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Veröffentlicht am 06.12.2017

Tolle Figuren, der Plot ist leider etwas zu konstruiert.

Schwarzwasser
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Nachdem ich „Totensonntag“, das Hörbuch, das ich im letzten Sonntag im November 2017 auserkoren hatte, so gut fand, wollte ich auch die aktuelle Folge mit Wallner und Kreuthner hören.
Damit bin ich, ehrlich ...

Nachdem ich „Totensonntag“, das Hörbuch, das ich im letzten Sonntag im November 2017 auserkoren hatte, so gut fand, wollte ich auch die aktuelle Folge mit Wallner und Kreuthner hören.
Damit bin ich, ehrlich gesagt, nicht so recht warm geworden. Der Krimi zog sich in die Länge sowohl am Anfang als auch in der Mitte. Zum Schluss gab es Verwicklungen, die ich gut im Voraus entwirren konnte. Ohne, dass es weiterer Erklärungen seitens des Autors bedürfte. Von diesen gab es aber jede Menge. Insb. am Ende, denn alles musste, warum auch immer, explizit erklärt und artikuliert werden, was mich wiederum herzlich wenig begeistern konnte.
Vor allem der Plot hat auf mich einen sehr konstruierten Eindruck gemacht, was der Glaubwürdigkeit vielerorts nicht guttat. Zu verkopft insg. Zu viel in Sachen Spannung gewollt. Recht wenig daraus geworden.
Die Figuren fand ich aber wiederum sehr gut ausgearbeitet, urig, authentisch, mit ihren Ecken und Kanten. Der Kreuthner amüsierte mich auch hier. Er ist wohl ein Profi in Sachen Mistbauen. Das liegt ihm wohl im Blut. Er vertritt vor allem seine eigenen Interessen, ungeachtet dessen, dass dies den Ermittlungen schadet und die involvierten Personen in Gefahr bringt. Wallner ist auch hier der Gute, etwas blass. Er versucht u.a. sein altes privates Problem zu lösen. Z.T. gelingt es ihm. Auch sein Opa Manfred spielt hier eine Rolle. Dieser Strang ist ganz gut, geworden.
Atmosphärisch war der Strang, der in der Gegenwart spielte. Mir war, als ob ich live bei den Ermittlungen dabei sein konnte. Die zweite Zeitebene, der Strang, der in der DDR der 90-ger Jahre spielte, blieb mir fremd, konnte mich wenig überzeugen.
Michael Schwarzmeier hat ganz gut gelesen. Durch seine Art vorzutragen klingen die Dialoge so authentisch, so als ob es ein Hörspiel wäre. Alle Figuren konnte ich wunderbar wiedererkennen. Auch Frauenstimmen hat er prima zur Geltung gebracht. Aber manchmal war er auch etwas monoton, langsam, sodass ich mit dem Gedanken gespielt habe, das Ganze mit 2x Geschwindigkeit abspielen zu lassen, damit da mal die Bewegung in die Bude reinkommt

Fazit: An sich ist „Schwarzwasser“ ein ganz guter Krimi, mit Bezug zur dt Geschichte. Aber etwas zu sehr konstruiert und deshalb z.T. wenig glaubwürdig erschien mir der Plot. Drei Sterne sind mMn hier realistisch.

Um den Eindruck wegzuwischen, habe ich anschließend „Eisenberg“ von Andreas Föhr gehört. Der war besser.
Spieldauer: 10 Stunden und 1 Minute, gelesen von Michael Schwarzmeier.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Evtl etwas für Teenager.

Origin
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„The da Vinci Code“ von Dan Brown habe ich vor gut zehn Jahren gelesen und fand das Buch ganz gut. Nun war ich auf Band 5 der Reihe neugierig: Diese prächtige Kathedrale auf dem Cover versprach neue Verheißungen ...

„The da Vinci Code“ von Dan Brown habe ich vor gut zehn Jahren gelesen und fand das Buch ganz gut. Nun war ich auf Band 5 der Reihe neugierig: Diese prächtige Kathedrale auf dem Cover versprach neue Verheißungen um das Thema Glauben und Kirche uvm. Im Grunde wünschte ich mir ähnliches wie Da Vinci Code, vllt paar gute Denkanstöße noch dazu, gute Unterhaltung aber auf jeden Fall. Zum Teil war das, was Dan Brown für mich bisher ausgezeichnet hat, auch da: Die wohl bekannten Handlungsmuster wie Rätselspiele, Schnitzeljagd, gefährliches Duelle Langdons mit dem Bösewicht, eine schöne Frau als Begleiterin bei seinen Abenteuern, einiges zum Thema Glaube und Kirche samt Fragen woher kommen wir, wohn gehen wir, all das wurde geliefert und unterhielt auf eine bestimmte Art. Wenn man also ein großer Fan des Autors, der Reihe insg. ist, der wird, schätze ich, auf seine Kosten kommen.
Mir war aber das Ganze einfach zu primitiv und unglaubwürdig, in vielerlei Hinsicht.
Die futurologischen Themen wurden eher oberflächlich behandelt, frei nach dem Motto: bloß nicht den Leser überfordern. Wer aber z.B. „Homo Deus“ von Harari und ähnliches gelesen hat, der wird sich bei den als Sensation angepriesenen Errungenschaften des Futurologen Edmond Kirsch bloß ein mildes Lächeln abringen können. Das Ganze aufgebauschte Drumherum um seine Präsentation erscheint dann umso lächerlicher.
Die Figuren: ob Langdon, seine schöne Begleiterin Ambra Vidal oder auch die gesamte Guardia Civil und fast alle Figuren agieren unglaubwürdig. Ein Professor aus Harvard und eine Frau in der Position von Ambra denken anders und agieren auch deutlich anders. Langdon und Ambra handelten wie zwei unbedarfte Teenager, die man leicht von A nach B schicken kann und die nicht so recht über die Konsequenzen ihres Tuns nachdenken (mögen). Die Guardia Real & Co. sind einfach Stümper, die kaum etwas zustande bekommen.
Auch die Handlung stellt in weiten Strecken das alte wohl Bekannte dar, das hier, nochmals aufgewärmt und mit anderen Details angereichert, bemüht wurde. Im Großen und Ganzen ist die Handlung eher unglaubwürdig, vordergründig aber mit einigen bombastischen Elementen versehen, und am Ende nicht so wirklich spektakulär: Zu viel versprochen und nicht sonderlich viel halten können. Zudem kann man in etwa ab der Mitte durchblicken, wer hinter dem ganzen Trara steckt.
Die Sprache brillierte streckenweise mit der darstellerischen Dürftigkeit und dem Armut des Ausdrucks: „war“, „hatte“, „sagte“ wohin das Auge reicht. Oft musste ich schon aus diesem Grunde Pausen einlegen. Alles zusammen genommen: wenig spannende, fadenscheinige Handlung voller ausgelatschten Muster, Unglaubwürdigkeit, armselige Sprache, etc. bescherte mir oft genug schlechte Laune.
Gut fand ich, dass so manches aus literarischen Werken von William Blake, das berühmte Gemälde von Paul Gauguin, die Werke vom bekannten spanischen Architekten Gaudí in den Erzählteppich eingewoben wurden und so womöglich mehr Aufmerksamkeit der Leser auf sich und ihre Werke ziehen werden.
Einige gute Ideen zum Schluss haben meine Meinung über das eher bescheidene Gesamtergebnis etwas mildern können. Das reicht gerade mal für drei Sterne.
Oft kam mir der Gedanke, dass dieses Werk auf ein ganz bestimmt definiertes Publikum, auf eine genau ausgetüftelte Zielgruppe zugeschnitten wurde: diejenigen, die sowohl einen sehr dürftigen Wissensstand haben und zudem wenig gebildet/nicht gewohnt sind, selbst zu denken und den gelieferten Stoff zu hinterfragen, denn der ist so dargeboten worden: alles ist kommentiert, erklärt, wer was fühlte und z.T. warum. Die häufigen Perspektivwechsel waren dazu nötig, auch von absoluten Nebenfiguren, alles war da, um Fertigbrei vordergründig attraktiv zu machen. Die Liebesgeschichte von Ambra und dem König passt ebenso in die Teenagervorstellungen wie die übrige Handlung.
Das Buch ist schön gemacht: Festeinband, Umschlagblatt, leider ohne Lesebändchen.
Das Buch habe ich auch z.T. gehört. Der Sprecher Wolfgang Pampel hat ganz gut gelesen, wobei ich den Eindruck hatte, dass er an seine Grenzen kam: Phrasen in kastilischem Spanisch, manchmal gar auf Katalanisch wollten ihm nicht so leicht von der Zunge rollen. Da ist die Betonung zwar meist richtig, was nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist, wie ich es aus anderen Hörbüchern mit Phrasen und Namen anderer Sprachen kenne, aber die Aussprache der nichtdeutschen Sätze ist schon recht ungeübt ausgefallen. Auch war mir, dass die Betonung der Worte innerhalb eines Satzes manchmal verkehrt lag, denn logischer wäre es, ein anderes Wort zu betonen, um den Satz den Lesern gut verständlich darzubieten. Aber solche Stellen habe ich schon in anderen Hörbüchern gehabt. Manchmal kann man so etwas evtl nicht meiden.
Die Stimme eines reiferen Herrn war mir nicht so recht zugänglich und passte für mich nicht so recht zu der Geschichte. Mir kam oft vor, dass der Erzähler mir Unwahrheiten erzählte, dass er mir etwas anpreisen wollte, das ich ihm beim besten Willen nicht abnehmen konnte. So war es im Grunde auch.

Fazit: Dürftige, dünne, nach Schema F konstruierte und bescheiden geschriebene Geschichte, die nun als ein must read überall angepriesen wird. Für manche Leserkreise ist sie vllt auch ein Highlight, je nach Standpunkt der Betrachtung.
Ich vergebe hier drei Sterne mit viel Wohlwollen.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Tempo
  • Atmosphäre
  • Lesespaß
Veröffentlicht am 05.08.2017

Atmosphärischer Krimi aus Kärnten.

Rachemond
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Rachemond ist ein guter Krimi aus Kärnten, der mit Lokalkolorit, Urlaubsflair und ruhiger Spannung eine nette Lektüre für ein verregnetes Wochenende werden kann.

Toll fand ich, dass der Roman das Werk ...

Rachemond ist ein guter Krimi aus Kärnten, der mit Lokalkolorit, Urlaubsflair und ruhiger Spannung eine nette Lektüre für ein verregnetes Wochenende werden kann.

Toll fand ich, dass der Roman das Werk und das Leben von Christine Lavant, der Kärntner Dichterin (1915-1973) in den Fokus rückt. Großartige Gedichte hat sie geschrieben, manche kann man auch online finden.

Ich war auf das Debüt des österreichischen Autors Wolfgang Jezek, der in Wien als Psychiater arbeitet, sehr gespannt. Mit etwas Glück kann man richtig schöne Erstlingswerke und spannende neue Autoren entdecken. Hier verhielt es sich allerdings anders als erhofft.

Klappentext beschreibt den Inhalt ganz gut: „In einem Verein, der die verstorbene Dichterin Christine Lavant verehrt, ereignet sich ein seltsamer Todesfall. Die Kärntner Polizei zeigt allerdings kein wirkliches Interesse daran, den Fall aufzuklären. Deshalb wird Elvira Hausmann, eine Wiener Journalistin, nach Kärnten gesandt, um Licht in die Sache zu bringen. Trotz heftiger Widerstände und umgeben von einer Mauer des Schweigens, versucht Elvira Hausmann den Fall zu klären. Durch die Geschichte spukt die Gestalt der verstorbenen Dichterin, von der ein Fluch auszugehen scheint …“

Mich hat die Buchbeschreibung fasziniert, weil es nicht so viele Krimis gibt, die eine Dichterin, ihr Werk und ferner Literatur insg. zum Gegenstand der Ermittlungen macht. Nach dem Lesen finde ich, dass man viel mehr aus der Geschichte hätte herausholen können.

Beim Handwerk und dem Ausdruck sah ich Luft nach oben. Die Sprache ist regional gefärbt. An sich gut passend, denn so etwas verleiht dem Krimi Flair und Lokalkolorit. Aber wenn man keinen Schimmer vom österreichischen Sprachgebrauch hat, muss man bei manchen Begriffen/Verben/Phrasen schon rätseln. Denkarbeit im Leseprozess ist auch schön, aber nicht unbedingt bei der Sprache. Da steht man oft auf dem Schlauch, denn ein Glossar für Preußen &Co. gibt es im Buch nicht. Weniger zugesagt haben mir die z.T. ausgedehnten war/hatte Wellen und unnötige Wortwiederholungen.

Der Plot ist von ruhiger Spannung geprägt. Später in den Ermittlungen geht es um das Manuskript, das nach Meinung der Vereinigung nicht an die Öffentlichkeit geraten darf. Ein weiterer toter alter Mann wird aufgefunden. Elvira gerät selbst in Lebensgefahr. Ein wohlbekanntes Muster. Wer für die Morde verantwortlich war, kam recht überraschend. Auch weil man kaum eine faire Chance erhalten hatte, selbst dahinter zu kommen.

Die Protagonistin fand ich unsympathisch, auch in sich nicht so ganz stimmig. Im Laufe der Geschichte offenbarte sie sich als eine gefühlskalte, hochnäsige Frau. Die Tränenanfälle halfen da wenig. Der Nachspann glich schon fast der Pilcherschen Erzählung im Schnelldurchgang. Das hätte weg bleiben können, da zum Hauptthema kaum Bezug.

Andere Figuren gerieten doch besser, insb. Männer, sympathischer wie Elviras neue Kärntner Freundin Karin. Auch der Kater war so lieb und kam so lebendig rüber. Aber mit Elvira konnte ich leider im gesamten Verlauf nicht warm werden.

Einige Aussagen zur Hochschulpolitik, politischem Engagement der Bürger, einigen anderen polit. Fragen, sowie Botschaften zum Schaden des Rauchens und Alkoholkonsums, waren hier und dort im Text verstreut. Letzteres war deutlich überzeichnet. Ich fühlte mich an solchen Stellen eher belehrt als gut unterhalten.

Fazit: Die Idee war sehr gut, an der Ausführung hätte man noch feilen können.

Man kann Rachemond durchaus lesen, wenn man nicht so genau hinschaut und keine große Spannung erwartet. Als leichte Feierabendlektüre geht er prima durch. Man ist in Lavanttal, isst mit Elvira etliche Male Kasnudeln in brauner Butter und redet mit dem Geist von Christine Lavant an ihrem Grab.

Zu gerne hätte ich diesen Krimi höher bewertet, leider kann ich nicht mehr als drei Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 25.04.2017

Konnte mich leider nicht so ganz überzeugen.

Das gefälschte Lächeln
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Die Beschreibung, das sehr gelungene Coverbild und der gut gewählte Titel weckten meine Neugier und verleiteten mich dazu, mir diesen Krimi näher anschauen zu wollen. Alles klang vielversprechend nach ...

Die Beschreibung, das sehr gelungene Coverbild und der gut gewählte Titel weckten meine Neugier und verleiteten mich dazu, mir diesen Krimi näher anschauen zu wollen. Alles klang vielversprechend nach spannenden Lesestunden. Leider kam es im Endeffekt doch anders.
Anfangs gefiel mir die Geschichte sehr gut, v.a. die Sprache, der Ausdruck. Ich mag auch gerne Krimis, die Künstlermilieu einbeziehen, manch spannende Überlegungen und das Rätseln um einen Mord liefern.
Zwei Erzählstränge gibt es: Der eine schildert bildhaft den Raub von Mona Lisa aus dem Louvre im Sommer 1911. Die Vorbereitungen, hier lernt man den Räuber Peruggia recht detailliert, sowie seinen Auftraggeber kennen, der Werbungsprozess, denn der angebliche Hermann Weber musste Peruggia erstmal bearbeiten, die Motive und Absichten der beiden füllen die Seiten. Der Deutsche, gerissen und hinterlistig, manipuliert den einfach gestrickten Italiener. An sich ganz unterhaltsam. Dabei tauchte aber hartnäckig die Frage auf: warum diese Ausführlichkeit? Der Strang setzt dann später, in etwa in der Mitte des Buches, im 2.ten Weltkrieg wieder an und zeigt weitere Abenteuer des Gemäldes durch die Weltgeschichte bis zur heutigen Zeit. Dabei gilt der erste Satz des Romans: „Die Geschichte, die hier erzählt wird, ist unwahr.“
Der zweite Erzählstrang spielt durchgängig in der Gegenwart in Hamburg. Kommissar Unger ermittelt in der Mordsache an einem älteren Kunstsammler. Und ab hier, recht früh, fing mein Lesevergnügen zu bröckeln an. Unger kam mir zu kontur- und antlitzlos vor, dazu noch wenig authentisch. Als einen echten Norddeutschen, einen Hamburger, konnte ich ihn nicht abnehmen. Der Konflikt mit seiner Mutter, die bei ihm vorübergehend wohnt und ihm die Stullen zur Arbeit mitzugeben pflegt, war mir schlicht zu sehr thinking out of the box. Ungers jüngere Kollegin Monique war schon viel lebendiger, glaubhafter, gewiefter. Weiterer Kollege, Schreiber, hat durchaus Potential, konnte den leider hier nicht so recht entfalten.
Im Laufe der Ermittlungen lernte man „ungleiche Zwillinge“ und „ungeliebte Geschwister“ kennen und hier tat sich die Pandorabüchse auf, was Konstruiertheit und als Konsequenz Unglaubwürdigkeit angeht. Noch mehr Klischees kamen dazu.
Die Sprache ließ auch nach. Einige vermeidbare Wortwiederholungen und reger Gebrauch von Hilfsverben, insb. „war“, z.B. S. 176-177, seltsamer Satz auf S. 215, letzter Absatz, warfen mich oft genug aus dem Lesefluss. Mein Lesevergnügen war hinüber.
Zum Schluss wurde die Bedeutung des Falles ganz schön aufgebauscht, was die schon ohnehin wackelnde Glaubwürdigkeit noch weiter ins Wanken brachte. „Das Bundeskanzleramt hat mit höchster Dringlichkeitsstufe einen Bericht angefordert.“ S. 239. Ja. Und morgen kommt der Papst persönlich im Kommissariat vorbei und sagt, was Sache ist.
Es gab aber auch einige interessante Momente. Situativ wurde einem vor Augen geführt, dass man in Deutschland kein Eigentum an der gestohlenen Sache erwerben kann, es sei den... Dieser Mordfall ist ein sehr gutes Beispiel hierfür. Es gibt auch philosophisch angehauchte, zum Nachdenken anregende Überlegungen zum Thema, was Original und was Fälschung sein soll. Eine Anekdote über Sarkozy und Berlusconi mit seiner antiken Uhr auf dem Kaminsims wurde auch ganz nett erzählt. Zum Thema Vergiftung/Verbrennung mit Phosphor erfuhr man einiges, dazu gab es detailreichen Ausführungen. Recht unterhaltsam.

Fazit: Es gibt Geschichten, die einen vollends gefangen nehmen und viel Lesevergnügen bereiten. Es gibt aber auch andere. So auch diese. Anfangs viel versprochen und deutlich weniger gehalten. Etwas Neues zu Mona Lisa oder zum Kunstsammlermilieu erfährt man kaum, wenn man sich bereits ein wenig damit beschäftig hat. Dafür gibt es viele Klischees, 08/15 Hauptfigur und einen zu konstruierten Mordfall. „Das gefälschte Lächeln“ konnte mich leider nicht wirklich überzeugen, aber zum Lesen für zwischendurch geht es schon i.O.

Veröffentlicht am 06.03.2017

Ein guter Frauenroman. Authentische Geschichte, überlebensgroße Figuren.

Wenn ich jetzt nicht gehe
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„Wenn ich jetzt nicht gehe“ ist ein guter Frauenroman, bei dem insb. die überlebensgroßen Figuren und die authentische Geschichte vorteilhaft ins Gewicht fallen.
Der deutsche Titel erscheint mir glücklicher ...

„Wenn ich jetzt nicht gehe“ ist ein guter Frauenroman, bei dem insb. die überlebensgroßen Figuren und die authentische Geschichte vorteilhaft ins Gewicht fallen.
Der deutsche Titel erscheint mir glücklicher gewählt als der Originaltitel „La Templanza“ (Die Mäßigung). Das Coverbild ist ein wahrer Hingucker und passt wunderbar zum Inhalt.
Der Einstieg fiel mir aber nicht leicht. Die Bilder der Armut und Elend im mexikanischen Hinterland des 19 Jh. konnten mich kaum packen. Da wurde zwar auf Mitleid plädiert, aber so recht überzeugen konnte mich das alles nicht. Solche Stellen gab es auch im weiteren Verlauf des Romans, wie z.B. die Schilderung des Billardspiels: klobig, gewollt, sprachlich eher holprig. Das Plappern des allwissenden Erzählers, der mal aus Mauros mal aus der Perspektive seines Gegners etliche Erklärungen losließ, half auch kaum weiter. Einzig die gut eingebauten überraschenden Wendungen retteten oft das Ganze und ließen weiterlesen. Nach etwa 80 Seiten kam die Geschichte in Bewegung. Mauro, der mit Silberminen als junger Mann reich geworden war und nun Jahre später sein Hab und Gut wieder verkaufen und seine schwangere Tochter bei ihrer neuen Familie zurücklassen musste, erreichte Havanna in der Hoffnung, zu Geld zu kommen, um sein Kredit wieder zurückzahlen zu können. Obwohl er gleich zwei Optionen angeboten bekam, nahmen seine Abenteuer eine ganz andere Wendung. Weitere Reise führte ihn nach Jerez, Andalusien, wo er ein Weingut und das dazugehörige Anwesen verkaufen wollte. Er plante bloß Geld zu machen und wieder zu seinem alten Leben zurückzukehren. Sein Schicksal wollte es aber anders.
Die Verwicklungen in Jerez, angereichert mit Familiengeschichte des alten Winzerclans, fand ich authentisch. Mir war aber die Handlung etwas zu konstruiert, eindimensional, manches unglaubwürdig. Man ist immer in einem Handlungsstrang beim Mauro, der versucht, in der Fremde Probleme zu bewältigen und im Leben wieder Fuss zu fassen. Im Großen und Ganzen war der Ausgang der Story doch recht voraussehbar.
Die Geschichte las sich sonst ganz gut, wären da nicht diese viele unnötige Erklärungen und behauptete Emotionen. Es war leider oft so, dass kaum ein Dialog/ eine Szene angefangen hatte, schon sprang die allwissende Erzählerin um die Ecke und fing an eifrig zu erklären, je nach Situation in abwechselnden Perspektiven, wer, was dabei gedacht/ früher angestellt hatte und warum und wie jetzt das alles aufzunehmen wäre. Die Fähigkeit der Leserschaft selbständig zu denken war hier wohl nicht vorausgesetzt, weshalb eine Flut von Fertigbrei die Geschichte zukleiserte, das Vorankommen erschwerte und mir den Spaß am Lesen nahm. Diese Erklärungswut setzte sich leider bis zum Ende durch, was mich etliche Male das Buch beiseitelegen ließ.
Die Figuren, insb. Soledad, standen mir lebendig vor Augen und erzählten ihre Geschichten und zum Schluss auch ihre Geheimnisse. Eine Figur ist abgebrühter als die andere. Was Gut von Böse unterscheidet ist der Grund und die Absicht. Eine Frauenfigur kam mir jedoch schlicht überzeichnet vor, die Beschreibungen ihres Verhaltens mal unbeholfen, mal gekünstelt. Aber insg. war auch sie es wert, sie und ihre Beweggründe kennenzulernen.
Viele Themen wie Familienzusammenhalt, Liebe, Freundschaft sind ein fester Bestandteil des Romans, auch Umgang mit Demenz, mit Leibeigenen, Sklavenhandel sind prima hineingewoben worden.
Die Liebesgeschichte zwischen Mauro, einem sympathischen Kerl mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, der zwei erwachsene Kinder hat, und Soledad, der letzten Frau aus dem alten Winzerclan, die was vom Geschäft versteht und schwer um die Reste ihres Vermögens kämpft, ist doch recht gut geworden. Viele Verwicklungen: die Beiden mussten vieles meistern und etliches bewältigen.

Fazit: Wer Familiengeschichten mit ihren alten Geheimnissen liebt, wird hier fündig. Ich habe auf etwas mehr Kunstfertigkeit gehofft, daher vergebe ich gute drei Sterne und eine Leseempfehlung für die Fans des Genres.