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Veröffentlicht am 10.01.2017

Ein Genusskrimi verkommt zu einem drittklassigen Agententhriller.

Gefährliche Empfehlungen
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In der Folge 5 der Reihe mit dem luxemburgischen Koch Xavier Kieffer ist der angeschlagene Kurs, den man aus vorigen Folgen kennt, völlig verändert worden. Wenn man in früheren Kieffer Krimis eine Art ...

In der Folge 5 der Reihe mit dem luxemburgischen Koch Xavier Kieffer ist der angeschlagene Kurs, den man aus vorigen Folgen kennt, völlig verändert worden. Wenn man in früheren Kieffer Krimis eine Art Enthüllungsjournalismus in unterhaltsamer Form zum jeweiligen Thema, wie z.B. Olivenöl und brisante Details um seine Produktion und Vertrieb (Folge 4) oder Thunfisch (Folge 2), genießen konnte, wurde hier etwas ganz anderes, was kaum in den Gastrobereich fällt, zum Gegenstand der Ermittlungen, und man durfte sich als Fan der Reihe veräppelt fühlen.
Französische Politik und franz. Präsident Francoise Allegrét, den man schon aus der zweiten Folge kennt, spielt hier schon fast eine zentrale Rolle, was dem Ganzen nicht guttut. Spannung? Fehlanzeige.
Es gibt zwei Erzählstränge: in der Gegenwart sucht Kieffer nach verschwundener Ausgabe von Gastroführer Gabin aus dem Jahr 1939. Es gibt einen toten Bibliothekar, Kieffer wird verfolgt. Der abwechselnd erzählte Strang, der eher für Verwirrung sorgte, ist im zweiten Weltkrieg angesiedelt. Dort wird man mit Schilderungen des Alltags der Soldaten in Frankreich „beglückt“. Die Figuren blieben schemenhaft und ihre Gespräche, viel mehr war nicht dabei, nicht mehr als ein Geplänkel. Am Ende kommen die beiden Stränge mehr oder minder zusammen.
Ich muss sagen, dass ich mich für diesen Kurswechsel gar nicht begeistern konnte. Meine frühere Begeisterung für die Reihe war völlig hinüber. Gastroteil ist eher ein Beiwerk, eine Alibiveranstaltung, um einen dürftig zusammengebastelten Agentenroman noch als Folge der früheren Krimis mit dem luxemburgischen Koch aussehen zu lassen.
Manche Elemente wie Verbrennung der Bücher und die bösen Russen muten ganz anders an und man fragt sich, ob man diese wenig rühmliche Gegebenheiten (Bücherverbrennung von Nazis und Kalter Krieg der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts) wieder aufleben sollte, selbst in leicht abgewandelter Form und auf den Seiten eines drittklassigen Agentenkrimis. Eine Aufwertung des Plots, der so oder so arg zusammengebastelt wirkt, war es wohl kaum, genauso die Figur des franz. Präsidenten als Verschnitt aus dem Vorigen und Gegenwärtigem, aber in der Schwulvariante, der wie ein Wahnsinniger nach Macht strebt.
Diese Einfallslosigkeit, die einen durch den Roman begleitet, ist schon erschreckend. Man braucht sich nicht zu wundern, dass die Auflösung entsprechend ausfällt. Fragen der Glaubwürdigkeit tauchen dabei hartnäckig auf. Um das Ganze noch „abzurunden“, gibt es seitenlange Erklärungen, wie die großen Bibliotheken funktionieren und wie man dort Recherche betreibt. Das ist eigentlich das Interessanteste an dieser Folge. Selbst bei den Figuren, die man in den vorigen Fällen witzig und sympathisch fand und sich auf das Wiedersehen freute, konnte kein Funke rüberspringen. Sie blieben blass und marionettenhaft.
Die Sprache ließ mich auch oft genug zusammenzucken. „War“ ist wohl das liebte Wort des Autors. Insb. Kap. 10 trieft davon.
Ich musste öfter Pausen einlegen. Solche Krimis sind sonst in ein- zwei Lesesitzungen durch. Dieser hier zog sich aber über mehrere Tage und ich musste mich motivieren, das Buch wieder aufzunehmen.

Fazit: Enttäuschend auf der ganzen Linie. Zu bemüht kommt mir dieser Agentenkrimi daher. Halbherzig zusammengeflickt und auf die Leser losgelassen. Offensichtlich, dass dem Autor nichts Aufregendes eingefallen war, da musste die Recherche und aktionsreiche Verschnitte aus anderen Agentenromanen herhalten. Mir wäre es viel lieber gewesen, wenn diese Folge in der alten Tradition der Reihe geblieben wäre, sowohl was die Themenwahl, den Aufbau, als auch die Gestaltung der Figuren angeht. Ich bin so enttäuscht, dass ich mich frage, ob ich wieder etwas von dem Autor lesen werde. Ich kenne fast alle seine Werke, die ich sonst recht gut und lesenswert fand, aber nach diesem Flop ist eine längere Pause dran.
E-book, 416 Seiten der Printausgabe.

Veröffentlicht am 17.04.2018

08/15 Zeitungswissen. Volksverdummung. Zeitverschwendung.

Größer als das Amt
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Leider habe ich keine besonders gute Meinung von diesem Buch gewinnen können. Vielmehr stellt das Comey Werk eine Zumutung in vielerlei Hinsicht für die Leser dar. Anfang und Ende trieft vor Pathetik. ...

Leider habe ich keine besonders gute Meinung von diesem Buch gewinnen können. Vielmehr stellt das Comey Werk eine Zumutung in vielerlei Hinsicht für die Leser dar. Anfang und Ende trieft vor Pathetik. Dazwischen viel Füllstoff, absolut nichts Neues, nichts, was man aus den Leitmedien nicht bereits erfahren konnte, dafür aber viel Gerede um den heißen Brei, Volksverdummung im großen Stil, Putin-/Russland-Bashing, was wiederum nichts Neues ist.
So wie das Buch in der Presse angepriesen wird, hpts. in Verbindung zu Trump, dafür fällt es deutlich anders aus. Erst auf S. 304 kommt es so langsam zu dem ersten Treffen der beiden. Ein Stück früher sagt Comey, es war nicht seine Absicht, Trump zum Sieg zu verhelfen, wofür sich Trump beim gemeinsamen Dinner bei ihm bedankt hatte, aber sonst geht es erstmal weitestgehend ohne.
Auf den ersten etwa zweihundert Seiten muss man sich gedulden und sich mit den Inhalten begnügen, für die man im Allg. nur bedingt Interesse aufbringen kann. Der werte Autor holt deutlich zu weit aus und fängt bei seiner Jugend an. Die Hinhaltetaktik hat jedoch Gründe. Comey will sich als einen Helden aufbauen, einen oberkorrekten Verfechter hoher moralischer Werte, dabei bemüht er sich redlich, unbedingt sympathisch rüberzukommen, sucht immer wieder den Zugang zum Leser über Emotionen. In regelmäßigen Abständen menschelt es schon sehr. All die Tricks aus dem Werkzeugkasten der Belletristikautoren zum Heldenaufbau findet man hier mühelos.
Dumm nur, dass „unser Held“ dabei nicht sonderlich glaubwürdig erscheint. Und sein Hang, für eigene Fehlentscheidungen und Fehtritte die Schuldigen woanders zu suchen, gibt seinen Aussagen den Rest. Seine Argumentation erscheint beim näheren Hinsehen als widersprüchlich und lächerlich insg., sein Verhalten lässt eher an Naivität eines Kindergartengängers denken.
Auf S. 304 spricht Comey vom Urteilsvermögen, was es ist, wie man es erkennt usw. Genau das traut er seinen Lesern offenbar nicht zu, anderenfalls würde er ihren Verstand wohl kaum mit dieser Art von Argumentation und dem Buch insg. beleidigen.
Dieses Werk ist hpts. für die treudoofen Ja-Sager geschrieben worden, die, kraft ihrer Vorkonditionierung, oder besser gesagt der verpassten Hirnwäsche in Sachen Freund und Feind auf dem nationalen und internationalen Parkett, imstande wären, ihm alles aufs Wort zu glauben.
Es gibt keine Quellen in diesem Buch. Alles bewegt sich auf dem Hören-Sagen-Niveau. Dabei wird so getan, als ob Comeys haltlose Behauptungen der Wahrheit letzter Schlag wären. Diese stehen aber ohne jegliche Belege, die seine Aussagen zumindest ansatzweise beweisen könnten, nackt im Raum da.
Welch bescheidenes Bild muss man von seinen Lesern haben, um ihnen so etwas zu bieten. Der werte Herr will dabei auch ernst genommen werden. Das fiel mir auf der gesamten Strecke unheimlich schwer.
Stellenweise berief er sich auf die Infos aus den geheimdienstlichen Quellen. Warum musste ich bloß dabei an 2003 und den Einmarsch in den Irak denken, als alle getönt hatten, sie hätten feste Beweise fürs Vorhandensein der Atomwaffen dort? Erst Jahre und viele bittere Konsequenzen später, Entstehung des IS inkl., wurde gesagt, sorry, dies war eine Lüge. Wie auch seit Langem bekannt ist, gibt es keine handfesten Beweise für die Einmischung Russlands in die US Wahlen. Comey lässt diese Anschuldigung als eine handfeste Tatsache dastehen. Demnach bekommt er zu Weihnachten wohl regelmäßig Besuch von einem waschechten Weihnachtsmann.
Was sein Verhältnis zu Trump angeht, darüber schreibt Comey ganz am Ende, auf den letzten ca. dreißig Seiten. Dabei ist nichts, was man nicht bereits den Leitmedien entnehmen konnte: Ja, Comey vergleicht Trump und seine Praktiken mit denen der Mafiabosse, wie man es bereits aus der Presse gehört hat. Das ist alles.
Solche Dinge, die im Grunde nichts verraten, und über die man bereits in den Zeitungen lesen konnte, sind zum Zweck der Effekthascherei da. Nichts weiter als ein Mittel, Aufmerksamkeit an sich zu ziehen, ohne dabei wirklich lesenswerte Inhalte zu bieten. Comey darf keine Geheimnisse verraten, das tut er auch nicht. So viel zu den „Enthüllungen“.
Was mir positiv aufgefallen war:
Die Übersetzung ist sehr gut. Die Texte lassen sich flüssig und insg. sehr angenehm lesen. Hut ab vorm Übersetzerteam!
Das Buch ist gut gemacht. HC in Tiefblau, Umschlagblatt aus hochwertigem, glattem Papier. Jedes Kapitel beginnt mit Zitaten und fängt stets auf der rechten Seite an.

Fazit: Zu 90% besteht dieses Buch aus dem 08/15 Zeitungswissen gepaart mit weiteren Versuchen der Hirnwäsche, haltlosen Behauptungen und der Art der Argumentation, die ein Leser mit gesundem Menschenverstand kaum ernstnehmen kann.
Das Hauptanliegen war hier wohl, seine eigene Person und das eigene Tun in der Öffentlichkeit besser darzustellen. Kurz gesagt: Imagepflege. Leider ist es voll nach hinten losgegangen. Früher war ich keiner schlechten Meinung von dem geschassten FBI Direktor. Nach diesem Buch aber schon.
Schade um die Bäume, die ihr Leben für so etwas hergeben mussten.

Wenn Sie an Volksverdummung nicht teilnehmen wollen, lesen/hören Sie folgende Bücher:
„Global Discontents“ Interviews von David Barsamian mit Noam Chomsky,
„Illegale Kriege“ von Daniel Ganser,
„Plot to Scapegoat Russia“ von Dan Kovalik,
„The Putin Interviews“ Oliver Stones Gespräche mit Putin,
„Die Angst der Eliten“ von Paul Schreyer,
„Lügen die Medien?“ von Jens Wernicke,
„Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ von Ulrich Mies, Jens Wernicke,
„Wir sind die Guten“ von Mathias Bröckers und Paul Schreyer,
„Eiszeit“ von Gabriele Krone-Schmalz,
Werke von Noam Chomsky

Veröffentlicht am 30.11.2016

Ein gehypter „Bestseller“.

Sieben minus eins
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Von der Lobpreisung im Klappentext: „…psychologisch raffiniert, voller abgründiger Wendungen und unerhört spannend.“ lies ich mich in die Irre führen und holte das Buch. Ich lese gerne in Reihen und einen ...

Von der Lobpreisung im Klappentext: „…psychologisch raffiniert, voller abgründiger Wendungen und unerhört spannend.“ lies ich mich in die Irre führen und holte das Buch. Ich lese gerne in Reihen und einen Auftakt einer spannenden Krimireihe wollte ich nicht verpassen.
Aber was dann kam, war eine durch und durch konstruierte wie primitive Geschichte voller Klischees, sowohl in der Handlung als auch in den Beweggründen der Figuren. Beinah keins von noch so abgedroschenen Klischees, die man schon zig mal woanders gelesen hat, die wiederum von irgendwem als Erfolgsfaktoren für einen Bestseller identifiziert worden waren, wurde hier ausgelassen. All diese Dinge, wie z.B. der Freud’sche Ansatz bei den Tätermotiven (die Hauptfiguren kennen sich seit Kindheit und dort ist das wahre Motiv zu suchen), irgendwelche Teile, die bei jedem Tatort als Zeichen und zwecks der Wiedererkennung liegengelassen werden, dazu kommen als Emotionsgrundalge und Zieldefinition der Ermittler gleich mehrere verschwundene Mädchen, dann gibt es den bösen Staat, der den Spruch „Undank ist der Welt Lohn“ mit jeder Handlung der Polizei- und Geheimagenturbosse zum Besten gibt, etc. All die alten Kamelle werden von einem pseudo (Bestseller-)Thriller (im Sinne von Wettstreit Gut gegen Böse) zu anderen herübergereicht. Gähn.
Die Hauptfiguren sind zwei zombihafte Unsympathen, mit denen man wohl kaum durch die Geschichte fiebern kann, demenspr. lässt einen weitestgehend kalt, was ihnen demnächst passiert. Die Höhe ist wohl bei dem Sam Berger erreicht, der wichtige Gegenstände, die von den Angreifern im Anmarsch nicht entdeckt werden sollen, im eigenen Darm eben schnell verschwinden lässt. Anschließend folgt ein langes Verhör. Da fragt man: „Sitzt er da gut?“ Auch paar andere Details aus seiner Vergangenheit disqualifizieren ihn in der Rolle des Helden.
Seine Partnerin hat nichts von einer Frau. Sie ist ein Zombie, der für eine Frau rein willkürlich erklärt wurde.
Die Handlung ist absolut nicht spannend, sondern wirr und auf Teufel-komm-raus-ich-will-hier-einen-Bestseller-produzieren dürftig gebastelt. Der Kern lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es dreht sich alles um den Schwanz. Klingt wirr und komisch? Ist es auch. Leider kein Witz.
Ich habe mich sehr lange durchs Buch gequält, dann eine Hörbuchversion geholt, damit ich überhaupt mal ans Ende komme. Beim heimischen Werkeln geht meistens auch etwas weniger Gutes. Aber dadurch, dass diese dürftige Geschichte vorgetragen wurde, wirkte sie noch grotesker und komischer. Der Nachname Berger wird als Berja ausgesprochen. Vllt ist es auf Schwedisch richtig, bloß diese Zusammensetzung an Klängen weckt bei mir ganz andere Assoziationen, die wiederum irreführend wie störend sind. Das Hörbuch wurde zurückgegeben.
Die Schreibe ist a lá viel gewollt, wenig gekonnt. Die Art der Stoffdarbietung erscheint mir Leserherabwürdigend, da dem Leser die Fähigkeit, eigene Schlüsse zu ziehen, gänzlich abgesprochen wurde. Alles wird fertigbreiartig dargereicht, allerhand Zeugs behauptet (sehr viel „tell“ aus dem „Show, don’t tell“), was auch nicht unbedingt stimmt und ich meine liebe Mühe hatte, dem Quatsch Glauben zu schenken. Eigentlich braucht man bloß zu schlucken, aber das mochte ich nicht, da im hohen Grade ungenießbar.
Es wohnt diesem Machwerk auch keine Seele inne. Alles ist so kalt, befremdend, zombihaft, dass man sich fragt, warum man das alles in einem Buch haben muss. Falsch interpretierter Realismus.
Ich versuche, solche Perlen so gut wie es geht umzuschiffen, damit ich gar nicht erst in die Pflicht komme, so etwas zwecks der Rezension zu lesen, aber der Werbetext führt einen so gründlich in die Irre, dass es doch dazu gekommen ist, was mich sehr ärgert.
Fazit: Es gibt rein gar nichts, was ich an diesem Machwerk für gut erklären kann. Auf einem Reißbrett als Massenware entworfen, mehr gewollt als gekonnt dargeboten und ein Hype drum herum organisiert. Ein Stern und nie wieder Arne Dahl.

Veröffentlicht am 07.10.2017

Zutiefst enttäuschendes Propagandawerk.

Mein Russland
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Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir ...

Dieses Buch habe ich mit wachsendem Entsetzen gelesen, um es schließlich voller Abscheu in die hinterste Ecke zu pfeffern. Mit so einer Ladung von dumpfem und offenem Antirussismus konfrontiert, war mir speiübel, sodass ich erstmal an die frische Luft und tief durchatmen musste.

Dass der Schreibstil gängigem Boulevardjournalismus entspricht, konnte ich noch halbwegs hinnehmen, auch wenn dies der Autorin nicht gerade zum Ruhme gereicht. Dass aber Behauptungen auf dem Hören-Sagen Niveau, die die heutige Regierung Russlands wie das Leben dort insg. in ein sehr negatives Licht in den Augen der Leser rücken einerseits und das Verschweigen von wichtigen Details, um z.B. die Opposition zu Helden der Freiheitsbewegung und Menschenrechte zu stilisieren, andererseits einen großen Teil der Ausführungen bilden, entblößt das Machwerk eindeutig als Propaganda. Zum Beispiel wurde die Tatsache verschwiegen, dass M. Chodorkowsky, der nach wie vor Held der westlichen Medien, aufgrund von persönlichem Brief an den Präsidenten mit der Bitte um Entlassung aufgrund der tödlichen Erkrankung seiner Mutter freikam. Als quasi Gegenleistung versprach er, sich nicht mehr politisch zu engagieren. Das stand zur Zeit seiner Entlassung in allen dt. Zeitungen. Und was ist dann passiert? Er geht ins Ausland und bricht prompt sein Wort. Auch dass ein Gesetz, das die ausländischen NGOs, die politische Aktivitäten im Land finanzieren, als fremdgesteuerte ausländische Agenten tituliert, ist an sich nichts Neues oder gar Verwerfliches, wie es im Buch oder auch insg. hingestellt wird. Übrigens, der Sender Doschd wurde lange aus dem Ausland finanziert. Das weiß jeder, der zumindest halbwegs im Thema ist. Aber gerade das wird hier nicht erwähnt, stattdessen was von Werbeeinnahmen gequasselt. So ein Gesetz gibt es in USA seit Langem. Wenn es aber auch in Russland eingeführt wird, das wird als krimineller Akt politischer Unterdrückung in den Massenmedien gefeiert. Ein anderes Beispiel: Munter wird gleich zu Anfang von Krim-Annexion geplappert. Dass es aber eine Volksabstimmung dem voranging, bei der die Mehrheit der Krim-Einwohner für den Anschluss an Russland stimmte, das wurde, klarer Fall, unter den Teppich gekehrt. Von Olympia 2014 wird als einem Akt der Machtdemonstration berichtet, nur negativ, etwas Positiveres fiel unter den Tisch, als ob es nicht gutes da zu sagen wäre.

Es gibt noch mehr Beispiele dieser Art, die sowohl die Doppelmoral offenbaren, als auch darauf abzielen, ein möglichst negatives, abstoßendes Bild der heutigen polit. Führung Russlands und des Lebens dort insg. in die Köpfe der Leser zu pflanzen. All dies wurde nach einem ausgelatschten Muster mit bekannten Werkzeugen der Propagandisten bewerkstelligt, um an die Leser ranzukommen wurden unmissverständliche Appelle an die Emotionen benutzt.

Ich zitiere eine Leserin, die zu einem früheren, ähnlich gelagerten Werk zum Thema Russland Folgendes geschrieben hat: „All jenen, die ihre tägliche Dröhnung dumpfen Antirussismus brauchen, ist dieses Machwerk wärmstens zu empfehlen. Dagegen sollte jeder an Wahrheit und Realitätsnähe interessierte Mensch…“ setze ich fort: zumindest „Illegale Kriege“ von Daniel Ganser, „Wer beherrscht die Welt“ von Noam Chomsky, „Russland verstehen“ und „Eiszeit“ von Gabriele Krone-Schmalz, ferner „Die den Sturm ernten“ von Michael Lüders, „Schwarze Flaggen“ von Joby Warrick, „Nur wenn du allein kommst“ von Souad Mekhennet und „Propaganda als Machtinstrument“ von Alexandra Bleyer lesen, um der massenmedialen Verblendung zu entkommen und zu verstehen, wer von der Kluft zw. Europa und Russland profitiert und warum an ihrer Ausweitung seit Langem so hartnäckig gearbeitet wird.

Ich schließe mit den Zitaten aus o.g. Werk von Michael Lüders: „Wie geht man damit um, wenn das, was zu den größten Errungenschaften unserer Zeit gehört, nämlich Freiheit und Demokratie, in der Geopolitik zu purem Zynismus verkommt? Wie lässt sich angesichts der hier vorgetragenen Faktenlage allen Ernsten behaupten, westliche Politik stehe für „Werte“, im Gegensatz zu etwa russischer oder chinesischer?“ S. 163.

„Eigentlich wäre es höchste Zeit, innezuhalten und sich neu zu sortieren. Eine Weltordnung zu begründen, die um Ausgleich und Kompromiss unter den jeweiligen Akteuren bemüht ist, einen Dialog auf Augenhöhe führt. Die vom Zenit abgleitende Weltmacht USA sucht genau diesen Ausgleich nicht. Sie ist bestrebt, eigene Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen, notfalls mit Gewalt. Und nicht zuletzt mit Hilfe einer auch medial betriebenen Dämonisierung des gegenwärtigen Hauptgegners Russland. Die Machtpolitik Moskaus, Teherans oder Pekings ist im Zweifel jedoch nicht mehr und nicht weniger skrupellos als die des Westens. Sie in den Kategorien von „gut“ und „böse“ zu verorten, wobei „wir“ natürlich zu den Guten rechnen, das grenzt an Volksverdummung.“ S. 167.

Fazit: Ich kann mich in diesem Fall nicht mal zu zwei Sternen durchringen. Mir ist um jede Minute schade, die ich mit diesem Buch verbracht habe, was sein musste, da Rezensionspflicht. Und noch mehr ist mir schade um die Bäume, die ihr Leben hergeben mussten, damit so etwas gedruckt wird.

In der heutigen Situation braucht die Welt, die eine gute, lebenswerte Zukunft haben will, genau das Gegenteil: Brückenbauen statt Konfrontation weiter zu treiben und Entfremdung und Entsetzen in die Köpfe der Leser zu pflanzen. Daher sage ich: Vergessen wir dieses Machwerk und lesen lieber etwas Gutes, s.o.