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WinfriedStanzick

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.07.2017

Der Schlüssel zum Glück liegt für die Philosophin Ina Schmidt in der Suche nach der persönlichen Lebenszufriedenheit, die sich im Laufe des Lebens ständig wandelt. Es geht nicht ums "Ankommen". Das "Unterwegssein" zählt.

Das Ziel ist im Weg
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Ina Schmidt, Das Ziel ist im Weg, Lübbe 2017, ISBN 978-3-7857-2583-2

„Eine philosophische Suche nach dem Glück“ unternimmt die Philosophin Ina Schmidt in dem vorliegenden Buch. Sie kritisiert die immer ...

Ina Schmidt, Das Ziel ist im Weg, Lübbe 2017, ISBN 978-3-7857-2583-2

„Eine philosophische Suche nach dem Glück“ unternimmt die Philosophin Ina Schmidt in dem vorliegenden Buch. Sie kritisiert die immer weiter verbreitete Manie, sich permanent Ziele zu setzen, Maßstäbe und Messlatten zu formulieren, um das zu erreichen, was man sich als Glückszustand vorstellt. Beim Streben nach Optimierung, Verbesserung und Erkenntnis lassen immer mehr Menschen nichts unversucht, damit ihnen das "Glück" nicht entwischt.
Die große Liebe, die richtige Berufswahl, die perfekte Zeit für eine Familiengründung, das sind nur einige der Themen, die viele Menschen über ein lange Zeit beschäftigen ohne dass sie wirklich das Gefühl haben, ja das ist es jetzt. Es könnte ja was bessere nachkommen. Diese Einstellung lässt sie haargenau am echten, authentischen Leben vorbei schlittern.

Der Schlüssel zum Glück liegt für die Philosophin Ina Schmidt in der Suche nach der persönlichen Lebenszufriedenheit, die sich im Laufe des Lebens ständig wandelt. Es geht nicht ums "Ankommen". Das "Unterwegssein" zählt. Schließlich reflektieren wir dabei unser gegenwärtiges Leben, können Wünsche formulieren und entwickeln uns immer weiter. Ihr Buch ermuntert uns, Wege zu gehen, ohne immer ein konkretes Ziel vor Augen zu haben.
Ein Gedicht von Mascha Kaleko trifft diesen Punkt genau:
„Du suchst und kannst
den Sinn nicht finden. Gib`s auf; denn so
wirst du ihn nicht ergründen:
Zieh deines Wegs und träume vor sich hin:
Wie oft enthüllt im Unsinn sich der Sinn!“



Veröffentlicht am 20.07.2017

Herlyns Texte sind eine Form der modernen und verständlichen Verkündigung, wie man sie sich in allen Konfirmandenstunden und Gottesdiensten wünschen würde.

Das Vaterunser
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Okko Herlyn, Das Vaterunser. Verstehen, was wir beten, Neukirchner Verlag 2017, ISBN 978-3-7615-6446-2

Nach seinem 2015 erschienen Buch „Was ist eigentlich evangelisch?“ und seinem Lutherbuch „Hier stehe ...

Okko Herlyn, Das Vaterunser. Verstehen, was wir beten, Neukirchner Verlag 2017, ISBN 978-3-7615-6446-2

Nach seinem 2015 erschienen Buch „Was ist eigentlich evangelisch?“ und seinem Lutherbuch „Hier stehe ich, ich kann auch anders“ (2017) legt der ehemalige Gemeindepfarrer, Hochschullehrer, Liedermacher und Kabarettist Okko Herlyn mit dem vorliegenden Buch erneut ein verständliches theologisches Werk vor, mit dem er Christen helfen will, die eigenen Traditionen und Quellen besser zu verstehen und sie für ihren Alltag aufzuschließen.
„Verstehen, was wir beten“ soll dem reinen Herunterleiern des zentralen christlichen Gebets ein tieferes Verständnis entgegensetzen. Mit aktuellen Bezügen, die Herlyn aufschließt und veranschaulicht mit vielen Beispielen aus dem Alltag, macht er dieses alte, vermeintlich vertraute Gebet zu einem neuen Erlebnis, zu einer neuen Erfahrung. Dazu trägt vor allen Dingen ein auch aus seinen anderen Texten bekannter verständlicher und unterhaltsamer Stil bei.

Für alle Menschen, die einmal genauer anschauen möchten, was sie sonntags in der Kirche oder zu Hause für sich beten kann dieses Buch völlig neue Dimensionen aufschließen, die man so nicht für möglich gehalten hätte.

Herlyns Texte sind eine Form der modernen und verständlichen Verkündigung, wie man sie sich in allen Konfirmandenstunden und Gottesdiensten wünschen würde.


Veröffentlicht am 20.07.2017

Geeignet für Globetrotter wie für Balkonurlauber gleichermaßen.

Zeitreisen
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Stefan Bitterle, Zeitreisen, Legendäre Orte, Routen und Momente, Te Neues 2017, ISBN 978-3-8327-6901-7

Das vorliegende schwergewichtige Buch von Stefan Bitterle erzählt eine mit unzähligen historischen ...

Stefan Bitterle, Zeitreisen, Legendäre Orte, Routen und Momente, Te Neues 2017, ISBN 978-3-8327-6901-7

Das vorliegende schwergewichtige Buch von Stefan Bitterle erzählt eine mit unzähligen historischen schwarz-weiß-Bildern illustrierte Geschichte des Reisens im 19. und 20. Jahrhundert. Damals war man noch auf einer Grand Tour, heute ist man Teil eines weltumspannenden Tourismus, wo man schnell ans Ziel kommt und dort Menschen trifft, die man von zu Hause schon in-und auswendig kennt.

Der Band erzählt die Geschichte wie durch die Erfindung der Eisenbahn vormals unbekannte Gebiete erschlossen und durch Thomas Cook so etwas wie die Anfänge des Tourismus entstanden. Fischerdörfer wurden zu mondänen Seebädern, entlegene Bergnester zum Ziel für Wander- und Skibegeisterte, Gasthäuser zu Grand Hotels.

Mit diesem wunderbaren Buch fahren Sie mit dem Orient-Express ins Morgenland, überqueren Sie mit Ozeanriesen den Atlantik, folgen Sie der Route 66 quer durch die USA oder durchbrechen Sie mit der Concorde die Schallmauer. Beim Blättern in diesem Band bekommt man eine Ahnung davon, dass Reisen mehr war und mehr sein kann, als im Stau zu stehen oder Sicherheitskontrollen über sich ergehen zu lassen. Reisen bedeutete damals (und kann es natürlich mit dem entsprechenden Kleingeld und der entsprechenden freien Zeit auch heute sein) auf stilvolle und manchmal abenteuerliche Weise die Welt zu erfahren und von den vielfachen Eindrücken wie verwandelt nach Hause zurückzukehren.

Das Buch gibt dem Betrachter einen profunden Eindruck davon, wie sich in nur 100 Jahren nicht nur das Reisen, sondern die gesamte Gesellschaft auf eine rasante Weise verändert hat, die einen schwindeln macht, wenn das heutige Tempo bedenkt und die Beschleunigung nur mal einige Jahrzehnte voraus denkt.

Geeignet für Globetrotter wie für Balkonurlauber gleichermaßen.


Veröffentlicht am 19.07.2017

Man kann gar nicht aufhören, immer weiter zu hören, so treibt Barenberg die eh schon vorhandene Spannung mit seiner Stimme immer weiter voran.

Das Mädchen aus Brooklyn
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Guillaume Musso, Das Mädchen aus Brooklyn (Hörbuch), Hörbuch Hamburg 2017, ISBN 978-3-86952-343-9

Wieder hat Guillaume Musso, einer der erfolgreichsten Autoren in Frankreich, einen Roman vorgelegt, in ...

Guillaume Musso, Das Mädchen aus Brooklyn (Hörbuch), Hörbuch Hamburg 2017, ISBN 978-3-86952-343-9

Wieder hat Guillaume Musso, einer der erfolgreichsten Autoren in Frankreich, einen Roman vorgelegt, in dem er seine Meisterschaft darin beweist, in einer Mischung aus Liebesgeschichte und Psychothriller den Leser zu fesseln und nicht ruhen zu lassen, bis er das wieder total überraschende Ende gelesen hat und die Auflösung des Rätsels kennt.

In seinem neuen Buch „Das Mädchen aus Brooklyn“ gibt es drei Hauptpersonen, deren miteinander verwickelte Geschichte erzählt wird. Da ist der erfolgreiche Schriftsteller Raphaël Barthélémy, der die eine Hälfte des Romans in der Ich-Form erzählt. Nach einer enttäuschenden Beziehung mit einer Karrierefrau ist ihm nur sein kleiner Sohn Theo geblieben, um den er sich rührend kümmert und wegen dem er die letzten drei Jahre kein Buch mehr schreiben konnte. Vor einem halben Jahr hat er sich in einem Geschäft in die junge Anna Becker verliebt und er wird sie in wenigen Wochen heiraten. Alles ist geplant, als sie vor ihrer Hochzeit ein romantisches Wochenende an der Cote d`Azur verbringen. Um seinen Sohn Theo kümmert sich derweil sein Freund Marc, ein ehemaliger Polizist.

Raphael weiß, dass Anna die Liebe seines Lebens ist, doch etwas quält ihn. Er weiß nichts aus ihrer Vergangenheit, die sie vor ihm verborgen hält. Auf seine Nachfragen hat sie in der Vergangenheit verschlossen reagiert. Weil er davon überzeugt ist, dass man keine Beziehung und Ehe so begründen kann, lässt er Anna in ihrem Feriendomizil keine Ruhe, bis sie ihm, völlig außer sich vor Erregung, ein Bild zeigt, welches drei verkohlte Leichen zeigt. Mehrmals sagt sie „Das habe ich getan!“
Völlig geschockt verlässt Raphael die Ferienwohnung und als er kurze Zeit später wiederkommt um mit Anna zu sprechen, ist sie verschwunden. Er kehrt nach Hause zurück und erzählt seinem Freund Marc von dem Vorfall, der bei Marc die alten Ermittlerinstinkte wachruft. Gemeinsam machen sich die beiden Männer auf die Suche nach Anna. Die meiste Zeit ermitteln sie getrennt voneinander. Musso wechselt alle paar Seiten die Perspektive von dem ich-erzählenden Raphael zu Marcs Perspektive, was die Spannung mit jedem Kapitel erhöht, zumal immer neue Wendungen hinzukommen und das Leben von Anna sukzessive in seiner ganzen Dramatik entschlüsselt wird. Eine atemlose Suche nach Anna und nach der Wahrheit führt Raphael bis nach New York in die Straßen Harlems und Brooklyns.

So wie in seinen bisherigen Büchern auch und auf gewohnt sehr hohem Niveau wird hier ein Thriller mit einer Liebesgeschichte verbunden und mit vielen immer wieder neu auftauchenden und den Leser hin- und her schüttelnden Details gefüttert.

Von Beginn an baut Musso einen perfekten Spannungsbogen auf, um ihn im letzten Drittel bis fast bis zur letzten Seite noch einmal beachtlich zu steigern.

„Das Mädchen aus Brooklyn“ ist ein absolut gelungener Roman, der konstant das Spannungslevel auf immerhin knapp 500 Seiten bis zum Schluss halten kann. Wie bei einer Zwiebel entblättert sich Schale für Schale die Wahrheit. Immer wenn man beim Lesen denkt, jetzt hätte man den Zusammenhang verstanden, gibt es einen neuen Hinweis.

Die vorliegende gekürzte Lesung des Schauspielers Richard Barenberg zieht den Hörer von der ersten bis zur letzten Sekunde in seinen Bann. Die Kürzungen sind gegenüber dem Buch sinnvoll gewählt, sie fallen beim Hören nicht auf. Man kann gar nicht aufhören, immer weiter zu hören, so treibt Barenberg die eh schon vorhandene Spannung mit seiner Stimme immer weiter voran.

Man sollte ihn auch das nächste Buch von Gabriele Musso lesen lassen, auf das ich schon jetzt mit Spannung warte.









Veröffentlicht am 19.07.2017

Die Charaktere von Fiona, Mark und A. Filler sind auf eine ganz bemerkenswerte Weise getroffen und eingefangen.

Was wir dachten, was wir taten
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Lea-Lina Oppermann, Was wir dachten, was wir taten (Hörbuch), Hörcompany 2017, ISBN 978-3-407-945709-52-8

Um es vorweg zu sagen: dieses literarisches Debüt der 1998 in Berlin geborenen Lea-Lina Oppermann ...

Lea-Lina Oppermann, Was wir dachten, was wir taten (Hörbuch), Hörcompany 2017, ISBN 978-3-407-945709-52-8

Um es vorweg zu sagen: dieses literarisches Debüt der 1998 in Berlin geborenen Lea-Lina Oppermann ist eine Sensation. Es wurde schon vor seinem Erscheinen mit dem Hans-im-Glück-Preis für Jugendliteratur ausgezeichnet und zeigt im Handlungsaufbau, im Spannungsbogen, in seiner sprachliche Dichte und in der Charakterdarstellung der drei erzählenden Hauptpersonen eine Qualität, wie man sie bei jungen Schriftstellerinnen dieses Alters kaum für möglich gehalten hätte.

Mark Winter und Fiona Nikolaus sind Schüler einer achten oder neunten Klasse. Ihr Lehrer A.Filler hat gerade mit dem Matheunterricht begonnen in dem die Schüler eine Klausur schreiben, als durch den Schullautsprecher folgende Durchsage zu hören ist:
„Es ist ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem aufgetreten. Bitte bewahren Sie Ruhe. Begeben Sie sich sofort in einen geschlossenen Fachraum und warten Sie auf weitere Anweisungen.“

Mark, der als erster zu Wort kommt (danach immer im Wechsel mit Fiona und Herrn Filler), bekommt von Herrn Filler die Anweisung, die Tür zuzuschließen. Sofort ist klar, alle gehen davon aus, dass ein Amokläufer in der Schule ist. Während Herr Filler darauf besteht, dass die Schüler ihre Arbeit weiterschreiben, um einer Panik vorzubeugen, wirft ein Schüler nach dem anderen dem Lehrer den angefangenen Test auf das Lehrerpult. Angst, Aufstand, Protest, Feigheit und Wut paaren sich zu einem seltsam dichten Gefühlskonglomerat, das einen Lehrer zeigt, der gerne mutiger wäre. Schon hier stellt die junge Autorin einzelne Schüler vor und beginnt mit ihrer Charakterisierung, die später noch eine Bedeutung haben wird. Es haben schon etliche Schüler ihre Arbeit vorzeitig beendet, als es zwischendrin an der Tür klopft und von außen die Stimme einer wohl viel jüngeren Schülerin um Einlass bittet, um sie vor dem Amokschützen zu retten.

Eine heftige Diskussion beginnt, ob man es verantworten kann die Tür zu öffnen. Weil Fiona heftig auf Mark einredet, öffnet der schließlich die Tür. Sie sind beide sicher, etwas Richtiges zu tun. Die Tür geht auf. „Davor stand ein schniefendes Mädchen mit zwei kurzen Zöpfen. Und einer Pistole an der Schläfe.“

Sie haben nun den Attentäter mitten im Klassenraum. Und nun beschreibt Lea-Lina Oppermann eine etwa zwei Stunden dauernde Dynamik, in der der völlig stumme und maskierte Täter einzelnen Menschen in der Klasse schriftliche Anweisungen erteilt. Anweisungen, die die einzelnen auf eine Weise bloßstellen, dass sich einige bald fragen, woher der Täter all diese Informationen hat, die er für diese blamierenden, erniedrigenden und beschämenden Aufgaben braucht.

Immer abwechselnd Fiona, Mark und A. Filler zu Wort kommen lassend, gelingt der Autorin eine Art Psychothriller als Kammerspiel. Da werden Geheimnisse an die Oberfläche gezerrt, Lügen offenbart und hinter den so sorgsam gepflegten Fassaden der Einzelnen tun sich wahre Abgründe auf.

Wie eine Klasse und die einzelnen Schüler am Ende dieses 143 Minuten dauernden Dramas weiterleben können, ist offen und der Phantasie der jugendlichen Leser dieses wunderbaren Buches überlassen. Und so bricht der Bericht auch ab:
„Was bleibt….“

Ein sensationelles Debüt. Ich wünsche der jungen Autorin, dass sie den Mut und die nötige Unterstützung findet, weiter zu schreiben.

Die vorliegende Einspielung als Hörbuch haben die drei Schauspieler des Hamburger Thalia –Theaters Birte Schnöink, Julian Greis und Sebastian Rudolph eingelesen und haben diesem packend komponierten psychologischen Kammerspiel nicht nur ihre wunderbaren Stimmen geliehen, sondern es auch geschafft, die Dynamik, die beim Lesen des Buches deutlich wird, noch einmal auf eine Weise zu steigern, die dem Hörer vor Spannung das Blut in den Adern gefrieren lässt.

Die Charaktere von Fiona, Mark und A. Filler sind auf eine ganz bemerkenswerte Weise getroffen und eingefangen.