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Veröffentlicht am 06.08.2019

Erschütternde Biografie

Ich bin eure Stimme
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Der IS hat unzählige JesidInnen umbringen lassen und die Frauen verschleppt und versklavt. Dafür, das Schweigen aufzulösen und für die Rechte der JesidInnen und der Anerkennung der an ihnen begangenen ...

Der IS hat unzählige JesidInnen umbringen lassen und die Frauen verschleppt und versklavt. Dafür, das Schweigen aufzulösen und für die Rechte der JesidInnen und der Anerkennung der an ihnen begangenen Verbrechen durch den IS zu kämpfen, dafür setzt sich Nadia Murad ein, die heute in Deutschland wohnt.

Diese Autobiografie ist ihre Geschichte. Die Geschichte, wie sie in einem kleinen Dorf im Norden des Iraks in einer jesidischen Gemeinschaft aufwuchs, wie der Großteil ihrer Familie ermordet wurde, wie sie vom IS versklavt wurde und schließlich floh.
Sie beginnt damit, ihren Heimatort zu schildern, und die Situation der JesidInnen, die seit Jahrhunderten wegen ihres Glaubens verfolgt und als Spielball der Politik instrumentalisiert werden. Nadia Murad schildert, wie sie in einer Atmosphäre der stets präsenten Angst, aber auch inmitten einer Gemeinschaft in einem eher einfachen, ländlichen Leben aufwuchs, das sie geliebt hat. Sie gibt einen Einblick in die jesidische Kultur, in ihr Alltagsleben, und diskutiert auch die Fragen der Identität als JesidInnen, die auf vernichtende Weise stets zentral waren. Somit lernt de/die LeserIn neben der Kultur der JesidInnen auch die politische Geschichte des Iraks kennen.

Nadia Murad schildert die vergebliche Hoffnung und die steigende Verzweiflung während der Belagerung ihres Heimatortes, ebenso wie die nachfolgenden Ereignisse, die so unmenschlich und grausam waren, dass es mir schwerfiel, das zu begreifen. Sie gibt den abstrakten Verbrechen und dem abstrakten Phänomen des IS ein Gesicht und ließ sie real werden. Ich war betroffen, schockiert, fassungslos, entsetzt ... gibt es Worte, die ein solches Leseerlebnis beschreiben können? Sie schildert die Vergewaltigungen, die sie durchlitten hat, die Gewalt, die Ermordungen ihrer Familie, und gibt all dem so ihre Stimme.
Gleichzeitig ist es aber auch die Geschichte einer starken, jungen Frau, die niemals aufgegeben hat, die gekämpft hat, die unheimlichen Mut bewiesen hat und die letztendlich geflohen ist.
Und somit ist dies ein Buch, das erschüttert, aber das auch ein Zeugnis des Genozids an eine Gruppe ist, deren Geschichte von Unterdrückung und Gewalt geprägt ist. Ein Zeugnis der Schrecken des IS, die hier auf einmal real werden und damit nicht weniger grausam oder brutal.

Fazit: Erschütternde Biografie einer starken Jesidin, die den Genozid an ihrer Glaubensgemeinschaft schildert und die Verbrechen des IS real werden lässt.

Veröffentlicht am 06.08.2019

Poetisch, tiefgründig, unvorhersehbar und mitreißend!

Strange the Dreamer - Der Junge, der träumte
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Allein der Schreibstil wäre schon ein Grund, dieses Buch zu lesen. Laini Taylor gehört zu den AutorInnen, die sich durch ihren ganz individuellen, hervorstechenden Schreibstil auszeichnen. Auf poetische ...

Allein der Schreibstil wäre schon ein Grund, dieses Buch zu lesen. Laini Taylor gehört zu den AutorInnen, die sich durch ihren ganz individuellen, hervorstechenden Schreibstil auszeichnen. Auf poetische Weise beschreibt sie die Geschehnisse, und ich habe es geliebt, einfach nur ihre Beschreibungen zu lesen, die so ungemein malerisch und bildhaft sind, voller Metaphern, aber ohne, dass es zu viel wird.

Aber auch ansonsten sticht dieses Buch aus der Masse hervor. Das Setting ist eine High Fantasy-Welt und der Protagonist Lazlo Strange auf den ersten Blick alles andere als ein Held. Nichtsdestotrotz verbirgt sich dahinter aber ein durchaus vielschichtiger Charakter.
Dabei wird ausgedrückt, wie wenig das Äußere manchmal über das Innere eines Menschen sagt (ein Thema, das durchaus von Bedeutung ist): Obwohl sein Äußeres als brutal und hart beschrieben wird, ist Lazlo vielmehr freundlich, selbstlos und unbekümmert, und auf diese Weise unheimlich liebenswert. Er kümmert sich um seine Mitmenschen, geht offen an sie heran, verurteilt sie nicht und generell ist er einfach ein unheimlich sympathischer Charakter.

Generell lässt sich sagen, dass die Charaktere oft vielschichtig sind. Selbst der unsympathischte Charakter verbirgt mehr, wird nicht einseitig gezeichnet, sondern mit Ängsten, Schwächen, Wünschen. Einige Dialoge sind dabei durch ihren Humor auch sehr unterhaltsam.
Das Buch zeichnet sich auch dadurch aus, dass alle gewissermaßen nachvollziehbare Gründe für ihr Handeln haben, sodass man bei Konflikten oftmals beide Seiten verstehen kann. Somit sind diese Konflikte sehr authentisch. Und so führt das unter Umständen dazu, dass man auch scheinbar moralisch verwerfliche Handlungen bis zu einem gewissen Grad verstehen kann und einem der entsprechende Charakter ein wenig leid tut. Die Autorin zeigt, wie Geschehnisse Hass erzeugen können, der wiederum zerstört.

Ich will euch nicht zu viel von dem World Building verraten, damit ihr es selbst noch entdecken könnt, aber die Ideen der Autorin fand ich unheimlich faszinierend. Wie in einem Sog wurde ich in diese fremde Welt hineingezogen. Und gleichzeitig erhöhte die Ausweglosigkeit der Konflikte die Spannung ungemein. Schon der Prolog lastet wie ein Damoklesschwert über dem ganzen Buch und das Ende hat mich noch einmal komplett geschockt und mitgenommen.

Fazit: Ein unheimlich poetischer und bildhafter Schreibstil entführt in eine faszinierende Welt mit einem unauffälligen, aber sehr sympathischen, freundlichen, offenen und eher ungewöhnlichen Protagonisten und generell sehr vielschichtigen und nachvollziehbar handelnde Charakteren - unterhaltsam, unvorhersehbar und mitreißend!

Veröffentlicht am 20.07.2019

Mindfuck

Mehr als das
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Dieses Buch ist so Mindfuck. Ehrlich. Ich würde total gerne irgendwas zu dem Inhalt sagen, nur um darüber reden zu können, aber jedes bisschen Information ist eigentlich schon ein Spoiler, denn dieses ...

Dieses Buch ist so Mindfuck. Ehrlich. Ich würde total gerne irgendwas zu dem Inhalt sagen, nur um darüber reden zu können, aber jedes bisschen Information ist eigentlich schon ein Spoiler, denn dieses Buch lebt davon, dass man keinen Plan hat. Dass man, genau wie der Protagonist, keine Ahnung hat, was da eigentlich abgeht.
Man wacht mit ihm auf, und versucht, sich eine Reim darauf zu machen, entwickelt Theorien, die teilweise echt abgedreht und krass sind, verwirft sie, bekommt Informationsbrocken und weiß vor allem nicht mehr, was eigentlich real ist.
Wie der Protagonist hinterfragt man das, was man kennt, denkt sich zwischendurch "wtf" und ist sich bis einschließlich des Endes nie so ganz sicher, was jetzt eigentlich Sache ist. Und davon lebt das Buch. Davon lebt diese Geschichte. Aber es ist ziemlich schwer, ein Buch zu empfehlen, über das man eigentlich nichts sagen will. Nur so viel sei verraten: Dies ist auch ein Buch für diejenigen, die Own Voice-Bücher suchen, in denen Homosexualität thematisiert wird.

Fangen wir mit dem Schreibstil an. Der kommt vermutlich im Original weitaus cooler rüber. Er ist manchmal geprägt von Einschüben und Unterbrechungen, sodass man wirklich das Gefühl hat, im Kopf des Protagonisten zu stecken, seine Eindrücke und Gedanken zu teilen, die in solchen verwirrten Momenten sich ganz natürlich überlagern, und genauso verwirrt zu sein wie er. Es passte für mich absolut zum Stil des Buches, und ich fand das echt cool.
Allerdings passierte es zwischendurch, dass Absätze merkwürdig gesetzt wurden, jedenfalls konnte ich manchmal wörtliche Rede nicht ganz zuordnen, aber das sind Nebensächlichkeiten.

Das Buch. Es hinterfragt die Realität, die Welt, unsere Werte und Ansichten, die Gesellschaft und vor allem auch die Psyche des Menschen. Ich mochte es, wie vielschichtig die Charaktere waren, selbst die, die gar nicht aufgetaucht sind.
Man taucht immer mal wieder in Erinnerungen ein, lernt den Protagonisten kennen, erfährt seine Geheimnisse und doch nicht alle. Man wird von Wendungen der Handlung überrascht, ist manchmal fassungslos und ungläubig ihretwegen, hat unzählige Mindfuck-Momente. Es ist einfach kein typisches Buch, sondern mehr ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Realität und den Wahrheiten, das immer wieder das eigene Konzept (und das des Protagonisten) auf den Kopf stellt, das überrascht und infragestellt.
Und ich war gefesselt davon. Wenn ich das Buch las, vergaß ich alles um mich herum, die Geschichte zog mich in einen Sog, bannte mich an die Seiten, sodass ich ganz in diese merkwürdige Welt eintauchte, in der der Protagonist aufwacht.

Ich könnte jetzt noch so viel schreiben, aber ich habe Angst, irgendwas vorwegzunehmen, denn das Buch lebt eben davon, dass man genauso wenig Ahnung hat wie der Protagonist. Selbst eine Genre-Beschreibung würde eigentlich spoilern. Aber wenn man sich darauf einlässt, ist es ein unheimlich cooles und vor allem außergewöhnliches Leseereignis, das ziemlich gut geschrieben ist.

Fazit: Mindfuck. Eine fesselnde Geschichte, bei der man miträt, die Gedanken des Protagonisten direkt teilt, nie so ganz weiß, was real ist und immer wieder überrascht wird.

Veröffentlicht am 20.07.2019

Düsteres Feenmärchen

Die Rabenkönigin
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Inhalt:

Seitdem Majas Mutter dem Ruf des Feenkönigs gefolgt und mit ihm in sein Reich gegangen ist, hütet ihr Vater seine einzige Tochter wie eine Gefangene. Denn wie bei ihrer Mutter fließt auch in Majas ...

Inhalt:

Seitdem Majas Mutter dem Ruf des Feenkönigs gefolgt und mit ihm in sein Reich gegangen ist, hütet ihr Vater seine einzige Tochter wie eine Gefangene. Denn wie bei ihrer Mutter fließt auch in Majas Adern Feenblut und ihr Vater fürchtet, sie könnte ebenso dem Feenwahn verfallen.
Vor einem Jahr ging Majas bester Freund Elejas zum Schloss der Königsfamilie, um dort eine Anstellung als Musiker zu finden, und seitdem hat Maja nichts mehr von ihm gehört. Doch in ihren Träumen bittet er sie um Hilfe. Als sich ihr die Möglichkeit auftut, zum Schloss zu reiten, ergreift Maja die Chance - denn nur so, glaubt sie, kann sie Elejas helfen, wie es die Magie in ihren Adern flüstert. Doch es heißt, auf dem Schloss liege ein Fluch, und seit Jahren hat keiner mehr ein Mitglied der Königsfamilie gesehen. Wird Maja Elejas dort finden? Und welche Geheimnisse verbirgt das Schloss?

Meine Meinung:

Bei diesem Buch hatte ich das Gefühl, dass es in diesem Genre noch möglich ist, eine außergewöhnliche Geschichte zu schreiben, die anders als alle anderen ist. Eine Geschichte außerhalb der üblichen Klischees. Eine einzigartige Geschichte. Und wahrscheinlich würde man bei näherer Betrachtung bekannte Elemente finden. Allerdings fand ich eben, dass diese neu umgesetzt wurden.
Ich hatte vor dem Lesen eigentlich gar nicht mehr so wirklich eine Ahnung, worum es geht, nur, dass ich es gerne lesen wollte. Was eigentlich so ziemlich die beste Weise ist, um an dieses Buch heranzugehen. Ich werde auch versuchen, gar nicht so viel über die Handlung zu verraten, denn eigentlich kann man sich lieber überraschen lassen. Denn was meiner Meinung nach das Buch auch ausmacht, ist, dass es ständig unerwartete Wendungen gibt und dass nichts vorhersehbar erscheint. Ich hatte keinen Plan, wie die auftretenden Konflikte gelöst werden könnten und hatte auch das Gefühl, dass alles möglich wäre, was für mich in diesem Genre eher ungewöhnlich ist.
Dabei sind die Zusammenhänge nicht ganz unkompliziert und beim ersten Lesen fiel es mir nicht immer leicht, mich zu konzentrieren und sie zu verstehen, gleichzeitig spricht das aber auch dafür, wie durchdacht sie sind.

Auch die Charaktere habe ich als sehr tiefgründig empfunden. Ich hatte das Gefühl, jedeR hätte eine Vergangenheit, die sie/ihn geprägt hat, versteckte Ängste und Emotionen, positive und negative Seiten. Zum Beispiel Majas Vater, der auf den ersten Blick streng, unnachgiebig und verbittert wirkt, der dann aber in einer Szene verloren und verletzlich gezeigt wird und der sein Verhalten aus der Trauer um den Verlust seiner Frau und der Angst um seine Tochter speist. Gleichzeitig wird ein Bild von ihm gezeichnet, wie er war, bevor seine Frau dem Feenwahn verfallen ist, das anders ist - das eines glücklichen jungen reichen Mannes, der seine Frau auf den Händen trägt.
Und bei anderen Charakteren ist das noch ausgeprägter. Diese Tiefgründigkeit zeigt sich auch bei de/dem AntagonistIn, de/die ebenso Gründe für sei/ihr Verhalten hat, Motive, eine Vergangenheit; sodass man fast versucht ist, Mitleid zu empfinden. Etwas, was ich sehr an diesem Buch mochte.

Auch Maja selbst ist eine sehr sympathische Protagonistin. Unerschrocken, selbstbewusst und oft handelt sie einfach aus dem Bauch heraus und folgt ihrer Intuition - oder ihrer Feenmagie, wie man es nimmt. Sie will nicht auf ihr Blut reduziert werden, kämpft dafür, ein eigenständiges Leben führen zu können und ist bereit, sich dafür ihren Ängsten zu stellen. Zudem ist sie sehr schlagfertig, was mit einem anderen Charakter zu Schlagabtauschen führt, die ich sehr gerne gelesen habe. Generell mischt sich immer ein leichter Sarkasmus in die düstere Erzählung.
Was ich auch sehr mochte, war, dass Stärke als innere Stärke definiert wird. Maja kann nicht kämpfen, ist verletzlich und zeigt ihre Stärke darin, dass sie sich nicht unterkriegen lässt und ihren Willen behauptet. Überhaupt geht es viel um die Bedeutung innerer Werte.

Was dafür ein bisschen vernachlässigt wird, ist das World Building, was ich aber nicht weiter schlimm fand. Die High Fantasy-Welt erinnert typischerweise an das europäische (Spät?)Mittelalter (was auch gerade total falsch eingeordnet sein kann, aber ihr versteht, worauf ich hinaus will ^^), Informationen zur Gesellschaft sind aber nur spärlich und über die anderen Länder erfährt man kaum etwas. Mich hat das allerdings nicht gestört. Der Fokus liegt eben vor allem auf der Handlung und alles dafür Relevante ist ausreichend fundiert.
Wie bereits angedeutet, geht es hier um Feen. Wer meinen Blog schon länger verfolgt, dürfte gemerkt haben, wie sehr ich Feenmythen mag, und das gilt besonders für die düsteren. Und ebendiese sind es, die in diesem Buch mit kalter Schönheit in fast gruseliger Gestalt zum Ausdruck kommen. Viele Volkslegenden spielen dabei mit hinein, wie eben Spiegel als Portale zwischen den Welten, ein Feenkönig, der zum Feentanz entführt, dem Wahn, den man unter Feen anfällt, Eisen als Waffe, und einigem mehr. Hier merkt man eine gelungene Recherche.

Was die Erzählweise betrifft, so wirkt diese manchmal fast märchenhaft, wenn auch auf düstere Weise. Es ist ein düsteres Märchen, und der poetische, sehr bildhafte Schreibstil ließ Staub und verwelkten Rosen, das dunkle Schloss, verhüllte Spiegel, verwucherte Gärten voller Statuten und unzählige Raben vor meinem inneren Auge wirklich werden.
Dabei versank ich quasi in dieser Welt voller dunkler Schönheit und teils bezaubernder Grausamkeit, und nicht zuletzt auch dank der hohen Spannung entpuppt sich dieses Buch als sehr fesselnd. Durch kleine Sichtwechsel (wobei der Hauptfokus eindeutig auf Maja liegt) ist man als LeserIn teilweise den Charakteren voraus, was jedoch nicht anstrengend wurde. Und am Ende war ich traurig, dass die Geschichte schon vorbei war und ich Abschied von den Charakteren nehmen musste.

Fazit: Märchenhafte und unvorhersehbare Erzählung mit sehr tiefgründigen Charakteren mit Motiven für ihr Handeln, unterhaltsamen Schlagabtauschen und poetischem Schreibstil, die bekannte Feenmythen auf düstere Weise umsetzt!

Veröffentlicht am 05.03.2018

Sarkastische, selbstbewusste Protagonistin in einer erfrischend klischeefreien Story

Tanz, meine Seele
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Dieses Buch ist alles andere als eine typische New Adult-Story, zumindest soweit ich das beurteilen kann. Es gibt keine unbescholtene Protagonistin, die zum ersten Mal hinaus in die Welt auf ein College ...


Dieses Buch ist alles andere als eine typische New Adult-Story, zumindest soweit ich das beurteilen kann. Es gibt keine unbescholtene Protagonistin, die zum ersten Mal hinaus in die Welt auf ein College zieht und dort den mysteriösen Bad Boy mit der tragischen Vergangenheit trifft und sich unsterblich in ihn verliebt - nichts läge dieser Geschichte ferner. Dieses Buch beweist, dass das Genre so viel mehr kann als die üblichen Klischees, und begeisterte mich mit einer Geschichte, die zwar nicht direkt unvorhersehbar ist, aber doch auf ihre Weise einzigartig.
Zum Einen spielt die Story erst mal zu meiner Freude nicht in den USA, sondern in Frankfurt. Was im Übrigen eine Stadt ist, die mir da erste Mal als Setting begegnet, was ich ebenfalls als positiv wahrnahm.

Die Protagonistin Harper, bei der alle Mitmenschen erst mal durchgefallen sind, die ihren Namen nach der Vorstellung ungläubig wiederholen, studiert eigentlich auch eher halbherzig Sprachwissenschaft, ihre eigentliche Leidenschaft gilt dem Tanz. Ihre Tanzrichtungen sind dabei vor allem Modern, Contemporary und Street. An dieser Stelle möchte ich als Tänzerin einfach mal sagen, dass mir die Darstellung des Tanzes total gefallen hat. Die Leidenschaft kam rüber, das, was das Tanzen ausmacht, die Disziplin, die darein gesteckt werden muss ... alles.
Somit spielt das Tanzen auch eine wesentliche Rolle in dem Buch, zumal es Harpers Traum ist, eine professionelle Ausbildung zu absolvieren - auch wenn ihre bisherigen Bewerbungen im Sand verlaufen sind. Auch das zeigt die Autorin: Dass man nicht immer Erfolg hat, dass man auch mal scheitert und dass man dann weiterkämpfen muss. Und Harper kämpft.

Harper ist generell eine Protagonistin, die mir unheimlich sympathisch war. Von der ersten Zeile an. Das liegt vor allem auch an dem Schreibstil, in dem sich ihr ausgeprägter Sarkasmus wiederspiegelt. Sie spart nicht an bissigen Kommentaren und ironischen Bemerkungen, und brachte mich damit immer wieder zum Grinsen, was das Lesen unheimlich unterhaltsam macht. Allein wegen dieses Stils lohnt es sich das Buch zu lesen - und der Rest ist genauso gut. Zudem hatte er die Angewohnheit, mich so in seinen Bann zu ziehen, dass ich die abgesteckten Leseabschnitte in der Leserunde regelmäßig überschritt, weil ich versehentlich wieder ein Kapitel zu weit gelesen hatte.
Gleichzeitig greift Harper manchmal auch typische Buchklischees auf, die dann selbstironisch kommentiert werden, so macht sie sich gleich zu Beginn über diese typische Spiegelbild-Selbstbeschreibung-Szene lustig.

Harpers Sarkasmus kommt auch deshalb so gut rüber, weil sie alles andere als das unbedarfte, schüchterne, selbstzweifelnde Mauerblümchen ist. Stattdessen ist sie absolut selbstbewusst, selbstständig, weiß, was sie kann, steht zu sich selbst und lässt sich nicht unterkriegen. Selbstsicher gibt sie anderen Kontra, was sich gerade dann auszeichnet, wenn ein gutaussehender Typ auftaucht und sie immer noch nachdenken und Paroli bieten kann, ohne sich jemals zu verstellen. Das war einfach unheimlich erfrischend und auch deswegen habe ich das Buch sehr gerne gelesen.
Das heißt jedoch nicht, dass sie keine Ecken und Kanten hätte. Sie ist manchmal ein wenig sehr direkt, was zu Differenzen mit ihrer besten Freundin führt, die blind vor Liebe zu ihrem Freund steht, der sie offensichtlich wie den letzten Dreck behandelt, was Harper schlichtweg nicht nachvollziehen kann. Sie selbst war noch nie wirklich verliebt und Sex ist für sie nur Spaß.
Je mehr man sie kennenlernt, desto mehr taucht man auch in ihre Gefühle und Ängste ein und lernt ihre Schwächen kennen. Manchmal hätte ich sie ganz gerne einfach nur in den Arm genommen, da sie viele ihrer Gefühle selbst nicht zulässt.

Was ich auch mochte, war, dass zwar mehrere Männer in dem Buch eine Rolle spielen, aber es nie zu sowas wie einer Dreiecksgeschichte kommt, auch, weil deutlich wird, dass man Menschen auf verschiedenen Ebenen mögen kann und Harper eben auch weiß, was sie will und dazu steht. Und auch wenn dieser Bereich eher weniger überraschend für mich war, fand ich ihn doch auch authentisch und nachvollziehbar dargestellt, wobei auf unnötige Dramen verzichtet wird. Was nicht heißt, dass das Buch mich nicht trotzdem emotional mitzunehmen wusste.
Auch das Thema Depressionen wird angeschnitten, dadurch, dass Harpers Mutter depressiv ist. Hierbei wird vor allem der Fokus darauf gelegt, was für eine Belastung das auch für Angehörige bedeutet, und ich fand, dass die Balance gut gehalten wurde.

Fazit: Ein tolles Buch mit einer für das Genre eher ungewöhnlichen, authentischen und mitreißenden Story, die auch dank der sehr sarkastischen und sehr selbstbewussten Protagonistin absolut unterhält und sich viel ums Tanzen dreht, dessen Leidenschaft nachempfindbar dargestellt wird!