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Veröffentlicht am 18.08.2018

Eine Art moderner Schelmenroman

Wie ich fälschte, log und Gutes tat
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Ich hatte - zumindest über Teilstrecken - einen Riesenspaß an der Lektüre - Thomas Klupp entwirft mit Benedikt Jäger einen jugendlichen Antihelden, eine Art zeitgenössischen Till Eulenspiegel, ...

Ich hatte - zumindest über Teilstrecken - einen Riesenspaß an der Lektüre - Thomas Klupp entwirft mit Benedikt Jäger einen jugendlichen Antihelden, eine Art zeitgenössischen Till Eulenspiegel, der es ganz wunderbar vermag, sein Umfeld durch den Kakao zu ziehen. Wobei er selbst nicht gerade selten auf der Strecke bleibt bzw. mitgezogen wird.

So bspw. die Schilderung der Ballonfahrt am ersten Schultag nach den Ferien, als Belohnung für ein erfolgreiches Sportlerteam - Benedikt uns sein Team haben die Konkurrenz in Grund und Boden gespielt - gedacht. In Wirklichkeit ist sie eine Belohnung für die Leser und zwar gleich zu Beginn des Buches! Leider reiht sich nicht weiterhin Bonbon an Bonbon, sondern es wird immer mal wieder ziemlich sperrig, wobei Benedikt sich nicht nur ein Mal selbst im Weg steht.

Inmitten der Schicki-Micki-Gesellschaft von Weiden, in die er als Teil seiner Familie einfach so hereingeraten ist, muss er früh feststellen, dass Schein oft mehr als Sein gilt und man um Gottes willen nicht alle Karten offenlegen sollte, um von allen respektiert zu werden.

Humor, Esprit und ein scharfer Blick auf die Gesellschaft - das sind die Zutaten zu diesem Roman. Wobei der Autor Thomas Klupp hier gelegentlich - nicht nur, aber immer wieder auch auf (umgangs)sprachlicher Ebene - den Bogen überspannt. Weniger wäre hier mehr gewesen, ganz so bunt hätte es der junge Benedikt Jäger nicht treiben sollen, um mich durchgehend am Ball zu halten. Auf der anderen Seite: die "Alten", allen voran seine Mutter, machen es ihm ja genauso vor.

Ganz schön schwer für einen Jugendlichen auf dem Weg zum jungen Mann, auf dem für ihn richtigen Weg zu bleiben. Zumal es in der Schule - dem ehrwürdigen Kepler-Gymnasium in Weiden auch ganz schön heftig zugeht. Auf die eine und andere Art und Weise. Ein extremer Roman, der sowohl den Protagonisten Benedikt, als auch mich als Leserin immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück brachte, ganz am Ende jedoch zeigte, dass die die Realität sich manchmal (mindestens) genauso gut entwickelt wie das Wunschdenken. Ein origineller und unterhaltsamer Roman, der zeigt wie (manche) Jugendlichen so ticken.

Veröffentlicht am 13.08.2018

Eine Pension der besonderen Art

Beim Ruf der Eule
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besucht der Leser dieses Romans: sie wird von der fast 80jährigen Maeve Maloney geführt, die nicht gerade liebenswürdig auftritt und auch beim näheren Kennenlernen (das gilt auch für das er-Lesen"!) ausgesprochen ...

besucht der Leser dieses Romans: sie wird von der fast 80jährigen Maeve Maloney geführt, die nicht gerade liebenswürdig auftritt und auch beim näheren Kennenlernen (das gilt auch für das er-Lesen"!) ausgesprochen sperrig rüberkommt.

Aber allmählich wird deutlich, dass Maeve ein Herz aus Gold hat und zwar eines, das für allem für die Benachteiligten dieser Welt schlägt und zwar für einen ganz bestimmten "Schlag": diejenigen mit geistigen Behinderungen - eine stilvolle Band gastiert (man möchte fast sagen dauerhaft) in ihren vier Wänden - alle Mitglieder haben das Asperger-Syndrom und heißen dann auch passend "Aspy Fella A Cappella" und man sieht sie förmlich vor sich, wie sie stets das für die jeweilige Situation passende Liedchen - zumindest aus ihrer Sicht auf den Lippen haben.

Doch es geht weiter: Steph und Len, ein junges, glückliches Paar, das sich in der Pension, in der sie beide leben und arbeiten, sozusagen gefunden hat, leiden ebenfalls an neurologischen Erkrankungen und zwar an solchen der heftigen Art.

Langsam wird auch deutlich, warum Maeve damit ganz natürlich umgeht und Steph sogar mehr oder weniger an Kindes statt aufgenommen hat: ihre eigene Zwillingsschwester Edie hatte das Down-Syndrom und schnell wird klar, dass ihr Schicksal ein tragisches ist, dass Maeve offenbar noch mit der Vergangenheit hadert, um es gelinde auszudrücken.

Und diese Tragödie hat nicht nur mit Edie zu tun - warum verhält sich Maeve ihrem alten Bekannten aus Jugendzeiten, dem charmanten Vince Roper gegenüber , der eine ganze Woche in der Pension unterkommen will, so ablehnend?

Ganz langsam, peu á peu, kristallisiert sich hier eine Geschichte heraus, die an Tragik nicht zu überbieten ist - und leider stellenweise ebenso sperrig daherkommt wie ihre Protagonistin Maeve. Dennoch lohnt sich die Lektüre, denn man begegnet hier einer Story der besonderen Art und wird sie allein deswegen lange in Erinnerung behalten. Ein besonderes Schmankerl sind die liebevoll und sehr individuell ausgearbeiteten Figuren - jede einzelne ein absoluter Genuss.

Der Schluss allerdings ist etwas für Freunde von Happy Ends, mir persönlich ist er etwas zu rund, um zu dem Rest der Geschichte zu passen. Es ist definitiv ein Roman abseits des Mainstream, den man hier in der Hand hält, einer, bei dem die Autorin sich nicht scheut, ein Tabu-Thema in allen Facetten zu durchleuchten. Ein mutiger, wenn auch in der Umsetzung nicht 100%tig überzeugender Roman!

  • Einzelne Kategorien
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  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Umsetzung
Veröffentlicht am 11.08.2018

In kurzen Sequenzen zu Gott

Per Anhalter in den Himmel
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und auch zu Jesus herangeführt werden junge Menschen durch diese Ansammlung von Geschichten, Gedichten und Weisheiten, die in verschiedene Themenbereiche zusammengefasst sind. Diese heißen bspw. "Vergebung"; ...

und auch zu Jesus herangeführt werden junge Menschen durch diese Ansammlung von Geschichten, Gedichten und Weisheiten, die in verschiedene Themenbereiche zusammengefasst sind. Diese heißen bspw. "Vergebung"; "Etwas Verändern", "Vertrauen und Mut" und "Glaube".

Und "Inspiration", das ist mein Lieblingsteil. Denn er enthält gleich mehrere Geschichten, die mir quasi die Schuhe ausgezogen haben, allen voran die vom barfüßigen Hippie und Christen Bill, der in der Kirche schief angeschaut wurde, als er sich mangels anderem Platz (ich nehme an, bei diesem Typen hatte keiner Lust, beiseite zu rücken) und auf ganz besondere Weise Bestätigung und Zuwendung erfuhr. Auch die von Robert Reed, der trotz schwerster Körperbehinderung ein Leben lebt, das vielen Gesunden zu anstrengend wäre: ein Leben für Gott! Und vor allem: Ein Niemand aus der Dritten Reihe, da habe ich beim Lesen in der Straßenbahn ein paar Tränchen vergossen: es geht um einen Sportler, der durch Gott Kraft schöpft. Und zwar auf ganz besondere Weise.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass anderen Lesern wieder andere Themen wichtiger sind - das kommt ganz auf die eigenen Erfahrungen, Interessen und Schwerpunkte im Leben an. Vieles hat mich auch eher wenig oder gar nicht angesprochen und ich könnte mir denken, dass es dem ein oder anderen genauso geht - wir ticken eben alle verschieden und das trifft auch auf manch einen der Autoren in diesem Buch zu.

Was viele Geschichten gemein haben, das ist die Schilderung von Schlüsselerlebnissen, also nicht vom Alltag der Menschen, sondern von besonderen Begebenheiten oder auch von Erfahrungen, die eine Wende herbeigeführt haben.

In vielen davon kommen - adressatengerecht - junge Leute vor, die noch dabei sind, ihren eigenen Kurs zu finden. Es werden Meilensteine auf dem Weg zu Gott beschrieben ebenso wie auch Weisungen Gottes, die über Mittler an die Protagonisten herangetragen werden.

Kleine und etwas größere Perlen oder auch Murmeln sind es, die sich hier aneinander reihen - ein jeder Leser kann sich seine Lieblingsstücke herauspicken. Bei mir hielten sich die besonderen Kleinode und die nicht ganz so tollen Sequenzen so ziemlich die Waage. Dennoch habe ich das Buch sehr gern gelesen und ich bin zuversichtlich, dass es vielen Jugendlichen genauso geht, denn es ist sehr abwechslungsreich. Ich könnte mir aber auch gut vorstellen, dass die jungen Leser sich viel Zeit, viele Pausen während der Lektüre genehmigen, um das Gelesene zu verarbeiten, sacken zu lassen.

Ein schönes Geschenk beispielsweise für Konfirmanden!

Veröffentlicht am 01.08.2018

Kritisch und mausetot

Tod im Wald der Engel
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ist der Journalist Hartmut Lanski nach der Vernissage der Malerin Anna, der er bei ihrer eigentlich sehr erfolgreichen Ausstellungseröffnung mit kritischen Fragen zugesetzt hat. Und ausgerechnet sie findet ...

ist der Journalist Hartmut Lanski nach der Vernissage der Malerin Anna, der er bei ihrer eigentlich sehr erfolgreichen Ausstellungseröffnung mit kritischen Fragen zugesetzt hat. Und ausgerechnet sie findet bei einem kleinen Entspannungspaziergang nach dem für sie aufwühlenden Event seine Leiche. Sein Tod hat ihn aber nicht davon abgehalten, vorher noch eine saftige Kritik zustande zu bringen und rechtzeitig zum Abdruck vorzulegen.

Grund genug für die gepeinigte Künstlerin, ihn um die Ecke zu bringen - findet jedenfalls die Neusser Ermittlungsleiterin Gabriele Richards und setzt sich gemeinsam mit ihrem Kollegen Brenner auf Annas Fersen. So sehr, dass Anna nicht umhin kommt, selbst zu ermitteln.

Es gibt einige, für die Entwicklung relevante Erzählstränge, die leider nicht zu Ende ausgeführt werden, was ich sehr schade fand. Auch empfand ich die Rolle von Amateurermittlerin Anna teilweise zu groß - das reichte bis in unrealistische Dimensionen. Doch schreibt die Autorin Andrea Tillmanns mitreißend und anschaulich, auch der Humor kommt - wie es sich bei einem saftigen Lokalkrimi gehört - immer wieder zum Tragen. Eine nicht ganz runde, aber dennoch stimmige Geschichte also.

Kurzum: wer bis zum Ende gespannt sein möchte - und welcher Krimileser will das nicht -, atmosphärische Regionalkrimis mit sympathischen Protagonisten - in diesem Falle vom Niederrhein - mag und auch gegen tierische Ermittlungen nichts einzuwenden hat, der ist hier trotz der kleinen Abstriche goldrichtig aufgehoben und wird seine Freude an der Lektüre haben!

Veröffentlicht am 01.08.2018

Gerechtigkeit

Nachsommer
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ist oft nur ein Wort. Gerade im Familienleben gibt es so viele Bevorzugungen von Kindern seitens der Eltern. Häufig und gerade auch, wenn diese längst dem Kindesalter entronnen sind und sich nur noch ...

ist oft nur ein Wort. Gerade im Familienleben gibt es so viele Bevorzugungen von Kindern seitens der Eltern. Häufig und gerade auch, wenn diese längst dem Kindesalter entronnen sind und sich nur noch selten bei den Eltern blicken lassen. Dann müssen sich die Geschwister, die in der Nähe geblieben sind, sich um die Eltern kümmern und quasi immer zur Verfügung stehen, starke Nerven haben. So auch Olof, dessen jüngerer Bruder Carl - von jeher der Erfolgreichere, Hübschere, Beliebtere - letzteres gerade auch bei der längst verwitweten Mutter - sich längst in die Staaten davongemacht hat, was seine Mutter sehr verletzt hat. Es bringt sie jedoch nicht davon ab, seinen Namen ständig im Munde zu führen, ihn gegenüber seinem Bruder Olof als den besseren, liebenswerteren darzustellen. Auch wenn sie seit Jahren sauer ist auf Carl. Aber sie will ihn unbedingt nochmal sehen vor ihrem Tod.

Wie im Vorgängerroman "Septembernovelle" geht es hier um eine Dreiecksbeziehung, vielmehr um zwei: Olof, Carl und ihre Mutter sowie Olof, Carl und Carls Frau Klara.

Der Autor Johan Bargum erzählt seine Geschichte in wenigen Worten, die aber umso mehr sagen - und noch mehr Fragen hinterlassen. Denn vieles wird nur angedeutet und das betrifft sowohl Ereignisse als auch Gedanken. In der Hinsicht hat das Büchlein durchaus etwas Philosophisches, auch wenn die Erzählweise eher eine pragmatische ist. Auf jeden Fall lohnenswert für Leser, die nach der Lektüre gern weiterdenken und ein Büchlein, das man so schnell nicht vergessen wird!