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Veröffentlicht am 19.02.2020

Teil eines großen Ganzen

Scheintod
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Die 25jährige Sara erhält überraschend einen Job bei einer renommierten Unternehmensberatungsfirma in Stockholm und beginnt eine LIebesbeziehung zu ihrem Kollegen Johann. Zur Ruhe kommt sie dennoch nicht, ...

Die 25jährige Sara erhält überraschend einen Job bei einer renommierten Unternehmensberatungsfirma in Stockholm und beginnt eine LIebesbeziehung zu ihrem Kollegen Johann. Zur Ruhe kommt sie dennoch nicht, denn in ihrer nächsten Umgebung häufen sich merkwürdige Vorfälle und brutale Verluste - und auch ihre Mutter, die zusammen mit Saras Schwester weiterhin in Örebrö lebt, erleidet einen Zusammenbruch und kommt nicht wieder auf die Beine. Und findet Sara nach dem Tod ihres Vaters einfach nicht in ein normales Leben ...

Mit "Scheintod" legt die schwedische Schriftstellerin und Drehbuchautorin Louise Boije af Gennäs nun den zweiten Teil ihrer Widerstandstrilogie vor, in der es um eine gesellschaftskritische Verschwörungstheorie geht. Meiner Meinung nach ist es unerlässlich, diese Trilogie als Einheit zu sehen und zu lesen, um den Inhalt umfänglich zu verstehen und das künstlerische Schaffen der Autorin überhaupt genießen zu können!
Ohne das Vorwissen aus dem ersten Band "Blutblume" fehlen beim Lesen wichtige Details, die für das Verständnis unerlässlich sind - und in diesem Band bleiben einige Fragen ungeklärt, die mich dringend auf den dritten Band "Feuerrache" warten lassen!

Die Geschichte ist erzählt aus der Ich-Perspektive von Sara, zu der man so eine intensive Beziehung aufbaut und aus der sich ihre Gedanken und Gefühle vor dem Leser offenlegen. So springt auch die nachvollziehbare Verwirrung und der Selbstzweifel der Protagonistin auf den Leser über - und ich muss zugeben, dass mich diese Verwirrung oftmals überrollt hat und ich nach dem roten Faden suchte (was durchaus so gewollt sein dürfte). Den vielen ominösen Vorkommnissen, die auf Sara einprasseln, konnte ich noch keine wirkliche Idee oder Lösung hinter dem Ganzen entgegenstellen und ich hätte mir doch manches Mal gewünscht, dass die eigentliche Verschwörungstheorie, die im Klappentext artikuliert ist, deutlicher zu Tage treten würde.
Auch die Zeitungsartikel, die Saras Vater zusammengetragen hat und die in ihrer tatsächlichen Realität beängstigend sind, stehen für mich nicht wirklich im Bezug zu den Ereignissen, sondern sind einigermaßen willkürlich in die Handlung eingestreut, was den Lesefluss behindert. Louise Boije af Gennäs verlangt eine ganze Menge von ihren Lesern, denen sie unter dem Mantel der "Verschwörungstheorie" viele kleine Häppchen vorwirft!

Demgegenüber ist der flüssige und authentische Schreibstil überaus angenehm zu lesen und die Autorin schafft es mühelos, gut ausgearbeitete Bilder vor dem geistigen Auge des Lesers zu erschaffen und die Figuren eingängig zu beschreiben. Insbesondere die "Vogeldame" war ein toller Nebencharakter in diesem Buch, der sich spannend entfaltete. Sara selbst durchlebt allerdings keine große Entwicklung und ihr Handeln ist auch nicht immer nachvollziehbar. So stellte sich mir insbesondere die Frage, wie eine Frau, die beim Militär ausgebildet wurde, oftmals so naiv und hilflos agieren kann?!

Ganz nebenbei ist noch zu erwähnen, dass die Trilogie mit ihrem grellfarbenen Schnitt (nach orangerot ist der von "Scheintod" nun gelb) ein echter Hingucker ist!

Insgesamt kann ich eine Leseempfehlung aussprechen - allerdings nur nach Lektüre des ersten Bandes "Blutblume".

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Veröffentlicht am 22.04.2024

Viele Ideen - viele Fragen

Das Mädchen mit dem Porzellangesicht
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1888. Der Puppenmacher Kazuki Kobayashi hat einst einen Vertrag mit einem dubiosen Advokaten geschlossen, der ihm Ruhm und Ansehen bringen sollte - doch nun muss er seine Tochter Miyo verstecken und fertig ...

1888. Der Puppenmacher Kazuki Kobayashi hat einst einen Vertrag mit einem dubiosen Advokaten geschlossen, der ihm Ruhm und Ansehen bringen sollte - doch nun muss er seine Tochter Miyo verstecken und fertig für sie eine Porzellanmaske an. Obwohl Miyo dadruch zu einer Außenseiterin wird, geht sie mutig und entschlossen ihren Weg auf der Flucht vor dem Bösen.

Die deutsche Autorin Simone Keil hat mit ihrem Fantasy-Roman "Das Mädchen mit dem Porzellangesicht" eine Geschichte erschaffen, die sich sicherlich in die Untergruppe des "Steam Punk" einordnen lässt durch die Robotermenschen mit Künstlicher Intelligenz, die sich im England des 19. Jahrhunderts herumtreiben.

Angezogen von dem wirklich wunderschönen Cover habe ich mich an ein für mich nicht gerade im Zentrum stehendes Genre herangewagt - und muss zugeben, dass ich von dem Buch hin- und hergerissen bin und ich mich schwer tue mit einer Bewertung.

Simone Keil hat einen sehr düsteren und melancholischen Roman erschaffen. Sie spricht unglaublich viele Themen und Gedanken an, die es wert sind, darüber nachzudenken. Insbesondere die Außenseiterrolle von Miyo, die durch ihren Vater in ein (zu) schweres Leben entlassen wird, rührte mich. Allerdings musste ich feststellen, dass im Laufe der Zeit viele und immer neue Fragen für mich aufgeworfen wurden, für die ich keine Antworten fand. Viele Ansätze blieben in ihren Anfängen und so fehlte mir insgesamt die Tiefe.

Die Figuren sind mehrdimensional angelegt und bleiben oft geheimnisvoll und wie hinter einer Maske schwer durchschaubar.
Der Spannungsbogen, ob bzw. wie Miyo dem Vertrag mit dem Advokaten entgehen kann, tritt zurück hinter viele Details und Metaphern; findet jedoch einen sehr schönen Schluss.

Während die Schwerpunktthemen eine starke Frau, eine Außenseiterrolle, Freunde, Schicksal und das Böse sind, spielen auch Liebe und Sex eine Rolle.

Für mich blieb beim Lesen der Eindruck an meine Schulzeit zurück, in der Kurzgeschichten (und als solche ist ein Fantasyroman mit nur 224 Seiten ja schon fast zu werten) interpretiert werden mussten, denn viele der von der Autorin erschaffenen Figuren und ihre Verhalten verlangen nach Deutung und Auslegungen und weichen darum vom puren Lesevergnügen ab.
Ich wurde so mit dem "Mädchen mit dem Porzellangesicht" nicht wirklich warm, aber sicher finden sich andere Fans für dieses Buch.

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Veröffentlicht am 06.11.2023

Großartiger Ansatz schlecht umgesetzt

Prophet
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In der Nähe einer Militärbasis in England taucht aus dem Nichts ein hellerleuchtetes amerikanisches Diner auf, dem jedoch Stromanschlüsse und anderes Wesentliches fehlt - und bald darauf wird eine Leiche ...

In der Nähe einer Militärbasis in England taucht aus dem Nichts ein hellerleuchtetes amerikanisches Diner auf, dem jedoch Stromanschlüsse und anderes Wesentliches fehlt - und bald darauf wird eine Leiche gefunden. Die beiden Agenten Adam Rubenstein und Sunil Rao, der für den Auftrag sogar aus dem Gefängnis geholt wird, werden mit der Aufklärung beauftragt und zu einem amerikanischen Geheimlabor geflogen, wo sie sich bald als Teil von Experimenten wiederfinden und Nostalgie zu einer Waffe wird ....

Die Autorin und Wissenschaftshistorikerin Helen Macdonald hat mit der Autorin und Musikerin Sin Blaché gemeinsam ihren - für beide Autorinnen - ersten Roman geschrieben und sich ein genresprengendes Werk als Ziel gesetzt, das vom Klappentext und Leseproben her vielversprechend klang.

Trotz der flüssigen Sprache war beim Lesen höchste Aufmerksamkeit erforderlich, denn die ständigen Wechsel in Ort und Zeit, Rückblicke, Erklärungen und Gedanken, alle ohne jegliche Kennzeichnung in den Kapiteln, machen den Fortgang unübersichtlich. Überhaupt ist nicht konzeptibel, in welcher Zeit die Handlung spielt: Während man teilweise einen Zukunftsroman vermutet, könnten sich jedoch die geheimen Forschungen und Versuche durchaus in der Gegenwart abspielen, was ein zusätzliches Unbehagen auslöst.

Die wissenschaftlichen Fantasien zeigen eine bedrohliche Realität auf und zwingen zu einer Beschäftigung mit wichtigen gesellschaftlichen Themen. Allerdings bleibt meiner Meinung nach hier vieles unausgesprochen und viel zu vage, um ernsthaft aufrütteln zu können. Zusammenhänge bleiben im Unklaren, Machtverhältnisse werden lediglich angedeutet und ich vermisste oftmals weitere Informationen oder eine gewisse Logik in den Zusammenhängen. Hier hätte meiner Meinung sehr viel mehr aus der grundsätzlich großartigen Grundidee gemacht werden können!

Während der Einstieg und die zugrunde liegenden Gedanken sofort mein Interesse weckten und Spannung hervorriefen, folgten den Großteil des Buches über langatmige Beschreibungen und Dialoge, die weder Story noch ZUsammenhänge nicht wirklich weiterbrachten und ich kämpfte damit, überhaupt noch weiterlesen zu wollen. Erst ein Showdown mit teils schon surrealen Elementen konnte mich wieder halbwegs fesseln, bevor ich mit einem schrägen Ende "belohnt" wurde.

Die Figuren des stoischen, mysteriösen Geheimagenten Colonel Adam Rubenstein und dem oftmals sowohl chaotischen als auch übersensiblen Spezialisten Sunil Rao als wandelndem Lügendetektor, die das durch die Droge "Prophet" ausgelöste Chaos erkunden sollen und letztlich Teil des Forschungsprojekts werden, bildeten ein interessantes Ermittlerduo. (Andeutungen über vorhergehende gemeinsame Einsätze könnten auf ein früheres Buch verweisen, das es jedoch nicht gibt.) Ihre Beziehung zueinander ist durchaus spannend und zeigt eine Anziehung zueinander; allerdings empfand ich die Anrede Adams als "mein Herz" durchaus sperrig und fragte mich, ob damit im englischen Originaltext eine andere Bedeutung zugrunde liegen könnte. Die im Klappentext angekündigte queere "mitreißende Liebesgeschichte" konnte ich allerdings nicht entdecken; die wahre Bedeutung der beiden Geheimagenten füreinander wurde lediglich im Schlusskapitel thematisiert.

Wenngleich auch sehr deutlich wurde, was "Prophet" eigentlich ist und wie es wirkt - und sich sogar erschreckenderweise weiterentwickelt - , erschließt sich mir leider nicht die Bedeutung des Titels. Da das griechische Wort Prophet "Voraus-Sager" bedeutet, die Droge hier jedoch einen RÜCKBlick (Nostalgie) verursacht, sehe ich hier einen Antagonismus, dessen Divergenz das Surreale unterstreicht.

"Prophet" von Helen Macdonald und Sin Blaché konnte meine Erwartungen leider überhaupt nicht erfüllen, lässt mich unbefriedigt zurück, und ich kann das Buch auch nicht wirklich anderen Lesern empfehlen.

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Veröffentlicht am 06.11.2022

Wenn Polizisten unter Mordverdacht stehen ....

Unter Verdacht
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Kommissar Mark Richter muss vorzeitig aus seiner Elternzeit zurückkommen, denn sein Partner und Freund Dominik steht unter Mordverdacht. UNd selbst er fragt sich, ob sein Partner diesmal zu weit gegangen ...

Kommissar Mark Richter muss vorzeitig aus seiner Elternzeit zurückkommen, denn sein Partner und Freund Dominik steht unter Mordverdacht. UNd selbst er fragt sich, ob sein Partner diesmal zu weit gegangen ist in seinen Verschwörungstheorien ...

"Unter Verdacht" ist der vierte Regional-Krimi des in Nürnberg lebenden Autors Sören Prescher um die "Kommissare Mark und Felix" , wobei darauf hinzuweisen ist, dass Felix Marks Hovawart und Polizeihund ist, der jedoch insgsamt keine nennenswerte Rolle in diesem Buch einnimmt. Obwohl es etliche Verweise auf die hervorgehenden Bände gibt, ist das Buch auch ohne Kenntnis der Vorgeschichte schlüssig.

Der Erzählstil des Autors ist flüssig und mit einer feinen Ironie ganz einem Regionalkrimi angemessen. Allerdings nervten die hanebüchenden Verschwörungstheorien des unter Mordverdacht stehenden Kollegens und die zahlreichen Figuren mit verzwickten Beziehungen untereinander mich zusehends und minderten den Lesegenuss. Diese und auch die lange Autofahrten des Kommissars mit einer langen Playlist sind hier einfach zu ausufernd.

Wirkliche Spannung kam leider für mich nicht auf und das Ende - mit einer durchaus interessanten Auflösung - war viel zu abrupt.

Schade, konnte mich einfach nicht mitreißen.

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Veröffentlicht am 06.11.2022

Anstrengende Reha

Mord im Kurhotel
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Anne-Maj Mortensen landet nach einer Knie-OP in einem luxuriösen Kur-Hotel zur Reha, allerdings hat sie überhaupt keine Lust auf Krankengymnastik und ist von ihren Mitpatienten, aber vor allem der ihrer ...

Anne-Maj Mortensen landet nach einer Knie-OP in einem luxuriösen Kur-Hotel zur Reha, allerdings hat sie überhaupt keine Lust auf Krankengymnastik und ist von ihren Mitpatienten, aber vor allem der ihrer Meinung nach schlechten Küche einfach nur genervt. Doch dann findet ausgerechnet sie eine Mitpatientin tot im Schlammbad und stürzt sich - zum Missfallen der örtlichen Polizei - in die Aufklärung und begibt sich schließlich selbst in Gefahr.

"Mord im Kurhotel" ist der zweite Band um "die dänische Miss Marple" Anne-Maj Mortensen von einer der meistgelesenen dänischen Krimiautorinnen, Anna Grue, der sich ohne Vorkenntnis des ersten Bandes lesen lässt bzw. hören wie in meinem Fall.
Gelesen wird das ungekürzte Hörbuch von Sabine Fischer und ich muss zugeben, dass ich von ihrer pointierten Lese-Art schnell genervt war und gar nicht damit zurechtkam.

Genausowenig konnte ich mich der Titelheldin anfreunden: Anne-Maj Mortensen ist in meinen Augen eine überaus anstrengende ältere Dame, die ihre Ansichten gerne anderen aufdrängt und mit allem unzufrieden scheint. Auch ihr fortwährend beschriebener Schmerzmittel-Missbrauch stieß mir unangenehm auf, sowie ihr Unwillen, an ihrer Genesung mitzuarbeiten. Dagegen unterhielten mich die auf den Punkt gebrachten Neben-Figuren mit all ihren Ansichten und Unzulänglichkeiten recht gut. Vor allem die Darstellung der Polizisten und Anne-Majs patenter Enkelin war ansprechend.

Und weil die Autorin Anna Grue viel Wert auf das Drumherum legt, gibt es ausreichend weitschweifige Erzählungen, unter denen sich die Spannung dieses "Krimis" in Grenzen hält. Lediglich am Ende kommt es zu einem großen Show-Down, als der in die Enge getriebene Mörder aus der Deckung kommt.

Großen Raum nimmt das (zur Zeit allgegenwärtige) Thema "Corona" ein: Auch die Patienten des Kurhotels haben unterschiedliche Ansichten zur Maskenpflicht und den vorgeschriebenen Maßnahmen; wer diesbezüglich der Realität entfliehen möchte, wird hier immer wieder darauf gestoßen.

Besonders gut gefallen hat mir die Thematisierung des Impfgegnertums; mit Interesse habe ich über ihre Einschätzungen, Maßnahmen und die Gefahren gelesen.

Diese "dänische Hygge" hatte ich mir als Unterhaltung in meiner eigenen Reha ausgesucht, allerdings quälte ich mich durch das Hörbuch mehr als durch anstrengende Therapien.

Mit etwas gutem Willen kann ich das Buch als Untermalung für kuschelige Lesetage empfehlen; ich habe allerdings keine Lust auf weitere Bände dieser Reihe.

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