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Veröffentlicht am 20.12.2017

Ein modernes isländisches Märchen

Nordlichtherzen
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Jarvis hat ihren Mann verloren. Zumindest seinen Geist, sein Körper ist noch da, die Hülle sozusagen und vegetiert vor sich hin, schon seit sechs langen Jahren. Er liegt nämlich im Koma, nach einem ziemlich ...

Jarvis hat ihren Mann verloren. Zumindest seinen Geist, sein Körper ist noch da, die Hülle sozusagen und vegetiert vor sich hin, schon seit sechs langen Jahren. Er liegt nämlich im Koma, nach einem ziemlich dämlichen Sturz im eigenen Atelier. Martin Miller ist nämlich Maler, ein ziemlich erfolgreicher sogar, doch zum wahren Star stieg er erst nach seinem tragischen Unfall auf.

Jarvis ist quasi sein Anhängsel, da sie völlig von ihm abhängig ist, er hat sie zu dem geformt, was sie ist. Seit sie mit ihm zusammen ist, geht es ihr gut, sie nimmt keine Drogen mehr und ist Teil der besseren Gesellschaft geworden. Naja, das ist seit sechs Jahren Vergangenheit, denn nun ist sie wieder allein, verkauft ab und an mal ein Bild, um Martins Aufenthalt in einem teuren Heim zu finanzieren und fühlt sich unendlich einsam.

Obwohl ihre Freunde Alice und Davis ständig um sie herum sind. Aber es sind eigentlich Martins Freunde, oder auch nicht, denn mit ihrer Freundschaft sind geschäftliche Interessen verbunden. Und nun setzen sie Jarvis zu, vor allem Alice, die Besitzerin einer erfolgreichen Galerie ist. Dennoch entzieht sich Jarvis nicht ganz - aus Höflichkeit oder aus Einsamkeit?

Bis sie aus Zufall in einen Waschsalon gerät und dort drei Männer - alles Ehemänner, Männer anderer Frauen also - kennenlernt, die sich jeden Dienstag dort treffen und sie einladen, Teil dieser Runde zu werden. Nicht nur, aber auch dadurch verändert sie sich nachhaltig. Sie beginnt, um ihre Interessen zu kämpfen. An verschiedenen Fronten.

Autorin Jamie Attenberg ist eine wirkliche Entdeckung. Sie schreibt wirklich gut, differenziert, eloquent, bringt den Leser zum Nachdenken und zeichnet mit leichter Feder ein gelungenes Bild von der Kunstszene New Yorks. Eine Autorin, die leichtfüßig durch ihre Erzählung wandelt, in wenigen Sätzen eindringliche Charaktere schafft, den Leser in Situationen bringt, in denen er nicht weiß, wie er sich entscheiden würde, für die bzw. für deren Komplexität er dennoch Verständnis hat.

Ein spannender, gut geschriebener Roman, der an manchen Stellen doch nicht ganz überzeugend für mich rüberkam. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau. Ich habe eine Autorin kennengelernt, von der ich mehr lesen möchte!

Veröffentlicht am 06.05.2024

Ermittlungen in der Provinz

Hildur – Das Grab im Eis
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Dieser Krimi ist der zweite Teil einer ungewöhnlichen Trilogie um die Kommissarin Hildur Rúnarsdóttir, die in den Westfjorden Islands, auf gut Deutsch am A... der Welt, ermittelt. Eigentlich leitet sie ...

Dieser Krimi ist der zweite Teil einer ungewöhnlichen Trilogie um die Kommissarin Hildur Rúnarsdóttir, die in den Westfjorden Islands, auf gut Deutsch am A... der Welt, ermittelt. Eigentlich leitet sie die Abteilung für vermisste Kinder, aber aufgrund der dünnen Besiedlung und der damit verbundenen ebenso dünnen Besetzung des Polizeireviers hat sie immer wieder in anderen Bereichen zu tun.

Mit ihrem Kollegen, dem finnischen Praktikanten Jakob versteht sie sich nach wie vor gut, was bei den extrem brutalen Fällen, mit denen das Duo auch diesmal konfrontiert wird, sonst auch dramatisch wäre.

Diesmal wird sie aus einer Vertretung in der Hauptstadt zurück in ihren Heimatort beordert, wo ein zentraler Lokalpolitiker beim Skifahren erschossen wurde. Die Liste der Verdächtigen ist lang, da er denkbar unbeliebt war.


Hildur ist eine sehr sympathische Figur, der ich gern weiter folgen möchte. Allerdings kommt auch dieser zweite Teil noch ein wenig verschachtelt und umständlich daher, denn es sind so einige Erzählstränge und Informationen, die die Autorin Satu Rämö, selbst eine auf Island gestrandete Finnin, dort untergebracht hat.

Neben der Kriminalhandlung spielt die Familienhistorie von Hildur eine große Rolle - ihre jüngeren Schwestern sind vor Jahrzehnten verschwunden, die Eltern verunglückt. Es gibt nur noch eine blinde Tante - die jüngere Schwester ihrer Mutter, bei der sie aufgewachsen ist.

Die Handlung ist nicht frei von Brutalität - die Reihe ist nicht unbedingt etwas für zart besaitete Gemüter. Zudem hängt gerade in diesem zweiten Band alles, aber wirklich alles mit Sex zusammen. Mir jedenfalls war das deutlich zu viel.

Veröffentlicht am 24.04.2024

Eine Camouflage für das Leben an sich

Zuckerbrot
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Die verpasst das Mädchen Pin ihrem Leben, indem sie Zucker über alles streut - naja, zumindest über die meisten Speisen, damit diese besser rutschen.

Dabei ist ihr Leben in Singapur doch gar ...

Die verpasst das Mädchen Pin ihrem Leben, indem sie Zucker über alles streut - naja, zumindest über die meisten Speisen, damit diese besser rutschen.

Dabei ist ihr Leben in Singapur doch gar nicht so schlecht: sie ist die einzige Tochter, gar das einzige Kind ihrer Eltern, die alles in allem eine gute Ehe führen und sich mögen, was nicht unbedingt selbstverständlich ist. Einzig das Glücksspiel des Vaters, von dem er nicht lassen kann, steht dem so manches Mal im Weg

Doch dann zieht ihre Großmutter zu ihnen und Pin kann so gar nicht begreifen, warum ihre Mutter sie überhaupt aufnimmt - sie ist lange nicht so lieb zu ihr wie es Pins eigene Mutter zu ihrer Tochter ist und zudem scheint sie ihr die Schuld an einem Todesfall vor vielen Jahren zu geben!

Allmählich spürt Pin, dass es mehrere Wahrheiten gibt und dass diejenige ihrer Mutter von deren Familie nicht vollständig angehört wird.

Eine warmherzige, nur gelegentlich nicht tief genug reichende Geschichte um Familie, Glauben und Gerechtigkeit - in der es definitiv durchgehend etwas zu essen gibt, und zwar nicht nur Zuckerbrot!

Veröffentlicht am 18.04.2024

Vielversprechender Serienstart mit viel Gefühl

Die Sehenden und die Toten
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Vielmehr mit sehr vielen Gefühlen - bei Ermittlerin Carla Seidel und auch in ihem Umfeld geht es ausgesprochen emotional zu - es ist also nichts für Freunde eher cooler Krimis.

Für mich aber ...

Vielmehr mit sehr vielen Gefühlen - bei Ermittlerin Carla Seidel und auch in ihem Umfeld geht es ausgesprochen emotional zu - es ist also nichts für Freunde eher cooler Krimis.

Für mich aber schon, zumal die Spannung nicht darunter leidet - ganz im Gegenteil!

Die erfahrene Mordermittlerin ist mit ihrer 17jährigen Tochter Lana nach dem Ende ihrer traumatischen Ehe von Hamburg ins Wendland gezogen, wo in jeder Hinsicht Ruhe herrscht. Fast schon zu viel für Carla.

Bis zu dem Tag, an dem ein wunderschöner Jüngling ermordet aufgefunden wird - von jetzt auf gleich muss Carla in einen ganz anderen Modus schalten und sich auf Kollegen einstellen, die in diesem Bereich komplett unerfahren sind. Wie denn auch, wird hier doch eher mal ein Traktor oder eine Kuh anfahren oder man muss in einem Nachbarschaftsstreit schlichten.

Altersmäßig ist Justus, das Opfer, nicht weit entfernt von Lana - das hochsensible Mädchen bringt sich auf ihre eigene Art in die Ermittlungen ein.

Ein eher persönlicher Ansatz, in dem - anders als bspw. bei Nele Neuhaus - die Frauen im Mittelpunkt stehen und man auch merkt, dass das Herz der Autorin für sie schlägt.

Was mich gestört hat: Carla hat sich einige Male sowohl Kollegen als auch Zeugen/möglichen Tätern gegenüber sehr unprofessionell geäußert. Genauso geht sie auch im beruflichen Alltag mit einem persönlichen Problem um - nämlich ziemlich offensiv, was überhaupt nicht zu einer solch erfahrenen Ermittlerin passt. Ich bin aber sicher, dass die Autorin, deren erster Krimi das ist, sich "einschreiben" wird, nachdem alles andere bereits richtig rund ist - vor allem das überraschende Ende!

Veröffentlicht am 17.04.2024

Diesmal ist die Jugend involviert

Gefährlicher Sog
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Und das aufs Heftigste, denn diesmal trifft es die Schwächsten der Schwachen, nämlich eine Jugendwohngruppe, deren Betreuer umgebracht wurde und zwar auf ziemlich brutale Art und Weise. Timur Roters, so ...

Und das aufs Heftigste, denn diesmal trifft es die Schwächsten der Schwachen, nämlich eine Jugendwohngruppe, deren Betreuer umgebracht wurde und zwar auf ziemlich brutale Art und Weise. Timur Roters, so sein Name, hinterlässt seine Frau Merret, die gemeinsame Pflegetochter Elanie und eine ganze Reihe von Teenagern, denen in ihren kurzen Leben bereits Schlimmstes widerfahren ist und für die er gemeinsam mit Merret als Sozialpädagoge verantwortlich war.


Wie man sieht, steht Liv wieder einmal unter Strom und das in vielerlei Hinsicht. Denn es gilt nicht nur, die Jugendlichen zu befragen, sondern auch, ihre eigene Tochter Sanna im Auge zu behalten, die ebenfalls auf Sylt weilt und schon bald selbst näher an den Fall heran rückt. Was Liv natürlich überhaupt nicht gerne sieht, doch kann sie etwas dagegen tun?

Zumal bald deutlich wird, dass Timur Roters einst selbst auf der anderen Seite des Gesetzes stand, inzwischen jedoch vollständig rehabilitiert ist. Zumindest offiziell. Kann er möglicherweise in irgeneiner Form rückfällig geworden sein?

Dazu kommen Livs Zweifel an ihrer Beziehung zum Gerichtsmediziner Sebastian Gerlich. Man sieht: Wieder einmal steht auch das Privatleben der Ermittlerin im Fokus der Handlung, das Autorin Sabine Weiss so geschickt mit der Krimihandlung verwoben hat, dass wie bei einem Puzzle alles genau zusammenpasst. Zudem wimmelt es diesmal sozusagen vor Verdächtigen - es gibt so viele, dass ich mir zum ersten Mal bei der Lektüre dieser Krimireihe ein Personenverzeichnis gewünscht habe!

Auch dieser nunmehr achte ist ein mehr als runder Fall mit einer eher überraschenden Auflösung. Ob Sie jetzt hier oder mit einem anderen Band starten, ich könnte mir vorstellen, dass sie wie ich diese Reihe, bei der sich die Protagonistin dank zahlreicher Alleinstellungsmerkmale von der Masse abhebt, lieben werden. Auf den nächsten Fall freue ich mich jedenfalls schon jetzt!

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