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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.06.2023

Als Europa zusammenrückte

Bergleuchten
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Wir lesen die Entstehungsgeschichte des Gotthard-Tunnels, der im 19. Jahrhundert zwischen Göschenen und Airolo in den Berg getrieben wird. Aus der Sicht der Fuhrhalterstochter Helene Herger erleben ...

Wir lesen die Entstehungsgeschichte des Gotthard-Tunnels, der im 19. Jahrhundert zwischen Göschenen und Airolo in den Berg getrieben wird. Aus der Sicht der Fuhrhalterstochter Helene Herger erleben wir die Veränderungen, die der Ort Göschenen durch die Großbaustelle erfährt, aus erster Hand mit. Sie verliebt sich in Piero, einen der italienischen Arbeiter und muss dadurch mit zahlreichen Schwierigkeiten fertig werden.

Sehr eindringlich und nachvollziehbar schildert die Autorin die Vorkommnisse während des Tunnelbaus, die Ausbeutung und Diskriminierung der Arbeitskräfte, das Misstrauen der Dorfbewohner und den Unfrieden, der durch Gegner und Befürworter des Baus entsteht. Die Dorfbewohner sind voller Angst vor dem Neuen, das ihnen bevorsteht. Zeitweise hatte ich das Gefühl, unmittelbar dabei zu sein. Helene gefällt mir gut, bei aller Verliebtheit und Romantik steht sie doch mit beiden Beinen auf dem Boden und weiß, was das Beste für sie ist. Piero ist ein bisschen anders, er baut Luftschlösser und weiß nicht so richtig, was er will. Die Liebesgeschichte der Beiden ist gut in die gründlich recherchierten historischen Ereignisse eingebettet, beides passt gut zusammen.
Was mir gefehlt hat, ist eine Karte oder Lageskizze an Anfang oder Ende des Buches, damit ich mir die räumlichen Gegebenheiten besser vorstellen kann.
Ansonsten wurde ich durchgehend gut unterhalten und habe wieder ein bisschen Geschichtswissen angesammelt. Deshalb kann ich dieses Buch guten Gewissens weiterempfehlen.


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Veröffentlicht am 10.04.2023

Solide Krimikost

Schwarze Dünen
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Sanna Harmstorf ist frisch gebackene Staatsanwältin in Flensburg, frisch versetzt aus München. Ihr erster Fall hat es gleich in sich, sie soll einen Flugzeugabsturz auf Sylt untersuchen. Zur Seite gestellt ...

Sanna Harmstorf ist frisch gebackene Staatsanwältin in Flensburg, frisch versetzt aus München. Ihr erster Fall hat es gleich in sich, sie soll einen Flugzeugabsturz auf Sylt untersuchen. Zur Seite gestellt ist ihr das bewährte Ermittlungsteam um John Benthien, über dessen Fälle sein eigener Vater einen Bestseller geschrieben hat. Beide bringen Altlasten mit, die die Zusammenarbeit schwierig gestalten.

Das Cover vermittelt eigentlich einen Eindruck von Urlaub am Meer an einem nicht ganz so sonnigen Tag. Nach einem Krimi sieht es eher nicht aus. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, sehr sachlich und fast ein wenig distanziert. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich im Geschehen drin war. Es war schon spannend, zusammen mit den Ermittlern die zahlreichen losen Fäden zusammenzuführen. Die Geschichte lebt von dem spannenden, zunächst sehr verworrenen Fall. Bis zum Schluss habe ich gerätselt, wer der Täter ist, ohne jedoch auf die richtige Lösung zu kommen.
Mit den Protagonisten, besonders mit Sanna Harmstorf, konnte ich nicht recht warm werden. Ich fand einfach keinen Zugang zu den zahlreichen Personen, die auf eine sehr distanzierte Art geschildert werden. Vermutlich liegt das zum einen daran, dass sie nicht die eigenen Geschöpfe des Autoren Jan Wielpütz sind, der die Reihe der verstorbenen Nina Ohlandt weiterführt. Zum anderen hat sicher auch die große Zahl der Beteiligten damit zu tun.
Was mir fehlt, ist das Küstenfeeling, so ein bisschen Lokalkolorit hätte dem Buch gut getan. Die Umgebung wird jedoch genauso distanziert geschildert wie die Personen.
Insgesamt fand ich die Geschichte sehr spannend und habe ich mich gut unterhalten gefühlt und kann den Krimi trotz der kleinen Schwächen mit gutem Gewissen weiter empfehlen.

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Veröffentlicht am 12.03.2023

Krimi mit Sozialkritik gewürzt

Der Bojenmann
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Kommissar Thies Knudsen und sein Team werden mit einem grotesken Fall konfrontiert: Der "Bojenmann" von Övelgönne wurde durch eine plastinierte Leiche ersetzt, direkt vor der Haustür von Knudsens ...

Kommissar Thies Knudsen und sein Team werden mit einem grotesken Fall konfrontiert: Der "Bojenmann" von Övelgönne wurde durch eine plastinierte Leiche ersetzt, direkt vor der Haustür von Knudsens Freund und Mentor, dem Ex-Kapitän und Hobbyphilosophen Oke "LaLotse" Andersen. Noch bevor es gelungen ist, den Toten zu identifizieren, taucht an der Alster ein zweiter plastinierter Toter auf. Die Ermittler sind ratlos, hinterlässt der Täter doch gar keine Spuren.

Dem Schreibstil merkt man an, dass hier zwei Autoren am Werk sind, so ganz homogen ist das Werk nicht geschrieben. Das tut der Spannung aber keinen Abbruch, besonders als es die ersten Spuren gibt und die Ermittler zielgerichtet arbeiten können. Besonders gefallen haben mir die eingestreuten Kapitel aus Tätersicht, die sich durch eine andere Schriftart sehr gut abgehoben haben.
Das Team um Thies Knudsen gefällt mir durchweg gut, sie arbeiten sehr gut zusammen. Einzig das "schwarze Schaf" Carsten Hauber passt nicht so richtig dazu, seine Weltsicht ist schon sehr gewöhnungsbedürftig. Mein Lieblingscharakter ist aber "LaLotse", seine philosophischen Betrachtungen haben mir einige Denkanstöße geliefert.
Insgesamt hat mir die Geschichte um diesen grotesken Kriminalfall gut gefallen. Die beiden Autoren rücken auch einige der Probleme der aktuellen Zeit in den Fokus, so z.B. den Umgang mit der modernen "christlichen" Seefahrt mit ihren Arbeitskräften, die Vertreter der modernen Medien und unser Konsumverhalten. Damit liefern sie nicht nur spannende Unterhaltung, sondern auch einigen Stoff zum Nachdenken.
Gerne empfehle ich diesen lesenswerten Krimi weiter.

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Veröffentlicht am 22.01.2023

Die jüngere Geschichte Nordirlands

Northern Spy – Die Jagd
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Nordirland - mitten im IRA-Konflikt: Tessa ist Redakteurin bei der BBC und hat einen kleinen Sohn. Mitten in der Arbeit an einer Nachrichtensendung muss sie erkennen, dass ihre Schwester Marian ...

Nordirland - mitten im IRA-Konflikt: Tessa ist Redakteurin bei der BBC und hat einen kleinen Sohn. Mitten in der Arbeit an einer Nachrichtensendung muss sie erkennen, dass ihre Schwester Marian als Mitglied der IRA in einen Überfall verwickelt ist. Marian verschwindet und Tessa macht siche auf die Suche nach ihr. Als Marian wieder auftaucht, wird Tessa tiefer in die Geschichte verstrickt als ihr lieb sein kann.

Das Cover sagt nicht viel, die Abbildung einer Landschaft am Meer könnte viele Bücher zieren. An den durch die kurzen Sätze manchmal etwas abgehackt wirkenden Schreibstil musste ich mich erst gewöhnen, dann trug er aber schon zum Spannungsaufbau bei. Spannend war die Geschichte trotz einiger Schwächen allemal. Interessant wäre noch gewesen zu wissen, wann genau die Geschichte spielt (ich habe eine Jahreszahl vermisst) und wieviel Realität darin verarbeitet wurde.
Die Story lebt von der Zerrissenheit Tessas, die sich permanent entscheiden muss, wie weit sie zum Schutz Marians, aber auch zu ihrer eigenen und zur Sicherheit ihres Sohnes gehen muss. Sie ist gezwungen zu einer Gratwanderung zwischen zwei Welten. Das Ende fand ich allerdings wenig glaubwürdig.
Als Thriller würde ich dieses Buch nicht bezeichnen, eher als gut gemachten Roman über einen Teil der jüngeren Geschichte Nordirlands. Ich habe einiges zu diesem Thema dazugelernt, das ich bisher nur aus den Nachrichten früherer Tage kannte. Deshalb finde ich dieses Buch durchaus lesenswert.

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Veröffentlicht am 20.10.2022

Frauen in finsteren Zeiten

Das verborgene Paradies
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Daniele wird von seinem verwitweten Vater, der seine Gegenwart nicht mehr ertragen kann, im Kloster abgegeben. Sein Trost dort ist Susanna, die im Kloster geborene, verwaiste Tochter einer Hure. Die beiden ...

Daniele wird von seinem verwitweten Vater, der seine Gegenwart nicht mehr ertragen kann, im Kloster abgegeben. Sein Trost dort ist Susanna, die im Kloster geborene, verwaiste Tochter einer Hure. Die beiden verlieren sich auch als Erwachsene nicht aus den Augen. Als Susanna in die Fänge der Inquisition gerät, setzt Daniele alles daran, sie zu retten und gerät dabei ebenfalls in Lebensgefahr.
Das Cover passt zu einem historischen Roman, ist aber sonst wenig aussagekräftig. Luca di Fulvios Schreibstil ist ein bisschen pompös, fast poetisch und sehr detailliert. Auf zwei Zeitebenen erzählt er die bewegte Geschichte von Susanna und Daniele. Geschickt beantwortet er immer die Fragen der späten Zeitebene innerhalb der Rückblenden, so dass sich die Geschichte langsam aber stetig vor dem Leser entfaltet. Für meinen Geschmack nimmt der Hexenprozess, der eher ein Scheinprozess ist, zu viel Raum ein. Die Niedertracht des Anklägers und seine Repressalien gegenüber den verängstigten, teilweise schwer gefolterten Zeugen sind kaum zu ertragen. Lieber hätte ich mehr gelesen über die Vorgeschichten von Susanna und Daniele, die zwar schlüssig erzählt werden, denen mehr Raum aber sicher gut getan hätte.
Obwohl ich zu Anfang Schwierigkeiten hatte, in die Geschichte hinein zu kommen, fand ich sie insgesamt doch spannend und durchaus lesenswert, zumal ich einiges über die Härten der Inquisition gelernt habe.

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  • Atmosphäre