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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2022

Hat einige Längen

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Man schreibt das Jahr 1790. Die Gedanken der Revolution von 1789 in Frankreich schwappen nach Deutschland über. Zahlreiche Studenten sind begeistert von den Ideen der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ ...

Man schreibt das Jahr 1790. Die Gedanken der Revolution von 1789 in Frankreich schwappen nach Deutschland über. Zahlreiche Studenten sind begeistert von den Ideen der „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ und der Aufklärung. Man will alte Zöpfe abschneiden.

Die Universität Tübingen ist Ausgangspunkt dieses historischen Romans. Der Theologiestudent Friedrich August Köhler wandert gemeinsam mit seinen Kommilitonen Friedrich Hölderlin und Friedrich Hegel über die Schwäbische Alb Richtung Ulm. Unterwegs treffen sie auf den frühreifen, knapp fünfzehn Jahre alte Friedrich Schelling, der sie von nun an begleitet.

Die vier „Fritze“ sind ziemlich verschieden und bilden eigentlich nur eine Zweckgemeinschaft. Während Hölderlin und Hegel ihren eigenen Gedanken nachhängen, ist Köhler ernsthaft Land und Leute interessiert. Er will einen Reiseführer verfassen und ist von Schellings »Geschichte des Klosters Bebenhausen« begeistert.

Zu allem Überfluss taucht auch noch ein eigensinniges Mädchen auf und lässt sich nicht mehr abschütteln: Karoline von Günderrode und wird bald zum fünften Fritz.

Meine Meinung:

Rund um die reale Reise Köhlers spinnt Autorin Uta-Maria Heim diesen historischen Roman.

Gut gelungen sind die Beschreibungen der kargen Dörfer, der abgearbeiteten Menschen, die in den herbstlichen Wochen die letzte Ernte einfahren. Die Leser können in diese Stimmung gut eintauchen: leuchtend bunte Wälder, Nebelschwaden und Landregen wechseln sich ab. Schmunzeln musste ich über die nicht passenden feinen Wanderstiefel.

Interessant ist das Verhalten der Personen innerhalb der Gruppe. Die vier Männer sind einander nicht grün und Karoline muss mehrmals vermitteln. Während die Männer nach „Höherem“ im Sinne der Revolution streben, will Karoline nur eines: ein selbst bestimmtes Leben führen und nicht wie üblich, von der Herrschaft des Vaters in die Abhängigkeit eines Ehemanns geraten.

Schade ist nur, dass die Autorin nur wenig über die Mitreisenden der fiktiven Wanderung im Nachwort erzählt. Wir erfahren einiges über Köhler, ganz wenig über Hölderlin, aber Schelling und Hegel sind ihr kein weiteres Wort wert. Und die historische Karoline von Günderrode ist 1790 erst zehn Jahre alt. Dieser Mangel kostet den 4. Stern.

Fazit:

Ein gelungenes Sittenbild der Zeit, das hin und wieder seine Längen hat. Gerne gebe ich hier 3 Sterne.

Veröffentlicht am 13.11.2022

Eine anspruchsvolle Biografie

Herrscher des Lichts
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Obwohl Karl III. von Spanien (1716-1788) ein Zeitgenosse von Maria Theresia von Österreich(1717-1780), Friedrich II. von Preußen, und Ludwig XV. von Frankreich (1710-1774) war, ist er in der Erinnerung ...

Obwohl Karl III. von Spanien (1716-1788) ein Zeitgenosse von Maria Theresia von Österreich(1717-1780), Friedrich II. von Preußen, und Ludwig XV. von Frankreich (1710-1774) war, ist er in der Erinnerung Kontinentaleuropas nicht wirklich präsent.

Er gilt in der neueren Wissenschaft als prominenter Vertreter der Aufklärung. Geboren als 4. Sohn von Karl II. konnte er lange Zeit sich mit den Wissenschaft beschäftigen. Erst 1759 (also mit 43 Jahren) wird er König von Spanien und wird sein Königreich 28 Jahre regieren. Anders als andere Monarchen hat er schon Regierungserfahrung als Herzog von Parma und Piacenza sowie als König von Sizilien. In diesen nahezu dreißig Jahren gelingen ihm einige Reformen, um die ihn andere Reiche nur beneiden können ...

Diesem interessanten Mann widmet sich Ignacio Gómez de Liaño in diesem Buch.

Meine Meinung:

Der Autor erzählt von einem belesenen, interessierten jungen Mann, der die Ausgrabungen in Herculaneum und Pompeji unterstützt und dem deutschen Weltreisenden, Alexander von Humboldt, einen Freibrief für seine Forschungsreisen in Mittel- und Südamerika ausstellt.

In anderen Kapiteln werden die Errungenschaften in der Landwirtschaft sowie die Vereinheitlichung der Verwaltung. beschrieben.

Diese Biografie ist sehr informativ. Doch leider, leider ist es wie so oft: Der Autor verzettelt sich in tausend Details, die er weiß und glaubt, dem Leser unbedingt mitteilen zu müssen. So bringen Einzelheiten der Historie, die hundert oder zweihundert Jahre zuvor anderswo passiert sind, den Leser, der eine fesselnde Biografie von Karl III. lesen möchte, völlig aus dem Lesekonzept. So ist er mehrmals nötig, das Internet zu Rate zu ziehen, weil ein gelesenes Detail momentan nicht im passenden Zusammenhang präsent ist. Aus der Fülle der Informationen lässt sich nicht immer diejenige herausfiltern, die für das Verständnis um die Person Karl III. gerade wichtig ist.

Leider ist auch die Schriftgröße wenig augenfreundlich. Dazu kommt, dass Zitate und manche Anmerkung in noch kleinerer Schrift gedruckt sind. Das ist gerade bei Biografien, die besonders anspruchsvoll sind und genau gelesen werden wollen, den Lesern gegenüber wenig wertschätzend.

Dafür gibt es zahlreiche Abbildungen, die aber nicht für alle vorher genannten Anmerkungen entschädigen können.

Fazit:

Nicht immer muss ein Autor alles, was er selbst weiß, seinen Lesern an den Kopf werfen, bis der selbige raucht. Hier wär ein bisschen weniger, mehr gewesen. Leider kann ich deswegen nur 3 Sterne geben.

Veröffentlicht am 06.11.2022

Franz Kafka lässt grüßen ...

Jagdrausch
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Rosalinde Fuchs und der Schriftsteller Jeremias haben einen veritablen Streit, der nicht unbeobachtet bleibt. Kurz nach dem Wortgefecht verschwindet die Frau spurlos im Wald und Jeremias wird, obwohl Rosalindes ...

Rosalinde Fuchs und der Schriftsteller Jeremias haben einen veritablen Streit, der nicht unbeobachtet bleibt. Kurz nach dem Wortgefecht verschwindet die Frau spurlos im Wald und Jeremias wird, obwohl Rosalindes Leiche nie gefunden wird, in einem Indizienprozess des Mordes schuldig gesprochen.

Weder die Polizei noch der Pflichtverteidiger haben ein sichtbaren Interesse den möglichen Tathergang zu rekonstruieren oder Entlastungszeugen zu suchen. Ja, selbst die Mutter des Schriftstellers, glaubt nicht an dessen Unschuld.

Meine Meinung:

Der in Leoben (Steiermark) geborene Autor Heinz Kröpfl bezeichnet dieses Werk als „(k)einen Kriminalroman“. Der Roman enthält Krimi-Elemente, aber viel mehr kafkaeske Züge.

Die eine oder andere Stelle erinnert durch die indifferente Bedrohung an den Film „Das Duell“ von Steven Spielberg. Dazu tragen der Mann mit dem Geländewagen, der eine Waffe mit sich führt bei. Ein tollwütiger Fuchs soll erlegt werden, bei. Die Wortspielerei mit dem Nachnamen der vermissten Rosalinde und dem kranken Tier, lässt Böses ahnen. Nur für wen?

Die Charaktere sind insgesamt düster, wie eine herbstliche Nebellandschaft, angelegt. Eigentlich habe ich bei keinem der Mitspieler liebenswertes Züge feststellen können.

Die Polizisten wirken desillusioniert, dumpf, gelangweilt und wenig an der Aufklärung des Verschwindens der Rosalinde interessiert. Ein verschmähter Liebhaber, der keiner geregelten Arbeit nachgeht, der nur Schriftsteller ist, bietet sich als Täter gerade zu an. Wenig Aufwand, maximaler Erfolg. Auch die Justiz kommt nicht wirklich gut weg. Das Prinzip „in dubio pro reo“ - (Im Zweifel für den Angeklagten) wird hier gröblich verletzt. Es lässt direkt aus dem §259 Abs.3 der österreichischen Strafprozessordnung (StPO) ableiten.

Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig. Es gibt (wieder einmal) keine Redezeichen, selbst, wenn in direkter Rede gesprochen wird. Erzählt wird in der auktoritalen Sichtweise, bis auf den schwitzenden Polizisten, der gerne Kriminalbeamter geworden wäre, was ihm aber auf Grund seiner vermehrten Schweißabsonderungen verwehrt geblieben ist, der erzählt in der Ich-Form.

Fazit:

Obwohl das Buch stellenweise spannend war, hat es mich nicht wirklich berührt, daher gibt es nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 26.10.2022

Hat mich nicht ganz gepackt

Das Publikum war Zeuge
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Dieser historische Krimi ist nun erstmals auf deutsch erschienen, obwohl er bereits 1934 geschrieben wurde.

Worum geht’s?

Während der Premiere des Musicals „Blue Music“ wird der Hauptdarsteller vor den ...

Dieser historische Krimi ist nun erstmals auf deutsch erschienen, obwohl er bereits 1934 geschrieben wurde.

Worum geht’s?

Während der Premiere des Musicals „Blue Music“ wird der Hauptdarsteller vor den Augen von 2.000 Zuschauern erschossen. Da sollte man doch glauben, dass der das Schauspiel verfolgende Detective Wilson vom Scotland Yard sowie dessen Sohn Derek, Reporter bei der „Daily Gazette“ das Verbrechen schnell aufklären können. Zeugen wären ja genügend anwesend. Doch weit gefehlt. Denn nicht nur der Hauptdarsteller ist tot, sondern auch der vermeintliche Todesschütze. Der hat angeblich nach der Tat Selbstmord begangen. Wer hat die Theaterwaffe gegen eine echte ausgetauscht?

Meine Meinung:

Alte, wieder aufgelegte und erstmals übersetzte Kriminalromane haben für mich ihren Reiz. Doch dieser hier hat mich nicht so ganz gepackt. Es ist nicht so, dass die Spannung gefehlt hätte, die ist vorhanden. Vermutlich liegt es an der Übersetzung und dem etwas altmodischen Schreibstil, der für mich - obwohl ich gerne alte Krimis lese, ungewohnt ist.

Obwohl die Dialoge zwischen Vater und Sohn stellenweise wie Pingpong-Bälle hin und her flitzen, gibt es auch die eine oder andere manche Länge.

Fazit:

Wer so richtige englische Krimis, mit dem etwas eigentümlichen Humor mag, ist hier richtig. Ich bin mit diesen Protagonisten nicht so recht warm geworden, daher nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 23.10.2022

Hat mich zwiegespalten zurück gelassen

Geld
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Autorin und Studentin Marlene Engelhorn (Jahrgang 1992) hat im Jahr 2021 mit der Ankündigung, 90% ihres zu erwartenden Vermögens in einem zweistelligen Millionenbetrag zu spenden, aufhorchen lassen.

Wer ...

Autorin und Studentin Marlene Engelhorn (Jahrgang 1992) hat im Jahr 2021 mit der Ankündigung, 90% ihres zu erwartenden Vermögens in einem zweistelligen Millionenbetrag zu spenden, aufhorchen lassen.

Wer ist sie nun, die zukünftige Erbin, die eine Erbschaftssteuer für Reiche fordert?

Marlene Engelhorn ist die Enkelin der 94-jährigen Traudl Engelhorn-Vechiatto, deren verstorbener Mann ein Urenkel des BASF-Gründers Friedrich Engelhorn und Mitgesellschafter der Boehringer-Mannheim-Gruppe war. Der Erlös nach dem Verkauf des Konzerns brachte einen zweistelligen Milliardenbetrag ein.

In diesem Buch, das in der Reihe Übermorgen im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen ist, legt sie ihre Gedanken zum Thema Geld und Vermögen dar.

Das Buch hat mich zwiegespalten zurück gelassen. Vor allem auch deswegen, weil sie das Fell des Bären verteilt, bevor er erlegt ist. Sprich, Großmutter Engelhor-Vechiatto lebt noch. Auf der anderen Seite kann ich mir schon vorstellen, dass die Vorstellung, ein solches Vermögen zu bekommen, Angst macht.

Manche der Gedanken von Marlene Engelhorn sind nachvollziehbar, manche lassen mich den Kopf schütteln.

Nachvollziehbar ist für mich:

Geld bedeutet Macht, viel Geld bedeutet viel Macht
Geld per se ist nicht schlecht, der falsche Umgang damit schon
Über Geld spricht man nicht, über fehlendes Geld vielleicht schon
(Wieder)Einführung der Erbschaftssteuer ab einer bestimmten Höhe des Erbes (da geht es jetzt nicht um die Eigentumswohnung und/oder die 100.000 Euro auf diversen Sparbüchern sondern um richtig große Summen).

Nicht nachvollziehen kann ich jedoch, dass sie sich nicht mit der Herkunftsgeschichte ihres zukünftigen Vermögens beschäftigen will. Man erinnere sich, ein Großteil der Gewinne der BASF (vormals IG-Farben) wurde im Zweiten Weltkrieg mit Hilfe von Zwangsarbeitern erwirtschaftet.

So heißt es z. B. auf S. 122:

„Ich kenne keine Details und die Schuldfrage interessiert mich nicht, dafür sind Gerichte zuständig. Die Herkunft meines Geldes ist aber ebenso wichtig wie dessen zukünftige Verwendung.“

Da empfinde ich die Idee, das Vermögen (oder den überwiegenden Teil davon) zu spenden, fast ein wenig scheinheilig. Hier ließe sich wohl Wiedergutmachung betreiben.

Falsches Geschichtswissen orte ich auf Seite 111, wenn sie allen Ernstes behauptet

„Dass Geld als solches erst an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit aufkam, scheint mir passend. Die Versorgung wurde neu geregelt. Geld als neues Gut war der Schlüssel dazu.“ Da muss man sich schon fragen, ob die Autorin noch nie von griechischen Drachmen oder römischen Denaren gehört hat.

Auf mich macht die Autorin einen zutiefst verunsicherten Eindruck. Der eine oder andere Gedanke wirkt naiv, andere hingegen revolutionär. Unmittelbar auf die eingangs erwähnte Ankündigung, 90% des zu erwartenden Vermögens zu spenden, gab es in den sozialen Netzwerken eine Reihe von Anregungen und Ideen, was mit dem Geld geschehen könnte. Von der Aufforderung es auf die Konten diverser Poster zu verteilen bis hin zur Frage, warum nur 90% und nicht das gesamte Vermögen. Denn bis jetzt hat die Studentin Marlene Engelhorn ja auch nicht Notstandshilfe gelebt sondern von ihrer Herkunft profitiert.

Fazit:

Ein Buch, das mich zwiegespalten zurückgelassen hat, weshalb es nur 3 Sterne erhält.