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Venatrix

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Veröffentlicht am 15.08.2021

Kein Fairplay unter dem NS-Regime

Julius oder die Schönheit des Spiels
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Der junge Julius von Berg spielt Tennis für sein Leben gern. Seiner privilegierten Herkunft hat er einen eigenen Tennisplatz zu verdanken. Zunächst wächst er auf der Burg am Rhein gemeinsam mit seinen ...

Der junge Julius von Berg spielt Tennis für sein Leben gern. Seiner privilegierten Herkunft hat er einen eigenen Tennisplatz zu verdanken. Zunächst wächst er auf der Burg am Rhein gemeinsam mit seinen beiden Schwestern Almuth und Viktoria behütet, aber im Geiste von Anstand und Respekt auf.

Tennis spielt die ganze Familie, doch Julius ist mit außerordentlichem Talent gesegnet und übersiedelt nach Berlin. Dort angekommen, muss er erkennen, dass das Leben hier ganz anders ist, als er es bislang gewöhnt ist.

Anstand und Respekt zählen im Berlin der Zwischenkriegszeit außerhalb des Tennisklubs wenig. Trotzdem bleibt er diesen Prinzipien und sich selbst weiter treu. Er wird in die deutsche Tennismannschaft geholt und eilt von Sieg zu Sieg. Dem aufstrebenden Nationalsozialismus kann er ebenso wenig abgewinnen wie den Bestrebungen zahlreicher Frauen, Politiker und Industrieller, die sich in seinem Schatten sonnen wollen.

Als Julius von Berg, groß, blond und erfolgreich - der Prototyp eines Vertreters der Herrenrasse, den entscheidenden Sieg beim Turnier im Davis-Cup zugunsten des Fairplays und eines Amerikaners vergibt, bekommt er die volle Härte des Regimes zu spüren.

Meine Meinung:

Autor Tom Saller ist ein wunderbarer historischer Roman gelungen, auch wenn dessen Ausgang für Julius in einer Tragödie endet.

Der Beginn dieses Romans, der an das Leben des deutschen Tennis-Asses Gottfried von Cramm angelehnt ist, ist geprägt von der privilegierten Herkunft hoch droben auf der Burg im Rheintal. Weltgewandt, frankophil und nicht vom täglichen Überlebenskampf gezeichnet, ruft der mädchenhafte Erbe gleich an seinem ersten Schultag Aufsehen hervor. „Die Berg’schen Mädchen sind Rowdys! Und dann gibt es Julius.“

Kurz nach dem Ersten Weltkrieg ist es nicht opportun, es sich mit den französischen Besatzern des Rheintals gut zu stellen. Schnell ist man verdächtig, mit dem Feind gemeinsame Sache zu machen.

„Zu der Zeit war der Tennissport nicht sonderlich populär in Deutschland. Der Krieg war vorbei, dennoch gab es für die Menschen Wichtigeres, als ihre Kräfte bei einer scheinbar sinnentleerten Tätigkeit zu vergeuden, die vor allem darin besteht, einer Filzkugel mittels eines geformten Holzstücks, das mit ein paar Metern Tierdarm bespannt ist, eben dort hinzuschlagen, wo niemand steht - genau genommen die Antithese zu dem Gedanken des Miteinanderspielens.“

Der Bruch im Leben von Julius beginnt mit dem Erstarken des NS-Regimes. Er hilft seinem jüdischen Tenniskollegen bei der Emigration 1933 aus Deutschland.

Als er 1937 auf dem Centercourt antreten muss, ist das eine Art Stellvertreterkrieg, ähnlich wie ihn Max Schmeling in seinem Kampf gegen Joe Louis, führen muss. Hier hätte er die Chance, den Davis-Cup-Sieg für Deutschland erringen. Doch sein Verständnis von Anstand, Respekt und Fair Play lassen ihn, den Sieg vergeben. Er wird als Homosexueller denunziert, was ihn besonders gefährdet, denn das NS-Regime hat den §175 verschärft. Hier hat jener Schulkollege seine Finger im Spiel, der in schon an seinem ersten Schultag verunglimpft hat.

Berührend sind die Szenen in denen wir Julius im Gefängnis begegnen. Zu Beginn scheint ja noch so etwas wie eine kleine Hoffnung zu bestehen, dass er freikommt. Doch seine offenherzigen Antworten beim Verhör besiegeln sein Schicksal.

„Ich gehe jedes Match so an, als ginge es um Leben und Tod. Ich kann nicht anders.“

Aufschlussreich sind auch die geschichtlichen Details zu Gottfried von Cramm, dem historischen Vorbild für Julius von Berg. Gottfried von Cramm wird die NS-Zeit überleben, obwohl er 1940 „zur Bewährung“ an die Ostfront abkommandiert wird, und bereits 1948 den deutschen Tennisverband neu gründen.

Sowohl der fiktive Julius als auch der echte Gottfried spielen elegantes, schönes Tennis, auch um den Preis einer Niederlage. Damals wird nicht gestöhnt wie ein brunftiger Hirsch oder das brachiale Bumm-Bumm-Tennis eines Boris Becker gespielt, sondern Tennis in Vollendung.

Fazit:

Ein berührender historischer Roman, der ein reales Vorbild hat. Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und „Spiel, Satz, Sieg“ mit 5 Sternen.

Veröffentlicht am 15.08.2021

Ein gelungenes Krimidebüt

Die Zahl
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Die Zahl Zwölf spielt in diesem Krimidebüt der Vorarlberger Autorin Daniela Larcher eine entscheidende Rolle.

Es beginnt damit, dass im idyllisch eingeschneiten Ort Landau eine Leiche mit einer in die ...

Die Zahl Zwölf spielt in diesem Krimidebüt der Vorarlberger Autorin Daniela Larcher eine entscheidende Rolle.

Es beginnt damit, dass im idyllisch eingeschneiten Ort Landau eine Leiche mit einer in die Stirn eingeritzten „XII“ aufgefunden wird. Sehr zum Leidwesen des Chefinspektors Otto Morell, der die Gewaltverbrechen in Wien überdrüssig gewesen ist, uns sich in seinen langweiligen Heimatort versetzen hat lassen.

Landau wird über kurz oder lang gar nicht langweilig sein, denn die Leiche am Friedhofstor wird nicht die Einzige bleiben ...

Aufgrund der widrigen Witterungsverhältnisse kann Morell weder auf eine Soko noch sonst eine Hilfe von außen hoffen. Er muss, anfänglich ganz gegen seinen Willen, nur mit der Unterstützung seines Revierinspektors Robert Bender, seinem ehemaligen Schulkollegen Leander Lorentz, einen auf Besuch weilenden Archäologen und der auf der Durchreise von Innsbruck nach Italien befindlichen Gerichtsmedizinerin Nina Capelli setzen.

Niemand kann das Dorf Landau verlassen, niemand kann herein - also muss der Täter jemand aus dem Dorf sein. Und der Täter gibt dem Quartett eine Menge Rätsel auf. Wer spielt hier Richter und Henker?


Meine Meinung:

Dieser Krimi ist im Stile von Agatha Christies „closed room-Krimis“ geschrieben.

Die mystische Zahl Zwölf geistert durch das gesamte Geschehen: Ein Jahr hat 12 Monate, 12 Stunden haben der Tag und die Nacht. Wir kennen die zwölf auch aus der Bibel: 12 Apostel, die 12 Stämme Israels .... usw.

Durch geschickte Perspektivenwechsel erfahren wir einiges aus der Sicht des Täters, ohne ihn aber vorab identifizieren zu können. Die Autorin macht es weder dem Otto noch ihren Lesern einfach. Doch das ist auch gleichzeitig das Markenzeichen von Daniela Larcher, die unter ihrem Pseudonym Alex Beer ausgezeichnete historische Krimis schreibt (die Reihe um August Emmerich und jene um Isaak Rubinstein).

Die Charaktere sind gut ausgefeilt. Lediglich die Gerichtsmedizinerin kommt mir ein wenig naiv vor. Allerdings nur im Leben, wenn sie Leichen seziert, ist sie voll auf Zack. Schmunzeln musste ich natürlich über Otto, der der lauten und an Gewaltverbrechen Großstadt den Rücken gekehrt hat und prompt, ohne Hilfe von Kollegen und Kavallerie diesen Serienmörder zur Strecke bringen muss. Und ja, er ist ein leidenschaftlicher Koch (und Esser). Dass ihn da so manche Dorfgrazie umgarnen will, versteht sich von selbst. Kurz sieht es so aus, als ob die Nina an ihm Gefallen fände.

Auch die nervige Frau Vogelmann schießt immer wieder einen Vogel ab. Der Bürgermeister verhält sich so, wie man es von einem „Dorfkaiser“ erwartet.

Fazit:

Alles in allem ist es ein sehr gelungenes Krimi-Debüt, das ich jedem Krimi-Fan nur empfehlen kann. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.08.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Salzburgsünde
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Just am Karfreitag findet der Hund einer Spaziergängerin eine tote Gämse am Salzburger Kapuzinerberg. Als der Förster den Kadaver wegräumt, entdeckt er ein menschliches Skelett. Anhand des Eherings, der ...

Just am Karfreitag findet der Hund einer Spaziergängerin eine tote Gämse am Salzburger Kapuzinerberg. Als der Förster den Kadaver wegräumt, entdeckt er ein menschliches Skelett. Anhand des Eherings, der zwischen den Knochen liegt, stellt sich heraus, dass es sich um die sterblichen Überreste von Maresa Stirner handelt, einer Lehrerin am Gymnasium, die im Jahr 1956 spurlos verschwunden ist. Maresas Tochter Emilia war Meranas Professorin auf der Universität und deshalb beginnt er zu ermitteln. Seinem Chef, Günther Kerner, ist das ob der beschränkten Budgetmittel und der engen Personaldecke so gar nicht recht. Doch als Gwenda Truhl, eine bekannte Politikerin, die Merana im Zuge der Stirner-Ermittlungen befragt hat, ermordet wird, gibt Kerner zusätzliche Mittel und Personal frei. Immerhin sitzt ihm (wieder einmal) der Landeshauptmann im Genick.

Martin Merana und sein Team lassen sich von politischen Interventionen nicht einschüchtern und gehen akribisch ihrer Arbeit nach. Gwenda Truhl war zu Lebzeiten eine streitbare Politikerin und deshalb gibt es einige Personen, die nicht ganz unglücklich über ihren Tod sind. Allen voran ihr Sohn Tanne, der es auf das Erbe abgesehen hat. Doch ist er wirklich der Mörder? Und wie hängt Truhls Tod mit Maresa Stirner zusammen. Denn, dass die beiden Fälle zusammenhängen, ist Martin Merana klar. Er weiß nur noch nicht wie. Blöderweise kommt er dem Täter sehr nahe ...

Meine Meinung:

Ich bin ein Merana-Fan der ersten Stunde. Mir gefallen die Ausflüge nach Salzburg und die Geschichte der Stadt sehr gut. Auch der Einblick in Umgebung der Festspiele ist interessant. Manchmal, so wie diesmal, ist mir der Exkurs in die Welt der Oper ein wenig zu üppig geraten, weil er doch zulasten des Krimis geht. Doch dann nimmt die Spannung wieder zu und endet, nach einigen Umwegen, in einem doch unerwarteten Showdown.

Die Charaktere sind wie immer fein herausgearbeitet. Martin Merana ist ein umsichtiger Chef, der für seine Mitarbeiter immer ein offenes Ohr hat und seinem Vorgesetzten in gebührender Weise Paroli bietet. Das merkt man, als Merana nach der Explosion im Krankenhaus liegt und sich die Kollegen am Krankenbett abwechseln.

Gut gefällt mir, wie behutsam und charmant sich Martin Merana den älteren Damen gegenüber verhält - ein echter Gentleman.

Fazit:

Obwohl es sich hier um einen Krimi ohne wilde Verfolgungsjagden und Action handelt, lese ich die Reihe um Martin Merana sehr gerne und gebe wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.08.2021

Eine gelungene Fortsetzung

Mühlviertler Kreuz
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Während Chefinspektor Oskar Stern gemeinsam mit dem Gerichtsmediziner Weber den Johannesweg erwandert, um die Wettschuld einzulösen, wird auf der Ruine Reichenstein die Hochzeit von Marion Balduin und ...

Während Chefinspektor Oskar Stern gemeinsam mit dem Gerichtsmediziner Weber den Johannesweg erwandert, um die Wettschuld einzulösen, wird auf der Ruine Reichenstein die Hochzeit von Marion Balduin und Fabian Hallsteiner gefeiert.

Am Morgen nach der Feier müssen zahlreiche Gäste ihre Brummschädel kühlen und junge Ehefrau hängt tot in den Bäumen der Burgruine. Ein alkoholgeschwängerter Unfall oder hat hier jemand nachgeholfen?

Chefinspektor Oskar Stern und sein Team rücken an und nehmen die Familien des Hochzeitspaares unter die Lupe. Schnell finden sie heraus, dass die hübsche Summe von 5 Millionen Euro den Besitzer gewechselt hat, um die Firma des Brautvaters zu retten. Marion, die verkaufte Braut? Liegt hier das Mordmotiv, denn dass die sturzbetrunkene Braut nicht von selbst in den Burggraben gefallen ist, ist nun auch erwiesen.

Die Abgründe, die sich in beiden Familien auftun, lassen die Ermittler die Köpfe schütteln.

Nach einem heftigen Showdown ist in der gut zusammenarbeitenden Gruppe nichts mehr so, wie vorher.

Meine Meinung:

In diesem vierten Fall für Oskar Stern und Mara Grünbrecht eröffnen sich familiäre Abgründe, die sich niemand so recht vorstellen kann. Hass und Intrigen innerhalb der Familien vergiften das Leben der Angehörigen.

Dieser Fall zeigt auch, wie gefährlich der Beruf der Kriminalbeamten sein kann. Dass ein winziger Fehler, tödlich enden kann.

Fazit:

Dieser persönlichste Fall für Oskar Stern und Mara Grünbrecht hat mir sehr gut gefallen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.08.2021

Sehr persönliche Blicke auf das Burgenland

Vom Kommen und Gehen
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20 Kulturschaffende und Journalisten werfen in 26 Essays ihre höchst persönlichen Blicke auf Österreichs jüngstes Bundesland, auf das Burgenland, das seit 1921 bei Österreich ist.

Diese Blicke sind teils ...

20 Kulturschaffende und Journalisten werfen in 26 Essays ihre höchst persönlichen Blicke auf Österreichs jüngstes Bundesland, auf das Burgenland, das seit 1921 bei Österreich ist.

Diese Blicke sind teils liebevoll, teils kritisch und manchmal mit einer gehörigen Distanz aus Lebensjahren und Perspektiven zu sehen.

Als ehemaliger Teil von Ungarn (Deutschwestungarn) ist dieses Bundesland ohne wesentliche Industrie und lange Zeit so etwas wie das Armenhaus von Österreich. Tausende Menschen sind nach Amerika (What else?) emigriert, viele dort enttäuscht geblieben, aber einige sind zurückgekehrt. Auch die meisten der Hiergebliebenen finden vor Ort kaum Arbeit und werden zu (Wochen)Pendlern. Dies hat sich seit dem Beitritt zur EU durch gezielte Fördermaßnahmen geändert.

Aus den Beiträgen kann so etwas wie ein neues Selbstbewusstsein herausgelesen werden, stolz darauf zu sein, eine „Burgenland-Krowodin“ zu sein.

Fazit:

Einer der wenigen Beiträge zum 100-jährigen Jubiläum „Burgenland - ein Teil Österreichs“. Gerne gebe ich diesen sehr persönlichen Einblicken 5 Sterne.