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Veröffentlicht am 18.11.2019

leider zu viel gewollt

Burning Bridges
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„Die Mauer, die zu überwinden mich so viel Mühe gekostet hatte, war wieder da, und ich hatte keine Ahnung, wie ich sie überwinden sollte.“ (Ella in Burning Bridges)

Worum geht’s?

Eigentlich dachte Ella, ...

„Die Mauer, die zu überwinden mich so viel Mühe gekostet hatte, war wieder da, und ich hatte keine Ahnung, wie ich sie überwinden sollte.“ (Ella in Burning Bridges)

Worum geht’s?

Eigentlich dachte Ella, dass ihr Tag nicht mehr schlimmer werden könnte. Nachdem sie erfahren musste, dass ihr Freund Jason fremdgegangen ist, macht sie sich weinend und wütend auf dem Weg nach Hause. Doch hierbei hat sie die Rechnung ohne drei Typen gemacht, die sich ihr in den Weg stellen und sie bedrängen. Aber aus dem Nichts taucht ein geheimnisvoller Retter auf, der aber genauso schnell auch wieder verschwindet. Als sie ihren Retter am Folgetag zufälligerweise wiedertrifft, beginnt eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen ihr und Ches, aus der schnell mehr werden könnte. Doch Ches lebt gefährlich, denn er kommt aus dem Untergrund. Und das ist eine Welt, die Ella sicher nicht betreten möchte…

Burning Bridges ist Band 1 der Flechter University-Reihe. Das Buch ist in sich geschlossen, es kommen jedoch bereits die Charaktere aus den Folgebänden vor.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover in Holzoptik mit goldenen Flakes, die an Glut erinnern, gefällt mir nicht so gut. Es passt für mich weder zum Buch noch zum Genre, im Laden wäre mir das Buch nicht aufgefallen. Das Buch wird chronologisch durch Ella in der Ich-Perspektive erzählt. Sie ist alleinige Erzählerin. Sprachlich ist das Buch angemessen für junge Erwachsene, es wird gelegentlich geflucht, insgesamt ist die Sprache jedoch recht harmlos. Es gibt wenig erotischen Content. Der Schreibstil der Autorin ist recht flüssig und angenehm zu lesen.

Mein Fazit

Hype-Bücher sind ein schwieriges Thema. Bestimmte Autoren erhalten immer Vorschusslorbeeren und dementsprechend sind ihre Bücher in aller Munde. So war es auch bei Burning Bridges, dem Erstlingswerk von Tami Fischer, die als Buchbloggerin recht bekannt ist. Überall habe ich überschwängliche Rezensionen zu dem Buch gesehen und gehört, wie besonders und anders es ist. Ja, es ist anders und in einer gewissen Art besonders, aber für mich nicht im positiven Sinne.

Den Einstieg fand ich sehr gelungen und war begeistert davon, wie spritzig das Buch direkt beginnt. Denn Ella macht ihrem fremdgehendem Freund eine Ansage der besonderen Art. Als sie dann nach Hause geht, trifft sie auf drei Typen, die sie anmachen und belästigen. Ella schätzt in ihrer Wut die Situation falsch ein und schnell wird es dann brenzlig. Zum Glück taucht ein Unbekannter auf, der ihr hilft, dann aber verschwindet. Am nächsten Tag trifft sie ihn beim Kaffeeholen zufälligerweise wieder, lädt ihn zum Frühstück ein und die beiden verbringen einen netten Tag zusammen. Doch dann verschwindet Ches wieder spurlos. Als Ella wenige Tage später feiern geht, endet der Abend auf der Polizeiwache. Nach ihrer Entlassung taucht auch hier wieder Ches plötzlich auf, um zu sehen, ob es ihr gutgeht. Im Anschluss verschwindet er wieder. Doch Ella hat Blut geleckt und möchte mehr über den geheimnisvollen, gutaussehenden Typen erfahren. Als sie dann auch noch feststellen muss, dass er regelmäßig starke Verletzungen hat, wundert sie sich, was mit Ches nicht stimmt. Die Wahrheit über die Kreise, in denen Ches sich bewegt, ist jedoch düster und gefährlich. Schon bald befindet sich Ella in einem Strudel, der für sie schlimm enden könnte… Ist Ches das alles wert?

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Zuerst muss ich feststellen, dass sich dieses Buch für mich gelesen hat, als wisse die Autorin selbst nicht so ganz, was sie möchte. Einerseits hat man klassische New Adult Elemente, die fast schon klischeehaft alles abdecken, was man vom Genre erwartet. Auf der anderen Seite gibt es hier viel Action und einige Dark Romance Elemente, die aber allesamt nur angehaucht sind und so richtig wild zusammengewürfelt wirken. Das sorgte bei mir vor allem dafür, dass ich das Buch immer wieder weglegen wollte, weil ich die Geschichte so wahnsinnig übertrieben und hanebüchen fand, dass mir die Lust verging. Es sind die Kontraste der beiden Welten „süßes Uni-Leben mit Spieleabenden“ und „dunkle Untergrundwelt voller Gewalt und gefährlicher Gestalten“, die so komisch verworren wurden, dass es unglaubwürdig war. Es gibt also in dem süßen Örtchen Flechter eine Art Paralellwelt im Untergrund, niemand soll davon wissen und darüber reden – im Buch reden zahlreiche Beteiligte aber unbedarft andauernd darüber. Hierbei kommen auch wahnwitzige Ideen zur Zerschlagung der ganzen Szene bzw. einzelner Akteure an den Tag. In wunderbarer Buchmanier gelingt das natürlich alles, weil Regel Nummer 1: Mächtige Untergrundmenschen sind stupide und lassen sich von einer naiven Collegestudentin natürlich aufs Kreuz legen. Aber sei’s drum. Das ist ja immerhin nur das Ende.

Doch leider ist auch zwischen Anfang und Ende recht wenig, was mich erfreuen konnte. Anfangs fand ich die Gespräche unterhaltsam und Ella mit ihrer Clique sehr spritzig. Irgendwann fand ich das permanente Gag-Feuerwerk nur noch nervig, seitenfüllend, ablenkend und peinlich. Die College-Parts kamen wir fast so vor, als sei ich in einem vollkommen überzogenen Collegemovie gelandet. Hier sind Leute miteinander befreundet, die irgendwie nicht zusammenpassen. Es verbringen Leute Zeit miteinander, die sich offenkundig nicht abkönnen. Dazu kommen Kicher-Chats zwischen Ella und ihren Mädels, platte Spitznamen wie Thorsus (Ches ist immerhin eine Mischung aus Jesus und Thor) und auch sonst gab’s viele Szenen, die fehlplatziert wirkten, als würde man hier eine Mindestseitenzahl erreichen müssen.

Dazu kommen die wenigen Szenen zwischen Ella und Ches. Ches hält Ella permanent auf Abstand, ist zugleich aber sehr auskunftsfreudig, sofern er einmal in Plauderlaune ist. Ich habe nicht mitgezählt, wie oft Ches Ella in diesem Buch eigentlich rettet, aber es bleibt nicht beim einen Mal vom Anfang. Ernüchternd fand ich die Beziehungsentwicklung zwischen den beiden. Ella lädt einen Wildfremden zum Frühstück bei sich zuhause ein, daraus wird ein Netflixtag. Schon kurze Zeit später bietet sie dem Wildfremden an, für einige Wochen bei ihr zu wohnen, obwohl sie zumindest ansatzweise weiß, in welchen Kreisen er sich bewegt. Als es dann Stalking und einen Einbruch gibt, ist Ella aber trotzdem erschüttert. Naja, was erwartet sie, wenn sie mit dem Feuer spielt? Näherkommen tun sich die beiden über weite Strecken irgendwie auch nicht, als es dann endlich soweit ist, hätte es von der emotionalen Tiefe her auch ein One-Night-Stand sein können. Ich fand die Beziehung zu keiner Zeit nachvollziehbar und konnte die Gefühle der beiden nicht greifen, was insbesondere vor der Lebensgefahr, in die sich beide bringen, echt schwierig ist.

Ella hat mich bereits nach kurzer Zeit regelmäßig auf die Palme gebracht. Schwankend zwischen hochgradig übermütig und hochgradig naiv hat sie kaum eine Katastrophe ausgelassen, wirkte planlos und zeitweise kindisch. Ihre beiden Freundinnen Summer und Savannah fand ich auch überraschend kindisch und zeitweise sehr anstrengend. Beide blieben für mich jedoch auch recht eindimensional, genauso wie Ches. Von dem habe ich bis auf sein Aussehen und einigen Infos auf der Untergrundwelt eigentlich nichts mitgenommen. Es ist, als hätte man ihn auf diese wenigen Features beschränkt. Kurios fand ich die Nebencharaktere Lenny und Carla, die zuerst vollkommen negativ daherkamen, mit der Zeit sich aber mit Ellas Rolle abgefunden haben. Wieso beide Wissen über die Untergrundwelt haben, blieb offen und ich hoffe, man erfährt das dann in Band 2 oder 3.

Insgesamt weiß ich nicht, wie oft ich das Buch abbrechen wollte, zugleich aber wollte ich nicht auf die Auflösung verzichten, was Ches denn jetzt für ein Geheimnis hat. Wie hier die Auflösung forciert wurde und Ella im Fast-Alleingang Ches aus der Untergrundwelt befreit, war dann fast schon lachhaft. Bei Burning Bridges gilt: Hier wurde sehr viel auf einmal gewollt und auch abgeliefert. Es fehlte mir nur vorne und hinten an der Stimmigkeit, der Nachvollziehbarkeit und der Glaubwürdigkeit. Manchmal gilt eben doch: Weniger wäre mehr.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 19.05.2019

zu viel Meinung bei zu wenig Informationen, zudem unstrukturiert

Ungerechtigkeit im Namen des Volkes
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„Lesen oder hören Sie von Fällen, wie ich sie bisher beschrieben habe, fragen Sie sich vielleicht, wie solche Urteile zustande kommen können.“ (Ingo Lenßen in Ungerechtigkeit im Namen des Volkes)

Worum ...

„Lesen oder hören Sie von Fällen, wie ich sie bisher beschrieben habe, fragen Sie sich vielleicht, wie solche Urteile zustande kommen können.“ (Ingo Lenßen in Ungerechtigkeit im Namen des Volkes)

Worum geht’s?

Der aus dem TV bekannte Strafverteidiger Ingo Lenßen befasst sich in „Ungerechtigkeit im Namen des Volkes“ mit unausgewogenen und unfair anmutenden Strafurteilen deutscher Gerichte und möchte dem Leser anhand zahlreicher Beispiele aus eigener und medialer Herkunft mehr Transparenz gewähren in ein schier unübersichtliches System, welches häufig zu Unverständnis führt. Anhand dieser über 40 Fälle möchte er Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Strafjustiz und der damit einhergehenden Steigerung des Gerechtigkeitsgefühls aufzeigen.

Schreibstil / Gestaltung

Das Hardcoverbuch verfügt über einen abnehmbaren Schutzumschlag, auf dem sich neben dem Buchtitel ein Portrait von Ingo Lenßen und Teile einer Justitia befinden. Das umschlaglose Buch ist in der gleichen Petrolfarbe gehalten wie der Umschlag. Auch im Inneren setzt sich die Farbgebung schwarz-weiß-petrol weiter fort. Das Cover ist dezent und angemessen für das Buch.

Das Buch besteht aus einem Vorwort, 18 Kapiteln und einem Schlusswort. Die Kapitel werden jeweils durch eine ganzseitige Überschrift eingeleitet und sind teilweise mit petrolfarbenen Zwischenüberschriften versehen. In den Kapitel sind farblich in petrolfarbener Schrift die Fälle hervorgehoben, die Urteile werden in schwarzen Fettdruck nachgestellt.

Der Schreibstil ist sachlich-nüchtern und der Autor führt in der Ich-Form durch das Buch.

Mein Fazit

Ungerechtigkeit im Namen des Volkes war eines der Bücher, auf welches ich mich 2019 am meisten gefreut habe und bei welchem seit Monaten der Erscheinung entgegengefiebert habe. Ingo Lenßen ist hinlänglich bekannt und hat in diversen Sendungen seine Kompetenz bereits unter Beweis gestellt. Als das Buch dann kam, wurde jedoch aus Leselust sehr schnell Lesefrust. Am Ende bleibt ein Mischung aus Enttäuschung, Frustration und ein Quäntchen Wut. Doch warum?

Zunächst bemerkte ich bereits nach wenigen Seiten, dass der Schreibstil des Autoren nicht mein Ding ist. Ich empfand das Buch als anstrengend zu lesen, da es größtenteils wie ein verschriftlichter Vortrag wirkte. Die Sätze sind entweder sehr kurz oder sehr verschachtelt, die Absätze sind insbesondere in der ersten Hälfte teilweise nur einen oder zwei Sätze umfassend. Ingo Lenßen bedient sich einer großen Bandbreite an Füllwörtern. Dies empfand ich vor allem auch deshalb irritierend, da die Textlast des Buches nicht sonderlich hoch ist. Das Buch verfügt über 192 Seiten, hiervon sind mindestens 18 Seiten die ganzseitige Kapitelüberschriften, es gibt zudem noch einige Tabellen und Schaubilder, was den Inhaltsumfang bereits auf gute 165 Seiten kürzt. Doch durch viele Absätze, sehr großzügig bemessene (und verhältnismäßig große) Seitenränder und einem mindestens 1,5fachen Zeilenabstand ist der Inhalt auf den verbleibenden Seiten doch sehr reduziert. Hier greift definitiv mehr Schein als Sein. Dieser Eindruck wird auch dadurch verstärkt, dass der Autor in nahezu jedem Kapitel mindestens einmal ein Thema anschneidet, welches „im weiteren Verlauf an Stelle xyz“ behandelt wird. So wurden andauernd Themen angesprochen, die dann in der Luft hingen, weil sie später relevant werden würden. Wenn man berücksichtigt, dass die jeweils 18 Kapitel meist nur einen Umfang von 5-10 Seiten haben, ist dies sehr anstrengend und wirkt planlos. Das ganze Buch erweckt einen sprunghaften Eindruck.

Es existiert eine für mich undurchsichtige Struktur, die dazu führt, dass der – unerfahrene – Leser erst im Verlaufe des Buches mit Themen wie „wie entsteht ein Urteil“ und „welche Punkte spielen eine Rolle“ konfrontiert wird, aber bereits seit Seite 2 mit Fällen fast so um sich geworfen wird. Die Behandlung der jeweiligen Themen besteht zum Großteil daraus, dass Ingo Lenßen dem Leser direkt und indirekte Fragen stellt, die größtenteils rhetorischer Natur sind. Gern weist der Autor auch darauf hin, dass er den Leser ja nicht mit Theorie langweilen mag, dies manchmal aber notwendig ist – mit Theorie meint er dann aber meist nur wenige knappe Sätze, die nicht einmal den Kern des Problems erläutern können. Das Buch wirkt über weite Phasen wirr und nicht durchdacht, es wird wild verwiesen – vorwiegend nach hinten, selten nach vorne. So kommt es auch vor, dass Passagen inhaltlich oder sinngemäß wiederholt werden: einmal wiederholt der Autor fast wortwörtlich zwei Seiten später einen Abschnitt, einmal thematisiert er bei den Strafzumessungsgründen doppelt die Gesinnung des Täters in unterschiedlichen Worten, aber mit gleicher Quintessenz und dann präsentiert er den vermeintlichen „Nachklapp“ eines zu Beginn genannten Falles, den er allerdings am Anfang bereits als Nachtrag zum Fall erzählt hatte. Mehr als einmal dachte ich daher, dass hier ohne Plan gewerkelt wurde.

Auch inhaltlich merkte ich schnell, dass das Buch nicht viel zu bieten hat. Es werden einige juristische „Fachbegriffe“ angesprochen, die aber nicht oder nur sehr oberflächlich erläutert werden. Andere Themen werden angesprochen, sodass man auf eine endlich kommende Erklärung hofft, dann bricht das Kapitel aber unverrichteter Dinge wieder ab. So spricht der Autor die komplizierte Gesamtstrafenbildung an, rechnet sogar etwas vor, bricht dann aber mit Hinweis auf das fehlende Verständnis des Laien ab. Kurz danach wird die mehrfache Bewährung angeführt, die der Autor kritisiert, dann aber nach zwei Sätzen auch nicht erklären mag, wie es dazu kommt und warum sie schlecht ist. Ständig denkt man: Jetzt geht’s endlich los. Doch es geht nicht los. Ständig bleibt der Leser sich selbst überlassen und zwischenzeitlich hatte ich fast schon den Eindruck, der Autor möchte möglichst viel – unbelegte – Kritik äußern, die der Leser wie ein Schwamm aufsaugen soll. Kann und will ich aber ohne entsprechende Erklärungen nicht.

Hinzu kommen außerdem Schaubilder, die der Autor unerklärt einfügt (da gibt es einmal die Antragstaxen der Staatsanwaltschaft, bei denen ganz selbstverständlich von §316 und §315c StGB und Sachen wie bedeutender Wert gesprochen wird, der Autor aber kein Wort darüber verliert, WAS das alles ist -soll sich der Leser halt selbst zusammenreimen) oder nur als Schockeffekt nutzen möchte (es werden die rechnerisch möglichen Minderungen nach § 49 I StGB angeführt, es wird aber weder erklärt, in welchen Situationen Minderungen erfolgen und welche Faktoren eine Rolle spielen, noch was der § 49 StGB eigentlich ist). Auf S. 36 führt der Autor ferner zum Thema Gerichtswahl aus, dass vor dem Amtsgericht ja eine maximale Strafe von einem Jahr zu erwarten ist – ich frage mich, ob dies richtig ist, da mir aus anderen Büchern eine 2-Jahres-Grenze bekannt ist. Auch finde ich die Beleuchtung einiger Themen unglücklich verzehrt, etwa als der Autor über die Polizeiliche Kriminalstatistik philosophiert, aber bekannte Faktoren wie Anzeigebereitschaft vergisst und beim Gegenüberstellen von Zahlen aus 2003 und 2017 offenbar nicht daran denkt, dass sich Bevölkerungszahl und Bevölkerungsstruktur verändert haben. Da helfen seine Ausführungen zu seinem persönlichen Gefühl dann auch weniger.

Man könnte meinen, dass ich zumindest von der Vielzahl an Fällen begeistert sein dürfte. 44 sind es an der Zahl. Fälle bedeuten bei Ingo Lenßen allerdings, dass ein Sachverhalt auf meist 3-4 Sätze runtergebrochen wird, quasi das mutmaßliche Kerngeschehen. Teilweise gibt es keine Informationen zu Alter der Beteiligten, persönlichen Umständen und Vorstrafen. Es gibt nur wenige Fälle, die tatsächlich ausführlicher gestaltet sind – das sind Fälle, an denen Herr Lenßen selbst gearbeitet hat. Der Rest? Das sind Fälle, die der Jurist aus Erzählungen und Medien kennt. So sagt er selbst „Mir ist dieser Fall nur aus der Presse bekannt, aber ich kann mich nur wundern“ – ich mich auch. Denn Herr Lenßen erhebt sich, Fälle auf Grundlage medialer Berichtserstattung zu bewerten, ohne bei Beweisaufnahme und Urteilsverkündung gegenwärtig gewesen zu sein. Entsprechend qualitativ sind teilweise auch seine Kommentare zu den Fällen, sofern sie über die üblichen Fragen hinausgehen, die bei Fallstudium hätten beantwortet werden können. Der Autor ist ergo genauso wissend wie der Leser. Immer wieder predigt der Autor, wie kompliziert Strafzumessung und Urteilsfindung sind, wie viele Feinheiten hier warten – nur um dann auf medialer Basis Fälle zu bewerten, bei denen er sich teilweise sogar nur einen einzelnen Aspekt heraussucht, an dem er seine Meinung aufhängen möchte. Absolut unverständlich und für meinen Geschmack sogar beinahe unprofessionell und fahrlässig.

Eines meiner größten Probleme in diesem Buch war der – so kam es mir persönlich vor – regelmäßige Vergleich von Äpfeln und Birnen. Munter werden Jugendstrafverfahren mit Erwachsenenstrafrecht verglichen, gar Straftaten ganz unterschiedlicher Natur wie die Körperverletzung mit Todesfolge in Verhältnis zu einem Urteil wegen Totschlags. Es wird eine tatmehrheitliches, qualifiziertes Delikt mit einer einfachen Körperverletzung verglichen, ein Delikt unter Alkoholeinfluss mit einem Angriff auf Polizeibeamte in Rahmen einer Demonstration. Zur Kontrolle habe ich den Vergleich einige Leuten vorgelegt, die fachfremd sind. Allesamt fanden die Vergleiche unpassend und unverständlich. Selten habe ich mich so oft gefragt, was der Autor eigentlich bezwecken will, indem er einzelne Facetten eines Falles heraushebt und kritisiert. Fälle, die vielleicht oftmals ähnlich wirken, unterscheiden sich in den Feinheiten. Das ist der Punkt, auf dem Strafverteidigung und Strafzumessung eigentlich basiert – der hier aber gewissermaßen vorgeführt wird. Verallgemeinerungen helfen meiner Meinung nach nicht.

Man muss ja fairerweise feststellen, dass das Buch selbst als „Strafjurist klagt an“ untertitelt ist. Das erfüllt das Buch. Es ist eine fortlaufende Anklage, die aus „ich meine“ und „ich denke“ besteht, aber kein Fundament hat, weil der Autor von Fällen spricht, die er selbst nur aus der Berichtserstattung kennt, der Autor in den Fällen – entgegen der Rechtspraxis – nur eine Rosine des Falls herauspickt und betrachtet, der Autor mit Fragen nur so um sich wirft, aber keine Antworten liefert. Habe ich hier nach der Buchbeschreibung erwartet, Kritik am Rechtssystem, zugleich aber Erklärungen für bestimmte Aspekte und gewisse Urteile zu finden, so scheint dies nicht der Anspruch von Ingo Lenßen zu sein. Dem Leser Urteile näherzubringen und in die Praxis einzuführen steht zu keiner Zeit auf der Agenda. Im Gegenteil fühlte ich mich als Leser permanent mit einem Urteil und seinen 2-3 rhetorisch anmutenden Fragen stehen gelassen, da die Antwort auf die aufgeworfenen Fragen fehlt – obwohl sie mit Beleuchtung des Falls sicher möglich gewesen wäre. Die in der Buchbeschreibung fehlende Transparenz der Urteile, die er angeblich bringt, suchte ich jedenfalls vergebens.

Natürlich liegt es auch in der Natur eines derartigen Buches, dass Einzelfälle herausgesucht werden, die als Exempel für Missstände dienen. Das ist auch ok. Allerdings sollte man sich meiner Meinung nach dann mit diesen Fällen auch hinreichend auseinandersetzen und seine Punkte erläutern. So wirkt alles nur wie ein bisschen Meinung hier, ein bisschen Meinung da, verbunden durch zahlreiche Fälle, die nicht einmal sonderlich detailliert geschildert werden und für den Leser auch mangels Angaben nicht nachprüfbar sind. An einigen Stellen hätte ich nämlich gern Infos gehabt, die ich sicher hätte googlen können, der Autor mag aber bis auf seltene Hinweise zum Gericht keine Angaben machen. Es ist auch nicht so, dass der Autor mit einigen seiner Eindrücke im Unrecht ist und seine Ansätze grundsätzlich falsch sind. Allerdings fehlen so viele grundlegende Erklärungen, dass der Leser sich meiner Meinung nach als Laie gar kein angemessenes Bild machen kann und nach dem Buch vermutlich denken wird, dass das Deutsche Strafrechtssystem der größte Verbrecherverein ist. Hätte der Autor doch lieber auf Erklärung und Aufklärung gesetzt, sodass der Leser zu einer – vom Autoren eigentlich intendierten – eigenen Meinung kommen kann… Der Autor hat sein rechtliches Knowhow so facettenreich nutzen können, erhebt diesen Anspruch aber offenbar gar nicht. Es bleibt bei mir großes Unverständnis.

Zum Abschluss bleibt für mich nur die Erkenntnis, dass dies aus verschiedenen Gründen eines der schlechten Real Crime Sachbücher ist, welche ich bisher habe. Es fehlt an Struktur, es fehlt an Erklärungen und der Informationsgehalt des Buches kommt größtenteils Schlagzeilen der großen Medien inklusive 0815-Stammtischparolen-anmutender Kommentierung gleich. Ingo Lenßen mag ein guter Schauspieler sein und sicher auch ein guter Strafverteidiger – ein guter Autor ist er für mich jedenfalls nicht. Dieses Buch erfüllte nicht einmal ansatzweise meine Erwartungen und entsprach leider überhaupt nicht der Vorstellung, die ich nach der Buchinfo hatte.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 30.01.2019

kein Thriller, wenig Spannung, bleibt hinter den Erwartungen zurück

Anatomie eines Skandals
1

„Aber verbringen Sie mal einige Zeit an irgendeinem Gericht – dann können Sie sehen, wie fragil das Leben ist. Wie die vertraute Welt ganz schnell in sich zusammenfallen kann, wenn man sich ein einziges ...

„Aber verbringen Sie mal einige Zeit an irgendeinem Gericht – dann können Sie sehen, wie fragil das Leben ist. Wie die vertraute Welt ganz schnell in sich zusammenfallen kann, wenn man sich ein einziges Mal für einen schicksalshaften Sekundenbruchteil nicht an das Gesetz hält.“ (Kate in Anatomie eines Skandals)

Worum geht’s?

Es ist eine der größten Schlagzeilen der Presse: James, Staatssekretär und guter Freund des Premiers, soll fremdgegangen sein, mit seiner Referentin, über längere Zeit. James Ehefrau Sophie ist geschockt. Doch weder sie noch James ahnen, dass es mit der öffentlichen Demütigung nicht getan ist. Denn kurze Zeit später ist plötzlich nicht mehr nur von einer Affäre die Rede – James soll seine Kollegin vergewaltigt haben. Die taffe Anwältin Kate möchte alles daransetzen, James wegen Vergewaltigung zu verurteilen. Eine nervenaufreibende Zeit für James, Sophie und Kate beginnt, denn neben der öffentlichen Meinung müssen sie sich auch ihrer Vergangenheit stellen…

Das Buch ist in sich geschlossen, es gibt keine Fortsetzung.

Schreibstil / Gestaltung

Auf dem Cover sieht man ausschnittsweise eine Frau, die durch etwas durchzuluschern scheint. Das Cover wirkt geheimnisvoll und so, als würde man etwas Intimes beobachten. Die Covergestaltung ist insoweit im Bezug auf das Buch ganz gut gelungen. Auch der Untertitel „Du willst deinem Ehemann glauben, sie will ihn zerstören“ passt sehr gut zum Buch.

Der Schreibstil des Buches ist teils komplex. Es gibt viele verschachtelte Sätze und sehr ausufernde Situations- und Ortsbeschreibungen. Es kostete mich einige Konzentration, das Buch über längere Strecken zu lesen. Sprachlich würde ich das Buch als durchschnittlich anspruchsvoll bezeichnen. Es gibt parallel einen Handlungsstrang in der Gegenwart und einen Handlungsstrang in der Vergangenheit, beide Stränge werden durch Datumsangaben am Kapitelanfang differenziert. Es wird teilweise tageweise gesprungen, weshalb ich gelegentlich zurückblättern musste, da ich unsicher war, wo in der Story ich aktuell bin. Darüber hinaus wechseln regelmäßig die Erzählperspektiven, es wird aus Sicht mehrere Personen erzählt, allerdings in der dritten Person mit Ausnahme von der Anwältin Kate, diese erzählt uns in der Ich-Perspektive ihre Eindrücke. Ich habe insgesamt etwas gebraucht, in das Buch herein zu finden, da es doch einige Beteiligte und viele Sprünge gibt.

Mein Fazit

Zu dem Buch habe ich hauptsächlich aufgrund der Story gegriffen. In Zeiten von #MeToo gibt es immer wieder Anschuldigungen gegen bekannte Persönlichkeiten und hier habe ich erwartet, dass man einen Roman in den Händen hält, der sich sowohl in politischer Hinsicht als auch in persönlicher Hinsicht dem Thema widmet, wie die Grenzen verwischen können und ein derartiges Gerichtsverfahren abläuft.

Bereits der Einstieg in das Buch fiel mir unerwartet schwer. Die Geschichte beginnt mit der Vorstellung von Kate, wie sie den Fall auf den Tisch erhalten hat, springt dann aber zeitlich erst einmal einige Monate zurück und stellt uns Sophie und James vor, wie die Affäre auffliegt. Es dauert relativ lange, bis wir wirklich beim Verfahren ankommen. Dies ist neben doch sehr ausufernden Sätzen zu Situationen und Orten vor allem auch dem zweiten Handlungsstrang in der Vergangenheit geschuldet. In diesem 1993-Strang wurde sehr viel Energie gelegt, ohne dass bis etwa 2/3 des Buches überhaupt klar ist, wofür der Strang gut ist. Das empfand ich als sehr schade, weil ich zeitweise fast vergessen hatte, dass es eigentlich um die Frage „Vergewaltigung oder nicht“ geht.

Das Strafverfahren gegen James wird für meinen Geschmack und meinen Anspruch sehr nebensächlich thematisiert. Eigentlich hätte es für mich der Schwerpunktsteil im Buch sein müssen, insgesamt erhält der Leser aber nur hin und wieder einige Sätze aus der Vernehmung und zudem sehr viele Gedankengänge von Kate zu dem Thema. James Perspektive erfahren wir ziemlich selten und dann wirkt er extrem unsympathisch. James Frau Sophie wird für mich auch oft zu nebensächlich behandelt, erst im letzten Drittel tritt sie etwas in den Vordergrund.

Die Autorin versucht, eine vielschichtige und spannungsvolle Geschichte zu spinnen. Bei mir hat sich dieses Gefühl aber leider nie wirklich eingestellt. Ich weiß, dass das Buch vielerorts sehr gehyped wird und als sehr suspensevoll betitelt wird. Dem kann ich mich nicht anschließen. In der Vergangenheitsgeschichte werden einige Fragen und zwei große Geheimnisse aufgeworfen, die sich in der Gegenwart entladen sollen. Tatsächlich ist es aber so, dass das eine Geheimnis für mich vorhersehbar, aber leider storyschädlich ist, während das andere Geheimnis für mich vollkommen irrelevant und uninteressant ist. Besonders das vorhersehbare Geheimnis zerstört für mich einen großen Teil der Glaubwürdigkeit der Geschichte und stellt die Vorzeichen der Frage „Schuld oder nicht“ eher auf „kann James sich retten oder nicht“.

Leider ist es auch so, dass nach hinten hinaus die Geschichte ab ca. 70% nur noch dahinplätschert. Ab Enthüllung des vorhersehbaren Geheimnisses war für mich das Gerichtsverfahren ehrlich gesagt gegessen und uninteressant geworden, wobei bereits vorher durch die wenigen Einblicke gar keine eigene Meinung hinsichtlich eines möglichen Schuldspruches entwickelt werden konnte. Nach der Enthüllung verhalten sich aber auch alle Figuren plötzlich anders und komisch. Die eine schaut gutmütig über das Geheimnis hinweg und eine Person steht plötzlich als labil da. Auch danach wirkt es leider so, als würde die Autorin krampfhaft versuchen, jetzt noch Twists einzubauen. Es gibt es Urteil und unmittelbar danach versucht die Autorin, das Urteil auf andere Weise wieder zu zerstören. Da frage ich mich: Wenn sie das Ergebnis doch unbedingt haben wollte, wieso hat sie es dann nicht so gemacht? Es wirkt so einfach nur gewollt, vor allem mit den noch folgenden Enthüllungen und den Reaktionen hierauf, insbesondere von Sophie. Die letzten 100 Seiten des Buches geht es hauptsächlich um die Auswirkungen des Urteils, hier wird auch ganz krampfhaft dann versucht, dass das vorhersehbare Geheimnis noch sinnvoll eingebaut wird, was meiner Meinung nach aber fehlschlägt.

Insgesamt konnte mich das Buch stellenweise nett unterhalten, größtenteils plätscherte die Geschichte aber vor sich hin, mit wenig Spannung, wenig Raum für eigene Meinungen und vielen fehlschlagenden Twists. Dieses Buch ist für mich weder ein Thriller noch dem Genre Suspense zuzuordnen. Tendenziell wäre es wahrscheinlich als Drama mit etwas Spannung besser deklariert. Ich kann den Hype absolut nicht nachvollziehen und sehe hier einen Roman, der so viel Potenzial hatte, aber durch eine übermütige Autorin in eine ganz andere Richtung gelenkt wurde. Schade, dass hier nicht das Augenmerk aufs Verfahren gelegte wurde und eine „He said, she said“-Geschichte präsentiert wird, bei der der Leser anhand der Beweise selbst einen Eindruck zusammenbauen kann.

+++ es folgen im Weiteren mögliche Spoiler +++

Mein größter Kritikpunkt ist das Thema 1993 und Kate in der Gegenwart. Durch die Enthüllung um James und Kate wird mit sofortiger Wirkung die Geschichte um Olivia und James irrelevant, weil aus einem Vergewaltigungsverfahren eher ein Racheversuch wird. Eine Prozessanwältin, die die Anklage vertritt, ist also befangen, bringt eine Grundwut gegen den Angeklagten mit und dann endet der Handlungsstrang einfach. Ja, es wird nur für den Leser aufgelöst, wieso Kate die Anklage machen wollte, wieso sie so engagiert war, aber nicht in der Story. Nur ihre Freundin Ali, die sich das absolut absurd zusammengereimt hat, weiß davon und entscheidet sich, obwohl sie heftige Sorgen hatte, das Thema einfach sein zu lassen. Trotzdem möchte sie aber unbedingt Sophie erzählen, was ihr Mann für ein Abschaum ist. Weil Ali und Sophie sich aber eigentlich nicht kennen, muss halt zufälligerweise ein Klassentreffen her, bei dem die betrunkene Ali Sophie das nochmal entgegenschleudern muss. Und Sophie? Die fängt mit dem Wissen um ihren Mann, der offenbar bereits mindestens zweimal vergewaltigt hat, nichts an. Stattdessen lässt sich ein Geheimnis aus der Collegezeit platzen, dass James und Tom den Tod eines Studenten miterlebt haben. Ja, miterlebt, nicht verursacht. Dass dies das große Geheimnis um James und Tom war, war am Ende fast schon lachhaft und spielte keine Rolle. Für mich ist das nicht einmal ein richtiger Skandal.

Somit ist insgesamt immer wieder etwas aufgegriffen worden, was aber letztendlich verpufft ist. Kates eigene Vergewaltigung spielt keine Rolle, Alis Wissen spielt keine Rolle, Kate selbst verpufft eigentlich auch, da ihre Befangenheit nicht aufgedeckt wird und der Prozess nicht gefährdet ist, Sophies Wissen spielt keine Rolle, Toms Geheimnis hat nichts mit der Vergewaltigung zu tun – alles, was aufgegriffen wurde, spielt im Endeffekt keine Rolle.

Ich habe einfach extreme – persönliche – Probleme damit, wenn der tragende Hauptcharakter die Anklage vertritt und so vehement gegen sämtliche Prinzipien des Rechtsstaats verstößt, dem sie sich verschrieben hat und den zu achten und zu vertreten sie sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, anstatt diesen Rechtsstaat für ihren eigenen Fall um eine Entscheidung zu ersuchen. Dass diese Bombe dann aber sich als Blindgänger entwickelt, weil es eigentlich keine Rolle spielt, macht es nicht einfacher.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

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Veröffentlicht am 28.11.2018

Unlogischer Plot mit überzogener Story und nervigen Charakteren

Projekt: Phoenix - Geliebter Bodyguard
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„Ihr Hintern war einfach perfekt, wie alles an ihr, außer ihrem Charakter eben.“ (Connor in Projekt Phoenix)

Worum geht’s?
Lena von Lew, Tochter des deutschen Botschafters in den USA, wird fast entführt. ...

„Ihr Hintern war einfach perfekt, wie alles an ihr, außer ihrem Charakter eben.“ (Connor in Projekt Phoenix)

Worum geht’s?
Lena von Lew, Tochter des deutschen Botschafters in den USA, wird fast entführt. Für ihren Vater steht fest: Sie braucht Personenschutz. So wird Ex-Militär und Secret Service Agent Connor James abgestellt, um sie fortan zu beschützen. Lena hat darauf keine Lust, wie braucht keinen Wachhund. Connor hat darauf keine Lust, er ist doch nicht als Babysitter der verwöhnten, reichen Göre ausgebildet worden. Doch schon bald müssen sich beide zusammenreißen und vor allem zusammenarbeiten, denn Lenas Leben ist in größter Gefahr. Schon bald stehen Connor und Lena auf der Abschussliste und eine aufregende Flucht beginnt, die auch Spuren im Herzen hinterlässt. Irgendjemand will sie tot sehen, doch warum?

Gestaltung / Schreibstil
Das Buch besteht aus 30 Kapiteln, die teilweise aus der Sicht von Lena und teilweise aus der Sicht von Connor erzählt werden. Zwischendurch gibt es Kapitelteile, die das Geschehen woanders schildern, da man sonst die Geschichte nicht anständig ausbauen kann.

Zum Schreibstil fällt mir nur ein Wort ein: Anstrengend. Viele sehr kurze Sätze und noch mehr Teilsätze, die als Sätze geführt werden, reihen sich aneinander. Es wirkt teilweise, als hätte jemand unkontrolliert seine Gedankengänge niedergetippt und das war’s. Andauernd drei, vier Wörter und dann ein Punkt, wieder drei, vier Wörter, Satzende. Ich musste mich echt durch das Buch kämpfen, der Schreibstil tat in den Augen weh, war anstrengend zu lesen und mehr holprig als hilfreich.

Fazit
Warum habe ich zu dem Buch gegriffen? Diese Frage stellte ich mir auf den ersten 50 Seiten immer wieder. Ich mag solche Geschichten. Das arme Mädchen, was vom großartigen Typen beschützt werden muss. Secret Service ist faszinierend und auch die Story, dass jemand nach Lenas Leben trachtet, klang spannend. Schon beim Film The Purge 3 mochte ich diese Grundkonstellation. Aber was bleibt davon übrig? Das Buch startet direkt mit der Botschaft, dass Lena einen Bodyguard bekommt. Wieso, das wird nur kurz nebenbei angesprochen. Lena wehrt sich dagegen, hat keine Lust auf Connor, auch wenn er superheiß, supersexy und anziehend ist. Sie will ihn das Leben zur Hölle machen und startet auch direkt damit. Connor, der auch kein Bock auf Lena, die unglaublich heiße Versuchung, hat, ist genervt und lässt keine Möglichkeit aus, gegen Lena zu schießen. Doch ich frage mich: Was haben beide eigentlich gegeneinander, sie kennen sich doch gar nicht? Diese Abneigung machte es mir von Anfang an schwer, die Story nachzuvollziehen.

Im Fortlauf der Story geht es hauptsächlich darum, dass jemand Lena tot sehen möchte und Connor das zu verhindern versucht. Auf jeden erdenkliche Weise mit vielen Twists, die komplett über das Ziel hinausschießen, einigen komplett unsinnigen Nebenstorylines und natürlich – wie sollte es anders sein – einer Prise Erotik plätschert der wahnsinnige Plot vor sich hin, bis es zu einer viel zu einfachen und schnellen Auflösung am Ende kommt, aber was hätte man auch anderes tun sollen. Ende gut, alles gut, oder so. Nicht wirklich. Das Ende macht die Schwächen nicht wett, im Gegenteil, unterstreicht sie noch vielmehr. Ich habe das Buch nur zu Ende gelesen, weil ich ein Mensch bin, den es frustriert, etwas abzubrechen.

***Es folgen im weiteren mögliche Spoiler***
Wieso ich mit dem Buch so hart ins Gericht gehe?

Zunächst sind die Charaktere komplett unausgewogen. Lena ist von Anfang an unsympathisch und ihr Getue nervt. Es wird besser gegen Ende des Buches, aber nicht gut genug, als dass man sie mögen könnte. Connor ist etwas besser gelungen, aber nicht mitreißend genug gestaltet. Er ist einfach da, man fühlt keine wirkliche Verbindung. Die Wahrheit ist: Mir war es sogar egal, ob beide am Ende sterben. Das ist nie ein gutes Zeichen.

Viel schlimmer ist aber die Story: Lena soll also als Warnung an ihren Daddy sterben, der heimlich mit der russischen Mafia arbeitet, die Attentäter ins Land schmuggelt, um Attentate zu begehen (ein Attentat findet in der Story auch statt). Kreativ, dass es mal niemand aus dem Nahost-Bereich ist. Aber: Was ist der Sinn dahinter? Wenn Lena tot ist, hat ihr Daddy das Wichtigste verloren. Erpressung wäre da doch sinnvoller gewesen. Da hilft es auch nicht, dass der Mafiatyp im Buch 20x seine Theorie wiederholt, man könne so den Botschafter zur weiteren Duldung bringen. Ich hege sehr starke Zweifel. Dass Connor und Lena im Alleingang mit dem guten schrulligen IT-Nerd-Hacker-Genie die zugrundeliegende Verschwörung aufdecken, weil Mr. Hacker sich überall einhacken kann und alles natürlich so offensichtlich ist, macht mich einfach nur wütend. Das ist nicht unterhaltsam, das ist einfach nur lächerlich.

Connor und Lena fliehen durchs Land. Natürlich perfekt organisiert vom Superhacker, der an alles denkt, ihnen Geld überlässt, sie vor jeder Kamera warnt. Die Mafia ist ihnen immer auf den Fersen, ein Katz-und-Maus-Spiel. Dennoch bleibt Zeit für Strippoker (wer denkt da in so einer Situation nicht dran?), gemütliche Abendessen und Sex. Das ist schon fast absurd. Generell geht es die ganze Zeit „wir müssen fliehen“, „wir müssen fliehen“, „oh, ich möchte sie flachlegen“, „oh wir müssen fliehen“ und so weiter.

Das absolute Highlight in der Reihe der Unsinnigkeiten ist aber dieser Nebenplot, dass Lena, die mit Connor seit Ewigkeiten flieht, die eine Schussverletzung überlebt hat, die bislang nicht der Mafia in die Hände gefallen ist, auf den Straßen Miamis (wo sie doch nur einmal wirklich rausgeht nach wochenlanger Flucht und obwohl Connor mehrfach sagte, sie solle nicht mitkommen!) von einer Straßengang gekidnapped und Connor niedergeschlagen wird. Echt jetzt? Natürlich möchte der Leader sie vergewaltigen, natürlich kann Connor sie gerade noch retten und selbstverständlich decken sie dabei auch noch eine Mordserie auf. Was soll das? An dieser Stelle wollte ich wirklich das Buch weglegen und für immer vergessen. Da konnte ich über das Finale, mitten in den Sümpfen Floridas, in einer hitzigen Verfolgungsjagd, zu der die Polizei natürlich zu spät, aber gerade noch rechtzeitig kommt, nur noch ganz müde schmunzeln.

Ich bin mit großer Erwartung an dieses Buch herangegangen, doch am Ende blieb von meinen Erwartungen nur ein kleiner Aschehaufen und kein Phoenix, der daraus emporsteigt.

[Diese Rezension wurde auf Grundlage eines Rezensionsexemplars erstellt, welches mir freundlicherweise von NetGalley.de und dem LYX Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung zu dem Buch ist hiervon unberührt]

Veröffentlicht am 14.08.2022

viel Lärm um nichts

Some Mistakes Were Made
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„Wie konnte er weiterträumen, während ich das Träumen verlernt habe?“
(Ellis über Easton in Some mistakes were made)

Worum geht’s?

Ellis und Easton waren unzertrennlich. Aber eine folgenschwere Entscheidung ...

„Wie konnte er weiterträumen, während ich das Träumen verlernt habe?“
(Ellis über Easton in Some mistakes were made)

Worum geht’s?

Ellis und Easton waren unzertrennlich. Aber eine folgenschwere Entscheidung stellte Ellis' Leben und ihre Beziehung zu Easton auf den Kopf. Ellis musste ans andere Ende des Landes ziehen, weit weg von allem, was ihr vertraut war. Jetzt hat sie ein Jahr lang nicht mit Easton gesprochen, und vielleicht ist es besser so. Vielleicht wird die Wunde heilen, die er in ihrem Herzen hinterlassen hat. Aber seine Familie holt sie für eine Feier zurück, und bald ist alles wieder da, was Ellis hinter sich gelassen hatte: das gebrochene Herz, der Verrat, die Wut ... und Easton, den sie nie aufgehört hat zu lieben.

Some mistakes were made ist ein Einzelband und in sich geschlossen.

Inhaltliche Hinweise

Die Geschichte wird fast komplett durch Ellis in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch spielt auf zwei Zeitebenen – Gegenwart und in den Jahren zuvor.

Meine Meinung

Es gibt Bücher, auf die freut man sich wahnsinnig. Some mistakes were made gehört dazu. Ich kannte von der Autorin nichts, aber der Klappentext? Absolut vielversprechend. Leider muss ich am Ende sagen: Some mistake was made – und zwar der Fehler, dass ich zu dem Buch gegriffen habe.

Die Geschichte um Easton und Ellis fängt gut an. Ellis liebt in Kalifornien, hat gerade ihren Highschool-Abschluss gemacht. Es erscheint Tucker, ihr nunmehr bester Freund und zugleich Bruder von Easton, auf der Bildfläche und versucht, sie zu überreden, mit ihm nach Hause zu kommen, zum Geburtstag seiner Mutter Sandry. Ellis will nicht, tut es am Ende dann aber trotzdem. Und ab dann wird alles kompliziert… Von Anfang an merkt man als Leser, dass Ellis Gründe hat, wieso sie nicht zurückwill. Es geht um Easton, um einen Tag vor einem Jahr, wo Easton und Sandry entschieden haben, Ellis wegzuschicken. Man spürt Wut, Trauer und Verzweiflung. Und jede Menge, jeeede Menge Fragezeichen. Zurück bei den Albertys entfaltet sich teils über Rückblicke, teils über Gespräche ein Bild, aus dem ich nicht schlau wurde. Es sind Fetzen von Informationen, die man zusammenzusetzen versucht. Man erfährt, dass Ellis nicht aus gutem Haus kommt, ihr Vater Tru aber mit Sandry befreundet war und Sandry deswegen dazu neigt, sich um Ellis zu kümmern. Man erfährt, dass Ellis Mutter eine Katastrophe ist, die nie da ist, Ellis Vater mehr im Gefängnis als außerhalb ist und Ellis und Easton beste Freunde waren. Waren, nicht mehr sind.

Und so las ich. Und las. Und las. Ich versuchte, zu verstehen, was hier abging. Ich verstand, wie Sandry, ihr Mann Ben, die Brüder Easton, Dixon und Tucker der armen Ellis ein Zuhause, ja eigentlich eher eine Familie gaben. Ich verstand, wie Ellis zwischen ihrer Herkunft und diesem neuen Leben hin und her gerissen war. Ich lachte über die Jokes, die die Brüder teilweise machten, ich war irritiert von der feindseligen Stimmung untereinander und verwirrt von der Abneigung, die Gegenwarts-Ellis der liebevollen Sandry entgegenschleuderte. Beim Lesen fühlte es sich permanent so an, als hätte ich etwas verpasst, etwas übersehen. Es fehlte ein Puzzleteil. Wie ist aus dem ganzen Leben, was Ellis hatte, die ganze Nettigkeit, die ihr die Albertys entgegengebracht haben, so eine verkrampfte Lage geworden? Ich war mir sicher, dass es eine wahnsinnige Auflösung geben wird, die alles erklärt. Einen Twist, der ihr verletztes Verhalten, ihre Wut, ihre Enttäuschung erklärbar macht. Aber…

Es gab sie nicht. Also natürlich gab es eine Auflösung. Aber diese war gelinde gesagt enttäuschend, wenig greifbar, komplett außer Verhältnis. Und sie hat sehr viel kaputt gemacht. Denn zunächst muss der Leser wirklich fast bis zum Ende durchhalten, um zu erfahren, wieso Easton und Ellis nichtmehr miteinander reden. Bis dahin liegt aber schon so viel verbrannte Erde herum, dass man eigentlich möchte, dass die beiden auch wirklich nicht mehr miteinander reden. Ellis benimmt sich in meinen Augen leider einfach nur unsympathisch, undankbar und fast schon verzogen. Ihr enorm eifersüchtiges Verhalten Easton gegenüber machte dies nicht besser. Ich verstand nicht, wieso die Autorin beide krampfhaft wieder zueinanderfinden lassen wollte, es hat für mich nicht gepasst. Ich war enttäuscht von der Erklärung, wieso Ellis gehen musste – nicht, weil es nicht ein guter Grund war. Sondern, weil ich so viel mehr erwartet habe angesichts ihrer Wut. Denn eigentlich zeigt es nur, dass Ellis nichts verstanden hat und egoistische Tendenzen aufweist. Sie versteht gar nicht, wie viel Vertrauen, Liebe und Hilfe ihr entgegen gebracht wurden, sie sieht es irgendwie als selbstverständlich. Aber sie allein war schuld, dass alles entgleiste, zwar mit durchaus noblem Motiv, aber eben auch mit den eingetretenen Konsequenzen. Es hat mich genervt, wie Ellis sich in meinen Augen als Opfer aller dargestellt hat, obwohl sie es für mich nicht war. Sie war für mich eine übergriffe Dramaqueen, die gar nicht erkennt, welchen Schaden sie anrichtet.

Hat mich als ihr Schmerz und ihre Verzweiflung anfangs noch mitgerissen, geht diese Sympathie schnell verloren. Die Albertys hingegen schließt man sofort ins Herz. Aufopferungsvoll kümmern sie sich sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit um Ellis, als wäre es ihre eigene Tochter. Die Brüder sind wahnsinnig humorvoll, es gibt witzige Szenen zum Schmunzeln und unstreitig hätte ich gern mehr von Tucker und Dixon gehabt. Von Easton eher nicht so, er kommt in dem Buch sowieso recht kurz, aber es wirkte so, als hätte er weitergemacht, aber als würde Ellis ihn auf eine toxische Weise immer wieder zurückziehen. Entsprechend konnte die Liebesgeschichte mich überhaupt nicht abholen, die Irrungen und Streits der beiden haben mich nicht berührt. Der anfängliche Sog des Buches, dass man verstehen möchte, wieso die beiden so miteinander umgehen, wird durch halbgare und wenig greifbare Auflösungen topediert und am Ende war ich fast schon wütend auf Ellis, wie undankbar und engstirnig sie mit Sandry umgeht. Selten hatte ich eine so unsympathische Protagonistin in einem Buch und am Ende war ich so froh, als die Geschichte endlich vorbei war.

Mein Fazit

Some mistakes were made hat mich leider enttäuscht. Zwar hat das Buch eine unterschwellige Spannung, weil man unbedingt wissen mag, was passiert ist, die Auflösung dafür aber umso enttäuschender. Es fehlt an wirklicher Handlung und die Protagonistin Ellis ist nicht unbedingt die sympathischste. Viel mehr erwartet, daher leider doch ziemlich unbegeistert.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]