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Veröffentlicht am 05.01.2022

Review: Hard Liquor von Marie Graßhoff

Hard Liquor – Der Geschmack der Nacht
3

Tycho ist 21, Studentin, und arbeitet nebenbei als Barkeeperin. Ihre psychischen Probleme ertränkt sie regelmäßig in Alkohol. Doch eben jener Alkohol hat bei ihr noch eine andere, ungewöhnliche Nebenwirkung: ...

Tycho ist 21, Studentin, und arbeitet nebenbei als Barkeeperin. Ihre psychischen Probleme ertränkt sie regelmäßig in Alkohol. Doch eben jener Alkohol hat bei ihr noch eine andere, ungewöhnliche Nebenwirkung: Sie wird übernatürlich stark, wenn sie trinkt, und verspürt eine Lust nach Gewalt. Diese lebt sie auf dem Nachhauseweg von Partys immer wieder an übergriffigen Männern aus - schnell ist ganz New York von der mysteriösen “Captain Vodka” begeistert, wie sie im Netz genannt wird. Tychos psychische Probleme werden dadurch selbstverständlich nicht weniger, vor allem auch, da sie ihrem besten Freund Logan von ihrem Geheimnis nichts erzählen kann…
Während der Klappentext noch weiter ins Detail geht, möchte ich an dieser Stelle meine Zusammenfassung des Settings schon beenden - solltet ihr den Klappentext bzw. die Synopsis noch nicht gelesen haben, dann empfehle ich euch, das auch zu lassen.

Hard Liquor ist das erste Buch, das ich von Marie Graßhoff gelesen habe - ich bin mir aber sicher, dass es nicht das letzte gewesen sein wird. Ihr Schreibstil schafft es, den Leser in einem hochspannenden Universum voller übernatürlicher Kräfte und gleichzeitig sehr geerdeter menschlicher Schwächen zu fesseln - und das, obwohl mit New Adult zumindest eins der beiden Genres, in die ich den Roman einordnen würde, eigentlich nicht unbedingt mein Lieblingsgenre ist.

Die große Stärke von Hard Liquor lag in meinen Augen in den ersten zwei Dritteln. Hier wird erst Tychos Charakter eingeführt, mit all ihren Problemen, Ängsten und Sorgen, und dann nach und nach die komplexe Welt des Food-Universums aufgebaut.
Tychos psychische Probleme und wie sie diesen umgeht sind wohl für viele Studenten (bzw. allgemeiner Jugendliche & junge Erwachsene) sehr nachvollziehbar, ob nun aufgrund eigener Erfahrung oder der von Freunden. Graßhoff gelingt es gerade auch dank der Erzählform (Tycho fungiert im gesamten Roman als Ich-Erzählerin), diese Gedanken und Gefühle mit einer beeindruckenden Präzision und oft auch Direktheit in Worte zu fassen. Das Buch beginnt mit einer Art Trigger-Warnung für Menschen, die Probleme mit u. A. Gewalt oder Selbstverletzung haben, und diese empfehle ich jedem Betroffenen dringend zu beachten.

Das letzte Drittel des Romans enthält schließlich einen Großteil der tatsächlichen Handlung - selbst der Klappentext spoilert leider für besagtes letztes Drittel! Leider war dieser Teil für mich auch der schwächste Teil des Romans. Zwar gefällt mir die Auflösung an sich sehr gut, der Weg dahin fühlt sich aber zu kurz an, in diesem letzten Drittel geschieht zu wenig Handlung. 50 bis 100 zusätzliche Seiten hier hätten dem Roman sicherlich gut getan.

Eine Sorge, die ich zu Beginn des Buchs hatte, war der Umgang mit dem Thema Sex. Über dem Klappentext wird das Buch bereits als “Düster, Sexy, Actionreich” beworben, und im dritten Kapitel findet sich die erste Sexszene. Nun habe ich kein Problem mit die Story vorantreibenden Sexszenen in Büchern, ganz im Gegenteil - ich bin aber kein Fan davon, wenn Sex das Hauptthema des Buches und alles rundherum nur nettes Beiwerk. Hier kann ich allerdings jeden, der das wie ich sieht, beruhigen: Im Laufe des Buches gibt es "nur" zweieinhalb Sex-Szenen, davon insbesondere eine sehr ausführliche. Letztere fand ich gerade an der Stelle in der Handlung zwar leider recht deplatziert - Sex ist aber glücklicherweise bei weitem nicht das Hauptthema des Buches.

Als alter Rick-Riordan-Fan aus Jugendtagen erinnerte mich die Synopsis des Romans gepaart mit der Ich-Erzählform sofort an die Percy-Jackson-Reihe. Wer ein reines “Percy Jackson für Erwachsene” erwartet, wird wohl trotzdem enttäuscht - dafür verarbeitet Graßhoff zu andere Themen. Graßhoff gelingt es dabei, viele reale Probleme entweder direkt oder durch Parallelen zwischen ihrer Fantasy-Welt zu unserer realen Welt in neuer Form zu verarbeiten (welche das sind möchte ich an dieser Stelle wegen spoilern lieber nicht verraten).
Mich persönlich hat das “Food-Universum” in jedem Fall in seinen Bann gezogen. Auf den zweiten Band “Spicy Noodles” bin ich ausgesprochen gespannt. Dieser ist aber keine Fortsetzung zu Hard Liquor. Die einzelnen Romane innerhalb des Food-Universums beinhalten jeweils eine abgeschlossene Handlung rund um einen eigenen Hauptcharakter. Auf einen kleinen Gastauftritt der Hauptcharaktere von Hard Liquor hoffe ich persönlich dann aber schon.

Abschließend möchte ich für Hard Liquor von Marie Graßhoff eine klare Leseempfehlung aussprechen. Trotz kleinerer Schwächen zum Ende hin und der oben angesprochenen einen etwas irritierenden Sexszene sorgt ganz besonders der komplexe Hauptcharakter Tycho für ein mitreißendes Leseerlebnis. Ich persönlich konnte das Buch in weiten Teilen kaum weglegen. Insgesamt gibt es von mir 4 von 5 Sternen.

Disclaimer: Ich habe über die Lesejury ein kostenfreies Rezensionsexemplar des Buches erhalten.

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