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Veröffentlicht am 31.08.2022

Die Kehrseite des Wirtschaftsbooms in Südostasien

Wir, die Überlebenden
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Exotische Länder, traumhafte Strände, aber auch boomende Wirtschaft in Städten wie Singapur und Kuala Lumpur ist das, was uns für gewöhnlich einfällt, wenn wir an Südostasien denken. Der Autor Tash As ...

Exotische Länder, traumhafte Strände, aber auch boomende Wirtschaft in Städten wie Singapur und Kuala Lumpur ist das, was uns für gewöhnlich einfällt, wenn wir an Südostasien denken. Der Autor Tash As will mit seinem Roman „Wir, die überlebenden“ unseren Blick auf einen weiteren Teil der Realität in dieser Gegend lenken, nämlich auf die bittere Armut und den Kampf ums Überleben vieler Menschen in Südostasien, die es (noch) nicht „geschafft haben“.
Mir wurde das zuletzt deutlich vor Augen gehalten, als Singapur während der Pandemie auf einmal einen unglaublichen Anstieg an Coronaerkrankungen aufwies und berichtet wurde, dass besonders Wanderarbeiter aus ärmeren Gegenden, die in Singapur ihr Glück versuchen, jedoch unter härtesten Bedingungen leben und arbeiten, betroffen sind.
Auf diesen Teil der Bevölkerung, die noch immer jeden Tag um ihr Überleben kämpfen, richtet Tash Aw unseren Blick.
Sein Protagonist Ah Hock stammt aus einer Familie, deren Vorfahren aus China eingewandert sind. Der Vater hat die Familie verlassen, als Ah Hock noch ein Kind war, um in Singapur mehr Geld für seine Familie zu verdienen. Dort gründet er allerdings eine neue Familie und überlässt Ah Hock und seine Mutter ihrem Schicksal. Trotz all der widrigen Umstände schafft es Ah Hock zum Vorarbeiter in einer Fischfarm und führt ein ruhiges Leben mit seiner Frau Jenny. Doch da taucht ein Freund aus seiner Vergangenheit auf und Ah Hock wird zum Mörder.
Dies ist der Ausgangspunkt der Geschichte, die aus Ah Hocks Geschichte erzählt wird, als er wieder aus dem Gefängnis entlassen wird. Die Soziologin Su-Min ist auf seine Geschichte aufmerksam geworden und möchte erfahren, wie es zu der Tat gekommen ist. Und so treffen die beiden sich und aus Ah Hocks Erzählungen ergibt sich für uns immer deutlicher ein Bild, wie es ist nicht zu den Gewinnern des neuen Wohlstands in Südostasien zu gehören.
Ein lesenswertes Buch, das nachdenklich stimmt.

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Veröffentlicht am 19.08.2022

Was Literatur vermag

Palast der Miserablen
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Auch wenn der „Palast der Miserablen“ von Abbas Khider keine Autobiografie ist, so hat man beim Lesen des Romans das Gefühl, viel aus dem Leben des Autors zu erfahren. Er nimmt uns mit in das Bagdad seiner ...

Auch wenn der „Palast der Miserablen“ von Abbas Khider keine Autobiografie ist, so hat man beim Lesen des Romans das Gefühl, viel aus dem Leben des Autors zu erfahren. Er nimmt uns mit in das Bagdad seiner Kindheit. Dort ziehen Shams und seine Schwester mit ihren Eltern aus dem Süden hin in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch alles, was die Familie erwartet, ist ein Leben in Armut neben Müllbergen, auch wenn immer wieder ein Funke Hoffnung aufkeimt, z. B. als die Schwester kurzzeitig ein erfolgreiches Business betreibt und es fast den Anschein hat, dass die Familie nun zumindest finanziell ausgesorgt hat. Trost findet Shams in der Literatur, auf dem Büchermarkt der Stadt und später mit Gleichgesinnten, mit denen er sich über das Gelesene austauschen kann.

Die zweite zeitliche Ebene, die im Roman eingeflochten ist, lässt uns von Anfang an erkennen, dass auch die Zukunft nicht das erhoffte bessere Leben bringen wird. Am Ende eines jeden Kapitels erfahren wir immer kürzeren Einschüben, wie Sham seine Zeit als Gefangener fristet.

Ein wunderschönes Buch, in dem der Autor uns in das Leben im Irak unter Saddam Hussein mit all seinen Entbehrungen und Schwierigkeiten eintauchen lässt. Uns mit dem Protagonisten immer wieder neue Hoffnung schöpfen lässt und uns zusammen mit Shams auch immer wieder desillusioniert.

Und so schafft der Autor zumindest bei mir das, was einer seiner Charaktere im Buch bezweifelt: „Glaubst du ernsthaft, dass sich irgendwer da draußen für unsere Probleme interessiert? Wir sind doch nur eine schnelle Zeitungsschlagzeile oder eine Kurzmeldung in den Nachrichten wert. Die seltsamen Eingeborenen dieses fernen Unruhestaates, den man „Irak“ nennt.“

Und hier sehen wir wieder einmal, was Literatur zu leisten vermag, indem sie Geschichten erzählt, die uns bei der Lektüre ein Land, das wir nur noch in eher negativen Schlagzeilen wahrnehmen, und dessen Menschen näher bringt.

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Veröffentlicht am 09.08.2022

Spannender Krimi auf 8000 Höhenmetern

Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod
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„Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod“ von Amy McCulloch handelt von der Erklimmung des Manaslu, des achthöchsten Bergs der Welt.
Cecily, die Heldin des Romans, ist Journalistin und schreibt gelegentlich ...

„Der Aufstieg – In eisiger Höhe wartet der Tod“ von Amy McCulloch handelt von der Erklimmung des Manaslu, des achthöchsten Bergs der Welt.
Cecily, die Heldin des Romans, ist Journalistin und schreibt gelegentlich für ein Bergsteigermagazin. Die Chance auf ein Exklusiv-Interview mit dem charismatischen Bergsteiger Charles McVeigh soll ihr endlich helfen, ihre finanzielle Lage in den Griff zu bekommen. Der Haken: Sie bekommt das Interview nur, wenn sie sich Charles‘ Expedition anschließt und mit ihm den Gipfel des Manaslu erklimmt. Cecily ist jetzt kein völliger Anfänger, was Bergsteigen betrifft, einen Berg wie den Manaslu hat sie allerdings noch nie bestiegen. Ganz im Gegenteil zur Autorin des Buchs, die den Manaslu als jüngste Kanadierin bestiegen hat. Und so kann man davon ausgehen, dass die Details im Buch, die sich auf die allgemeine Situation in den Camps am Berg, die technischen und menschlichen Details der Bergbesteigung beziehen, zuverlässig sind. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Einzelheiten dem einen oder anderen Leser vielleicht etwas zu tief gehen. Mich hat es jedoch sehr fasziniert, mir vorzustellen, wie es sich dort oben auf den höchsten Bergen wohl anfühlen mag und was einen wohl antreibt, diese zu besteigen und sich in tödliche Gefahr zu begeben. Denn sind wir einmal ehrlich. Dem Tod ist man in solchen Höhen schon immer sehr nah. Was, wenn außer den Gefahren, die der Berg selbst mit sich bringt, auch noch ein Mörder auf dem Berg unterwegs ist. Diese Frage stellt sich Cecily sehr bald. Denn auf dem Weg nach oben sterben einige ihrer Weggefährten. Wird sie die Nächste sein? Was für ein Motiv hat der Killer überhaupt? Amy McCulloch hat einen wirklich spannenden Bergsteiger-Krimi geschrieben. Vielleicht an manchen Stellen ein wenig zu „langsam“ durch die vielen Details, so dass mir nie der Atem stockte vor Spannung. Auch hatte ich ziemlich schnell eine Vermutung, wer der Täter ist. Aber gerade die Hörbuchfassung vom Osterwold Audio/HörbucHHamburg Verlag wurde viel von dieser „Langsamkeit“ wettgemacht, was vor allem dem Vortrag der hervorragenden Sprecherin Britta Steffenhagen zu verdanken ist.

Ein spannender Krimi, bei dem man dennoch keine Sorge haben muss, nachts nicht gut einschlafen zu können.

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Veröffentlicht am 06.07.2022

Es ist nie zu spät!

Frauen, an die ich nachts denke
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“Es ist nie zu spät!“ und „Einfach machen!“ sind die wichtigsten Erkenntnisse, die ich aus der Lektüre des autofiktionalen Romans „Frauen, an die ich nachts denke“ der Finnin Mia Kankimäki ziehe.
Mia ...

“Es ist nie zu spät!“ und „Einfach machen!“ sind die wichtigsten Erkenntnisse, die ich aus der Lektüre des autofiktionalen Romans „Frauen, an die ich nachts denke“ der Finnin Mia Kankimäki ziehe.
Mia ist Anfang 40, kinderlos, unverheiratet. Ihren Beruf hat sie erst einmal an den Nagel gehängt, um als Schriftstellerin durchzustarten. Doch ist es dazu nicht eh zu spät? Sollte ihr Leben nicht längst geordnet sein?
Mia sucht Antworten bei historischen Frauenfiguren, ihren Nachtfrauen. Frauen wie Karen Blixen, deren Leben in Afrika oft härter war, als uns „Jenseits von Afrika“ vermuten lässt und die im Übrigen erst mit 46 zu schreiben anfing. Aber auch weniger bekannte Frauen wie die Forschungsreisende Nellie Bly, die mich besonders beeindruckt hat. Reiste sie doch 1889 in 72 Tagen um die Welt und schlug damit Pileas Foggs‘ Rekord aus „In 80 Tagen um die Welt“. Und das machte sie mit beneidenswert leichtem Gepäck. Gerade einmal ein Kleid und das Wenige, das in eine Handtasche (!) passte, nahm sie mit auf ihre Weltreise.
Bei vielen ihrer eigenen Reisen lässt sich Mia Kankimäki den Weg von ihren historischen Vorbildern weisen. Oder sie sucht an Orten, die sie bereist, eben jene Nachtfrauen, um zu sehen, welchen Rat sie ihr in ihrer jeweiligen Situation geben können. So zum Beispiel in Florenz, wo sie nach langer Suche auf Künstlerinnen wie Sofonisba Anguissola, Lavinia Fontana und Aremtisia Gentilieschi stößt, deren mir bis dahin unbekannte Lebensläufe sich unglaublich interessant lesen.
Ich war bisher immer etwas zögerlich, was autofiktionale Literatur betrifft, fragte mich immer, ob ich die Befindlichkeiten des oder der Schreibenden so genau wissen möchte. Schließlich haben mir meine Deutschlehrerinnen jahrelang eingebläut, dass Autorin und Erzählerin nicht identisch sind. Mia Kankimäkis Ansatz hat aber dann doch meine Neugier geweckt. Wir erfahren ein wenig, wo die Autorin gerade selbst im Leben steht, ein bisschen mehr hören wir von bemerkenswerten, häufig leider eher vergessenen historischen Frauenfiguren und vor allem, welche Ratschläge diese der Autorin und letztendlich auch uns geben können.
Die Auswahl scheint manchmal etwas willkürlich, manchen Frauen wird sehr viel Platz eingeräumt, während wir von anderen kaum etwas erfahren. Vielleicht ist das autofiktionalen Texten bzw. deren Autor
innen ja vorbehalten. Dennoch hatte ich den Eindruck, dass ein Ungleichgewicht herrscht. Karen Blixen ist das erste Drittel des Buchs gewidmet, die anderen Frauen werden teils sehr schnell abgehandelt. Ein bisschen wirkt das, als ob Mia Kankimäki bei ihrer Idee zum Buch zunächst nur Blixen im Kopf hatte und dann noch irgendwie andere Beispiele finden wollte.
Dennoch für mich ein lesenswertes Buch, auch wenn es mich nicht vollends begeistern konnte, aus dem ich aber durchaus die eine oder andere Lebensweisheit für mich ziehen konnte und die mich mit beachtenswerten historischen Frauenfiguren bekannt gemacht hat.

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Veröffentlicht am 24.06.2022

Umfangreich, unterhaltsam, lesenswert!

Venedig
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“Venedig – Biographie einer einzigartigen Stadt” von Peter Ackroyd , das sind fast 600 Seiten geballtes Wissen zu Venedig. Offen gestanden bin ich erst am Anfang meiner Lektüre und es wird auch noch eine ...

“Venedig – Biographie einer einzigartigen Stadt” von Peter Ackroyd , das sind fast 600 Seiten geballtes Wissen zu Venedig. Offen gestanden bin ich erst am Anfang meiner Lektüre und es wird auch noch eine Weile dauern, bis ich das Buch fertig gelesen habe, denn die Fülle an Informationen muss ich erst einmal verarbeiten. Zu rudimentär ist mein Geschichtswissen im Allgemeinen. Zu Venedig, so dachte ich, wisse ich eigentlich schon so einiges. Und tatsächlich waren mir beispielsweise die Geschichten ums venezianische Ghetto nicht ganz neu. Und beim Thema Essen in Venedig bin ich in meinem Bekanntenkreis durchaus der Top-Ansprechpartner, weshalb ich, so nebenbei gesagt, der Aussage des Buchs, dass das Essen in Venedig „einfach“ sei, ganz und gar nicht zustimme. Dennoch habe ich im Laufe der Lektüre mein Wissen zu Venedig schon immens vertieft. Die Informationen, das Ackroyd zur Lagunenstadt zusammengetragen hat, lesen sich (häppchenweise genossen) äußerst interessant. Den Stil des Autors lese ich gerne, zumal der Text sich nicht trocken liest, wie man es von geschichtlichen Büchern oft kennt. Ein empfehlenswertes Buch, in dem, so glaube ich zumindest, auch historisch versiertere Menschen als ich noch so einiges Neues lernen können.

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