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Veröffentlicht am 05.11.2020

eine fantastische, durchweg spannende Fortsetzung, mit der es Christelle Dabos definitiv mehr als einmal gelingt den Leser zu überraschen

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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Mit Die Spiegelreisende – Das Gedächtnis von Babel hat die französische Autorin Christelle Dabos erneut eine fantastische Fortsetzung geschrieben, die auf jeden Fall mit den beiden großartigen Vorgängern ...

Mit Die Spiegelreisende – Das Gedächtnis von Babel hat die französische Autorin Christelle Dabos erneut eine fantastische Fortsetzung geschrieben, die auf jeden Fall mit den beiden großartigen Vorgängern mithalten kann, obgleich man Thorn während seiner Abwesenheit schmerzlich vermisst, ebenso wie einige der anderen lieb gewonnenen Nebencharaktere vom Pol sowie der Arche Anima, die im dritten Band nur ausgesprochen selten auftauchen und somit eigentlich viel zu kurz kommen, was sich im finalen vierten Band dann hoffentlich wieder ändern wird. Dafür kommen mit Blasius, Ambrosius und Octavio aber immerhin ein paar neue interessante Charaktere hinzu, die im Verlauf der Geschichte für die eine oder andere Überraschung gut sind und Ophelia in Babel zu Seite stehen. Nachdem ihre Freunde Ophelia die Flucht von Anima ermöglicht haben, hat sie nämlich beschlossen allein dorthin zu reisen und sich dort unter falscher Identität auf die Suche nach Thorn zu begeben, in der Hoffnung, dass er bei seinen Recherchen zu dem gleichen Schluss gekommen ist und dort ebenfalls noch Antworten sucht, wobei es Ophelia mindestens genauso sehr – wenn nicht sogar noch mehr – darauf ankommt Thorn zu finden wie Gottes Geheimnisse zu enthüllen.
Zwischen den letzten Ereignissen des Vorgängers und dem Beginn des dritten Bandes liegen mehr als zwei Jahre, die Ophelia zwar bei ihre Familie, jedoch vor allem mit heimlichen Nachforschungen verbracht hat. Viel mehr erfährt man über diese Zeitspanne nicht und aufgrund der wenigen Ereignisse ist es vermutlich sogar ganz gut, dass die Autorin diese Phase überspringt und stattdessen erst in dem Moment ansetzt, in dem die Handlung ziemlich schnell wieder Fahrt aufnimmt. Dank der einführenden Zusammenfassung der bedeutsamsten bisherigen Ereignisse sowie des Umstands, dass Christelle Dabos eingangs noch einmal auf die wichtigsten Aspekte eingeht, kommt man als Leser ohne Probleme wieder gut in die Geschichte hinein und ist vom ersten Moment an wieder so gefesselt, dass die Seiten nur so dahin fliegen.

Mit ihrer Entscheidung allein zu einer fremden, ihr völlig unbekannten Arche zu reisen, um dort nach Thorn zu suchen und Gott die Stirn zu bieten, beweist die Protagonistin Ophelia erneut viel Mut und Entschlossenheit. Trotz aller Widrigkeiten lässt sie sich nie unterkriegen und hält tapfer durch, wofür man sie einfach lieben muss. Auf der anderen Seite ist sie manchmal aber auch ziemlich naiv, wenn sie glaubt so leicht an die gewünschten Antworten zu gelangen – Optimismus ist dafür gar kein Ausdruck.

Mit der Arche Babel kommen ein neuer Schauplatz und eine völlig neue, fremde Kultur hinzu, die sich kaum stärker vom Pol oder Anima unterscheiden könnte. Auf Babel gibt es nahezu für alles strenge Vorschriften, selbst eine allgemeingültige Kleiderordnung. Gewalt wird hart bestraft, sodass Unfälle und Krankheiten als die einzigen Todesursachen gelten. Die meisten Bewohner halten sich peinlich genau daran und betrachten sich als so moralisch unfehlbar, dass sie offensichtliche Verbrechen als unglückliche Zufälle abtun, weil das Gegenteil schlicht nicht zu ihrem Weltbild passt. Sie sind demzufolge extrem leichtgläubig und hinterfragen oder zweifeln nie an etwas. Das macht sie zum Teil sehr unfreundlich sowie selbstbezogen und sorgt für eine große Kluft zwischen den verschiedenen Menschen, die mehr oder weniger in Bürger und Gabenlose unterteilt werden. Jene mit Gaben sehen unfairerweise beinahe ausnahmslos auf letztere herab, obwohl man keinerlei Einfluss darauf hat.

Gottes Handlanger sind auch auf Babel aktiv dabei geschichtliche Wahrheiten zu manipulieren und die Überbleibsel des vergangenen Krieges auszumerzen. Schon allein das Wort „Krieg“ steht auf dem Index, darf daher also nicht verwendet werden, und die Zensoren berauben die Menschen Stück für Stück ihrer Vergangenheit. Der Familiengeist Pollux scheint ebenfalls nichts weiter als eine Marionette zu sein. Auf Helene trifft das hingegen nicht zu, allerdings ist sie nur schwer zu durchschauen, sodass man letztendlich nicht sicher weiß, auf wessen Seite sie wirklich steht.

Erzählt wird der dritte Band die meiste Zeit aus Ophelias Sicht. Daneben gibt es jedoch auch ein paar einzelne, anfangs gewöhnungsbedürftige Szenen aus der Perspektive von Viktoria, die kurze Einblicke in die Ereignisse auf dem Pol gewähren sowie in Gottes dortige Machenschaften. Im Finale könnte die Tochter von Berenilde und Faruk dann vielleicht sogar eine noch größere Rolle spielen, das Ende lässt dies zumindest vermuten.

Auf das Wiedersehen zwischen Thorn und Ophelia muss man relativ lange warten, zudem ist es leider völlig anders als erhofft. Statt mit Nähe wird man mit einer scheinbar unüberwindlichen Distanz konfrontiert und die beiden brauchen aufgrund einiger Missverständnisse sehr lange, um diese schließlich zu überbrücken. Sein Starrsinn und ihre Unfähigkeit offen über ihre Gefühle zu sprechen verhindern somit lange, dass sie zusammen finden, obwohl sie einander längst lieben. Am Ende wird man für dieses ewige Hin und Her aber zum Glück entschädigt und im vierten Band sind die beiden hoffentlich sowohl ein Paar als auch ein gutes Team.

Was die eigentliche, durchweg mitreißende Handlung betrifft, so überschlagen sich die Ereignisse im letzten Viertel geradezu und Ophelia findet tatsächlich endlich ein paar Antworten. Als Leser ist man hinterher allerdings nicht wirklich schlauer, sondern eher verwirrt, weil man viele Informationen noch nicht richtig einzuordnen vermag. Man kann nur hoffen, dass Die Spiegelreisende – Im Sturm der Echos diesbezüglich dann etwas Licht ins Dunkel bringt. Vielleicht hat die Autorin das genau so beabsichtigt, um den Leser bis dahin auf die Folter zu spannen.

Am Ende erwarten einen schließlich zwei gewaltige Cliffhanger, die einen sprachlos zurücklassen und das Warten auf das große Finale nahezu unerträglich machen. Man hat also kaum Gelegenheit sich über eine gewisse positive Entwicklung zu freuen, da die letzten Seiten das Herz fast zum Stillstand bringen, weil man kaum fassen kann, was gerade geschehen ist und man sich darüber hinaus so sehr um das Wohl einer bestimmten Figur sorgt. Insofern ist man direkt froh darüber, dass der vierte Band sogar noch einhundert Seiten mehr umfassen soll, denn von dieser faszinierenden Welt und ihren Charakteren kann man einfach nicht genug bekommen.

FAZIT
Die Spiegelreisende – Das Gedächtnis von Babel ist eine fantastische, durchweg spannende Fortsetzung, mit der es Christelle Dabos definitiv mehr als einmal gelingt den Leser zu überraschen. Das Ende verschlägt einem wirklich die Sprache und es scheint ein vielversprechendes, aufregendes Finale bevorzustehen, dessen Erscheinen man nun kaum noch erwarten kann.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

ein sehr gelungener Graphic Novel, mit dem der moderne und eindringliche Klassiker von Margaret Atwood gekonnt in ein neues Medium übertragen wurde

Der Report der Magd
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Der Report der Magd ist ein sehr gelungener Graphic Novel, mit dem der moderne und eindringliche Klassiker von Margaret Atwood gekonnt in ein neues Medium übertragen wurde. Trotz der Reduktion auf das ...

Der Report der Magd ist ein sehr gelungener Graphic Novel, mit dem der moderne und eindringliche Klassiker von Margaret Atwood gekonnt in ein neues Medium übertragen wurde. Trotz der Reduktion auf das Wesentliche, wie es für diese Form erforderlich ist, muss man weder das Original noch die verschiedenen, filmischen Adaptionen des Werkes kennen, um der Geschichte folgen zu können. Sollte man den Roman noch nicht gelesen haben, wird man allerdings spätestens nach der Lektüre des Graphic Novels den Wunsch haben dies nachzuholen, um noch tiefer in diese düstere Zukunftsvision einzutauchen.
Insbesondere als Frau wird man während des Lesens von der ersten Seite an von einem sehr beklemmenden Gefühl erfasst. Man möchte unter keinen Umständen mit der Protagonistin tauschen und kann sehr gut nachvollziehen, warum so viele Frauen in Gilead den Tod einem Schicksal als Magd oder überhaupt einem Leben in diesem Staat vorziehen. Diese beunruhigende Wirkung wird durch das Wissen verstärkt, dass die dystopische Geschichte weder in der Vergangenheit noch in irgendeinem fiktiven Land spielt, sondern Gilead vielmehr eine zukünftige, zutiefst beängstigende Version der USA darstellt, in der die Demokratie von einer fanatischen, patriarchalischen Militärdiktatur abgelöst wurde, die Furcht verbreitet und vor allem Frauen massiv unterdrückt sowie objektifiziert. Dass so etwas tatsächlich geschehen könnte, möchte man sich nicht ausmalen.

Fruchtbare Frauen werden dort auf ihre biologische Fähigkeit neues Leben auszutragen reduziert und erbarmungslos als Gebärmaschinen missbraucht. Der alleinige Zweck und der einzige Wert der Mägde bestehen darin schwanger werden zu können und Kinder auf die Welt zu bringen, die man ihnen dann sofort nach der Geburt entreißt und anderen Frauen anvertraut. Man beraubt sie ihrer eigenen Identität, indem man sie wie „Desfred“ nach dem Vornamen des Mannes benennt, der sie einmal im Monat vergewaltigen „darf“. Wird die Magd daraufhin nicht schwanger, macht man sie dafür verantwortlich und lässt ihr bei mehrmaligem „Versagen“ gegebenenfalls ein noch schlimmeres Schicksal zuteilwerden, indem man sie in die Kolonien schickt, denn ein Mann könne nach Ansicht der Machthaber Gileads niemals zeugungsunfähig und damit die Ursache für eine ausbleibende Empfängnis sein. Werden die Frauen jedoch dabei erwischt, wie sie aus Angst vor den Konsequenzen versuchen auf anderen Wegen schwanger zu werden, droht ihnen sogar die Todesstrafe.

In gelegentlichen, kurzen Rückblenden wird gezeigt, welche einzelnen Veränderungen zu dieser drastischen Entwicklung von einer Demokratie zu einer theokratischen Diktatur geführt haben, die einen in der Realität dann hoffentlich dazu veranlassen würden das eigene Land fluchtartig zu verlassen. Erschreckenderweise waren weder eine besonders lange Zeitspanne noch sonderlich viele Maßnahmen notwendig, um diesen Wandel zu vollenden. Noch perverser wird das Ganze durch den Umstand, dass Touristen, darunter sogar Frauen, allen Ernstes nach Gilead reisen, um sich das „neue System“ anzuschauen, worüber man nur fassungslos den Kopf schütteln kann. Welcher vernünftige Mensch bzw. welche Frau, die nicht selbst in einer ähnlicher Gesellschaft aufgewachsen ist, würde freiwillig in ein solches Land reisen?

Das Einhalten der strengen Regeln wird dadurch sichergestellt, dass man permanent befürchten muss von anderen bespitzelt zu werden und Verstöße außerordentlich hart bestraft werden. Für die Entfaltung einer eigenen Persönlichkeit bleibt keinerlei Raum und da man zumindest als Magd oder Martha weder Kontakt zu Freunden noch Familie hat, bleibt einem im Grunde nichts, was das Leben weiterhin lebenswert machen würde. „Desfred“ hält somit lediglich die Hoffnung aufrecht, ihre Tochter eines Tages wiederzusehen.

Insgesamt ist die Protagonistin „Desfred“ einem hier nicht unbedingt sympathisch, was vor allem daran liegt, dass man nicht so ganz nachvollziehen kann, warum sie all das – im Gegensatz beispielsweise zu ihrer Freundin Moira – nahezu widerstandslos erduldet. Doch man hat in jedem Fall großes Mitleid mit ihr sowie den anderen Mägden, sodass sie einem zumindest auch nicht egal ist und man ihr wünscht irgendeine Möglichkeit zu finden diesem Leben wieder zu entkommen. Das Ende ist allerdings relativ offen gehalten, wodurch man letztlich nicht sicher weiß, was aus „Desfred“ geworden ist.

Die Illustrationen von Renée Nault sind grundsätzlich bunt, abgesehen von den schon allein optisch viel freundlicheren Rückblenden sind aber die Farben Rot, Grün, Blau und Schwarz vorherrschend, wobei die ersten drei klar erkennbar den unterschiedlichen „Kategorien“ von Frauen zuzuordnen sind: Mägde, Marthas und Ehefrauen. Trotz der Verwendung dieser Farben wirken die Zeichnungen sehr düster, was zur erdrückenden Atmosphäre des Graphic Novels passt. Darüber hinaus sind sie sehr schlicht gehalten, die Hintergründe wurden entweder einfarbig gestaltet oder es wurde gleich gänzlich auf sie verzichtet. Trotzdem sind die Illustrationen stets eindrucksvoll und aussagekräftig.

FAZIT
Renée Nault gelingt es die düstere, unvorstellbar schreckliche Zukunftsvision von Margaret Atwood eindrücklich in Szene zu setzen, sodass der moderne Klassiker Der Report der Magd seine beklemmende Wirkung auch als Graphic Novel problemlos entfalten kann.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

der großartige Abschluss einer sehr bewegenden Dilogie

Light Up the Sky
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Light Up The Sky ist eine gelungene Fortsetzung, die auf jeden Fall mit dem ebenso lesenswerten Vorgänger mithalten kann. Vor allem der Beginn ist dieses Mal besonders fesselnd, vielleicht sogar noch mehr ...

Light Up The Sky ist eine gelungene Fortsetzung, die auf jeden Fall mit dem ebenso lesenswerten Vorgänger mithalten kann. Vor allem der Beginn ist dieses Mal besonders fesselnd, vielleicht sogar noch mehr als das Ende, da man es nach dem fiesen Cliffhanger auf den letzten Seiten des ersten Bandes kaum erwarten kann zu erfahren, was aus den männlichen Protagonisten geworden ist und ob sie beide ihren Einsatz im Kriegsgebiet überlebt haben bzw. falls ja, welche gegebenenfalls schwerwiegenden Verletzungen sie wohl davongetragen haben, wohingegen man am Schluss einfach auf einen guten Ausgang der Geschichte vertraut.
Erzählt wird die gesamte Handlung erneut aus den Perspektiven von Autumn und Weston. Connor ist zwar noch immer ein wichtiger Teil in ihrer beider Leben, spielt aufgrund seiner längeren Abwesenheit aber eher eine untergeordnete Rolle. Trotz des Damokles-Schwertes der vergangenen Lügen, das ständig über ihnen schwebt, macht es große Freude zu beobachten, wie Autumn und Wes einander langsam näher kommen und wie sehr vor allem Wes sich dadurch positiv verändert. Mehr denn je spürt man, dass die zwei viel besser zusammen passen und von Anfang an füreinander bestimmt waren. Sie bringen das Beste im anderen zum Vorschein und treiben sich gegenseitig zu Bestleistungen an. Abgesehen von den Lügen steht nur Weston selbst ihrem Glück im Weg, weil er immer noch mit der Vergangenheit zu kämpfen hat und endlich einsehen muss, dass er es entgegen seiner Überzeugung verdient hat geliebt zu werden und mit jemandem wie Autumn zusammen zu sein. Letztlich findet er jedoch zu sich selbst und da die Handlung einen relativ langen Zeitraum umfasst, ist diese Entwicklung keineswegs unrealistisch.

Auch Autumn blüht an der Seite von Wes regelrecht auf und kann es trotz ihres Gelübdes sich von nun an voll und ganz auf die Arbeit zu konzentrieren nicht verhindern ihr Herz an Wes zu verlieren. Es tut ihr sichtlich gut, dass er ihr keinen Grund gibt permanent an seinen Gefühlen für sie zu zweifeln. Doch natürlich ist es nur eine Frage der Zeit bis sie die Wahrheit über die Lügen von Connor und Weston erfährt, wobei Emma Scott sich bezüglich der Zeitspanne bis dahin zum Glück nicht allzu genau an der Vorlage orientiert. Verständlicherweise ist es ein harter Schlag für Autumn, dass beide Männer sie derartig belogen haben und man bangt mit Wes, ob sie ihm dies wohl je verzeihen wird.

Wer nach dem Höhepunkt zunächst einen weiteren Schicksalsschlag befürchtet, weil danach noch knapp fünfzig Seiten folgen, kann allerdings ganz unbesorgt sein, denn die Autorin nimmt sich einfach nur erfreulich viel Zeit, um die Geschichte ausklingen zu lassen. Sie bringt lediglich die begonnene Charakterentwicklung gekonnt zum Abschluss und gönnt dem Leser in einem ausführlichen Epilog noch einen wunderbaren Ausblick auf die Zukunft der lieb gewonnenen Figuren zu verschiedenen Zeitpunkten.

Darüber hinaus merkt man deutlich, dass der Autorin, wie sie selbst in einer abschließenden Anmerkung betont, Diversität ein wichtiges Anliegen ist, sodass nun ein Charakter mit einer gewissen Eigenschaft im Mittelpunkt steht, die man sonst wohl eher selten bei Protagonisten findet. Was für eine Eigenschaft das ist, würde an dieser Stelle aber schon zu sehr spoilern. Die Darstellung der damit einhergehenden Herausforderungen – teils ist es das eigene Selbstwertgefühl, mit dem die Person daraufhin zu kämpfen hat, teils sind es äußere Umstände – gelingt Emma Scott jedenfalls ausgesprochen gut. Sie geht sehr sensibel damit um, macht auf ein Thema aufmerksam, mit dem sich die meisten so gut wie nie beschäftigen, sofern sie selbst nicht wenigstens mittelbar betroffen sind, und zeigt, wie schwierig dann mitunter alltägliche, eigentlich banale Dinge werden können, die für andere selbstverständlich sind.

Schön ist außerdem der Blick der Autorin auf psychische und damit für andere „unsichtbare“ Krankheiten, wie zum Beispiel PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung). Unglücklicherweise gibt es nicht nur in ihrem Roman nach wie vor Menschen, die psychische Probleme anders betrachten als physische Leiden, obwohl erstere genauso behandlungsbedürftig sind, weshalb es in dieser Hinsicht keinen Unterschied, insbesondere in Bezug auf das Ansehen einer Person in der Öffentlichkeit, machen sollte, ob jemand gebrochene Knochen oder beispielsweise eine Depression hat. In beiden Fällen ist eine ärztliche Behandlung notwendig und mit psychischen Krankheiten sollte man genauso wenig allein fertig werden müssen wie mit körperlichen Leiden. Bei letzteren käme niemand auf die Idee eine Person für schwach zu halten oder Ähnliches, die medizinische Hilfe in Anspruch nimmt, warum dann bei ersteren?

FAZIT
Light Up The Sky ist der großartige Abschluss einer sehr bewegenden Dilogie, die mit Sicherheit nicht das letzte sein wird, was man von Emma Scott gelesen hat.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die sich ganz allgemein für Tiere und ihre markanten Eigenheiten interessieren

Unsere unbekannten Nachbarn
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Unsere unbekannten Nachbarn ist ein überaus informatives und erfrischend humorvoll geschriebenes Sachbuch, das man dank der vielen kurzen Kapitel, die jeweils einem anderen tierischen Stadtbewohner gewidmet ...

Unsere unbekannten Nachbarn ist ein überaus informatives und erfrischend humorvoll geschriebenes Sachbuch, das man dank der vielen kurzen Kapitel, die jeweils einem anderen tierischen Stadtbewohner gewidmet sind, auch gut in kleinen Etappen zwischendurch lesen kann, um etwas länger Freude daran zu haben. Zwischendurch schlägt das ansonsten eher heitere Werk allerdings auch ernste Töne an, denn es lässt sich bei einem Buch über die Tierwelt natürlich nicht die traurige Wahrheit verbergen, dass für die Ausrottung der meisten Arten nach wie vor der Mensch verantwortlich ist.
In jedem Abschnitt erfährt man unheimlich viel über die urbane Fauna und kann doch nie genug bekommen. Immer wieder ist man überrascht und beeindruckt vom Einfallsreichtum und der Anpassungsfähigkeit der Tiere, die zum Teil erstaunlich gut gelernt haben mit dem Menschen klarzukommen, der ihnen kontinuierlich mehr von ihrem Lebensraum streitig macht. Einige Dinge wird man vielleicht schon gewusst haben, die meisten Informationen sind dem Leser aber vermutlich neu.

Dass Wildschweine regelmäßig in der Hauptstadt unterwegs sind, dürfte zum Beispiel hinlänglich bekannt sein, ihre enorme Anzahl dürfte hingegen selbst die meisten Berliner überraschen. Es ist wahrlich faszinierend, welche Fähigkeiten einige Tiere entwickelt haben, um im städtischen Raum zu überleben und dass sich die Stadtbewohner bei manchen Arten schon jetzt merklich von den Vertretern ihrer Art unterscheiden, die man in ländlichen Gegenden vorfindet. Bei anderen Arten muss der Mensch hingegen aktiv Maßnahmen zu deren Erhaltung ergreifen, um das Zusammenleben zu erleichtern und sie beispielsweise vor den Gefahren zu schützen, die vom Straßenverkehr ausgehen.

Christian Koch und Axel Krohn verstehen es auf jeden Fall interessantes Wissen zu vermitteln. Nach der Lektüre dieses lehrreichen Buches kann deshalb sogar der zoologische Laie Frösche von Kröten unterscheiden. Dass es Tiere gibt, die Verletzungen vortäuschen, um – die leichte Beute markierend – Raubtiere von ihrem Nachwuchs wegzulocken, wird man ebenfalls nicht so schnell vergessen. Auf einige recht ekelhafte Erkenntnisse, darunter die Einzelheiten über die Nahrungsaufnahme der Stubenfliege, hätte man allerdings lieber verzichtet.

Optisch wurde das Buch ebenfalls sehr schön gestaltet. Jedes Kapitel beginnt mit einer wundervollen, ganzseitigen Photographie der entsprechenden Art. Auf den folgenden Seiten findet man dann kleinere Bilder zur Veranschaulichung der Tiere oder ihrer besonderen Verhaltensweisen, gespickt mit weiteren wissenswerten Informationen. Zusätzlich zu dem jeweils aufschlussreichen Vor- und Nachwort der Autoren, werden abschließend zudem ihre zahlreichen Quellen aufgelistet, sodass Interessierte sich ggf. noch eingehender über die einzelnen Themen informieren können.

FAZIT
Unsere unbekannten Nachbarn ist eine empfehlenswerte Lektüre für alle, die sich ganz allgemein für Tiere und ihre markanten Eigenheiten interessieren. Wer gern Tier-Dokumentationen schaut, wird daher garantiert auch an diesem Buch Freude haben.

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Veröffentlicht am 05.11.2020

ein vielschichtiges und alles in allem sehr empfehlenswertes Buch, das nicht nur Fans der Autorin gefallen wird

Die tausend Teile meines Herzens
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Die tausend Teile meines Herzens ist auf jeden Fall anders als die bisherigen Werke der Autorin, wobei diese Beschreibung nicht zum ersten Mal auf eines ihrer Bücher zutrifft, sodass genau diese Spannbreite ...

Die tausend Teile meines Herzens ist auf jeden Fall anders als die bisherigen Werke der Autorin, wobei diese Beschreibung nicht zum ersten Mal auf eines ihrer Bücher zutrifft, sodass genau diese Spannbreite sich vielleicht zu ihrem neuen Markenzeichen entwickelt. Das gefällt womöglich nicht jedem, bietet aber definitiv Abwechslung. „Kennt man eines, kennt man alle“ kann man bei Colleen Hoover also gewiss nicht behaupten.
Protagonistin Merit ist noch ein Teenager und die zarte Liebesgeschichte zwischen ihr und Sagan steht nicht im Mittelpunkt der Geschichte – beides ist eher untypisch für einen New Adult Roman, weshalb man das Buch eigentlich eher dem Young Adult Genre zuordnen müsste. Inhaltlich richtet sich das Werk jedoch keineswegs nur an ein jüngeres Publikum, denn die Autorin nimmt sich hier gleich mehrerer ernster Themen an und enthüllt im Verlauf der Handlung zahlreiche erschütternde Wahrheiten, die für den Leser ebenso schwer zu verdauen sind wie für die Figuren. Wer nach knapp der Hälfte des Buches meint den Höhepunkt bereits erreicht zu haben und sich fragt, was denn jetzt noch kommen mag, wird wenig später zudem überrascht feststellen, dass Colleen Hoover durchaus noch einige ungeahnte Wendungen auf Lager hat.

Darüber hinaus vermittelt das Buch eine Vielzahl wichtiger Botschaften, z.B. dass der Schein oft trügen kann und „Normalität“ überbewertet wird. Merit muss mit der Zeit lernen, dass nicht alles im Leben entweder schwarz oder weiß ist, sondern viele Dinge vielmehr eine Frage der Perspektive sind, und dass die eigenen Sorgen oder Ängste nicht weniger wichtig oder bedeutend sind, nur weil andere Menschen im Vergleich dazu noch Schlimmeres erlebt haben, da sie das eigene Leben genauso aus der Bahn werfen können. Außerdem kommt ihre gesamte Familie irgendwann zu der schmerzlichen Erkenntnis, dass die Wahrheit zu verschweigen und nicht über Probleme zu sprechen, oftmals viel mehr Schaden anrichtet als es die Wahrheit je könnte. Die tausend Teile meines Herzens ist somit viel tiefgründiger als es zu Beginn vielleicht den Anschein hat. Neben den alltäglichen Schwierigkeiten von Jugendlichen werden nämlich auch Themen wie Vergebung, psychische Erkrankungen und sogar politische Zustände in anderen Ländern behandelt, wenngleich letztere nicht im Vordergrund stehen.

Dank der Ich-Perspektive kann man sich sehr gut in Merit hineinversetzen, die in der Regel einen sehr erwachsenen Eindruck hinterlässt. Sie hat unter anderem mit ihrem Selbstwertgefühl zu kämpfen, vergleicht sich ständig mit ihrer Zwillingsschwester Honor, die sie für attraktiver (und beliebter) hält, obwohl sie sich optisch kaum voneinander unterscheiden und charakterlich ihre jeweils eigenen Stärken bzw. Schwächen haben. Sie glaubt immer übersehen zu werden, muss später jedoch erkennen, dass das erstens nicht stimmt und sie zweitens auch so einiges nicht mitbekommen hat, weil sie so mit sich selbst beschäftigt war. Als Leser lernt man zusammen mit ihr ein paar wichtige Lektionen fürs Leben, denn genau wie sie hat man anfangs alles nur aus ihrem Blickwinkel betrachtet und ist daher umso überraschter als man erkennt, dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht.

Lediglich an ihrer starken Schwärmerei für Sagan merkt man Merit ihr noch jugendliches Alter sofort an, allerdings kann man als Leser durchaus nachvollziehen, dass er ihr Herz höher schlagen lässt. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist so wundervoll, wie man es von Colleen Hoover gewohnt ist, steht hier aber ausnahmsweise, wie schon gesagt, nicht im Fokus, was beinahe schade ist, da man sich beim Lesen selbst ebenfalls ein bisschen in Sagan verliebt.

Die Handlung ist die gesamte Zeit über fesselnd und zwischendurch sogar einmal richtig spannend, um nicht zu sagen Nerven aufreibend, weshalb es überaus schwer fällt sich davon loszureißen. Geschickt lässt die Autorin immer wieder Anspielungen fallen, die neugierig machen, sodass man unbedingt mehr herausfinden will. Die Familie Voss ist eine Familie mit vielen Geheimnissen, die es nach und nach aufzudecken gilt, und deren Mitglieder alle irgendetwas zu verbergen haben. Glücklicherweise werden die meisten Fragen am Ende jedoch beantwortet, die Geschichte um Merit und ihre Familie ist somit in sich abgeschlossen.

Das Hörbuch gibt es in einer gekürzten und ungekürzten Version, wobei letztere hier nur 53 Minuten länger ist. Gelesen wird es von Merete Brettschneider, die in deutschen Synchronisationen unter anderem der Schauspielerin Melissa Benoist, besser bekannt als Kara Danvers alias Supergirl, ihre Stimme leiht. Sie macht einen echt guten Job und gibt einem nicht das Gefühl als würde sie einfach nur irgendeinen Text vorlesen. Ihre ziemlich jugendliche Stimme passt ganz wunderbar zur Erzählerin Merit und man hört ihr unheimlich gern zu. Sie reiht sich deswegen auch in die Liste der Sprecher ein, bei denen man jederzeit wieder gern zum Hörbuch greift.

FAZIT
Die tausend Teile meines Herzens ist ein vielschichtiges und alles in allem sehr empfehlenswertes Buch, das nicht nur Fans der Autorin gefallen wird. Es ist definitiv anders als die vorherigen Romane der Autorin, doch wer weiß, vielleicht ist ja gerade „anders“ das neue „typisch Colleen Hoover“.

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