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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.01.2022

Drei Mädchen im kleinstädtischen Umfeld ihrer Zeit und diese Zeit lebt

Unser kostbares Leben
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Irgendwo im Hessischen, in den 1970er und 80er Jahren, hier erleben die drei Freundinnen Caro, Claire und Minka ihre Kindheit und Jugend. Caro ist die Tochter des Schokoladenfabrikanten der Stadt, Claire ...

Irgendwo im Hessischen, in den 1970er und 80er Jahren, hier erleben die drei Freundinnen Caro, Claire und Minka ihre Kindheit und Jugend. Caro ist die Tochter des Schokoladenfabrikanten der Stadt, Claire deren aus Vietnam stammenden Adoptivschwester und Minka die Tochter des örtlichen Bürgermeisters. Sie sind 10 Jahre alt und beginnen gerade sich kritisch umzusehen in ihrer Welt. Das fängt hautnah mit der bei ihrer Wanderung totgefahrenen Kröten an und entwickelt sich, teils durch Geschehnisse aus dem engeren Umfeld angestoßen, in immer größerem Rahmen weiter. Und so trifft man in diesem Roman auf die bewegensten Themen dieser Jahre, die bis in die politische Ebene hineinreichen. Da geht es um Tierschutz, Medikamententests und um die Schädigung der Umwelt in einem Maße, dass einem wirklich die Luft wegbleibt. Aber tatsächlich ist dies, von der Autorin gut recherchiert, so wirklich geschehen. Und das war dann einfach so, zum Wohle der Allgemeinheit und des Fortschritts. So wird man es wohl verkauft haben, wenn das überhaupt nötig war, denn das meiste erfolgte doch eher im Verborgenen. Und das war ja damals noch leicht.
Das also waren die wichtigsten Dinge, prägend für diese Zeit. Aber auch die kleinen gut eingefügten Alltäglichkeiten wie Toast Hawaii oder Gummitwist auf der Straße vor dem Haus finden hier seine Erwähnung, was einem dann wiederum ein Lächeln entlockt, ob aus der eigenen Erinerung heraus oder durch die Erzählungen der Eltern. So steht alles bereit, für eine gute Geschichte. Was jetzt noch fehlt, sind die Protagonisten selbst, die dem Ganzen Leben einhauchen, Emotionen erzeugen und die erwartungsvollen Leser mitnehmen auf ihrem Weg durch diese Zeit. Und genau da liegt der Schwachpunkt dieses ambitionierten Romans. Dieses Miterleben, Miterleiden, sich mitempören, da kommt einfach zu wenig an. Und bei rund 600 Seiten Lesestoff kann das dann schon mal etwas lang werden.
Aber nichtsdestotrotz, dies ist ein gut recherchierter Roman über eine Zeit, die in vielem noch bis in unser Heute hinein nachwirkt. Und ich habe auf jeden Fall etwas dazugelernt.

Veröffentlicht am 22.01.2022

Wenn Fürsorge zu einem Käfig wird und die Katastrophe folgt

Der fürsorgliche Mr. Cave
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Terence Cave ist eigentlich ein ganz normaler netter Mensch. In seinem Beruf als Antiquitätenhändler und Restaurator geht er vollends auf. Ein Möbelstück wieder zu neuem Glanz verholfen zu haben, erfüllt ...

Terence Cave ist eigentlich ein ganz normaler netter Mensch. In seinem Beruf als Antiquitätenhändler und Restaurator geht er vollends auf. Ein Möbelstück wieder zu neuem Glanz verholfen zu haben, erfüllt ihn mit tiefer Zufriedenheit. Doch das Leben ist nicht leicht und in dem von Mr Caves nehmen die Verluste zu. Seine Mutter, seine Frau und dann auch noch sein Sohn, dem er bei dessen Unfall nur noch die Hand halten kann, während das Leben seinen Körper verlässt, sie alle sind nicht mehr da. Nun gibt es nur noch seine Tochter und so schwer es ihm fällt, seinem Dasein überhaupt noch etwas abzugewinnen, für Briony wird er dasein. Er wird ihr die Zeit schenken, die er bei seinem Sohn noch 'auf später' verschoben hat, er wird sie beschützen vor dieser Welt da draußen, die so grausam und gefährlich ist. Briony wird man ihm nicht wegnehmen, dafür wird er sorgen. Und genau das tut er dann auch. Dass das nicht gutgehen kann, nicht bei einem Erwachsenen und schon gar nicht bei einer Jugendlichen, die natürlich zunehmend ihre Freiheiten einfordert, ist vorauszusehen. Grenzen setzen ist ja in Ordnung, aber was Mr Cave da tut, dass übersteigt jede Verhältnismäßigkeit.
Dies also ist Mr Caves Geschichte. Hier schreibt er sie nieder. In der Ich-Form erzählt er den Gang der Dinge und bittet seine Tochter um Verzeihung und immer wieder auch um Verständnis für sein Tun. Dass mit dem Verstehen, das ist ihm dabei sehr wichtig und irgenwie hat man als Leser das Gefühl, Mr Cave richtet sich mit seiner Geschichte auch direkt an uns.
Das ist schon harter Tobak, dieses Buch. Sein Inhalt ist berührend, ja, nachvollziehbar, in gewissem Rahmen auch das, aber es ist auch ohne Ausweg, ohne Abzweig für 'es wird doch noch alles gut'. Und das muss man dann erst einmal sacken lassen. So in dieser Form hallt die Geschichte lange nach und wenn das vom Autor so gewollt ist, dann hat er, auf eine ein bisschen andere Art, wieder alles richtig gemacht. Und wer es gerne ein bisschen heller und hoffnungsvoller haben möchte, nicht sehr viel, aber doch ein wenig, dem kann ich die anderen Werke von Matt Haig sehr empfehlen. Man kann sie einfach nur mögen.

Veröffentlicht am 20.01.2022

Ein alltägliches Leben und dann der große Bruch

Erschütterung
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Zach Wells, Afroamerikaner, Professor für Geologie und Paläobiologe, Ehemann, Vater, es ist alles da, was für ein gutes Leben steht und dieses Leben ist alltäglich, unbedeutend, langweilig und emotional, ...

Zach Wells, Afroamerikaner, Professor für Geologie und Paläobiologe, Ehemann, Vater, es ist alles da, was für ein gutes Leben steht und dieses Leben ist alltäglich, unbedeutend, langweilig und emotional, gerade bezogen auf seine Ehe, kälter geworden. Nur das Vatersein, für seine 12-jährige Tochter Sarah, erfüllt ihn mit einem positiven warmen Gefühl der Liebe. Und dann der Schock, sein Kind leidet an einer seltenen genetisch verursachten Erkrankung, die unweigerlich zum Tod führen wird und dies sehr bald. Sein Kind wird dahinsiechen und ihn verlassen. Wells Verzweiflung ist grenzenlos. Bald wird es nichts mehr geben, was sein Leben noch sinnvoll sein lassen kann. Und dann taucht da dieser Hilferuf auf, in Form eines Zettels, den er in einer bei Ebay erstandenen Second-Hand-Jacke, gefunden hat. Und er flieht, vor dem Siechtum seiner Tochter, hinein in dieses Abenteuerkonstrukt, das ihn nach New Mexico führt.
Das also ist die Geschichte, zwei Handlungsstränge, eingewoben darin Themen u.a. aus Wells Berufsleben, die zeigen, dass er eigentlich dazu gehört, mitten drin in den realen Alltäglichkeiten der amerikanischen Gesellschaft, die bis hin zum Trumpismus reichen. Und das alles eingebettet in eine literarisch sehr gehobene ambitionierte Sprache mit dem ein oder anderen Extratüpel obendrauf, man bekommt hier als Leser schon etwas geboten. Das ist richtig gut gemacht und sollte so auch seine Würdigung finden. Bei mir allerdings ist das Emotionale, diese Erschütterung, nicht mit der Intensität angekommen, die ich erwartet hätte. Ich denke, der Autor hat dies bewusst so gewählt, um einem nicht die Sicht zu versperren, für die vielen thematischen Facetten, die die Geschichte in sich trägt. Ich hätte es mir diesbezüglich etwas 'natürlicher' gewünscht. Und, was mich schon während des Lesens beschäftigt hat, die Krankheit seiner Tochter, das kann man wohl, vorsichtig ausgedrückt, unter Schicksal verzeichnen. Und das zu verwinden, ist schwer. Aber als Vater davonzulaufen, genau in der Zeit, wo sein Kind ihn so sehr an seiner Seite braucht, wie will man sich das jemals verzeihen.
Doch fernab meiner kleinen persönlichen Abschweifung, kann ich diesem Buch auf jeden Fall eine Empfehlung aussprechen. Es ist wirklich gut.

Veröffentlicht am 13.01.2022

Das Kriegsgeschehen in Lappland 1944, die indigene Bevölkerung und eine sehr persönliche Recherche danach

Land aus Schnee und Asche
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Was ist vom 2. Weltkrieg im Norden Finnlands angekommen, ein eher wenig bekanntes Thema, gerade vor dem Hintergrund seiner indigenen Bevölkerung, den Samen. 1947, die Geschehnisse sind noch nicht vernarbt ...

Was ist vom 2. Weltkrieg im Norden Finnlands angekommen, ein eher wenig bekanntes Thema, gerade vor dem Hintergrund seiner indigenen Bevölkerung, den Samen. 1947, die Geschehnisse sind noch nicht vernarbt und die Spuren noch frisch, macht sich die Fotografin Iskari auf den Weg nach Lappland, diesem kargen kalten Landstrich, der seine Bewohner prägt, um die 'Maßnahmen der Heilung' zu dokumentieren. Doch es steckt mehr hinter ihrem Kommen, denn ihr nicht aus dem Krieg zurückgekehrter Mann soll hier laut Listung 1944 als Kriegsgefangener kasaniert gewesen sein. Und so macht sie sich auf die Suche,lernt die Menschen an diesem so unwirklichen Ort kennen, spürt die Ablehnung und das Bedürfnis, 'schlafende Hunde nicht aufzuwecken', denn auch hier gab es Verbrechen gegen die Menschlichkeit und niemand will noch etwas davon wissen. Doch dann wird ihr ein Tagebuch zugespielt, in dem die Dinge stehen, wie sie waren, unverblümt, abgekoppelt von jedem Gefühl, grausam und zutiefst bewegend.
Das Buch pendelt in seinem Fortkommen zwischen diesen beiden Dokumentierungen hin und her und dass das Danach, das die junge Iskari zum Tragen bringt, so kurz nach den eigentlichen Geschehnissen spielt, hat seinen Reiz und schafft Intensität und auch eine recht gut funktionierende Interaktion.
Man merkt, wie sehr der Autorin das Thema am Herzen liegt und sie will Aufmerksamkeit dafür schaffen. Im ersten Teil ist man auch, ohne überhaupt nachzudenken, sehr mit dabei. Die Beschreibungen sind größtenteils schonungslos und mit einer unmittelbaren
Präsenz dargeboten. Da kann man sich wirklich absolut nicht entziehen. So waren die Dinge und jetzt kommen sie auf den Tisch. Irgendwann hat man jedoch das Gefühl, Rautiainen hat Angst, ihre Leser nicht bei der Stange halten zu können. Sie versucht künstlich Spannung aufzubauen und das enttäuscht. Ein bisschen verliert sie die Richtung und das Geschehen zieht sich. Gerne würde man ihr sagen, sie soll sich nicht verunsichern lassen, vertrau deinen schriftstellerischen Fähigkeiten und 'bleib dran'. Aber das klingt härter, wie es gemeint ist. An sich ist die Geschichte sehr interessant und offenbart so manches, was bisher noch wenig öffentlich angesprochen wurde, schon gar nicht in Romanform. Ein Lob für den Erstling der Autorin, der genauso ambitioniert rüber kommt, wie er gemeint ist. Es bleibt noch etwas Luft nach oben, aber man wird bestimmt bald wieder etwas von ihr lesen können. Ich bin gespannt und neugierig darauf und dann auch sicher wieder mit dabei.

Veröffentlicht am 27.11.2021

Pferde als Seelenverwandte, ein Geheimnis und die Insel der Fantasie

Insel der Sturmpferde 1: Eine Freundschaft aus Wind und Magie
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Dies ist der erste Band einer neuen Fantasiebuchreihe, in der es um die Insel Maolis geht, einer ganz besonderen Insel. Hier fegt der Wind in allen möglichen Farben durch die Gegend und jeder Mensch, der ...

Dies ist der erste Band einer neuen Fantasiebuchreihe, in der es um die Insel Maolis geht, einer ganz besonderen Insel. Hier fegt der Wind in allen möglichen Farben durch die Gegend und jeder Mensch, der hier lebt, hat ein Pferd, das sein treuester und innigster Freund ist. Natürlich hat auch Nilla einen solchen Seelenverwandten, Sturmwind ist sein Name und sie beide galoppieren, ja sie fliegen förmlich über den Strand, wenn sie versuchen, schneller zu sein wie dieser brausende Wind, der so viel Kraft hat und den nur Nillas Ziehvater Jun bändigen kann. Eines Tages nun taucht ein fremdes Mädchen auf der Insel auf. Ihr Name ist Luna und sie hat ihr Pferd Mondlicht mit dabei. Den beiden geht es nicht gut und so nimmt Jun sie bei sich auf. Nilla merkt sehr bald, das Luna schon sehr anders ist und sie ist sich sicher, das sie ein Geheimnis mit sich herumträgt. Und natürlich müssen Nilla und ihr Sturmwind unbedingt dahinter kommen und herausfinden, was es ist.
Diese Geschichte ist sehr schön erzählt. Es fällt einem leicht, dabei zu bleiben, wenn die Handlung vorankommt und mal fühlt sich auch ein bisschen wie in einem Traum, den man als pferdebegeistertes Kind, das zudem auf Fantasie steht, richtig gerne erlebt, wenn auch nicht in seinen Gedanken, dann, umso toller, hier auf dem Papier.
Und ich denke, diese 'Freundschaft aus Wind und Magie' wird seine neu gewonnene Leserschaft mit viel Vorfreude auch zur Fortsetzung dieser Buchreihe tragen.