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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.07.2022

Eine junge Frau blüht auf und wird zum Segen eines ganzen Klosters

Matrix
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Marie, ein unehelicher Adelssproß im Gefolge von Eleonore von Aquitanien, wird von dieser verabschiedet, weggeschickt in ein weitentferntes heruntergekommenes Kloster, mit dem vorgeschobenen Auftrag, dass ...

Marie, ein unehelicher Adelssproß im Gefolge von Eleonore von Aquitanien, wird von dieser verabschiedet, weggeschickt in ein weitentferntes heruntergekommenes Kloster, mit dem vorgeschobenen Auftrag, dass man sie dort brauche. Am Hofe ist das junge Mädchen mit seiner grobschlächtigen Erscheinung und seinem wenig liebreizenden Wesen nicht mehr erwünscht und so macht sich Marie, bitter im Herzen, auf den Weg zu ihrem neuen Bestimmungsort. Und eigentlich stimmt es ja, das Kloster ist heruntergekommen, die Lebensumstände der Nonnen desolat. Aber natürlich hätte niemand gedacht, dass Marie als neue Priorin es wirklich anpackt, die Dinge verändert, Strukturen aufbricht und neue schafft und sich nicht nur in den inneren Mauern durchsetzt, sondern ihre Kämpfe auch mit der übergeordneten Geistlichkeit austrägt und gewinnt. Sie schafft für ihre Mitschwestern ein Leben, das einer Art feministischer Emanzipation gleichkommt, gerade wenn man sich vor Augen hält, wir sprechen vom England in den Jahren ab 1158.
Das ist die Geschichte, doch was dieses Buch erst richtig zum Leuchten bringt, das ist der Schreibstil der Autorin Lauren Groff. Er ist anders, eigen und doch flüssig und leicht zu lesen und so lebendig und intensiv in seiner in indirekter Rede gehalten Form, dass einen ihr Werk vom ersten Augenblick an packt. Man jagt sozusagen mit Marie im fliegendem Galopp auf ihr neues Leben zu, dasdann tatsächlich auch eines wird, ausgefüllt und kämpferisch, mit einem innerlich loderndem Feuer versehen, für das Recht auf weibliche Selbstbestimmtheit und ein gutes Leben.
Und auch mich hat dieses Buch fast schon ein wenig zum Glühen gebracht, einfach weil es dieses Buch ist und ich bin begeistert.

Veröffentlicht am 27.07.2022

Eine Freundschaft und die reale Magie des Waldes

Waldmädchensommer
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Alva und ihre Familie sind gerade umgezogen. Ihre Geschwister haben, obwohl gerade Sommerferien sind, keine Probleme, neue Freunde zu finden, aber Alva ist da anders. Sie sitzt in ihrem Zimmer und fühlt ...

Alva und ihre Familie sind gerade umgezogen. Ihre Geschwister haben, obwohl gerade Sommerferien sind, keine Probleme, neue Freunde zu finden, aber Alva ist da anders. Sie sitzt in ihrem Zimmer und fühlt sich einsam. Und so beschließt sie, den nahen Wald zu erkunden und begegnet dort Toni. Die beiden Mädchen streifen gemeinsam durch den Wald und Antonia, so Tonis richtiger Name, lässt Alva Anteil nehmen an der herrlichen Natur, an der Pflanzenwelt und auch an der Magie, die diesem Ort offenbart. Jeden Tag treffen sie sich hier und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Sie verwandeln sich selbst in magische Wesen und kreieren Spiele, in denen sie eine tiefe Verbindung zur Natur erleben. Das alles ist wunderschön erzählt und gibt einem als Leser die Möglichkeit, miteinzutauchen in diese magische Welt, die aber trotzdem nicht abgleitet und in der Realität verankert bleibt. Und die Realität, Tonis tatsächliche Lebensrealität, irgendwann durchdringt sie dieses schöne gemeinsame kindliche Erleben der beiden Mädchen. Das dauert und Alva steht der Entwicklung in ihren Spielen, in Tonis Verhalten erst einmal sehr verunsichert und überfordert gegenüber, aber irgendwann stellt sich dann heraus, das diese Geschichte auf ein sehr ernstes Thema zusteuert, häusliche Gewalt, wobei die Einbindung in die wirklich schöne auch zum Wohlfühlen gedachte Geschichte sehr gut gelungen ist und deshalb auch genau richtig für die angedachte Zielgruppe funktioniert.
Und so hat 'Waldmädchensommer' mit seiner absolut bewusst gewählten positiven Gefühlswelt absolut Bestand und ist sehr zu empfehlen

Veröffentlicht am 27.07.2022

Wo die Fantasie hüpft und Schluckauf macht

Das Haus zwischen den Welten
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Die Taschendiebin Neun und ihre Freunde reisen in ihrem magischen Haus durch die Welt. Doch das hat, vielleicht auch gestresst vom ersten Teil, Schluckauf und hüpft, wegen der vielen Hicks durch viele ...

Die Taschendiebin Neun und ihre Freunde reisen in ihrem magischen Haus durch die Welt. Doch das hat, vielleicht auch gestresst vom ersten Teil, Schluckauf und hüpft, wegen der vielen Hicks durch viele Welten. Und so gibt es für die illustre Schar eine Menge Abenteuer zu erleben.Und dabei spielt ein Hüpfkästchenwettbewerb eine Rolle und ganz wichtig ist ein magischer Turm, der den Freunden vielleicht beim Lösen ihrer Probleme hilft.
Eine total schräge, riesig fantastische, humorvolle und kunterbunte Geschichte ist das hier, mit sehr netten Akteuren, die zwar sehr verschieden und eigen sind, aber trotzdem ganz fest zusammenhalten, denn nur so haben sie die Chance, dass dies alles zu einem guten Ende führt.
Das Buch zu lesen, hat einfach richtig Spaß gemacht.

Veröffentlicht am 24.07.2022

Ein Vater ist mehr wie nur ein Vater

Die Schuhe meines Vaters
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Es ist der Vater des Autors, der seinen Sohn und dessen Familie in regelmäßigen Abständen in Frankfurt besucht. Doch diesmal, im Sommer 2018, erzählt dieser, ganz am Ende des Besuchs, dass seine Krebserkrankung ...

Es ist der Vater des Autors, der seinen Sohn und dessen Familie in regelmäßigen Abständen in Frankfurt besucht. Doch diesmal, im Sommer 2018, erzählt dieser, ganz am Ende des Besuchs, dass seine Krebserkrankung wahrscheinlich zurückgekehrt ist und er sich, zurück in Berlin, einer Biopsie unterziehen muss. Begleitung will er keine, vorerst 'schaffe ich das allein'. Und so ist es doch ein Schock, als ein Anruf aus dem Krankenhaus dem Sohn mitteilt, dass sein Vater im künstlichen Koma liegt und er kommen muss, um zu entscheiden, wann die Maschinen abgestellt werden sollen. Der Sohn entscheidet und dann, schon fast ein Trost, atmet der Vater weiter und ihm wird 'das Sterben geschenkt'. Dann ist er tot und der Sohn, irgendwann, erst nach einiger Zeit, er will über den Vater schreiben, ihn für sich noch einmal erleben lassen. Und dazu macht er sich auf die Suche, nach ihm. Denn, dass wird dem Autor sehr bewusst, was weiß er über diesen nicht einfachen Mann, der so viel in sich begrub. Und manchmal, ja, da wallte es auf in ihm, 'Ausbrüche', die die Familie belasteten und zu mancher Zeit, den Sohn sich hat schämen lassen, für den Vater.
Ein sehr persönliches Buch über das Sohnsein, das Vatersein und die einen selbst vielleicht erstaunende Erkenntnis, dass ein Vater auch ein Leben vor und neben der Vaterrolle her hat, ein Leben, das etwas mit einem Menschen macht und es so vielleicht auch nicht immer einfach ist, der Vater zu sein, den sich der Sohn wünscht.
Sehr intensiv, sehr berührend und verbunden mit der Chance für uns alle, seine Eltern über diese ,ihre Rolle hinaus, wahrzunehmen und kennenzulernen.

Veröffentlicht am 21.07.2022

Selten und trotzdem gibt es ein Leben

Blindfisch
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Das Usher-Syndrom, erblich bedingt, selten, drei Formen und Lon hat eine davon. Er ist von Geburt an gleichbleibend hochgradig schwerhörig, aber damit kann er leben. Mit seinen Hörgeräten ist das Leben ...

Das Usher-Syndrom, erblich bedingt, selten, drei Formen und Lon hat eine davon. Er ist von Geburt an gleichbleibend hochgradig schwerhörig, aber damit kann er leben. Mit seinen Hörgeräten ist das Leben für ihn nahezu genauso wie für andere. Inzwischen er ein Teenager, ein ganz normaler Typ mit einem besten Freund, Oscar und alle anderen in der Klasse sind auch sehr in Ordnung. Er spielt Volleyball und Zuhause, das sind seine Mutter, seine Schwester Annie und sein Stiefvater 'Cord', den Lon nicht so mag, obwohl der echt sein Bestes gibt. Doch etwas stimmt nicht. Lon sieht zunehmend schlechter, was er aber niemandem sagt. Und es ist ihm klar, was das bedeutet, dass er wohl die Variante 2 des Usher-Syndroms hat, die sich durch die zunehmende Netzhautdegeneration in der Pubertät zeigt, bis hin zur Erblindung. Tag um Tag, Lon macht einfach weiter, kämpft sich durch alles durch. Er weiß, es gibt kein Zurück, es wird passieren, aber er will noch eine 'Gnadenfrist', wie er selbst es nennt, noch ein bisschen normal sein, dazugehören, nicht bemitleidet werden, bevor es vielleicht wirklich Nacht wird, für immer. Und dann, so denkt er, ist das Leben für ihn sowieso vorbei.
Diese Geschichte, das ist Lon, der um Aufschub kämpft, der hier spricht, hier fühlt, der seinen Sport aufgibt, stolpert, öfter mal die Orientierung verliert und sich dann auch noch durch die mehrtägige Klassenfahrt 'quält'. Und wir, die Leser, sind mitunterwegs, fühlen mit, hoffen mit, verzweifeln, haben Angst, genauso, wie Lon selbst das erlebt.
Und das Fazit, ein ganz tolles Buch und ein 'warum ich' gilt einfach nicht, aber es gilt, es gibt ein Leben und das ist schön.

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