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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.04.2024

Ein ganz neuer, feministischer Vampirroman, der den Hunger weckt

Die Hungrige
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Inhalt:
Lydia ist neu in der Stadt und soll bald ihr Praktikum in einer grossen Galerie beginnen. Als Performancekünstlerin richtet sie sich ein eigenes Atelier ein, in dem sie auch zu wohnen plant, als ...

Inhalt:
Lydia ist neu in der Stadt und soll bald ihr Praktikum in einer grossen Galerie beginnen. Als Performancekünstlerin richtet sie sich ein eigenes Atelier ein, in dem sie auch zu wohnen plant, als Vampirin ist sie stets auf der Suche nach Nahrung. Von ihrer Mutter, die sie mittlerweile in einem Pflegeheim untergebracht hat, hat sie gelernt, sich lediglich von Schweineblut zu ernähren. In ihrer neuen Umgebung fällt es ihr aber immer schwerer, sich nichtmenschliche Nahrung zu besorgen.

Meine Meinung:
Ein Vampirroman mit einer Vampirin in der Hauptrolle und dann hat ihn auch noch eine Musikerin geschrieben? Dieses Buch musste ich natürlich unbedingt lesen und bin ganz begeistert vom Aufbau dieser Geschichte und vom eher leichten Schreibstil, der trotzdem tief blicken lässt. Besonders gut gefallen hat mir, dass auch Themen wie Sexismus und Ausbeutung in der Kunstwelt, Rassismus und Spezieismus zur Sprache kommen. Auch kritisiert die Protagonistin immer wieder gewisse Entscheidungen ihrer Mutter, welche diese aufgrund fadenscheiniger religiöser Argumente gefällt hat und versucht dabei stets, ihren eigenen moralischen Kompass zu finden, ohne dabei zu verhungern.

Schreibstil und Aufbau:
Mir hat gefallen, dass ich von Anfang an mitten im Geschehen war. Zuerst empfand ich das Buch allerdings als ein wenig zu langsam erzählt, bemerkte dann aber, welche Sogwirkung vom Schreibstil ausging. Kohda verspinnt eine feinsinnige Romanze, einen Generationenkonflikt und das Aussenseiterdasein ihrer Protagonistin geschickt in ihrer Geschichte und zeigt dabei auch ein Händchen für fundierte kunsthistorische und kulinarische Details. Letztere liessen mir beim Lesen einige Male das Wasser im Munde zusammenlaufen.

Meine Empfehlung:
Die Autorin hat mich mit dieser aussergewöhnlichen Lektüre, ihrer faszinierenden Protagonistin, den detaillierten Beschreibungen sowie den gründlichen kunsthistorischen und kulinarischen Recherchen beeindruckt. Ich empfehle diesen ganz anderen Vampirroman sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 13.04.2024

Langsam erzählt, dramatisch, unheimlich und packend

Babysitter
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TW: Kindesentführung, sexualisierte Gewalt (auch an Kindern), Vergewaltigung, Drogen, Gewalt

Inhalt:
Hannah ist die pefekte Ehefrau und Mutter und lebt in den späten 70erJahren in einer wohlhabenden Siedlung ...

TW: Kindesentführung, sexualisierte Gewalt (auch an Kindern), Vergewaltigung, Drogen, Gewalt

Inhalt:
Hannah ist die pefekte Ehefrau und Mutter und lebt in den späten 70erJahren in einer wohlhabenden Siedlung in einem schönen Haus. Die Rassenunruhen lassen sie als wohlsituierte Weisse kalt, vielmehr lebt sie ein scheinbar unbeschwertes Vorzeigeleben. Doch die Fassade bröckelt. Sie lässt sich auf eine lieblose Affäre mit einem gewalttätigen Mann ein und in der Umgebung treibt ein Killer sein Unwesen, der es auf Kinder abgesehen hat. Ist sie in Gefahr? Hat ihr Geliebter etwas mit dem Mörder - von der Presse nur "Babysitter" genannt - zu tun?

Meine Meinung:
Via Instagram hat mich der Ecco-Verlag gefragt, ob ich dieses Buch lesen möchte und ich war sofort fasziniert von der Beschreibung. Die ersten paar Seiten habe ich förmlich inhaliert, der Schreibstil ist einzigartig und auch wenn ich einige Handlungen der Protagonistin so gar nicht nachvollziehen konnte - man muss allerdings auch sagen, dass Frauen vor sechzig Jahren wohl ihre Beziehungen einfach anders geführt haben, als dies heute der Fall ist - so war ich komplett eingenommen vom Sog, der Oates Sprache auslöst. Vom ersten Satz an wird klar, dass keine Figur diese Geschichte unbehelligt überstehen wird und mit jedem Kapitel wird klarer, wie alles zusammenhängen könnte und in welch verheerenden Situation sich unsere Protagonistin befindet.

Aufbau:
Ganz am Anfang habe ich noch nicht verstanden, welche Figur jeweils am Zug ist. Die Perspektive wechselt teilweise von Kapitel zu Kapitel und verschiedene Deck- und Spitznamen haben mir die Übersicht am Anfang ein wenig erschwert. Nach und nach findet jedes Teilchen seinen Platz, die Zusammenhänge werden klarer und alles zielt auf ein dramatisches, unausweichliches Ende hin. Dieses allerdings war mir persönlich ein wenig zu langweilig und schwammig erzählt, wenn auch Anfang und Ende perfekt ineinandergreifen.
Die ganze Geschichte ist langsam erzählt, sie wirkt (bewusst) ein wenig aus der Zeit gefallen und ich konnte die Handlung wie einen Film aus den 70ern vor meinem inneren Auge sehen, was mir eigentlich gut gefallen hat, entsprechend habe ich aber leider auch einige Längen gespürt.

Meine Empfehlung:
Alles in allem hat mir dieses Buch gut gefallen und mir sehr spannende Lesestunden verschafft. Die unheimliche Grundstimmung, die brutale Gewalt und die äusserst ambivalente Protagonistin haben mich fasziniert. Lediglich die Langsamkeit und das ein wenig langweilige Ende haben mir nicht ganz zugesagt. Das Buch ist aber definitiv eine leseswerte Lektüre, die mit einem einzigartigen, äusserst packenden und gesellschaftskritischen Schreibstil überzeugt.

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Bewegende, spannende Liebes- und Familiengeschichte

Das Flüstern der Feigenbäume
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Inhalt:
Während um sie herum ein Bürgerkrieg tobt, verlieben sich die auf Zypern lebende Türkin Defne und der Grieche Kostas ineinander. In vielen Rückblenden erfahren wir die tragischen Hintergründe ihrer ...

Inhalt:
Während um sie herum ein Bürgerkrieg tobt, verlieben sich die auf Zypern lebende Türkin Defne und der Grieche Kostas ineinander. In vielen Rückblenden erfahren wir die tragischen Hintergründe ihrer verbotenen Liebesgeschichte. In der Gegenwart begleiten wir Kostas und seine Tochter Ada durch ihren Alltag, der nun in London stattfindet und der von ihrer Vergangenheit, der Liebe füreinander und dem Vermissen geprägt wird.

Meine Meinung:
Gemeinsam mit Ina (@literaturina) und Sandra vom Blog "Sandras Lesewelt" habe ich dieses kürzlich in einem offenen Bücherschrank gefundene Buch gelesen und diskutiert. Vor allem der Anfang und der Schluss haben unsere kleine Runde lange beschäftigt. Mir persönlich hat das Buch trotz seinem tragischen und brutalen Inhalt Hoffnung geschenkt. Ich war begeistert davon, wie die Autorin ihre Geschichte aufgebaut und wie sie den Bürgerkrieg in Zypern, verschiedene Kulturen, Traditionen und Figuren zu einem stimmigen Ganzen verbunden hat.
Nur in der Mitte plätscherte mir die Geschichte ein wenig zu sehr dahin, ansonsten bin ich nur so durch die Seiten geflogen und habe erst am Ende durchschaut, wie alles zusammenhängt, was mir persönlich immer sehr gut gefällt.

Schreibstil und Aufbau:
Wer dieses Buch lesen möchte, darf sich nicht über eine sprechende/erzählende Feige wundern, welche die Ereignisse aus eigener Sicht "erzählt" und von Anfang an mehr weiss und mitansieht, wie die menschlichen Figuren.
Im Gegenwartsstrang dreht sich alles um die junge Ada, welche mit einem grossen Verlust umgehen muss und sich dabei von ihrem Vater und der ganzen Welt verlassen fühlt. Zum Glück tritt eine Figur aus der Vergangenheit in ihr Leben, die zupackend durch ihren Alltag wirbelt und dabei aber auch einiges geraderückt.
Die Beschreibungen der Figuren und Beziehungen haben mir persönlich am besten gefallen. Auch zahlreiche Redewendungen (Chapeau an die Übersetzerin) und Traditionen sowie ein wenig Aberglaube finden in die Geschichte und verleihen ihr einen Hauch Mystik, der für mich perfekt in die Handlung gepasst hat.

Meine Empfehlung:
Ich bin sehr froh, dass ich Elif Shafak durch diese Leserunde für mich entdecken durfte und freue mich auf viele weitere Bücher von ihr. Am besten gefallen haben mir ihr äusserst bildhafter Erzählstil sowie der für mich ungewöhnliche und äusserst klug gestaltete Aufbau.

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Veröffentlicht am 16.02.2024

Unterhaltsam und macht hungrig

Die Blütensammlerin
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Inhalt:
Christines Mann hat sie nicht nur für eine jüngere verlassen, nun droht er ihr auch noch, ihr das ehemals gemeinsame Haus und damit ihr langjähriges Zuhause wegzunehmen, sofern sie ihn nicht auszahlt. ...

Inhalt:
Christines Mann hat sie nicht nur für eine jüngere verlassen, nun droht er ihr auch noch, ihr das ehemals gemeinsame Haus und damit ihr langjähriges Zuhause wegzunehmen, sofern sie ihn nicht auszahlt. Gemeinsam mit ihren Freundinnen setzt sie die Idee, das Haus zu einem B&B umzufunktionieren, um. Bald sind die liebevoll eingerichteten Zimmer gut gebucht und anlässlich eines Kochwettbewerbs beherbergt Christine eine Woche lang sogar ein aus Singles bestehendes Kochteam, darunter Christines Schwester Erika, die Christine stetig bestärkt, sich doch bald wieder auf Männerfang zu machen. Für gemütliche, kulinarische und vor allem romantische Stunden sollte also in dieser Woche gesorgt sein. Doch leider ist die Kochgruppe schwieriger zu managen, als erwartet...

Meine Meinung:
Es wird Frühling und Sommer in Maierhofen und ich habe mich sehr gefreut, Christine und das von ihre beherbergte Kochteam durch den Kochwettbewerb und zu begleiten. Besonders gut gefallen hat mir dabei, dass ich sowohl die Mitglieder des Kochteams als auch einige altbekannte Figuren (neu) kennenlernen durfte. Weniger gut gefallen hat mir, dass die Protagonistin zwar einen fantastischen Garten und ein enormes Wissen über Kräuter und ihre Wirkung hat, dass ihr Handwerk und die duftenden Blüten aber leider oft nur eine Nebenrolle spielen.
Ausserdem empfand die Einstellung der meisten Figuren zum Thema Beziehung und Romantik als ein wenig gar konservativ und teilweise verstaubt. Entsprechend vorhersehbar ist die Geschichte auch aufgebaut, Überraschungen gibt es leider keine. Durst-Benning ist es aber wieder wundervoll gelungen, die Menschen, ihre Stimmungen, das zauberhafte Dörfchen und vor allem die kulinarischen Genüsse in den verschiedensten Facetten einzufangen und so genau zu beschreiben, dass ich am liebsten selber mit am Tisch gesessen hätte.

Meine Empfehlung:
Dieser dritte Band der Reihe hat mich nicht ganz so gut abgeholt, wie die ersten beiden Bände, aber er hat mir dennoch sehr gut gefallen, mir einige sehr schöne, gemütliche Lesestunden (und ordentlich Hunger) verschafft und meine Vorfreude auf den vierten Band geweckt. Eine Empfehlung gibt es deshalb natürlich trotzdem.

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Veröffentlicht am 11.01.2024

Wenn man sich auf diese poetische Geschichte einlässt, wird man mit einer herzerwärmenden Lektüre belohnt

Ein seltsamer Ort
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Inhalt:
Nachdem ihr Vater bei einem Unfall gestorben und ihre Mutter in ein seltsames Koma gefallen ist, verschwindet auch noch Mimis Zwillingsschwester Kodachi. Mimi hat schon länger gemerkt, dass in ...

Inhalt:
Nachdem ihr Vater bei einem Unfall gestorben und ihre Mutter in ein seltsames Koma gefallen ist, verschwindet auch noch Mimis Zwillingsschwester Kodachi. Mimi hat schon länger gemerkt, dass in der Stadt, aus der sie stammt, ein paar aussergewöhnliche Menschen und Ereignisse vorkommen. Erst durch eine schrittweise Rückkehr in ihre Heimat und das langsame Ergründen einiger Besonderheiten kommt sie ihrer Familie wieder näher.

Meine Meinung:
2012 habe ich "Dornröschenschlaf" von Banana Yoshimoto gelesen und erinnere mich immer noch an die riesige Begeisterung, die das Buch in mir hervorgerufen hat. Vor allem der einzigartige Schreibstil und die sanfte Melancholie, die ich in vielen der Geschichten gefunden habe, haben es mir damals angetan.
Auf "Ein seltsamer Ort" musste ich mich ein wenig einlassen, das Buch ist ebenfalls eher langsam und poetisch erzählt und anfangs wusste ich überhaupt nicht, wohin mich die Geschichte führen würde.
Nach und nach lernt Mimi mehr Figuren kennen und mit allen Figuren verbindet sie eine grosse Sympathie, die sich teilweise sogar zu einer Freundschaft entwickelt. Unabhängig davon, wie aussergewöhnlich diese Figuren dazukommen, lässt Mimi sich auf sie ein, erfährt etwas über ihre Geschichte oder ihre Lebenssituation und möchte sie bald nicht mehr missen.
Spätestens beim Lesen des Nachworts wird klar, was Yoshimoto mit dieser fast schon märchenhaften Geschichte bezwecken möchte und nachdem ich mich auf "Ein seltsamer Ort" eingelassen und nicht mehr alles hinterfragt hatte, habe auch ich den herzerwärmenden Zauber dieser Geschichte für mich entdecken können.

Erzählsprache:
Banana Yoshimoto schafft es, mit nur wenigen Worten eine ganz besondere Stimmung hervorzurufen und anders als in "Dornröschenschlaf" überwiegt dabei nicht die Melancholie, sondern eine ganz zarte, herzerwärmende Wärme und eine grosse Akzeptanz für ganz unterschiedliche Menschen/Wesen und ihr Leben.
Anfänglich dachte ich, dass ich nicht in die Geschichte finden würde, aber als ich alle Erwartungen hinter mir gelassen und mich einfach nur an Mimis Seite gestellt hatte, wurde ich in ihre seltsame Welt entführt und habe mich darin immer wohler gefühlt.

Meine Empfehlung:
Wer sich auf eine ganz besondere, zart und leise erzählte und sich langsam entwickelte Geschichte mit viel Wirkung einlassen möchte, ist mit diesem Buch genau richtig beraten.

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