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Venatrix

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Veröffentlicht am 09.05.2020

Ein verwirrender Krimi, der den Leser mit zu vielen Details fast erschlägt

Mozarts letztes Requiem
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Der Name „Mozart“ ist ein Garant für klingelnde Kassen.

„Was wird stattdessen heutigentags aus Mozart gemacht? Eine Marke, die es kommerziell auszuschlachten gilt. Ob Mozartkugel, Mozarttorte, Mozartlutscher, ...

Der Name „Mozart“ ist ein Garant für klingelnde Kassen.

„Was wird stattdessen heutigentags aus Mozart gemacht? Eine Marke, die es kommerziell auszuschlachten gilt. Ob Mozartkugel, Mozarttorte, Mozartlutscher, Mozartkutsche, es fehlt nur noch, dass jemand einen Mozart-Krimi schreibt…“ ereifert sich der greise Mozart-Experte Professor Schneiderhahn auf S. 50.

Et voilà! Da ist er. Zwar ist dieser Krimi nicht der erste oder einzige, der sich des kurzen Lebens von Wolfgang Amadeus Mozart rankt, kann aber mit einer Fülle von Details aufwarten.

Worum geht‘s also genau?

An Mozarts Todestag wird wieder einmal das Mozart-Requiem in der Salzburger Kirche zu St. Peter aufgeführt. Chefinspektor Nathan Stiller lauscht ergriffen und nickt dabei ein. Mit dem kurzen Schlummer ist es vorbei, als der Dirigent Isaac Löwenstein tot umfällt. Schnell ist klar, dass Löwenstein vergiftet worden ist. Sofort kursieren die Gerüchte, die schon bei Mozarts Tod die Runde gemacht haben - „Aqua Toffana“. Einige Verdächtige sind auch schon ausgemacht. Da sind zum Beispiel der Chorleiter Samuel Libeskind, die attraktive und einflussreiche Magdalena Rosenthal oder der „Ortskaiser“ Theodor König.
Anfangs hat Chefinspektor Stiller eine große Auswahl, doch sterben ihm einige der Hauptverdächtigen nach und nach weg.

Wer treibt da ein böses Spiel mit ihm?

Meine Meinung:

Ich mag komplexe Krimis, bei denen wenig so ist wie es scheint. Doch dieser hier bringt mich an meine Grenzen. Nicht nur, dass ein Fülle von Personen kommt und geht, wirft der Autor, von dem der Verlag nur preisgibt, dass er im Salzburger Raum lebt und, dass es sich um seinen Debüt-Roman handelt, seinen Lesern unheimlich viel Detailwissen rund um Mozart an den Kopf. Seitenweise Rezitationen aus Briefen, aus Werken - zum Teil in Originalsprache italienisch oder gar Latein - stellen die Leser vor große Herausforderungen. Jedes Detail lesen? Oder doch die Passage überspringen?

Neben der Mordserie, die es aufzuklären gilt, muss sich Stiller noch mit eine Journalisten, der einen Kriminalroman schreiben möchte und deshalb dem Chefinspektor wie eine Klette am Rockzipfel hängt, herum schlagen. Der Name des Journalisten, der als Ich-Erzähler durch den Krimi führt, bleibt ungesagt. Es scheint, als wäre er das Alter Ego von Jago Prinz. Da hätte der werte Autor auf Chefinspektor Stiller hören sollen, der ihm einmal sagt: „Ihr Krimi muss an Tempo gewinnen“ (Seite 119).

Natürlich ist dies eine fiktive Geschichte, denn in Wirklichkeit würde sich sofort nach dem zweiten Mord das LKA einschalten, eine SOKO gebildet und ein ganzer Schwadron von Ermittlern in Marsch gesetzt. Spätestens als sich Stiller in eine Verdächtige, Cecilia Vinci verliebt, wäre Schluss mit seinen, nur von Gruppeninspektor Biba unterstützten, Ermittlungen.

Die meisten Charaktere sind vielschichtig und kapriziös angelegt.
Fast alle sind der Musik Mozarts verfallen und so stellt sich die Frage „Kann Musik töten?“. Gut gelungen ist, dass sich die einzelnen Mitspieler durch ihre Sprache unterscheiden. So spricht Prof. Schneiderhahn eine antiquierte und stellenweise martialische Sprache, die sehr gut zu seiner ewig gestrigen Einstellung passt.

Auffallend ist, dass einige der Toten jüdische Namen tragen. Dieser Umstand führt Nathan (sic!) Stiller auch in das ehemalige KZ nach Mauthausen.

Der Schreibstil ist ausschweifend. Wer das und Schachtelsätze mag, wird hier seine Freude haben.

Die Idee hat mir sehr gut gefallen, aber mich dermaßen mit Detailwissen über Mozart zu erschlagen, hat mir ein wenig die Lust am Lesen vergällt. Mehrmals habe ich mit einem Abbruch geliebäugelt. Hier wäre ein Straffung bzw. ein behutsames Eingreifen von Seiten des Verlages angebracht gewesen. Dieser Krimi ist eher für den Mozart-Experten ein Gewinn, als für den üblichen Krimileser, der sich gut unterhalten möchte. Nicht alles, was ein Autor weiß, muss dem Leser vermittelt werden.

Stellenweise liest sich das Buch wie ein Mix aus Donna Leon, Dan Brown und Umberto Eco.

Fazit:

Dieser Krimi ist eher für den Mozart-Experten ein Gewinn, als für den üblichen Krimileser, der sich gut unterhalten möchte. Diesmal reicht es gerade einmal für 3 Sterne.

Veröffentlicht am 25.04.2020

Dieser Reihenauftakt hat mich nicht überzeugt

Das Grab im Médoc
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Nach elf Bänden mit Commissaire Lagarde in der Normandie ist nun der Auftakt für eine neue Krimi-Reihe erschienen.

Statt des Genießers Philippe Lagarde ermittelt Madame le Commissaire Pauline Castelot. ...

Nach elf Bänden mit Commissaire Lagarde in der Normandie ist nun der Auftakt für eine neue Krimi-Reihe erschienen.

Statt des Genießers Philippe Lagarde ermittelt Madame le Commissaire Pauline Castelot.

Pauline Castelot ist Sonderermittlerin, die dann zum Einsatz kommt, wenn es um Cold Cases oder sonstige heikle Fälle geht. Sie darf überregional agieren. Das heißt, der Leser darf sich auf verschiedne Schauplätze in Frankreich freuen.

Diesmal ermittelt Castelot und ihr Team in heimischer Umgebung, in Bordeaux. Zahlreiche Weingüter sind in der jüngsten Vergangenheit von Dieben heimgesucht worden, die - wie auf Bestellung - ausgesuchte, meist teure Wein stehlen. Bei einem dieser Einbrüche wird ein Mann der Sicherheitsfirma angeschossen, wenig später der Weinbauer Armand ermordet. Ein Zusammenhang mit den Diebstählen scheint zweifelhaft, denn Armand wird niedergeschlagen und lebend in einen Brunnenschacht geworfen.
Als dann einige Tage später eine Frau skurril drapiert tot auf einem Weinberg nächst dem Weingut von Armand gefunden wird, scheint es eine heiße Spur zu geben ...

Meine Meinung:

Ich habe mich auf diese neue Reihe gefreut, doch leider bin ich enttäuscht worden. Der Krimi ist nur ein müder Abklatsch der Reihe um Philippe Lagarde. Es dauert gut 100 Seiten bis das nötige „Personal“ vorgestellt wird. Diesmal gibt es viel zu viele Personen, die hier eine kleine oder größere Rolle spielen. Die privaten Zores der Ermittler werden beinahe gleichzeitig aufgedeckt.
Ich mag zwar den Schreibstil mit der detaillierten Beschreibung von Schauplatz, Kulinarik und Menschen, aber diesmal bin ich der vielfältigen Details überdrüssig. Es bringt die Handlung überhaupt nicht weiter, ob das Polo des Ermittlers blau oder grün ist oder welcher Wein als Apero serviert wird.

Die Arbeitsauffassung lässt diesmal auch etwas zu wünschen übrig. Obwohl sich gerade eine neue, vielversprechende Spur auftut, machen die vier Ermittler einfach Feierabend und gehen gemütlich gemeinsam essen. Aufgefallen ist mir, dass das Quartett öfters gemeinsam in einem Auto unterwegs sind. Wie ungewöhnlich!

Der Fall selbst ist jetzt auch nicht so rasend spannend. Das Motiv für die Morde enthüllt sich erst spät und wird meiner Ansicht nach - im Vergleich zu den Diebstählen oder den kulinarischen Beschreibungen - viel zu kurz behandelt.

Die Figuren, ob gut oder böse, bleiben blass und eindimensional.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich einen möglichen zweiten Fall für Pauline Castelot lesen werde. Schade, dieser Reihenauftakt hat nicht überzeugt.

Fazit:

Dieser Reihenauftakt hat mich nicht überzeugt, daher nur knapp 3 Sterne.

Veröffentlicht am 18.04.2020

Hier haben fast alle einen psychischen Knacks

Das Keltenritual
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Dieser Krimi ist in Villingen-Schwenningen angesiedelt und der dortige Magdalenenberg mit seinen archäologischen Ausgrabungen spielt eine große Rolle. Einige Gruppen, die sich als Nachfahren der Kelten ...

Dieser Krimi ist in Villingen-Schwenningen angesiedelt und der dortige Magdalenenberg mit seinen archäologischen Ausgrabungen spielt eine große Rolle. Einige Gruppen, die sich als Nachfahren der Kelten wähnen stellen historische (oder was sie dafür halten) Kämpfe und Rituale nach, in deren Verlauf es zu einer Reihe von grausamen Morden kommt.

Meine Meinung:

Das Thema wäre ja sehr spannend und der Schreibstil von Christof Weiglein passt recht gut dazu.
Leider sind die handelnden Personen alle samt verschroben oder überhaupt schwer gestört. Das trifft auf Täter,Nachbarn und vor allem auf die Ermittler zu.

So kommt KHK Mark Panther gleich an seinem ersten Arbeitstag zu spät und ziemlich derangiert in seine neue Dienststelle. Seine Freundin hat ihn vor einiger Zeit verlassen und sein Selbstmitleid ertränkt er in Unmengen Alkohol. Eigentlich ein No-Go! Als Chef sollte man ja als Vorbild für seine Truppe gelten. Auch seine Kollegin KHK Marion Tesic läuft vor den Dämonen der Vergangenheit davon und verhält sich häufig paranoid. Allerdings ist sie sich ihres Verhaltens - im Gegensatz zu Panther - durchaus bewusst.

Besonders die Gedanken Mark Panthers zum Schluss, dass es angenehm sein könnte, sich mit illegal beschafften Insulin und Rotwein in die Ewigen Jagdgründe zu begeben, sind für mich schwer nachvollziehbar. Soll das ein Hinweis auf einen weiteren Fall sein? Auch das Verhalten Struves Marion Tesic gegenüber ist (noch) nicht aufgelöst. Er hat Spielschulden und soll Tesic bespitzeln. Doch wer steckt dahinter?

Die Täter leiden alle unter schweren Persönlichkeitsstörungen. Selbst Dr. Reuther, der Archäologe, der immer wieder Fachliches beisteuert, ist nicht ganz frei von Narzissmus und Selbstüberschätzung.

Gut gefällt mir, dass die historischen Information elegant in die Geschichte eingebunden sind und die Leser einiges über Villingen erfahren. Auch die unter Wissenschaftlern durchaus umstrittene Theorie zur Bedeutung des keltischen Grabhügels Magdalenenberg wird diskutiert. Die Schilderungen der Umgebung macht Lust, diesen Bereich des Schwarzwaldes zu besuchen.

Fazit:

In dem Krimi begegnen einem fast ausschließlich skurrile Gestalten und gescheiterte Existenzen. Die Idee hat mir gut gefallen, die Umsetzung nicht ganz so. Dafür gibt es leider nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 17.04.2020

Hier habe ich anderes erwartet

Der Krieg in mir - Das Buch zum Film
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Dieses Buch lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück.
Autor und Filmemacher Sebastian Heinzel ist Jahrgang 1979 und hat seit längerem intensive (Alb)Träume vom Zweiten Weltkrieg, in denen sein Großvater, ...

Dieses Buch lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück.
Autor und Filmemacher Sebastian Heinzel ist Jahrgang 1979 und hat seit längerem intensive (Alb)Träume vom Zweiten Weltkrieg, in denen sein Großvater, zu dem er als kleines Kind innigen Kontakt hat, eine große Rolle spielt. Heinzel glaubt, diese Träume sind die Kriegserlebnisse seines Opas. Weiters ist er überzeugt, dass diese Traumata auch sein eigenes Leben negativ beeinflussen.

Er beschäftigt sich mit Trauma-Forschung und begegnet hierbei den unterschiedlichsten Forschern. Zum einem der Autorin und Journalistin Sabin Bode, die mit ihren Büchern („Kriegsenkel“ und „Die vergessene Generation“) sich seit längerem mit eben diesem Thema beschäftigt. Zum anderen mit der Schweizer Neurowissenschaftlerin Isabelle Mansuy, die bei Mäusen entdeckt hat, dass die ihre Traumata über die DNS an die nächste Generation weitergeben. Soweit der wissenschaftliche Bereich. Doch dann begibt er sich in einen für mich fragwürdigen Bereich von selbst ernannten Traumatherapeuten, die mir ein wenig esoterisch vorkommen.

Gut nachvollziehen kann ich, dass er sich in der eigenen Familie umhorcht und unterschiedliche Antworten erhält. Vom üblichen Verschweigen der väterlichen bzw. großväterlichen Vergangenheiten bi hin zu einem Karton von Überbleibsel.

Nach ausgiebigen Recherchen in den diversen Archiven begibt er sich auf Spurensuche nach Weißrussland. Nicht verstehen kann ich, dass er, mit einer Wehrmachtsuniform bekleidet, an einem nachgestellten Kampfspektakel teilnimmt, um so die Gefühle und Erfahrungen seines Großvaters nachzuempfinden. Interessant ist zu lesen, dass die Menschen in Weißrussland mit ihrer (Kriegs)Vergangenheit anders umgehen als in Deutschland. So wird hier in schaurigen Spektakel dem Massenmörder Stalin gedacht, ja fast gehuldigt - weit weg von irgendeiner Kollektivschuld. Dass Heinzel, der Bundeswehrdienstverweiger aus Gewissensgründen, dann doch eine Waffe in die Hand nimmt und in Wehrmachtsuniform wild drauf los ballert, ist ein ziemlicher Anachronismus.

Immerhin kann Sebastian Heinzel, genauso wie sein Vater, der ihn auf einer Reise nach Weißrussland begleitet hat, mit seinem Großvater bzw. Vater Frieden schließen. Die Szene am Lagerfeuer, in dem Heinzel Senior, die Bürde der Vergangenheit dem Feuer überantwortet, hat mich versöhnlich gestimmt.

Ein bisschen liest sich das Buch wie ein Werbetext für seine filmische Arbeit. Das Seelenstriptease inklusive der Traumatherapien sind mir ein wenig zu viel. Ich halte mich eher an Sabine Bode und ihre Bücher.

Fazit:

Nicht ganz das, was ich erwartet habe, daher nur 3 Sterne.

Veröffentlicht am 12.04.2020

zu wenig Spannung - zu viel Familie

Vollmond über der Côte d'Azur
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Es ist Ostern an der Côte d’Azur und Kommissar Leon Duval steht die Familie ins Haus. Familie: das sind seine aktuelle Partnerin Annie, beiden Kinder Lilly und Matteo, seine Ex-Frau mit dem neuen Partner ...

Es ist Ostern an der Côte d’Azur und Kommissar Leon Duval steht die Familie ins Haus. Familie: das sind seine aktuelle Partnerin Annie, beiden Kinder Lilly und Matteo, seine Ex-Frau mit dem neuen Partner Ben sowie noch allerlei ander Verwandte. Ud das alles, obwohl Duval eher ein Einzelgänger ist.

Da kommt ihm der unklare Todesfall eine jungen Frau, die in einer Bar zusammengeklappt und verstorben ist, gerade recht. llerdings, sehr zum Missfallen der lieben Familie. Dazu kommt, dass Annie hochschwanger ist und Duval dieser Situation ziemlich hilflos gegenüber steht. Es ist ja schon einmal eine Beziehung an seinem Job zerbrochen.

Er stürzt sich also in die Ermittlungen, die sich als knifflig herausstellen und ihn in Künstlerkreise führen, denen er wenig abgewinnen kann. Erst als die Identität der jungen Frau geklärt und der Zusammenhang mit einem anderen Mord vor fünf Jahren hergestellt werden kann, kommt ein wenig Tempo in den Fall. Nebenbei gerät Duvals Halbbruder in das Visier der Drogenfahnder.

Meine Meinung:

Dieser Krimi aus der Reihe mit Leon Duval hat mich jetzt nicht vom Hocker gerissen.

Gefühlsmäßig widmet sich mehr als die Hälfte des Krimis den Familienverhältnissen Duvals. Dabei geht mir der amerikanische neue Partner von Duvals Ex-Frau gehörig auf die Nerven. Ständig hat er etwas zu meckern. Dass dann bei Annie verfrüht Wehen einsetzen und man mit Blaulicht zur Klinik rast, bringt dem armen Leon Duval an den Rand seiner Belastbarkeit.

Die andere, kleinere Hälfte teilt sich dann nochmals in den Handlungsstrang mit seinem Halbbruder, der als Dealer hoch genommen wird, einem Mädchenhändlerring und dem eigentlichen Kriminalfall. Das ist mir irgendwie zu wenig vom eigentlichen Verbrechen.

Der Krimi ist in einem lockeren Plauderton geschrieben. Der Leser erfährt viel über Kunst und die verschiedenen Museen an der Côte d’Azur. Natürlich darf gutes Essen nicht fehlen.

Fazit:

Hier hat mir Spannung im Krimi gefehlt - Zu viel Familie, zu viel Sightseeing. Es reicht mit Nachsicht gerade für 3 Sterne.