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Veröffentlicht am 02.04.2024

Faszinierend

Yellowface
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June und Athena studierten zusammen und wollten beide bekannte Autorinnen werden. Bei Athena hat es geklappt, sie hat einen beliebten Beststeller geschrieben, Junes erstes Buch hingegen ging in der Masse ...

June und Athena studierten zusammen und wollten beide bekannte Autorinnen werden. Bei Athena hat es geklappt, sie hat einen beliebten Beststeller geschrieben, Junes erstes Buch hingegen ging in der Masse der Literatur unter. Ob es wirklich daran lag, dass nun vermehrt People of Color veröffentlicht werden, wie June meint? Nun feiert Athena den Vertragsabschluss mit Netflix und die beiden lassen den Abend in Athenas Wohnung ausklingen, wo diese unerwartet stirbt. Daraufhin nimmt June Athenas gerade fertig gewordenes Rohmanuskript mit und vollendet es als Trauerbewältigung. Da es nun auch „ihr“ Roman ist, veröffentlicht June ihn unter ihrem Namen.

Ich empfinde June als eine sehr interessante Protagonistin, weil ihre Gefühle und Beweggründe so nachvollziehbar dargestellt werden. Natürlich ist das Mitnehmen und Veröffentlichen von Athenas Manuskript Diebstahl geistigen Eigentums, aber an manchen Stellen konnte ich ihre Ansichten gut nachempfinden, z. B. dass sie enttäuscht ist, dass ihr Debütroman kein Durchbruch war, und sie als einzige Athenas Arbeitsweise kennt um das unvollständige Manuskript beenden zu können. Dadurch kann die Nachwelt doch noch diese großartige Geschichte lesen. June hat ihre verletzliche Seite, die mit Misserfolg umgehen muss, aber eben auch neidische und rassistische Gefühle. Die Autorin hat Junes beide Seiten und ihre Rechtfertigungen für ihr Tun sehr anschaulich und überaus verständlich dargestellt, was für mich die Geschichte unglaublich faszinierend macht.

"Ich glaube allerdings, dass Schreiben im Grunde eine Empathieübung ist. Wenn wir lesen, sehen wir die Welt durch die Augen anderer. Literatur baut Brücken; sie macht unsere Welt größer, nicht kleiner." S. 129

Die Geschichte behandelt alles, was Junes Diebstahl nach sich zieht. Von der Veröffentlichung „ihres“ Buches, über Lesereisen bis kritische Kommentare auf Social Media. Die Geschichte thematisiert die Verlagswelt, Rassismus, Social Media und zwischenmenschliche Beziehungen. Insbesondere Athenas und Junes Autorinnenfreundschaft hat mich sehr interessiert, weil der Diebstahl eben genau darauf aufbaut. Wir erhalten zwar einen kurzen Einblick in Athenas Sichtweise auf die Freundschaft, aber ich hätte gerne ihre unmittelbaren Gedanken zu June gelesen, so wie eben auch umgekehrt. June ist sehr tief in ihrer Täuschung verstrickt und ich war beim Lesen gefesselt und geschockt. Der Mittelteil hat sich zeitweise etwas gezogen, aber am Ende schlägt die Spannung wieder zu und ich saß nach Beenden des Buches fassungslos da.

Zwar kein Teil meiner Bewertung, aber bei diesem Buch unbedingt erwähnenswert ist die Gestaltung. Der Farbschnitt der ersten Auflage mit dem tropfenden Füllfederhalter passt gut zum Inhalt. Aber das Highlight für mich ist, dass unter dem Schutzumschlag Athenas geklautes Buch mit Junes Namen steht. Ich bin verliebt in die Gestaltung des Buches!


Fazit:
„Yellowface“ ist eine tolle Geschichte über eine Autorin, die das Manuskript einer anderen stiehlt und was es alles nach sich zieht. Ich war gefesselt, fasziniert und schockiert, auch wenn sich das Buch irgendwann zieht und ich mich kurz gefragt habe, wohin die Geschichte will. Eine wunderbar gezeichnete Charakterstudie, die die Verlagswelt, Rassismus, Freundschaft und die Macht von Social Media thematisiert.

Veröffentlicht am 01.04.2024

Schöne Weihnachtsgeschichte

Winterträume im kleinen Grandhotel
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Auf einer schottischen Insel im kleinsten Grandhotel der Welt wird jedes Jahr ein Überraschungsgast eingeladen, der sich über die Weihnachtstage verwöhnen lassen kann. Dieses Jahr ist es der Busfahrer ...

Auf einer schottischen Insel im kleinsten Grandhotel der Welt wird jedes Jahr ein Überraschungsgast eingeladen, der sich über die Weihnachtstage verwöhnen lassen kann. Dieses Jahr ist es der Busfahrer der Insel, der solchen Luxus gar nicht gewöhnt ist aber sich bald gerne eine Auszeit nimmt und das Zusammensein mit den anderen Gästen genießt. Neben ihm stehen auch ein anspruchsvolles Ehepaar und eine Mutter mit Teenager-Sohn im Mittelpunkt. Außerdem spielen auch der Chefportier, die Barkeeperin und all die anderen Mitarbeiter/innen eine große Rolle im Geschehen, da sie den Gästen einen unvergesslichen Aufenthalt bescheren wollen.

Das war mein erster Roman der „Charming Street“-Reihe, auf den ich mich sehr gefreut habe und auch gut von den anderen gelöst gelesen werden kann. Das kleine Hotel ist wirklich bildhaft und lebendig beschrieben. Es hat nicht nur eine tolle Architektur und eine liebevolle Dekoration, sondern auch Hotelangestellte, die für ihre Arbeit brennen und den Gästen ein angenehmes und unvergessliches Weihnachtsfest zaubern wollen. Ein sehr weihnachtliches und zauberhaftes Ambiente! Wäre da doch nicht der neue Manager, der ein Filmteam engagiert hat, welches den ganzen Hotelalltag umschmeißt, und das während der arbeitsintensiven und zauberhaftesten Zeit im Jahr! Sogar Räume werden von dem Filmteam und ihrer Ausrüstung in Beschlag genommen, doch die engagierten Mitarbeiter bieten trotzdem eine Lösung für die Gäste. Immer wieder grätscht das Filmteam dazwischen, was ich anfangs noch amüsant fand, aber nach dem x-ten Mal einfach nur nervig wurde. Ich wollte den Charme des Hotels und die weihnachtliche Stimmung genießen, aber diese wurden für mich leider immer mehr gedämpft. Zum Schluss kommt aber wieder vermehrt Weihnachtsstimmung auf, was sehr schön und herzerwärmend ist.


Fazit:
„Winterträume im kleinen Grandhotel“ hat eine sehr zauberhafte und weihnachtliche Stimmung, die durch das Filmteam leider immer mehr getrübt wird. Aber die Kulisse, die engagierten Mitarbeiter/innen und die sehr individuellen Hotelgäste bieten trotzdem ein wunderschönes Weihnachtsfest und eine angenehme Lektüre.

Veröffentlicht am 10.03.2024

Schöne Geschichte mit übertrieben unrealstischem Ende

Season Sisters – Frühlingsgeheimnisse
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Spring und ihre Schwestern sind auf der Farm ihrer Hippie-Eltern aufgewachsen, die sie aber vernachlässigt und nur ausschweifende Partys gefeiert haben, weshalb Spring mit 16 nach London abgehauen ist. ...

Spring und ihre Schwestern sind auf der Farm ihrer Hippie-Eltern aufgewachsen, die sie aber vernachlässigt und nur ausschweifende Partys gefeiert haben, weshalb Spring mit 16 nach London abgehauen ist. Nun, Jahre später, hat sie immer noch keine Perspektive und wird wegen Drogen zu Sozialstunden bei Sophia Fowler verdonnert. Diese hat einst der angesehenen Gesellschaft angehört, sucht jetzt jedoch beim Einkauf nach den günstigsten Angeboten. Mit der Zeit freunden sich die beiden ungleichen Frauen an, weshalb Spring es nicht ertragen kann, dass Sophia seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn hat und noch nicht einmal die bereits erwachsenen Enkelkinder kennenlernen konnte. Wie es der Zufall so will, ist Spring nicht unweit von Sophias einstigem Zuhause in Wales aufgewachsen, wo sie während der gemeinsamen Reise ihren früheren Freund Ethan wiedertrifft.

Die Geschichte beinhaltet auch ein Familiengeheimnis der Fowlers, wodurch Kapitel aus einer weiteren Zeitebene beschrieben werden. Im Jahr 1876 ist Daphne eine hingebungsvolle Krankenschwester, die sich bald in einen wohlhabenden Patienten verliebt. Daphne ist liebevoll, bodenständig und leidenschaftlich, weshalb ich sie sehr mag und ihrer Geschichte gerne gefolgt bin. Die Gegenwart bei Sophia und Spring ist während der Suche nach der Wahrheit auch packend geschrieben. Wobei es mich etwas irritiert hat, dass eigentlich weder Sophia noch ihr Sohn wollten, dass die Wahrheit ans Licht kommt, Spring und der Enkel Ethan aber einfach machen durften.

Das Ende ist sehr bildgewaltig und in mancherlei Hinsicht überzogen. Sehr gestört hat mich, dass Spring nicht endlich ihren Platz im Leben findet, sondern ein Retter auf weißem Schimmel, hmm okay, schnittigen Wagen daherkommt und ihr eine finanziell unabhängige und sinnvolle Zukunft schenkt. Nachdem wohlgemerkt Sophia von Anfang an wollte, dass Spring selbst etwas findet, dass ihr Spaß macht. Total unrealistisch und durch das einfache Auflösen nicht passend für die Rebellin Spring, die somit nie lernt ihre Wünsche zu erkennen und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.


Fazit:
„Season Sisters – Frühlingsgeheimnisse“ ist eine schöne Geschichte auf zwei Zeitebenen, die so manche Konflikte und Geheimnisse zutage fördert. Vor allem die Protagonistin aus der Vergangenheit hat es mir angetan, weshalb ihre Geschichte stets sehr fesselnd ist. Das Buch endet sehr oberflächlich und vollkommen unrealistisch, was mich sehr enttäuscht hat.

Veröffentlicht am 10.03.2024

Tolle Idee

Mayfair House
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Mrs King ist Wirtschafterin in dem noblen Anwesen de Vries. Das Gebäude sowie die Einrichtung sind prunkvoll und protzen vor Geld. Nachdem der Hausherr gestorben ist entlässt die junge Erbin Mrs King, ...

Mrs King ist Wirtschafterin in dem noblen Anwesen de Vries. Das Gebäude sowie die Einrichtung sind prunkvoll und protzen vor Geld. Nachdem der Hausherr gestorben ist entlässt die junge Erbin Mrs King, woraufhin diese mit den Vorbereitungen eines riesigen Raubüberfalls beginnt. Nicht nur bestimmte Einrichtungsgenstände will sie während Miss de Vries‘ rauschendem Ball klauen, sondern einfach alles. Mit einigen anderen (ehemaligen) Bediensteten und Frauen der zwielichtigen Unterschicht plant und führt sie den waghalsigen Raub durch.

Die Geschichte beginnt ca. drei Wochen vor dem Raub, als Mrs King entlassen wird. Sie wendet sich an eine alte Freundin, Mrs Bone, die sich unter Dieben und Schurken einen Namen gemacht hat und ein ganzes Stadtviertel kontrolliert. Daneben gibt es noch Winnie, auch eine ehemalige Dienstbotin der de Vries-Villa, die aufsteigende Schauspielerin Hephzibah, die Schneiderin Alice und die Zwillinge Jane. Der Autor beschreibt die Vorbereitungen des Raubs und zählt den Countdown bis zur Tatnacht runter. Währenddessen lernt man die verschiedenen Frauen und ihre Beweggründe immer besser kennen. Allerdings empfand ich die Planung irgendwann als sehr langgezogen. Es ist zwar interessant, wie Mrs King die vielen Schätze aus der Villa entwenden will und faszinierend wie groß sie diesen Coup gestaltet, aber irgendwann hat es sich für mich gezogen, vor allem die Verhandlungen zwischen Mrs King und Mrs Bone waren unnötig und fast schon verwirrend. Die Ballnacht mit dem geplanten Raub findet dann nach der Hälfte des Buches statt.

Gestört an der Geschichte hat mich, dass es mir irgendwann zu viel wurde. Mr de Vries hat als Emporkömmling in seiner Villa nur so vor Reichtum geprotzt, Miss de Vries fährt bei ihrem ersten Ball voll auf, weil sie beeindrucken will, aber Mrs King toppt dies noch, um die Augen aller Gäste von dem Raub abzulenken. Ich lese gerne Geschichten aus der Zeit des viktorianischen Zeitalters und danach, vielleicht waren die Bälle damals auch sehr ausschweifend, aber die Ball- und Raubnacht hat bei mir irgendwann den Eindruck einer Zirkusvorstellung hinterlassen.


Fazit:
„Mayfair House“ ist mal eine etwas andere Geschichte mit einem herrschaftlichen Ball, während dem die Dienstboten die Villa ausrauben. Ein spannendes Buch, das mir aber mit der Zeit zu viel wurde – bei den langen Vorbereitungen des Raubs und der ausschweifenden Ausführung.

Veröffentlicht am 31.12.2023

Überraschend berührend!

The Beautiful Fall - Die vollkommen irritierende Kettenreaktion der Liebe
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Robert hat vor einigen Jahren sein Gedächtnis bis in seine Kindheit hinein verloren. Das Vergessen wiederholt sich nun alle 179 Tage. Da die Krankheit unzuverlässig sein könnte, hat er sich Zuhause eingeigelt. ...

Robert hat vor einigen Jahren sein Gedächtnis bis in seine Kindheit hinein verloren. Das Vergessen wiederholt sich nun alle 179 Tage. Da die Krankheit unzuverlässig sein könnte, hat er sich Zuhause eingeigelt. Er verlässt seine Wohnung nur sehr selten, geht seiner Tagesroutine und großem Projekt mit unzähligen Dominosteinen nach und erhält seine Einkäufe durch einen Lieferdienst. Ebenjener Lieferdienst hat eine neue Mitarbeiterin, Julie, die unglaublich hübsch ist und ihn anzieht. Doch das nächste Vergessen wird in 12 Tagen eintreten und Robert kann sie nicht in sein Leben lassen – oder?

>>Das Vergessen mochte uns die Erinnerung rauben, aber unsere Entscheidungen, Pläne und Werke konnten trotzdem unser Leben bestimmen.<<, S. 19

Die Geschichte hat mich anfangs kaum mitgerissen, weil es kaum Emotionen gibt. Robert macht seinen Frühsport, baut täglich stundenlang eine riesige Dominolandschaft in seinem Wohnzimmer auf und isst regelmäßig das gleiche. Vielleicht hat sich der Protagonist mit dem Vergessen abgefunden oder aber der Autor hat einen eher nüchternen Schreibstil, auf jeden Fall bin ich Robert kaum näher gekommen. Doch dann kommt Julie und wirbelt nicht nur sein Leben auf. Seitdem konnte ich viel mehr mitfühlen, habe Roberts widersprüchliche Gefühle nachvollziehen können. Außerdem kam für mich völlig überraschend ein Geheimnis ans Licht. Ich habe bis zur letzten Seite mitgefiebert, ob Robert Julie in sein Leben lässt oder nicht. Die Geschichte hat sich in mein Herz geschlichen und besonders der Epilog hat mich sehr berührt.


Fazit:
„The beautiful Fall“ ist eine wunderschöne Liebesgeschichte, auch wenn mir das auf den ersten Seiten überhaupt nicht ersichtlich war. Dafür konnten mich die letzten umso mehr berühren. Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die ich jedem empfehlen kann!

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