicht möglich ist, bleibt nur der Weg über das gefrorene Haff. Ein Angriff von Tieffliegern fordert am Heiligabend einen hohen Tribut.
Schwer geschwächt und mit hohen Verlusten an Menschen und Trakehnern erreichen beide schließlich unabhängig voneinander den Westen.

Auch wenn die Personen und die näher beschriebenen Pferde nur fiktiv sind, haben sie dennoch einen realen Hintergrund. Die dramatische Rettungsaktion für die Trakehner Pferde hat tatsächlich stattgefunden. Leider gab es auch die dramatischen Verluste.

Die Autorin hat hier eine erschütternde aber dennoch tolle Geschichte geschrieben, die sehr gut historisch recherchiert ist, und den Leser mitfiebern lässt. Die detaillierten Beschreibungen lassen einen beinahe das Gefühl haben, man könne die Kälte spüren.

Auch die Personen sind sehr gut dargestellt. Zu Beginn des Buches werden die Hauptfiguren eingeführt, so dass man eine sehr genaue Vorstellung von ihnen hat, und sie gerne auf ihrem Weg begleiten möchte.

Da es hier um viel Pferdewissen geht, fand ich die Fußnoten sehr schön. So kann sich auch ein Leser, der den Umgang mit Pferden nicht gewohnt ist, eine Vorstellung machen, wovon gerade geredet/geschrieben wird. So wird das Buch nicht nur für Pferdeleute interessant.

Wer sich für die Geschichte der Trakehner interessiert, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt.

Veröffentlicht am 27.11.2019

Wenn aus einem Liebesroman ein Thriller wird

Der Fjord schweigt
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Kerstin trifft während ihres Norwegenurlaubes auf Morten, der ihr schnell den Hof macht, dessen Liebe sie jedoch nicht erwidern kann.
Dreißig Jahre später erfährt ihre Tochter Annika nach dem Tod des ...

Kerstin trifft während ihres Norwegenurlaubes auf Morten, der ihr schnell den Hof macht, dessen Liebe sie jedoch nicht erwidern kann.
Dreißig Jahre später erfährt ihre Tochter Annika nach dem Tod des Vaters, dass sie ursprünglich einen Zwillingsbruder hatte, der jedoch als Kleinkind in Norwegen ertrunken ist. Da Kerstin anfangs nicht bereit ist, auf Annikas Fragen zu antworten, macht sich diese allein auf die Suche und fährt nach Norwegen. In dem kleinen Ort, in dem die Familie damals Urlaub machte, versucht sie dem Tod ihres Bruders auf die Spur zu kommen. Unterstützung findet Annika schnell in den beiden Brüdern Jan und Erik, die in ihr ein Gefühlschaos entfachen.
Nach und nach kann sich dann auch Kerstin ihrer Tochter gegenüber öffnen, und erzählt, was damals in Norwegen geschah.

In gewohnt flüssigem und wunderbar lesbarem Schreibstil erzählt Gabriele Popma in ihrem neuen Roman auf zwei Zeitebenen verteilt die tragische Geschichte einer Familie. Wir erleben die junge Annika auf ihrer Reise nach und durch Norwegen und durch ihr Gefühlschaos, das entsteht, als sie den Brüdern Jan und Erik über den Weg läuft. Manchmal hat man die Befürchtung, das Annika ein ähnliches Schicksal ereilen könnte wie ihre Mutter damals vor dreißig Jahren. Finden sich doch sehr viele Parallelen zu der Geschichte, die Kerstin schließlich doch ihrer Tochter offenbart. Schnell nimmt die Geschichte immer wieder unerwartete Wendungen, die den Leser auf eine falsche Fährte locken. Dies macht den Roman extrem spannend, und schnell wird aus dem vermeintlichen Liebesroman ein richtiger Thriller, der einen bis zur letzten Seite nicht mehr loslassen will.
Hier wird gekonnt eine Liebesgeschichte mit einem Thriller kombiniert, ohne dass es auch nur andeutungsweise seicht oder kitschig wirkt. Leider kann ich hier nicht mehr aus dem Inhalt erzählen ohne zu spoilern. Aber von mir bekommt dieses Buch eine absolute Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 06.11.2019

Wenn die Erinnerung langsam wiederkehrt

Tagebuch meines Verschwindens
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In einem kleinen, fast vergessenen, Ort in Schweden wurde vor einigen Jahren die Leiche eines kleinen Mädchens gefunden. Nun wird dieser Cold Case wieder aufgerollt. Der Profilerin Hanne wird die junge ...

In einem kleinen, fast vergessenen, Ort in Schweden wurde vor einigen Jahren die Leiche eines kleinen Mädchens gefunden. Nun wird dieser Cold Case wieder aufgerollt. Der Profilerin Hanne wird die junge Polizistin Marlin, die damals zusammen mit Freunden das tote Kind auf einer Geröllhalde fand, an die Seite gestellt. In einer stürmischen Nacht wird die völlig verwirrte Hanne von dem jungen Jake im Wald gefunden, ihr Lebensgefährte und Partner Peter ist verschwunden. Da er sich gerne Frauenkleider anzieht, bringt er nicht den Mut auf, der Polizei das Tagebuch von Hanne zu übergeben, das sie im Wald verliert. In diesem Tagebuch hat Hanne akribisch alle Schritte in den Ermittlungen festgehalten, um sie nicht zu vergessen. Zeitgleich wird an der Stelle, an der das Mädchen vergraben war, die Leiche einer Frau entdeckt. Während die Beamten weiter ermitteln, und Hanne versucht sich zu erinnern, liest Jake Hannes Tagebuch und kommt so dem Täter gefährlich nahe.
Dieser Roman war meine erste Begegnung mit der Autorin. Aber ihr angenehmer und ruhiger Schreibstil hat mich von Anfang an überzeugt. Es bleibt bei einer fast sachlichen Schilderung, selbst wenn sich die Ereignisse überschlagen. Die einzelnen Personen sind fein gezeichnet und haben tiefgehenden Charakter. Das macht es umso interessanter die Geschichte zu lesen.
Die Story wird aus unterschiedlichen Sichtweisen erzählt. Anfangs wechseln sich hauptsächlich die Erzählungen von Jake und Marlin ab. Später kommt auch Hanne hinzu, die sich immer mehr an die Vorkommnisse im Wald erinnert. Jedes einzelne Kapitel endet mit einem kleinen Cliffhanger, der einen neugierig macht auf das nächste Kapitel.
Trotz seiner enormen Länge von immerhin 600 Seiten, habe ich das Buch innerhalb weniger Tage verschlungen, und kann es bedingungslos weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 05.11.2019

Atmosphärisch dicht und geheimnisvoll

Wolf
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Als 1820 in Schrötten im Schwarzwald ein Junge aufgegriffen wird, nehmen sich zuerst die Mönche des nahe gelegenen Klosters seiner an und nennen ihn Gabriel. Doch dann wird er in die Obhut der Familie ...

Als 1820 in Schrötten im Schwarzwald ein Junge aufgegriffen wird, nehmen sich zuerst die Mönche des nahe gelegenen Klosters seiner an und nennen ihn Gabriel. Doch dann wird er in die Obhut der Familie Steinhauer gegeben. Auf dem Hof macht er sich nützlich, fällt aber durch sein seltsames Wesen auf. Er kann sich nicht erinnern, wie er heißt oder woher er kommt. Auch kann er nicht erklären, wo er die umfangreichen medizinischen Kenntnisse erlangt hat, die er besitzt.
Durch seine Art verdreht er schon bald den Frauen des Dorfes den Kopf. Als sich die Bäuerin des Hofes in ihn verliebt, bahnt sich langsam eine Katastrophe an, die ungeahntes zu Tage bringen wird.

Dieser Roman fasst auf wenigen Seiten atmosphärisch dicht das harte Leben der Bauern und Dorfbevölkerung der damaligen Zeit zusammen. Man spürt als Leser schnell, dass hier mehr hinter der Handling stecken muss, als die äußere Fassade einen glauben macht. Dadurch bleibt die Spannung bis zum Schluss erhalten.
Kein gewöhnliches Buch, das zu lesen sich in jedem Fall lohnt.