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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.01.2018

Kein Ausweg aus der Trauer?

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Zu Beginn lernen wir Emma kennen, die in einer schwierigen Lebensphase ist, da sie ihren jüngeren Bruder durch einen Unfall verloren hat. In ihrer Trauer schließt sie sich einer Internet-Trauergruppe an, ...

Zu Beginn lernen wir Emma kennen, die in einer schwierigen Lebensphase ist, da sie ihren jüngeren Bruder durch einen Unfall verloren hat. In ihrer Trauer schließt sie sich einer Internet-Trauergruppe an, wo sie dann Paul kennen und lieben lernt. Aber die anfängliche Begeisterung schlägt um, als sie mehr über Paul erfährt und sich ihm nicht mehr entziehen kann. Hinzu kommt noch, dass Emma und ihre Familie in einem Smart Home wohnen, das eine größtmögliche Sicherheit und jede Menge Luxus bietet. Außerdem geht es um das Thema 'Künstliche Intelligenz', in unserer digitalisierten Welt ein heißes Thema.

Im Mittelpunkt steht Emma, 16 Jahre, Schülerin, die versucht, aus ihrer Trauerstarre herauszukommen und allmählich wieder ein normales Leben zu führen. Sie möchte wieder Leistungssport treiben und sich verlieben. Emma ist nicht mein Lieblingscharakter in diesem Buch, da sie für ihr Alter oftmals recht naiv ist und nicht wirklich sagt, was sie beschäftigt. Wahrscheinlich hat sie nie gelernt, Verantwortung zu tragen und muss dies noch lernen.

Ihr Laufpartner Matt steht voll im Leben, ist ein Organisationstalent und absolut zuverlässig. Er mag Emma sehr, aber sie sieht diese Zuneigung rein platonisch bzw. sportbezogen. Matt fährt schon Auto, und ist daran gewöhnt, Verantwortung zu tragen, da er seine Mutter, alleinerziehend, unterstützen muss. Er ist mir durchaus sympatisch, und irgendwie wünscht man sich, aus der Freundschaft zu Emma würde 'mehr' werden.

Dann ist da Paul, Emmas Internetbekanntschaft, zunächst sympathisch und aufgeschlossen, aber man wundert sich dann doch, dass Paul seiner Zeit hinterher hinkt und nicht auf dem neusten technischen Stand ist. Außerdem entwickelt er sich zum Stalker und wird lästig. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Emmas Mutter verhält sich zwar fürsorglich, ist aber in erster Linie auf sich selbst bedacht (vielleicht auf Grund des Todes ihres Sohnes), sie läßt Emma oft alleine. Genau wie Emmas Vater, der sich sogar vorübergehend von seiner Familie trennt. Beide überhäufen Emma mit teuren Geschenken,aber lassen sie gefühlsmäßig im Stich. Keine Sympathieträger!

Das Buch verzeichnet einen enormen Spannungsaufbau, erst fängt es ziemlich harmlos an, steigert sich dann aber besonders im letzten Drittel, als es zu einem dramatischen Höhepunkt kommt. Da möchte man einfach nur weiterlesen...Hier kommen dann auch die negativen Seiten eines Smart Home ins Gespräch, was ich in unserer aktuellen Gesellschaft äußerst interessant finde.

Negativ fand ich, dass trotz der dramatischen Zuspitzung am Ende dann doch noch ein Happy End stattfindet. Hier hätten mir ein paar Abstriche besser gefallen, denn so wirkt alles übermäßig konstruiert. Am Ende gibt es dann noch einen ausführlichen Bericht über Emmas und Matts Teilnahme am Rom-Marathon, der sehr langatmig ausfällt und nicht wirklich interessant ist.

Alles in allem würde ich aber eine Leseempfehlung aussprechen, da das Buch Bereiche anspricht, die heutzutage jeden treffen können und über die man viel zu wenig weiss. Außerdem ist das Buch spannend und unterhaltsam.

Veröffentlicht am 09.01.2018

Erschütternd

Und es schmilzt
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Puh, was für ein Buch! Ich bin tief ergriffen, was mir so leicht und in diesem Ausmaß nicht oft passiert!
Zunächst fängt alles ganz harmlos an....eine Einladung zu einer Feier, die Überlegung 'hingehen ...

Puh, was für ein Buch! Ich bin tief ergriffen, was mir so leicht und in diesem Ausmaß nicht oft passiert!
Zunächst fängt alles ganz harmlos an....eine Einladung zu einer Feier, die Überlegung 'hingehen oder nicht?', schließlich die Vorbereitungen....Hier fängt es an, geheimnisvoll zu werden, denn Eva möchte einen großen Eisblock zu dem Fest mitnehmen. Natürlich fragt man sich warum, aber die Spannung hält sich zunächst noch in Grenzen, teilweise sind einzelne Passagen bzw. Beschreibungen sogar langweilig und langatmig (deshalb auch nur 4 Punkte). Das Rätsel des Eisblocks löst sich erst auf den letzten 100 Seiten.
So hatte ich anfangs nicht viel Motivation, das Buch zu lesen. Dieses änderte sich aber zusehends, die Spannung baute sich aus den Rückblicken auf vergangene Jahre immer stärker auf. Das letzte Viertel der 500 Seiten habe ich bis in die Nacht hinein gelesen, weil ich wissen musste, wie es weiterging.
Hauptperson ist Eva, die als Kind auf dem Lande keine große Auswahl an Spielkameraden hat und sich mit 2 Jungs anfreundet, ihnen vertraut und sie gut zu kennen glaubt. Dies ist jedoch ein Irrglaube, wie sich später herausstellt, und zwar auf sehr grausame Art und Weise. Pubertäre Besessenheit spielt hier eine große Rolle.
In einer solchen Situation ist es gut, wenn man im Schoß einer intakten Familie aufgefangen wird, aber auch dies erlebt Eva nicht. Im Gegenteil, die Kinder werden vernachlässigt, schikaniert und weitgehend sich selbst überlassen. So nimmt das Drama seinen Lauf....
Als Eva meint, eine Freundin gefunden zu haben, wird sie auch hier bitter enttäuscht, und das Mitleid des Lesers ist ihr sicher. Man kann diese Gefühle gut nachvollziehen, denn Eva möchte Gerechtigkeit, Fairness und ehrliche Freundschaft. Leider muss sie feststellen, dass diese Ideale scheinbar unerreichbar sind.....
Was mich stört, sind die häufigen Tierquälereien, die beschrieben und die meist nur belächelt werden.
Trotzdem: Ein sehr empfehlenswertes Buch!

Veröffentlicht am 27.12.2017

Unsere Welt im Jahr 2052 ???

Die Optimierer
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Das Buch blickt nach vorne in das Jahr 2052, die Welt hat sich verändert, und für jeden Bewohner soll die optimale Position im Leben gefunden werden. Es gibt Lebensberater, die denjenigen beistehen, die ...

Das Buch blickt nach vorne in das Jahr 2052, die Welt hat sich verändert, und für jeden Bewohner soll die optimale Position im Leben gefunden werden. Es gibt Lebensberater, die denjenigen beistehen, die ihren Platz nicht alleine finden können. Es gibt auch viele Roboter, die die Optimierung unterstützen, indem sie den Menschen weiterhelfen oder den richtigen Weg zeigen. Aber nicht jeder findet den Optimierungsprozess gut, und es gibt Gruppen oder Einzelpersonen, die sie bekämpfen. Wird ihr 'Fehlverhalten' entdeckt, was mittels im Auge eingebauter Linsen durchaus wahrscheinlich ist, sinken sie im Sozialniveau ab, werden bestraft, geächtet und evtl. umerzogen.
Mir gefällt, dass in dieser neuen Gesellschaft jeder umsorgt wird, keiner wird von vornherein abgestoßen, aber zu welchem Preis? Das Buch beschreibt mit zunehmendem Spannungsaufbau Aufstieg oder Fall einzelner Individuen. Alles fängt recht sachlich mit einem Beratungsgespräch an, was durchaus interessant ist. Im Anschluss wird die optimierte Gesellschaft detailliert beschrieben, was in meinen Augen recht langatmig ist. Aber dann nimmt der Spannungsaufbau rasante Fahrt auf, so dass man immer wissen möchte, was als nächstes passiert. Teilweise könnten die Szenen einem Horror-Roman entnommen sein.
Hauptcharakter ist Samson Freitag, ein überzeugter Lebensberater, zunächst recht unsympathisch durch seine Unbeirrbarkeit, später bemitleidenswert und sympathischer. Mein Lieblingscharakter ist seine Mutter, die trotz ihres Alters sehr klar die Mängel im System erkennt und auf ihre Weise auch rebelliert.
Was mir nicht gefällt, ist die ausführlich dargestellte Theorie, die hinter diesem System steckt, das hätte gestrafft werden können. Natürlich muss sie vorkommen, aber nicht in so trockenem Input.
Ich frage mich, ob unsere Gesellschaft sich wirklich in dieser Weise weiterentwickeln könnte...und ja, ich denke bei all dem technischen Fortschritt, teilweise sehr rasant, ist dies möglich, vielleicht in ähnlichen Varianten, aber tendenziell schon....
Auf jeden Fall sind die Ideen, die Theresa Hannig hier vorstellt, interessant und lesenswert. Ich würde das Buch deshalb allen empfehlen, die bereit sind, vorübergehend die realen Strukturen zu verlassen und einzutauchen in eine andere Gesellschaft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Idee/Originalität
  • Spannung
Veröffentlicht am 17.12.2017

Eltern ohne Empathie

Das Wüten der Stille
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Zunächst möchte ich hervorheben, dass die Autorin Cornwall und seine Eigenschaften bzw. Eigenheiten auf vortreffliche Weise schildert. Wer schon einmal dort war, kann sich wunderbar einfühlen, und auch ...

Zunächst möchte ich hervorheben, dass die Autorin Cornwall und seine Eigenschaften bzw. Eigenheiten auf vortreffliche Weise schildert. Wer schon einmal dort war, kann sich wunderbar einfühlen, und auch Nicht-Kenner bekommen einen guten Eindruck vermittelt.
In der Geschichte geht es um zwei verschwundene 16-jährige Mädchen, der erste Fall liegt schon Jahre zurück, der zweite ist ganz aktuell. Zunächst gibt es keine heiße Spur,was sich auch im Spannungsaufbau bemerkbar macht, denn anfangs plätschert die Handlung so dahin. Dies ändert sich dann aber und nimmt rasante Fahrt auf, man muss dann unbedingt weiterlesen....
Ganz erschreckend werden 2 Elternbilder gezeichnet, auf der einen Seite totale Vernachlässigung, keinerlei Empathie und Laissez-Faire Haltung, auf der anderen Seite totale Unterdrückung und Duldung der Missstände. Und da ist dann noch die trauernde Mutter des ersten Falles, die in ihrer Verzweiflung nicht mehr am realen Leben teilhaben möchte.
Die Charaktere sind vortrefflich skizziert und in vielen Details beschrieben, besonders die betroffenen Eltern. Aber auch Lehrer und die Polizisten sind realistisch dargestellt.
Was mich nicht so überzeugt, ist die Ursachenerklärung, warum die Mädchen dem Täter überhaupt folgen, denn dies hat mit den Mythen und Sagen rund um Cornwall zu tun, und ich denke, ein 16-jähriger Teenager unserer Zeit müsste sich da distanzieren können. Aber vielleicht fliehen sie einfach vor dem nicht akzeptierten Elternhaus...
Auf jeden Fall spreche ich eine Leseempfehlung aus, und diese nicht nur für England-Fans

Veröffentlicht am 29.11.2017

Gefühlschaos

Die Henry Frei-Thriller / Böses Kind
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Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden ...

Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden kann.

Dies ist das erste Buch von Martin Krist, das ich gelesen habe, und mir scheint, ich habe was verpasst, denn der Autor ist ein Meister im Spannungsaufbau. Bereits vom ersten Kapitel an baut sich die geheimnisvolle Situation auf. Mysteriöse Vorfälle, die zunächst unerklärlich scheinen, wechseln sich ab mit chaotischen Alltagsbeschreibungen der Hauptpersonen. Dazwischen immer wieder kurze Kapitel aus der Opferperspektive. Immer wenn ich eine Lesepause eingelegt habe, musste ich kurz ins nächste Kapitel reinlesen, um zu sehen, wie es weitergeht...und stets versucht man in Gedanken, den Täter aufzuspüren.

Dies ist die Aufgabe der beiden Kommissare, die hier die Ermittlungen leiten. Kommissar Frei ist mir trotz seiner Pedanterie sympathisch, da er zielstrebig und zuverlässig seine Aufgaben erfüllt. Kommissarin Albers hingegen, junge Mutter und stets übermüdet, würde in der Realität ihren Job nicht meistern. Ständig knabbert sie an Möhren und gähnt, selbst während der Vernehmungen, ihr Charakter ist vom Autor übertrieben dargestellt, einer der Minuspunkte dieses Buches.

Sehr gut dargestellt werden dagegen die sozialen Gegensätze Berlins, besonders am Beispiel der alleinerziehenden Mutter, die sich im Plattenbau unter ärmlichen Bedingungen durchschlägt.

Ein weiterer Minuspunkt ist für mich das plötzliche überraschende Ende, zwar nachvollziehbar, aber man wünscht sich mehr Hintergrunderklärungen. Auch über den ehemaligen Kommissar Marek und seine Geschichte möchte man mehr erfahren.

Des weiteren stören mich die ständigen 'Tut-Sätze' des kleinen Dennis. Kinder ahmen die Sprache ihrer engsten Bezugspersonen nach, jedoch spricht seine Mutter grammatikalisch richtiges Deutsch, woher also das 'tut'?

Alles in allem ist das Buch lesenswert für alle, die spannende Thriller mögen und die auch brutale Szenen verkraften können. Ich habe es bereits weiter empfohlen.