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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2017

Traurig

Die letzten Christen
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Was zu einer kurzen Reise in den Irak werden sollte, um dem Vater eines Bekannten das letzte Geleit zu geben, wird zu einem langen und erschütternden Streifzug durch die mehr als tausendjährige Geschichte ...

Was zu einer kurzen Reise in den Irak werden sollte, um dem Vater eines Bekannten das letzte Geleit zu geben, wird zu einem langen und erschütternden Streifzug durch die mehr als tausendjährige Geschichte der Unterdrückung Andersgläubiger durch die islamische Mehrheitsbevölkerung der Länder des Nahen Ostens.

Menschen anderen Glaubens – insbesondere Juden und Christen – besitzen im Islam nur einen zweitrangigen Stellenwert. Sie sind Menschen zweiter Klasse und müssen sich das Recht, ihre Religion in stark eingeschränkter, zurechtgeschnittener Form unauffällig praktizieren zu dürfen, teuer erkaufen. Christliche Frauen sind häufig genug Freiwild und werden in Rudeln von Kämpfern des Islamischen Staates vergewaltigt, um anschließend an den nächsten Dschihadisten verschachert zu werden.

Ehrlich, dieses Buch ist schlimmer als jeder Horrorfilm. Man muss schon sehr hartgesotten sein, um die Beschreibungen durchzustehen, die Andreas Knapp von den Gräueltaten der Türken an den armenischen Christen im ersten Weltkrieg gibt. Man muss wirklich einiges aushalten können, wenn die Selbstverständlichkeit aufgezeigt wird, mit der in aller Öffentlichkeit in den Medien der Länder des Nahen Osten zu Hass und Gewalt gegen Ungläubige aufgerufen wird. Die menschenverachtende Seite des Islam – die von vielen Gutmenschen auch in Deutschland immer wieder geleugnet und wegdiskutiert wird – kommt gerade in merheitlich islamisch geprägten Ländern immer wieder zum Tragen. Ich selbst habe dies zum Teil während meiner Reisen in diese Länder hautnah miterlebt: Er ist ja nur ein Christ...

Es muss sich sehr viel verändern in der muslimischen Welt. Muslime sollten sich endlich deutlicher zu Toleranz und zum Miteinander der Religionen bekennen, als immerzu und dauern irgendwelche kreuzzüglerischen Absichten bei den westlichen Nationen bemerken zu wollen. Die Kreuzzüge sind lange her – aber der Dschihad, den gibt es noch immer. Jeden Tag aufs Neue.

Ein sehr trauriges, aber aufrüttelndes und wichtiges Werk! :)

Veröffentlicht am 26.02.2017

Eine mehr als gelungene Lovecraft-Adaption!

Innswich Horror
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Im Mittelpunkt der Handlung des Kurzromans „Innswich Horror“ von Edward Lee steht der dreiunddreißigjährige Foster Morley, ein reicher, konservativ lebender Einzelgänger, dessen hauptsächlicher Zeitvertreib ...

Im Mittelpunkt der Handlung des Kurzromans „Innswich Horror“ von Edward Lee steht der dreiunddreißigjährige Foster Morley, ein reicher, konservativ lebender Einzelgänger, dessen hauptsächlicher Zeitvertreib die Beschäftigung mit seinem Idol darstellt: Mit Howard Philipps Lovecraft und dessen Geschichten.

Morley begibt sich auf eine Reise entlang der Küste Neuenglands, um herauszufinden, welche Gegend Lovecraft die Inspiration für seine Story „Der Schatten über Innsmouth“ liefert. Schließlich gelangt der Protagonist in ein kleines, verschlafenes Fischerdörfchen namens Olmstead, wo er die charmante Mary kennenlernt. Als es Nacht wird, wartet jedoch das Grauen auf die beiden...

Ich muss gestehen, ich habe den Roman eher als harmloses Slasher-Gemetzel eingeschätzt und habe mir nicht viel davon versprochen, als ich ihn aufschlug und zu lesen begann. Doch ich muss sagen, ich wurde eines besseren belehrt: Die Geschichte ist phantastisch.

Ähnlich wie Lees fiktiver Charakter Foster Morley bin auch ich ein absoluter Fan des rätselhaften Sonderlings Howard Philipps Lovecraft und seiner Geschichten. Morley, der Lovecraft nur als den „Meister“ bezeichnet, stöbert auf der Suche nach alten Fotos und Hinterlassenschaften des Schriftstellers aus Providence immer mehr in Olmstead herum und macht schließlich Entdeckungen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen.

Mir hat „Innswich Horror“ super gefallen. Besonders die weibliche Hauptfigur ist sehr nett gestaltet; der einzige Kritikpunkt, der mir ab und ab auffiel, ist der manchmal doch etwas hölzern und unreif wirkende Schreibstil – es scheint fast, als habe man es mit einem Jugendwerk Edward Lees zu tun, aber dazu kenne ich mich mit diesem Schreiber nicht gut genug aus, um das zu beurteilen.

Insgesamt: Ein tolles Buch, sehr kurzweilig und unterhaltsam. Absolut lesenswert für alle, die die Welt von Howard Philipps Lovecraft mögen und auch vor Adaptionen wie etwa „Providence“ von Alan Moore nicht zurückschrecken.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Journalistisches Sachbuch über Napoleons Russlandfeldzug

1812
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Im Jahre 1812 begann "La grande armée de France", zusammen mit ihren Preußischen, Österreichischen, Italienischen und Polnischen Verbündeten die größte Operation in der relativ kurzen Zeit ihres Bestehens: ...

Im Jahre 1812 begann "La grande armée de France", zusammen mit ihren Preußischen, Österreichischen, Italienischen und Polnischen Verbündeten die größte Operation in der relativ kurzen Zeit ihres Bestehens: Etwas mehr als eine halbe Million Mann überschritten damals die Grenze zum russischen Reich, mit dem Ziel, den abtrünnigen Verbündeten, Zar Alexander, wieder auf Linie zu bringen und ihn dazu zu zwingen, die Bedingungen des Friedens von Tilsit (Bündnistreue mit Frankreich) einzuhalten.

Die Armee, befehligt einerseits vom größten französischen Feldherrn aller Zeiten persönlich, Napoleon Bonaparte, und kommandiert andererseits von hervorragenden französischen Generalen wie Davout, Ney oder Berthier, erzielte anfangs noch einige Erfolge, wie etwa die Einnahme von Wilna, Witebsk und Smolensk - doch als klar wurde, dass die russsichen Verteidiger die Taktik der Verbrannten Erde praktizierten, liefen die Kaiserlichen Truppen in die Falle. Gezwungen, im Winter zurückzumarschieren, verlor die "Grande armée" viel mehr Leute durch Kälte, Hunger und Krankheiten als durch unmittelbare Feindeinwirkung; schließßlich setzte sich Napoleon in Wilna von seinen Truppen ab und reiste allein weiter nach Frankreich. Die Trümmer der Großen Armee, unablässig durch Kosakenangriffe dezimiert, lösten sich schließlich fast von selbst auf; nur die wenigsten entkamen nach Hause.

Was das Werk so angenehm macht, ist der wunderbare Schreibstil. Ohne Mühe liest man die Seiten herunter - und stehen Geschichtsbücher doch in dem Ruf, hin und wieder etwas trockener zu sein, so wird doch im Falle von "1812" eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen. Eine Unmenge von Zitaten von soldatischer oder ziviler Seite - von Leuten also, die an dem Feldzug auf der einen oder anderen Seite teilnahmen - bewirkt, dass das Geschehen direkt, regelrecht hautnah erzählt wird. Ich persönlich empfand ein unglaubliches Lesevergnügen, während ich das Buch innerhalb einer Woche verschlang.

Der schnörkellose, unkomplizierte Stil des Buches ist aber, meiner Meinung nach, auch seine Schwäche. An manchen Stellen wirkt das Werk allzu journalistisch, allzu teißerisch - und in der Tat wird sehr viel Wert auf "Thrilling effects" gelegt: Beispielsweise häufen sich die Beschreibungen ekliger Vorkommnisse während des Feldzuges (wie zum Beispiel aufgestapelte, weil amputierte Körperteile, Schilderungen von Erfrierungen oder der Behandlungn von Gefangenen etc.). Irgendwann, nach der gefühlten zweihundertsten Schilderung solcher menschlicher Tragödien, reicht es dann auch wieder - jedenfalls hatte ich das Gefühl. Das Buch, das sich anfangs wie ein spannend geschriebenes Geschichtswerk las, erweckt im Mittelteil den Eindruck, den Leser einfach nur noch schocken zu wollen.

Der Schluss reißt das Ganze dann doch wieder raus. In klaren Worten analysiert Zamoyski die politischen Folgen des Napoleonischen Russland-Feldzuges; trotz allem lässt er sich dann zu diesem Schlusssatz hinreißen: "... wie Hybris am Ende von ihrer Nemesis eingeholt wird".

Na ja, das ist nicht besonders logisch: "Hybris" ist schlicht das altgriechische Wort für "Frevel gegenüber den Göttern" und "Nemesis" ist die Götting der Rache. "Hybris" kann folglich nicht von ihrer "Nemesis" eingeholt werden. Trotz dieses Fehlers und des allzu journalistischen Schreibstils kann man dem Werk aber noch getrost vier Sterne verleihen. Insbesondere für Einsteiger in die Thematik gut geeignet.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Ein erschütterndes Buch

Heinrich Pommerenke, Frauenmörder
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Thomas Alexander Staisch portraitierte in diesem verstörenden Buch das Leben eines Mannes namens Heinrich Max Paul Pommerenke, der als „Bestie vom Schwarzwald“ traurige Berühmtheit erlangte.

Pommerenke, ...

Thomas Alexander Staisch portraitierte in diesem verstörenden Buch das Leben eines Mannes namens Heinrich Max Paul Pommerenke, der als „Bestie vom Schwarzwald“ traurige Berühmtheit erlangte.

Pommerenke, geboren 1937 als Sohn einer notorisch lieblosen Mutter und eines selten anwesenden, wenn dann prügelnderweise präsenten Vaters, startete zu Ende der Fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhundert eine beispiellos gewalttätige Tour durch Süddeutschland. Als er nach monatelangem Herumtreiben schließlich gefasst wurde, zählte die Polizei vier Morde, 25 versuchte und mehrere erfolgreiche Vergewaltigungen sowie eine horrende Anzahl an Einbrüchen, Raubüberfällen und anderen Delikten. Pommerenkes Urteil: 156 Jahre Haft.

Der Möder sollte die Freiheit nie mehr wieder erleben. Exakt 49 Jahre verbrachte er in diversen Gefängnissen (v. a. in Bruchsal), ehe er im jahr 2007 schließlich starb – eine zerstörte, psychisch wie physisch ausgebrannte Ruine.

Thomas Alexander Staisch legte mit diesem Buch ein meiner Ansicht nach ausgesprochen umstrittenes Werk vor. Es handelt sich nicht um eine nüchtern-sachliche Aufarbeitung von Pommerenkes Taten und seiner Strafe, sondern eher um eine romanhafte Schilderung eines ekelerregenden Lebens: Pommerenkes Untaten und seine Zeit im Gefängnis, die letzten Endes als eine Todesstrafe auf Raten angesehen werden können.

Das Buch ist sehr flüssig geschrieben, es liest sich gut und schnell, auch wenn man bei der Lektüre immer tiefer in dunkle und dunkelste psychische Abgründe sinkt. Staischs Ziel war offensichtlich, die Abgewracktheit Pommerenkes während seiner Taten und in der Zeit seiner Haft darzustellen – und es ist ihm gelungen. Der Leser bekommt Einblick in schrecklichste Abgründe. Die Verstörung, die Staisch beim Leser hervorruft, vertieft sich noch durch Gedichte, die er ab und an einstreut und die interessante, wenngleich auch irritierende Schlaglichter auf Pommerenkes Geisteszustand werfen.

Wenn ich nun ein Fazit ziehen sollte, würde ich das Folgende sagen: Es handelt sich um ein bemerkenswertes Buch, für das der Leser jedoch ein hohes Maß an intellektuellem Zugang und an emotionaler Einfühlung benötigt. Es ist keineswegs ein Buch zum schnellen Durchlesen, u. a. deswegen nicht, da Staischs Schreibstil sehr modern-literarisch und bisweilen ausgesprochen gewöhnungsbedürftig ist. Sensible Gemüter sollten dieses Buch auf jeden Fall mit Vorsicht genießen.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Charmantes Barock-Epos

Die Tochter des Fechtmeisters
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„Die Tochter des Fechtmeisters“ war mein erstes Buch von Sabine Weiß, die ja bereits mehrere historische Romane geschrieben hat (etwa „Hansetochter“ oder „Das Geheimnis von Stralsund“).

Ich selbst bin ...

„Die Tochter des Fechtmeisters“ war mein erstes Buch von Sabine Weiß, die ja bereits mehrere historische Romane geschrieben hat (etwa „Hansetochter“ oder „Das Geheimnis von Stralsund“).

Ich selbst bin ebenfalls ein leidenschaftlicher Degenfechter und wurde auf Sabine Weiß’ Buch in meinem Fechtsport-Magazin aufmerksam. Das Buch hat einen ordentlichen Umfang (etwa 700 Seiten), liest sich aber unglaublich gut.

Im Mittelpunkt der Handlung steht, wie im Titel angeklungen, Clarissa, Tochter eines Fechtlehrers und Schmiedes aus Rostock. Zusammen mit ihren Kumpanen Marius und Alexander bestehen sie viele Abenteuer, etwa im Kampf gegen den unverschämten Baron Reipenstein.

Das Buch hat mir nicht nur deswegen gefallen, da es spannend und abwechslungsreich geschrieben ist, sondern vor allem auch, da Sabine Weiß es schafft, eine authentische Atmosphäre zu erschaffen. Besonders beeindruckt hat mich die Schilderung der Universität Rostock und des in ihr gepflegten Umgangs. Mittelalterliche Universitäten und Ritterakademien müssen faszinierende Orte gewesen sein – die Universität Altdorf, an der Wallenstein ein Semester lang eingeschrieben war (ehe er wegen ständiger Raufereien zwangsweise exmatrikuliert wurde) erinnert ja bis heute mit einem eigenen Museum an die damalige Zeit.

Insgesamt: Ein sehr schöner historischer Roman :) Absolut lesenswert ;)