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Veröffentlicht am 15.01.2024

Venedig

Lagunenrauner
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Marco (15) lebt um 1500 in Venedig - allerdings in einem magischen Venedig, in dem die Lagune eigene Gesetze hat, Häuser verschwinden und Zimmer den Naturgesetzen widersprechen.

Eines Tages geschieht ...

Marco (15) lebt um 1500 in Venedig - allerdings in einem magischen Venedig, in dem die Lagune eigene Gesetze hat, Häuser verschwinden und Zimmer den Naturgesetzen widersprechen.

Eines Tages geschieht etwas Schreckliches: Das Wasser fließt aus allen Kanälen und wird von einem schwarzen Nebel ersetzt. Wer ihn berührt, stirbt - der "Schwarze Tod" greift um sich.

Marco macht sich auf die Suche nach der Ursache - und gerät dabei in einen Strudel aus Verrat, Tod und der ersten Liebe.

Der Klappentext ist allerdings etwas irreführend - ich hatte die Erwartung, dass Marco und Chiara gleichberechtigte Hauptrollen haben und gemeinsam ihr Abenteuer erleben. Dies ist jedoch nicht so, Chiara ist zumeist in ihrem Maskenladen und Marco rennt durch die Gegend und veranlasst plotrelevante Ereignisse. Erst auf den letzten 150 Seiten tun sie sich zusammen.



Wie schon erwähnt, habe ich diesen Monat irgendwie Lust auf Bücher, die nicht in meinem üblichen Genre liegen. Dazu gehörte der "Luftgitarrengott" und nun auch der "Lagunenrauner" - da versuche ich, weniger Großbritannien-Bücher zu lesen und dann ist der Autor Schottland-Fan. Ha! Mit dem Luftgitarrengott bin ich nicht richtig warm geworden, aber der Lagunenrauner konnte mich durchaus verzaubern. Auch wenn es als jemand, der sich in Venedig nicht auskennt, etwas knifflig war, zu verstehen, was in so einer Lagunenstadt als normal und realistisch gilt.

Einziges Manko war der zu nahe Bezug zur aktuellen Wirklichkeit mit dieser seltsamen Pest, Masken und Quarantäne-Inseln. Gruselig. Ansonsten hat dieses Buch alles, was man erwarten würde und braucht: Meer, versteckte Gassen, eine großangelegte Verschwörung, Karneval - oh, und hatte ich erwähnt, dass Marco Hilfe von Leonardo da Vinci selbst erhält?! Wie cool ist das denn!



Dieses Buch wurde bereits einmal mit erheblich jugendlicherem Cover bei Thienemann veröffentlicht und erschien nun zum 1600. Geburtstag Venedigs beim Monika Fuchs Verlag. Dafür wurde es auch extra-hübsch gestaltet: mystisches neues Cover, blutrotes Lesebändchen, schwarze Vorsatzpapiere, Innenillustrationen und eine ausklappbare Landkarte im Umschlag, sodass man alles mitverfolgen kann.



Falls ihr also dringend einen geistigen Ausflug ans Wasser braucht, seid ihr hiermit gut beraten.



"Eine Gasse ist eine Gasse, überall auf der Welt, außer in Venedig.

In Venedig ist sie eine Herausforderung, ein Geheimnis, ein Versprechen."



"Vernunft war ein Luxus für Leute mit Optionen."

Veröffentlicht am 15.01.2024

Kräuterhexe

Verbena
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Alraune und ihre Ziehtochter Verbena (mal ehrlich, wer seine Kinder so nennt, will sie doch auf dem Scheiterhaufen sehen, oder?!) leben außerhalb eines Dorfes im Wald. Dort pflegen sie die Kranken, verarzten ...

Alraune und ihre Ziehtochter Verbena (mal ehrlich, wer seine Kinder so nennt, will sie doch auf dem Scheiterhaufen sehen, oder?!) leben außerhalb eines Dorfes im Wald. Dort pflegen sie die Kranken, verarzten Fremde und helfen bei Geburten in der Gegend.

Doch in letzter Zeit gehen im Land die Hexenjäger um, die nach allem Ungewöhnlichen und "Magischen" suchen. Und eines Tages im Wald begegnet Verbena ein kleiner Marder, mit dem sie kommunizieren, aber nicht zähmen kann - nicht gerade hilfreich dabei, unauffällig zu bleiben. Als dann auch noch ein Fremder überfallen wird und langfristig Hilfe von den beiden Frauen braucht, wird ihr ruhiges Leben vollends auf den Kopf gestellt...



Der Fabulus Verlag ist mir erst dieses Jahr durch die Nicht-LBM begegnet und ich bin wirklich traurig, dass ich nicht schon vorher von ihm gehört hatte - denn fast alle Bücher dort sind irgendwie verziert, mit Lesebändchen, Farbschnitt etc. Genau das richtige für Fans schöner Bücher!



Auch Verbenas Geschichte zählt zu diesen wunderschönen Bänden (siehe Fotos unten), doch es ist auch innerlich ein wunderbares Buch - super spannend; ich war immer so versunken, dass ich total zusammengezuckt bin und grummelig wurde, wenn Adam was wollte. Leider ist es der erste Band in einer geplanten Trilogie und so hat es ein offenes Ende. Wir erfahren auch nicht wirklich viel über den Hintergrund unserer Hauptcharaktere - der Fantasynerd riecht da noch eine Origin-Story... Das Teenie-Liebesdrama hätte ich mir sparen können, aber die Kräuter waren interessant und die Sprache war nicht so modern, das war sehr angenehm und half beim eingesogen-werden.

Ich kann also nicht sagen, dass es schlecht war, ganz im Gegenteil, ihr müsst euch halt nur drauf einstellen, auf den nächsten Band warten zu müssen - der ist noch nichtmal angekündigt, aaahhh!!!



Schaut mal, wie schön das Buch aufgemacht ist, ein echtes Schmuckstück: Hardcover mit Spotlackverzierung, Kräuter-Farbschnitt und eine Landkarte als Vorsatz!

Veröffentlicht am 15.01.2024

Murmel

Der Wolkenphönix
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Mireia Mabel führt einen bezaubernden kleinen Laden. Böse Zungen würden sagen, für Kramsch - doch ihre Kundschaft findet dort immer genau das, wonach sie sucht.

Eines Tages findet Madame Mabel eine Murmel ...

Mireia Mabel führt einen bezaubernden kleinen Laden. Böse Zungen würden sagen, für Kramsch - doch ihre Kundschaft findet dort immer genau das, wonach sie sucht.

Eines Tages findet Madame Mabel eine Murmel und daraufhin findet Arian Galeno sie.

Er erzählt ihr eine märchenhafte Geschichte von einer verlorenen Liebe und einer Mission, bei der sie ihn unterstützen soll. Gemeinsam machen sich die beiden auf in ein Abenteuer jenseits aller Vorstellungskraft.



Bitte, lest diesen ersten Satz. Falls ihr dann nicht verzaubert seid, brauchen wir gar nicht weiter zu reden:



"Das Mädchen, das mit dem vollen Mond an der Leine spazieren ging, betrachtete fasziniert den Regentropfen, der in ihrer kleinen Hand lag."



Unerschütterliche Hoffnung, Liebe jenseits aller Grenzen und eine zarte Freundschaft, die sich auf einer gefährlichen Mission sofort beweisen muss - spannend und ans Herz gehend verzaubert Fabienne für 200 Seiten unsere Wirklichkeit. Auch durch die wunderschöne Gestaltung mit Illustrationen und Initialen trägt dazu bei.

Falls ihr die magische Sprache von Neil Gaiman mögt und eure Realität dringend eine Prise Magie braucht, dann seid ihr hier genau richtig - lasst euch verzaubern!



"Träume - nichts brach leichter, wenn man von Hoffnungen und menschlichen Herzen absah."

Veröffentlicht am 15.01.2024

Super

Lemmy Lokowitsch
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Lemmy Lokowitsch, seines Zeichens semi-erfolgreicher Journalist, gerät eines Tages an einen Fall, der sonst nicht seine Kragenweite wäre.

Die Schwester seiner Ex, Clayda, bittet ihn um Hilfe, weil in ...

Lemmy Lokowitsch, seines Zeichens semi-erfolgreicher Journalist, gerät eines Tages an einen Fall, der sonst nicht seine Kragenweite wäre.

Die Schwester seiner Ex, Clayda, bittet ihn um Hilfe, weil in Senabri'il indigene Bewohnerinnen verschwinden - spurlos. Eigentlich mehr auf sein eigenes Wohl bedacht, reizt Lemmy der Fall eher wenig - doch dann entdeckt er Hinweise, die nach einer skandalträchtigen Story riechen.

Gemeinsam mit Clayda macht er sich also auf in fremde Lande, um denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen können...



Die Erzählweise hat mich direkt angesprochen - wie in alten schwarz-weiß-Filmen murmelt Lemmy seine Erzählung in seinen Bart und wirft dabei selbstverständlich mit all den Fachbegriffen und Ortschaften seiner Welt um sich - zunächst gewöhnungsbedürftig, aber nachdem man es akzeptiert hat, auch nicht seltsamer als sich irgendeine Großstadt vorzustellen.



Lemmy und Clayda sind ein großartiges Team und auch wenn Lemmy zunächst als der abgebrühte Eigenbrötler rüberkommt, taut er im Lauf der Geschichte doch immer mehr auf - allerdings nicht gegenüber Clayda, hier gab es mal keine unvermeidbare Liebesgeschichte zwischen Protagonisten, sehr erfrischend. Um Sheldon Cooper zu zitieren: "Sie ist zu stolz, er hat zu viele Vorurteile - es ist perfekt!"



Die Storyline über die Ureinwohnenden, die von Großkonzernen auf ein Lebens-Minimum beschränkt wurden, in Armut leben und Polizeitkorruption ausgesetzt sind, hinterlassen einen äußerst realistischen Nachgeschmack - da muss jede
r selbst schauen, ob das Thema was ist. Wem das ggfs. alles zuviel ist, findet am Ende des Buches auch Trigger Warnungen, sehr hilfreich.



Die Action ist breit gestreut, ständig passiert was neues und Clayda & Lemmy bekommen kaum eine Atempause - falls doch, betreiben sie wichtige Recherche. Und während man dem Lemmy so dabei zuliest, wie er von einem Chaos ins andere gerät, kommt man nicht umhin zu denken: Jap, der ist wirklich etwas "loco"!





Ich habe mal freimütig oben "1." hingeschrieben, allerdings ist dieser Band komplett in sich abgeschlossen und bisher gibt es wohl auch nur grobe Pläne für einen zweiten. Ich würde mir aber durchaus noch mehr Abenteuer mit Lemmy ansehen wollen. Falls ihr also dringend dem regnerischen Deutschland entfliehen wollt - wieso nicht eine Reise nach Senabri'il?



"Vom inflationären Gebrauch des Wortes 'Scheiße' wird es auch nicht besser."

Veröffentlicht am 15.01.2024

Buchdruck

Die Herrin der Lettern
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Vielen Dank an Frau Keßler für die Zusendung eines Rezensionsexemplars!



Magdalena Morhart hat es nicht leicht: Eines Tages stirbt unerwartet ihr geliebter Ehemann, der bekannte Drucker. Was soll sie ...

Vielen Dank an Frau Keßler für die Zusendung eines Rezensionsexemplars!



Magdalena Morhart hat es nicht leicht: Eines Tages stirbt unerwartet ihr geliebter Ehemann, der bekannte Drucker. Was soll sie tun? Den Kopf in den Sand stecken? Wieder heiraten, um abgesichert zu sein? Das Geschäft dem unfähigen und unflätigen Stiefsohn überlassen? In der Ecke sitzen und weinen? Nein, Magdalena ist nicht der Typ Frau, der den Kopf in den Sand steckt. Sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand und schafft es, die Druckerei am Leben zu halten - doch dann intrigiert der erwähnte Stiefsohn gegen sie und ihre Produkte und zu allem Übel kommt die Pest nach Tübingen...



Als brave Buchwissenschaftlerin aus Mainz muss ich natürlich ein Buch über die erste deutsche Buchdruckerin lesen - und dann ist es noch als spannender historischer Roman aufbereitet! Wirklich eine faszinierende Persönlichkeit und ich finde es äußert bedauerlich, dass ich im Studium nichts von ihr erfahren habe. Es hat mich geradezu beruhigt und erfreut, mich wieder mit all den drucktechnischen Fachbegriffen zu beschäftigen und mit der altertümlichen Herangehensweise an Buchproduktion und -verkauf.

Gar nicht beruhigend war hingegen, wie ich feststellen musste, dass man bei einer historischen Persönlichkeit keinerlei Garantie auf ein zufriedenstellendes Ende oder gar Happy End hat. Das Leben spielt nicht fair, besonders nicht für Frauen in der Geschichte. Von daher war es ein wirklich spannender Stressfaktor, all die Probleme zu erlesen, die Magdalena in nur einem Jahr in den Weg geworfen werden.



Auch die Aufmachung des schlichten Taschenbuches hat mir gut gefallen: Das Cover passt perfekt, jedes Kapitel beginnt mit hängenden Fraktur-Initialen und am Ende gibt es eine ausführliche Erklärung der Autorin zu den historischen Begebenheiten sowie ein Glossar der Druckbegriffe.



Im Gutenberg Museum in Mainz, wo die Buchpremiere stattfand, kann man übrigens bei Führungen selbst eine der alten Druckerpressen bedienen - ich durfte mal an so einem Bengel ziehen und das war wirklich schwierig, auch wenn ich nicht das zarteste Persönchen bin. Doch heute hängt dafür in meiner Bibliothek ein antik-neuer Druck!