Platzhalter für Profilbild

Venatrix

Lesejury Star
offline

Venatrix ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Venatrix über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2020

Das Ende einer Ära

Zechentod
0

Die Schließung der letzten Steinkohlezeche in Bottrop, Prosper Haniel, steht bevor. Die meisten Bergmänner sind schon seit längerem im Vorruhestand. So auch Andy Goretzka, der plötzlich verschwindet. An ...

Die Schließung der letzten Steinkohlezeche in Bottrop, Prosper Haniel, steht bevor. Die meisten Bergmänner sind schon seit längerem im Vorruhestand. So auch Andy Goretzka, der plötzlich verschwindet. An den Lotto-Gewinn mag so keiner richtig glauben. Während sich Ehefrau Martina und ihre Freundin Omma Kwatkowiak Sorgen machen, halten die ehemaligen Kumpel Willi und Elkin dicht. So wie einst, im Jahre 1995, als ein tödlicher Unfall unter Tage geschehen ist.

Timo Goretzka und Liesa Kwatkowiak versuchen auf eigene Faust das Verschwinden von Timos Vater Andy aufzuklären. Die beiden haben dazu höchst unterschiedliche Ansätze. Während Liesa zeitweise unter Panikattacken leidet, kann Timo seine Computerkenntnisse, die über das übliche Maß hinausgehen ausspielen.
Ja, und da ist noch der Obersteiger Schlehek, in dessen Schicht es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein soll.

Meine Meinung:

„Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust!“ - für die interessante Darstellung der bergmännischen Umgebung und die authentische Wiedergabe der Stimmung rund um die Stilllegung der letzten Zeche Deutschlands könnte ich glatt 5 Sterne und ein plus vergeben. Die Ausflüge in die Bekleidung der Bergleute mit Arschleder und goldenen Knöpfen auf der Uniformjacken finde ich sehr aufschlussreich. Hier merkt der Leser, dass die Autorin aus einer Bergmannsfamliie stammt.

Gut gefällt mir die humorige Sprache. Welcher Erwachsene schläft bitte in einer Schlumpf-Bettwäsche? Das Lokalkolorit kommt vor allem bei den Dialogen recht gut heraus.

Bei den Charakteren bin ich nicht ganz so überzeugt. Timo ist ok, und über Omma Kwatkowiak muss ich mehrmals herzlich lachen. Einzig Liesa ist mir nicht ganz so ans Herz gewachsen. Natürlich ist sie wegen des nicht lange zurück liegenden Todes ihrer Mutter noch ein wenig durch den Wind. Sie macht auf mich einen unfertigen Eindruck, viel zu unschlüssig.

Allerdings, bis der ganze Krimi Fahrt aufnimmt und dann so richtig fesselt, dauert es für mein Gefühl ein wenig zu lange. Dafür würde ich nur 3 Sterne vergeben. Weil aber die Autorin in ihrem Krimi-Debüt allerlei Spuren legt, die sich mitunter als Sackgasse entpuppen, kann ich guten Gewissens letztlich 4 Sterne geben.
Das Cover beeindruckt mich besonders.

Veröffentlicht am 16.02.2020

NIchts ist, wie es scheint in Oberschwaben

Oberschwaben Krimi / Mord im Dörfle
0

Tobias Wellmann, KHK mit ein paar seelischen Schrammen, will eigentlich zu einer winterlichen Alpenüberquerung aufbrechen, als am Lindenweiher ein junges Paar tot aufgefunden wird.
Ausgerechnet am Lindenweiher, ...

Tobias Wellmann, KHK mit ein paar seelischen Schrammen, will eigentlich zu einer winterlichen Alpenüberquerung aufbrechen, als am Lindenweiher ein junges Paar tot aufgefunden wird.
Ausgerechnet am Lindenweiher, wo vor 24 Jahren Wellmanns Jugendliebe Monika gestorben ist.
Nur der Hartnäckigkeit von Kollegin Linda ist es zu verdanken, dass der Tod der beiden Jugendlichen als unklarer Todesfall betrachtet und nicht sofort als Doppelselbstmord zu den Akten gelegt wird.

Bei den Recherchen finden sich immer wieder Parallelen zu William Shakespeares „Romeo und Julia“. Wie in der Tragödie stammen Robert/Romeo und Jana/Julia aus miteinander verfeindeten Familien. Die Auffindungssituation ähnelt der Sterbeszene bei Shakespeare, nur dass 99 Teelichter um die Toten herum drapiert sind. Wer hat die eigentlich angezündet? Denn die beiden Toten haben weder Zündhölzer noch Feuerzeug bei sich....

Je weiter die Ermittlungen fortschreiten, desto häufiger mehren sich die Indizien, dass hier niemand ermitteln sollte. Da werden Reifen aufgeschlitzt, Einbrüche verübt und auch pure Gewalt angewendet. Als dann noch Wellmanns achtjähriger Sohn in Gefahr gerät, ist für Wellmann Schluss mit lustig.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist eine verzwickte Angelegenheit. Auf der Suche nach der Wahrheit muss sich Wellmann seinen eigenen Dämonen stellen. Es dauert eine geraume Zeit bis alle Puzzleteile an ihrem richtigen Platz fallen.
Auch in der Dienststelle ist nicht alles eitel Wonne. Da gibt es zwei Kollegen, die sich Chancen auf eine Beförderung ausgerechnet haben, die dann durch Wellmanns Rückkehr nach Biberach vereitelt worden sind.

Der Krimi besticht durch zahlreiche falsche Spuren und ein paar recht umtriebige kriminelle Elemente. Nicht der arbeitslose Außenseiter, sondern honorige Bürger haben hier jede Menge kriminelle Energie entwickelt.

Gut gefallen hat mir, dass die meisten Leute Dialekt sprechen. Für Nicht-Schwaben manchmal nicht leicht zu lesen. Auch die versöhnliche Geste am Ende, bei der sich Roberts und Janas Väter die Hände reichen, gefällt mir.

Die Charaktere sind recht gut entwickelt. Ob wir jemals erfahren werden, was Wellmann in Stuttgart so aus der Bahn geworfen hat, dass er selbst Drogen genommen hat? Hierzu gibt es nämlich nur die eine oder andere Andeutung. Aber, vielleicht wird ja eine Reihe aus diesem Regio-Krimi, ähnlich wie die „Kommissarin Vill-Reihe“. Schauen wir einmal.
Der Krimi hat mich gut unterhalten, obwohl ich dem Fasnet/Fasching/Karneval so rein gar nichts abgewinnen kann. Als Kulisse für die Ermittlungen hat es aber gut gepasst.?


Fazit:

Ein gut strukturierter Krimi, bei dem wenig ist, wie es scheint.
Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 14.02.2020

Eine Hommage an eine verwegene Schauspielerin und ihre Filme

Die Verwegene. Jeanne Moreau
0

Autor Jens Rosteck, der schon einige Biografien berühmter Franzosen wie Edith Piaf, Marguerite Duras oder Jacques Brel verfasst hat, wagt sich diesmal an eine Unangepasste: Jeanne Moreau (1928-2017).

Die ...

Autor Jens Rosteck, der schon einige Biografien berühmter Franzosen wie Edith Piaf, Marguerite Duras oder Jacques Brel verfasst hat, wagt sich diesmal an eine Unangepasste: Jeanne Moreau (1928-2017).

Die Tochter einer britischen Tänzerin und eines französischen Gastwirts hat wie keine andere den französischen Film geprägt. Die Mutter macht sie zeitlebens für ihr eigenes Karriereende verantwortlich und der Vater will lieber einen Sohn. Kein Wunder, dass Jeanne (ursprünglich war der Name Pierrette im Gespräch) sich eher selbst überlassen ist und mehr als Junge denn als Mädchen aufgewachsen ist.

Anders als Brigitte Bardot oder Catherine Deneuve entspricht sie nicht dem gängigen Schönheitsideal oder dem Typus der Filmschönheiten. Jeanne wirkt regelrecht kantig. Diese Ausstrahlung macht aber genau den Reiz aus und befördert sie zu einer viel gebuchten Schauspielerin. Moreau verkörpert einen ganz anderen Frauentyp: Wild, verwegen, emanzipiert, voller Abgründe, unbeugsam und dennoch höchst erotisch.

"Die größte Freiheit ist, man selbst zu sein." Jeanne Moreau

Von Regisseuren wie Orson Wells als Ausnahme-Könnerin verehrt, dreht sie mit allen, die in der Nouvelle Vague Rang und Namen haben: Von Michelangelo Anontioni bis Wim Wenders.

Hier muss angemerkt werden, dass diese Biografie nicht wie üblich chronologisch angelegt ist. So erfährt der Leser erst im dritten Kapitel etwas über Jeannes Eltern und Kindheit. Der Autor ist bekennender Cineast und deshalb stehen die Filme der Moreau (fast) mehr im Mittelpunkt als der Mensch. Das wird jene Leser, die gerne mehr (Skandalgeschichten?) über die Schauspielerin lesen wollen, ein wenig irritieren. Wer die Filme nicht oder nur unzureichend kennt, wird hier ein wenig enttäuscht sein. Fans der Nouvelle Vague kommen hier voll auf ihre Rechnung.

Fazit:

Mehr eine Filmografie denn eine Biografie des Menschen Jeanne Moreau. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 12.02.2020

Die Geburt einer Legende

James Bond: Ewig und ein Tag
0

007s Leiche treibt, von drei Kugeln durchlöchert, im Hafenbecken von Marseille. Gib’s das? 007 tot? Der britische Geheimdienst kann das nicht auf sich sitzen lassen und so wird der bislang eher unbekannte ...

007s Leiche treibt, von drei Kugeln durchlöchert, im Hafenbecken von Marseille. Gib’s das? 007 tot? Der britische Geheimdienst kann das nicht auf sich sitzen lassen und so wird der bislang eher unbekannte James Bond in Frankreichs Süden entsandt, um dort einmal nach dem Rechten zu sehen. Dass er ausgerechnet den Code-Namen seines getöteten Kollegen übernimmt, ist der ausdrückliche Wunsch des Nachwuchsagenten. Allerdings muss er sich erst einmal bewähren ...

Meine Meinung:

Anthony Horowitz ist in der Spannungsliteratur kein Unbekannter und so ist dieser Agententhriller gut gelungen.
Zeitlich ist er vor Ian Flemings „Casino Royale“ einzuordnen, der ja als der bislang erste James Bond-Roman gilt.

Wie für das Genre und die damalige Zeit (es ist die Nachkriegszeit, zu Beginn des Kalten Krieges) üblich, wird geraucht und getrunken was das Zeug hält und der Hang zu schönen Frauen zeichnet James Bond auch schon hier aus.

Über den gelungenen Beschreibungen der Côte Azur kann man leicht vergessen, dass es jede Menge Tote gibt. So spielen wir Black Jack im Casino von Monte Carlo, das zu jener Zeit noch nicht ganz so mondän und glamourös ist und sind zu Gast auf der Yacht eines undurchsichtigen Geschäftsmannes.

Die Handlung ist gut durchdacht und hält den Leser bis zum Schluss gefangen.

Fazit:

Ein „Muss“ für jeden James-Bond-Fan. Denn irgendwann muss ja auch 007 seine ersten Sporen verdient haben.

Veröffentlicht am 09.02.2020

Die Saga geht weiter

Tage des Lichts
0

Ruth Meyer hat es geschafft! Sie hat einen Arbeitsvertrag und damit eine Aufenthaltsbewilligung. Ruth ist als Haushaltshilfe und Kindermädchen auf dem Bauernhof der Familie Sanderson angestellt. Das Stadtkind, ...

Ruth Meyer hat es geschafft! Sie hat einen Arbeitsvertrag und damit eine Aufenthaltsbewilligung. Ruth ist als Haushaltshilfe und Kindermädchen auf dem Bauernhof der Familie Sanderson angestellt. Das Stadtkind, das früher selbst mit Personal aufgewachsen ist, lernt nun die schwere Arbeit in der Landwirtschaft kennen. Während Freddie Sanderson trotz rauer Schale liebenswürdig ist, ist seine Frau Olivia ein richtiges Ekel. Sie schikaniert Ruth und enthält ihr die wenigen freien Tage vor.
Nach intensivem Bemühen und Unterstützung von Edith schafft es Ruth, dass ihre Familie nur 10 Tage vor Ausbruch des Krieges zwischen England und Nazi-Deutschland nach England einreisen kann. Einige Tage kann Ruths Familie bei den Sandersons bleiben, mehr geduldet als willkommen geheißen, dann heißt es wieder Abschied nehmen.

Meine Meinung:

Dieser dritte Teil von Ruth Meyers Geschichte stützt sich auf ihre Tagebuchaufzeichnungen, die das einförmige Leben auf dem Bauernhof der Sandersons schildern. Unterbrochen wird die tägliche Routine nur durch die jahreszeitliche Abfolge der Tätigkeiten in der Landwirtschaft. Das liest sich daher ein wenig langatmig. Man wartet auf das nächste spannende Ereignis - doch es tut sich wenig. Nur die Schikanen von Olivia durchbrechen das Einerlei. ALs Olivia entdeckt hat, dass Ruth nähen kann, hatte ich schon ein wenig Hoffnung, dass daraus ein MOdeatelier wird. Leider nein, schade.

Spannend ist die Verwandlung von Ruth Meyer zu lesen: Aus der aufgeweckten Tochter des vermögenden, jüdischen Schuhverkäufers Karl Meyer ist in den letzten Jahren ein eingeschüchtertes Mädchen geworden. Doch als es ihr gelingt, Eltern und Schwester aus Nazi-Deutschland herauszubekommen, beginnt sie wieder an sich zu glauben. Langsam, in kleinen Schritten beginnt sie sich auch gegen Olivia zu behaupten. Unterstützung erhält sie hier sowohl von Freddy als auch von den Hilfskräften am Bauernhof.

Ein bisschen hat mir die Hintergrundgeschichte von Freddy und Olivia gefehlt. Man erfährt nur, dass Olivia nach eine durchzechten Silvesternacht von Freddy schwanger wurde und „geheiratet werden musste“. Das ist schade. Oft sind die „bösen“ Charaktere ja die interessanteren. Doch vielleicht hat es Ruth selbst nie erfahren.

Die Stimmung ist gut beschrieben. Es ist ja bekannt, dass es auch in England Hitler-Fans gegeben hat. Antisemitismus war (und ist) weltweit verbreitet. Besonders berührend die Geschichte der evakuierten Schülerinnen, von denen eine, ebenfalls einen jüdischen Großvater hat.

Der dritte Band endet mit der Überfahrt der Familie Meyer ins gelobte Land Amerika, denn sie wollen so viele Kilometer als möglich zwischen sich und Nazi-Deutschland bringen. Der vierte Band „Träume aus Samt“ erscheint im August 2020.

Fazit:

Die wahre Geschichte der Familie Meyer ist gut erzählt, obwohl es stellenweise ein wenig langatmig zugegangen ist. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.