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Veröffentlicht am 23.08.2020

Unterhaltsam, kurzweilig, bunt!

Liebe machen
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Als Moses Wolff virtuell bei mir anklopfte und mir seinen neusten Roman vorschlug, konnte ich nicht ablehnen. Anders als ich angenommen hatte, ist "Liebe machen" jedoch kein klassischer Liebesroman, sondern ...

Als Moses Wolff virtuell bei mir anklopfte und mir seinen neusten Roman vorschlug, konnte ich nicht ablehnen. Anders als ich angenommen hatte, ist "Liebe machen" jedoch kein klassischer Liebesroman, sondern vielmehr eine turbulente (Zeit-)Reise durch die Geschichte der Bundesrepublik von 1970 bis in die Gegenwart.


"Sobald sich die junge Frau umgedreht hatte, sah Götz nur noch sie. Es war, als wäre sie von einem betörenden Schimmer, einem Strahlenkranz umgeben, gleichzeitig schien sie von innen heraus zu leuchten. Sie bannte seinen Blick wie die Sonne und alle Himmelskörper am Firmament zugleich."


Schon das Pop-Art-Cover bereitet auf eine farbenfrohe Zeitreise vor und entführt in die Zeit von Schlaghosen, Schwarz-Weiß-Fernsehen und Asterix-Heften. Vor dem Hintergrund einer knallbunten Siebziger-Jahre-Tapete mit orange-roten Kreisen steht auf einem altmodischen Heizkörper ein rotes, mit Prilblumen und anderen Werbeaufklebern beklebtes Radio mit Antenne. Auch innerhalb der Buchdeckel wird das Vergangenheitsthema fortgeführt. große Lettern im Stil des Titels kündigen die Jahreswechsel an und in etwas kleiner stehen vor jedem Absatz Zeit und Ort des sich Abspielenden. Den Titel "Liebe machen" empfand ich zuerst als etwas irreführend und aufmerksamkeitsheischend, nach mehrmaligem Nachdenken passt er aber ganz gut.


Erster Satz: "Dagmar erwachte mitten in der Nacht."


Mit einem intensiven Traum, den beide Protagonisten teilen starten wir am 28. März 1970 in die Lebensgeschichten von Götz und Dagmar, die zwar einige hundert Kilometer entfernt voneinander in Köln und in Hamburg leben, deren Leben aber auf schicksalshafte Weise miteinander verwoben scheinen. Beide sind Teil der aufkommenden Studentenszene passionierte Film- und Musikfans und wurden von der Love-und-Peace-Szene bewegt, sodass es sie in ähnliche Richtungen zieht und sich ihre Wege immer wieder unbemerkt kreuzen, bis sie sich zweimal wirklich treffen. Auch wenn diese Treffen nur flüchtige Begegnungen zwischen Fremden sind, lässt sie der jeweils andere nicht mehr los und so träumt Dagmar in stillen Momenten von ihrem Prinzen und Götz von seiner Fee, während sie ein glückliches Leben voller Reisen, Abenteuer, Arbeit und Musik gemeinsam und doch aneinander vorbei leben...


"Ein seltsam angenehmes Gefühl durchfuhr sie, sie spürte eine beruhigende Vertrautheit, ein anmutiges Kitzeln, eine wohltuende Wärme, einen Hauch von Magie. Es war wie die kurze Erfüllung einer lange gehegten Sehnsucht, das Wahrwerden einer Vorahnung, wie die Heimkunft nach jahrelanger Wanderschaft, verbunden mit der Erinnerung an wohlbekannte Düfte und Farben."


Die Liebesgeschichte der Beiden steht also nicht im Vordergrund und ist auch nur in Ansätzen vorhanden, um die beiden Handlungsstränge miteinander zu verbinden. Stattdessen liegt der Fokus des Romans hier eindeutig auf dem Zeitgeist, den Moses Wolff hervorragend zu vermitteln weiß. Auch wenn die episodische Erzählung vieles nur anreißt und sich nicht gerade durch vielschichtige Erzählkunst hervortut, erlauben die vielen kurzen Szenen einen unterhaltsamen, kurzweiligen Einblick in fünf turbulente Jahrzehnte. Die eher kurzen Kapitel und Abschnitte sorgen dafür, dass sich "Liebe machen" sehr gut als Reise- oder Zuglektüre eignet. Dennoch ist der Roman keine Lektüre, die man an einem Tag herunterliest, dafür passiert einfach zu viel auf wenig Raum. Rund um unkomplizierte Alltagsszenarien sind immer wieder historische Begebenheiten eingebaut, die die beiden dargestellten Lebenswege echter und greifbarer erscheinen lassen. Gesellschaftlicher Umschwung wie das Leben in Kommunen, Trampen durch ganz Deutschland, sexuelle Befreiung oder der Beginn der Feierkultur; bahnbrechende Erfindungen wie der Walkman; historische Ereignisse wie der Mauerfall, politische Richtungswechsel oder die Einführung des Euros und natürlich musikalische Umschwünge und die Kinderschuhe der Popkultur - all das wird kurz zwar aber sehr anschaulich vor dem Leser ausgebreitet.


"Aber Liebe kann man doch eigentlich gar nicht machen. Man kann sich verlieben, den Zustand gegenseitiger Faszination erleben, tiefe Zuneigung und echte Liebe für einen Menschen empfinden und sich im günstigsten Fall miteinander vereinen."


Zusammen mit Liedern, Filmen, Zeichentrickserien oder neuen Modetrends ergeben sich dadurch viele Anknüpfungspunkte für persönliche Erinnerungen an die Zeit und viel Platz für die Nostalgie des Lesers. Da ich selbst ein 2000er-Kind bin, hat das bei mir mit dem persönlichen Bezug zwar nicht funktioniert, dennoch konnte ich den Spirit der Zeit gut fühlen und nachempfinden, was diese Generation angetrieben hat. Gerade die positive Weltsicht, die Einfachheit des Lebens und die Offenheit für neue Erfahrungen ist etwas, was ich sehr an dem Denken und Leben dieser Zeit schätze und im Jetzt manchmal vermisse. Neben der klar vermittelten Carpe-Diem-Mentalität sind auch noch viele weitere philosophische Ansätze, kluge Gedanken und scharfsinnige Beobachtungen in den 286 Seiten versteckt und auch die beiden Protagonisten konnten mich überzeugen. Sowohl Götz als auch Dagmar sind solide, aber sich entwickelnde Protagonisten, die wir durch die vielen alltäglichen Szenen und durch die Tatsache, dass wir sie fast ihr ganzes Leben lang begleiten, mit all ihren Eigenarten und Geistesblitzen kennenlernen. Auch wenn es manchmal frustrierend zu lesen ist, wie die beiden sich immer wieder knapp verpassen, schaffen ihre Begegnungen, die abwechselnden Perspektiven und die vielen Parallelen, die sich charmant durch beide Lebensgeschichten ziehen, einen klaren roter Faden. Vor allem aber verbindet und zeichnet die beiden ihre ständige Sehnsucht nach mehr aus, die auch eines der Hauptmotive des Romans ist: sehnsuchtsvolles Streben an sich, nach Glück, nach Liebe, nach Freiheit, nach Sinn nach Erfüllung ...


"Er empfand sein Leben als gelungen, er hatte vieles erreicht, und das Polster, das er sich angespart hatte, erlaubte ihm allerlei Kapriolen, und doch war das meiste Routine und Wiederholung. Es tat sich nichts Neues, es geschahen keine unerwarteten Dinge. Etwas war ihm entglitten, abhandengekommen, es war, als fehlte ein Modul, wie wenn man aus einem Orchester ein wichtiges Instrument entfernte. Die Musik klang angenehm und garmonierte, aber irgendetwas vermisste man. Etwas Überraschendes, etwas, das die Seele ansprach, ganz tief drinnen."


Hier kommen auch einige magische, übernatürlich schicksalshaft anmutende Szenen in Kombination mit Liebe oder Musik ins Spiel. Einige Szenen und Zufälle wirken vielleicht ein wenig gewollt, doch wer sich ganz fallen lässt, wird sich davon nicht stören lassen. Auch darüber, dass es ab und an mal etwas vor sich hinplätschert, muss man hinwegsehen. Durch die szenische Schreibweise gibt es keine intensive, emotionale, durchgehende Handlung und eher der Gesamteindruck macht die Anziehung auf. Mehrmals kam mir der Gedanke, dass der Roman sich bestimmt auch gut als Film oder Theaterstück machen würde. Etwas problematisch fand ich nur, dass die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Szenen mit zunehmender Seitenzahl immer größer werden. Während die 70er und 80er farbenfroh ausgebreitet werden, hetzen wir durch die anderen Jahrzehnte nur schnell durch und verlieren leider auch kurzzeitig die Bindung und das Gefühl für die Protagonisten, die innerhalb weniger Seiten 20 Jahrzehnte erleben. Und dann kommt das Ende - das Ende, das gleichzeitig ein neuer Anfang ist und herrlich viel offenlässt.


"Letztlich ist die sogenannte Liebe oft nur ein Versuch, sich selbst näherzukomme. Doch durch Egoismus, Verspannung und schräge Erwartungen verhindern die meisten Menschen ihr wahres Glück."





Fazit:


Unterhaltsam, kurzweilig, bunt - "Liebe machen" ist eine episodisch geschriebene (Zeit-)Reise durch die Geschichte der Bundesrepublik von 1970 bis in die Gegenwart aus zwei Perspektiven, die durch eine schicksalshafte Liebe miteinander verbunden sind.

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Veröffentlicht am 05.08.2020

Ein innovativer, liebenswürdiger, spritziger Jugendroman, den ich gerne weiterempfehle!

Wenn zwei sich texten
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"Wenn zwei sich texten" ist eines der Bücher, die ich Ende Juli gelesen habe, deren Rezension sich aber aufgrund meiner Klausuren etwas verspätet hat. Knapp eine Woche nach dem Erscheinungstermin will ...

"Wenn zwei sich texten" ist eines der Bücher, die ich Ende Juli gelesen habe, deren Rezension sich aber aufgrund meiner Klausuren etwas verspätet hat. Knapp eine Woche nach dem Erscheinungstermin will ich also auch mal meine Meinung zu dieser zuckersüßen Verwechslungsgeschichte sagen.

Schon das Cover macht mit dem eigenwilligen Format der unten-oben-Gegenüberstellung und dem schiefen Titel auf sich aufmerksam. Zu sehen sind zwei Jugendliche, die jeweils in ihrem Bett liegen und über das Smartphone miteinander texten. Der Lila-Orange Zwischenraum ist mit weißen Federn gefüllt und wird von dem schräg stehenden Titel ausgefüllt. Tatsächlich (auch wenn ich nicht gedacht hätte, das jemals sagen zu können) finde ich den deutschen Titel "Wenn zwei sich texten" sogar treffender als der Originaltitel "Technically, you started it", da es hier nicht nur inhaltlich, sondern auch im Format grundlegend um zwei Jugendliche geht, die sich schreiben. Der Verlag hat also in puncto optischer Gestaltung meiner Meinung nach einen Volltreffer gelandet.

Auch inhaltlich hat mich der Roman sofort angesprochen. Der Klapptext verspricht eine spaßige Verwechslungsgeschichte, bei der die Protagonistin Haley automatisch annimmt, dass der Martin Munroe, der sie anschreibt und mit dem sie schnell tiefgründige Gespräche führt und eine emotionale Beziehung aufbaut, der Martin der beiden aus ihrer Klasse ist, den sie nicht nervig findet. Während sie sich mit jeder Textnachricht ein bisschen mehr verliebt, schmerzt es umso mehr, dass ihr Martin sie in der Wirklichkeit konsequent ignoriert. Dafür beginnt, der andere Martin, den sie noch nie leiden konnte, sie auf der Arbeit zu besuchen und sie beginnt zu zweifeln, mit welchem der Martins sie eigentlich schreibt...

"Wenn zwei sich texten" lebt nicht nur inhaltlich von dem, was unausgesprochen bleibt, sondern auch im Szenenaufbau. Denn was die Geschichte ganz deutlich von anderen abhebt ist: die ganze Story ist komplett in Textnachrichten zwischen den beiden Protagonisten verfasst. Das ist ein spannendes, neues Konzept und definitiv mal was anderes, aber leider auf Dauer etwas anstrengend zu lesen, da Zeitsprünge, Entwicklungen, Gedanken und Gefühle sowie die eigentliche Handlung zwischen den Zeilen stattfinden und dort manchmal auch gesucht werden müssen. In jedem Gespräch sind viele Anspielungen versteckt, die man verstehen muss und wenn die Protagonisten sich über gerade stattfindende Dinge schreiben, muss man sich einiges dazu denken. Es ist schade, dass wir bei allen wirklich wichtigen Szenen im "echten Leben" nicht dabei sein können und oft nur bröckchenweise erfahren, was gerade passiert.
Wir können beim Lesen nur indirekt und aus zweiter Hand bei wichtigen Entwicklungen oder Treffen dabei sein und müssen, was hinter den Nachrichten steckt und was sich zwischen den beiden aufbaut zwischen den Zeilen suchen. Mit zunehmendem Handlungsverlauf fiel mir das auch immer leichter, doch eine reine Textdialog-Form ganz ohne Einblick in die Gefühle und Gedanken der Protagonisten ist für eine Liebesgeschichte schon ein sehr gewöhnungsbedürftiges Format.

Dabei hat der Verlag die Innovation optisch so gelungen umgesetzt, dass sich die Nachrichten leicht lesen lassen. Anders als durch den Alltagsgebrauch erwartet, verwenden Haley und Martin keine Emojis, keine GIFs und halten sich auch an Grammatikregeln, sodass wir in den Genuss von korrektem Satzbau und Zeichensetzung kommen. Warum die beiden sehr verschriftlicht miteinander kommunizieren baut die Autorin zwar in die Geschichte ein, dennoch wirkt das bei Teenagern ein kleines bisschen unauthentisch. Außerdem ist auffällig, dass durch das typische Nachrichtenformat auf gegenüberliegenden Seiten nicht so viele Wörter auf eine Seite passen, wie in einem Fließtext und fliegen die Seiten so rasend schnell dahinfliegen. Was zuvor wie eine seitenstarke Geschichte gewirkt hat, lässt sich problemlos an einem Nachmittag durchlesen.

Beeindruckend ist, dass Spannung und Protagonisten nicht wirklich unter diesem besonderen Format leiden, wie ich es eigentlich angenommen hätte. Durch das Verwechslungsthema und die Tatsache, dass uns Viele Face-to-Face-Begegnungen unterschlagen werden, bleibt eine konstante Spannung erhalten und man fragt sich ständig, wo das Ganze hinführen wird. Denn auch wenn die Dialoge manchmal etwas ziellos und zufällig wirken, werden sie doch immer persönlicher und steuern auf einen Höhepunkt hin: der Enthüllung von Martins wahrer Identität und dem ersten Test der zarten Beziehung an der Realität. Außerdem sind Haley und Martin zwei sehr liebevoll gestaltete Charaktere, die für das besondere Format erstaunlich viel Profil erhalten, da durch den Wegfall der Handlung und Beschreibungen viel Zeit und Raum zur Verfügung steht, die beiden, ihre Dynamik und ihre Gefühle, Gedanken, Eigenheiten und Meinungen zu verschiedenen Themen genauer kennenzulernen. Hier geht es viel um Nerd-Shit wie Games, Comics oder Serien, aber auch wer sich dafür nicht interessiert, wird die vielen Gespräche über dies und das, das oftmals witzige und absurde Geplänkel der beiden, das unterschwellige Gefühle offenbart, sowie die spannenden Fakten, die Haley immer wieder aus ihrem Newsfeed mit einfließen lässt, gerne verfolgen.

Die Autorin stellt durch subtile Hinweise und eine leicht unterschiedliche Ausdrucksweise sicher, dass man hinter den Nachrichten tatsächlich zwei unterschiedliche Personen entdecken kann und lässt genügend Humor, Drama und Unsicherheit einfließen, dass man die anderen, tieferliegenden, verborgenen Gefühle auch wahrnimmt. Wenn man also davon ausgeht, dass beide in ihren Nachrichten ehrlich waren und sich unverzerrt dargestellt haben, bekommt man einen umfassenden Eindruck ihrer beiden Persönlichkeiten. Von den Nebencharakteren, die hier ja nicht aktiv auftauchen, sondern von denen nur ab und zu gesprochen wird, war ich leider die größte Zeit über verwirrt, da ich schnell durcheinandergekommen bin, wer nun warum was genau gemacht hat.

Es gibt also Pluspunkte für Idee, Innovation und gutem Aufbau, insgesamt wäre mir aber eine Mischform aus "normaler" Erzählung und Textnachrichten lieber gewesen.



Fazit:


Eine Geschichte bestehend nur aus Textnachrichten? Funktioniert tatsächlich. In "Wenn zwei sich texten" stehen eine hohe Spannung, erstaunlich gut ausgearbeitete Protagonisten und vielseitige Dialoge dem Fehlen von "echten Szenen" und teilweise anstrengendes Hinterdenken von Hinweisen gegenüber, sodass mir insgesamt eine Mischform aus "normaler" Erzählung und Textnachrichten lieber gewesen wäre.
Nichtdestotrotz ein innovativer, liebenswürdiger, spritziger Jugendroman, den ich gerne weiterempfehle!

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.08.2020

Ein innovativer, liebenswürdiger, spritziger Jugendroman, den ich gerne weiterempfehle!

Wenn zwei sich texten
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"Wenn zwei sich texten" ist eines der Bücher, die ich Ende Juli gelesen habe, deren Rezension sich aber aufgrund meiner Klausuren etwas verspätet hat. Knapp eine Woche nach dem Erscheinungstermin will ...

"Wenn zwei sich texten" ist eines der Bücher, die ich Ende Juli gelesen habe, deren Rezension sich aber aufgrund meiner Klausuren etwas verspätet hat. Knapp eine Woche nach dem Erscheinungstermin will ich also auch mal meine Meinung zu dieser zuckersüßen Verwechslungsgeschichte sagen.

Schon das Cover macht mit dem eigenwilligen Format der unten-oben-Gegenüberstellung und dem schiefen Titel auf sich aufmerksam. Zu sehen sind zwei Jugendliche, die jeweils in ihrem Bett liegen und über das Smartphone miteinander texten. Der Lila-Orange Zwischenraum ist mit weißen Federn gefüllt und wird von dem schräg stehenden Titel ausgefüllt. Tatsächlich (auch wenn ich nicht gedacht hätte, das jemals sagen zu können) finde ich den deutschen Titel "Wenn zwei sich texten" sogar treffender als der Originaltitel "Technically, you started it", da es hier nicht nur inhaltlich, sondern auch im Format grundlegend um zwei Jugendliche geht, die sich schreiben. Der Verlag hat also in puncto optischer Gestaltung meiner Meinung nach einen Volltreffer gelandet.

Auch inhaltlich hat mich der Roman sofort angesprochen. Der Klapptext verspricht eine spaßige Verwechslungsgeschichte, bei der die Protagonistin Haley automatisch annimmt, dass der Martin Munroe, der sie anschreibt und mit dem sie schnell tiefgründige Gespräche führt und eine emotionale Beziehung aufbaut, der Martin der beiden aus ihrer Klasse ist, den sie nicht nervig findet. Während sie sich mit jeder Textnachricht ein bisschen mehr verliebt, schmerzt es umso mehr, dass ihr Martin sie in der Wirklichkeit konsequent ignoriert. Dafür beginnt, der andere Martin, den sie noch nie leiden konnte, sie auf der Arbeit zu besuchen und sie beginnt zu zweifeln, mit welchem der Martins sie eigentlich schreibt...

"Wenn zwei sich texten" lebt nicht nur inhaltlich von dem, was unausgesprochen bleibt, sondern auch im Szenenaufbau. Denn was die Geschichte ganz deutlich von anderen abhebt ist: die ganze Story ist komplett in Textnachrichten zwischen den beiden Protagonisten verfasst. Das ist ein spannendes, neues Konzept und definitiv mal was anderes, aber leider auf Dauer etwas anstrengend zu lesen, da Zeitsprünge, Entwicklungen, Gedanken und Gefühle sowie die eigentliche Handlung zwischen den Zeilen stattfinden und dort manchmal auch gesucht werden müssen. In jedem Gespräch sind viele Anspielungen versteckt, die man verstehen muss und wenn die Protagonisten sich über gerade stattfindende Dinge schreiben, muss man sich einiges dazu denken. Es ist schade, dass wir bei allen wirklich wichtigen Szenen im "echten Leben" nicht dabei sein können und oft nur bröckchenweise erfahren, was gerade passiert.
Wir können beim Lesen nur indirekt und aus zweiter Hand bei wichtigen Entwicklungen oder Treffen dabei sein und müssen, was hinter den Nachrichten steckt und was sich zwischen den beiden aufbaut zwischen den Zeilen suchen. Mit zunehmendem Handlungsverlauf fiel mir das auch immer leichter, doch eine reine Textdialog-Form ganz ohne Einblick in die Gefühle und Gedanken der Protagonisten ist für eine Liebesgeschichte schon ein sehr gewöhnungsbedürftiges Format.

Dabei hat der Verlag die Innovation optisch so gelungen umgesetzt, dass sich die Nachrichten leicht lesen lassen. Anders als durch den Alltagsgebrauch erwartet, verwenden Haley und Martin keine Emojis, keine GIFs und halten sich auch an Grammatikregeln, sodass wir in den Genuss von korrektem Satzbau und Zeichensetzung kommen. Warum die beiden sehr verschriftlicht miteinander kommunizieren baut die Autorin zwar in die Geschichte ein, dennoch wirkt das bei Teenagern ein kleines bisschen unauthentisch. Außerdem ist auffällig, dass durch das typische Nachrichtenformat auf gegenüberliegenden Seiten nicht so viele Wörter auf eine Seite passen, wie in einem Fließtext und fliegen die Seiten so rasend schnell dahinfliegen. Was zuvor wie eine seitenstarke Geschichte gewirkt hat, lässt sich problemlos an einem Nachmittag durchlesen.

Beeindruckend ist, dass Spannung und Protagonisten nicht wirklich unter diesem besonderen Format leiden, wie ich es eigentlich angenommen hätte. Durch das Verwechslungsthema und die Tatsache, dass uns Viele Face-to-Face-Begegnungen unterschlagen werden, bleibt eine konstante Spannung erhalten und man fragt sich ständig, wo das Ganze hinführen wird. Denn auch wenn die Dialoge manchmal etwas ziellos und zufällig wirken, werden sie doch immer persönlicher und steuern auf einen Höhepunkt hin: der Enthüllung von Martins wahrer Identität und dem ersten Test der zarten Beziehung an der Realität. Außerdem sind Haley und Martin zwei sehr liebevoll gestaltete Charaktere, die für das besondere Format erstaunlich viel Profil erhalten, da durch den Wegfall der Handlung und Beschreibungen viel Zeit und Raum zur Verfügung steht, die beiden, ihre Dynamik und ihre Gefühle, Gedanken, Eigenheiten und Meinungen zu verschiedenen Themen genauer kennenzulernen. Hier geht es viel um Nerd-Shit wie Games, Comics oder Serien, aber auch wer sich dafür nicht interessiert, wird die vielen Gespräche über dies und das, das oftmals witzige und absurde Geplänkel der beiden, das unterschwellige Gefühle offenbart, sowie die spannenden Fakten, die Haley immer wieder aus ihrem Newsfeed mit einfließen lässt, gerne verfolgen.

Die Autorin stellt durch subtile Hinweise und eine leicht unterschiedliche Ausdrucksweise sicher, dass man hinter den Nachrichten tatsächlich zwei unterschiedliche Personen entdecken kann und lässt genügend Humor, Drama und Unsicherheit einfließen, dass man die anderen, tieferliegenden, verborgenen Gefühle auch wahrnimmt. Wenn man also davon ausgeht, dass beide in ihren Nachrichten ehrlich waren und sich unverzerrt dargestellt haben, bekommt man einen umfassenden Eindruck ihrer beiden Persönlichkeiten. Von den Nebencharakteren, die hier ja nicht aktiv auftauchen, sondern von denen nur ab und zu gesprochen wird, war ich leider die größte Zeit über verwirrt, da ich schnell durcheinandergekommen bin, wer nun warum was genau gemacht hat.

Es gibt also Pluspunkte für Idee, Innovation und gutem Aufbau, insgesamt wäre mir aber eine Mischform aus "normaler" Erzählung und Textnachrichten lieber gewesen.



Fazit:


Eine Geschichte bestehend nur aus Textnachrichten? Funktioniert tatsächlich. In "Wenn zwei sich texten" stehen eine hohe Spannung, erstaunlich gut ausgearbeitete Protagonisten und vielseitige Dialoge dem Fehlen von "echten Szenen" und teilweise anstrengendes Hinterdenken von Hinweisen gegenüber, sodass mir insgesamt eine Mischform aus "normaler" Erzählung und Textnachrichten lieber gewesen wäre.
Nichtdestotrotz ein innovativer, liebenswürdiger, spritziger Jugendroman, den ich gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 05.08.2020

Eine positive Überraschung auf voller Linie

Marked Men: In seinen Armen
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Die Eindrücke:

Handlung: Der Einstieg in dieses Buch gelang mir nur schwer, da ich die ersten Kapitel als sehr verwirrend, düster und erotiklastig empfand, sodass mein erster Eindruck eher durchwachsen ...

Die Eindrücke:

Handlung:
Der Einstieg in dieses Buch gelang mir nur schwer, da ich die ersten Kapitel als sehr verwirrend, düster und erotiklastig empfand, sodass mein erster Eindruck eher durchwachsen war. Zu meiner großen Überraschung offenbarten sich hinter der eindeutigen Storyline und den einfach gestrickten Figuren aber bald immer mehr Abgründe und Tiefe, sodass die Geschichte mich mit im Verlauf zunehmend emotionaleren Themen und mit immer bunter, eindrücklicher, runder und tiefgründiger werdenden Protagonisten überzeugen konnte.

Charaktere: Das Buch ist der vierte Band der erfolgreichen, sechsbändigen "Marked Men"-Reihe der amerikanischen Autorin Jay Crownover und als solcher grundsätzlich unabhängig von der Reihe lesbar, die schiere Flut von Namen und Hintergrundgeschichten von Nashs Clique verwirrend aber ab und zu wenn man die anderen Bände nicht gelesen hat. Nichtsdestotrotz sind Nashs Freunde eine so süße, bunte Truppe, dass ich wenn ich dazu komme, auf jeden Fall mal noch einen Blick in einen der anderen Bände werfen werde. Auch die beiden Hauptprotagonisten konnten mich auf den zweiten Blick super überzeugen. Saint ist klug, schön und liebenswert, aber einsam, da ihre Komplexe und ihre Selbstzweifel ihr in fast allen Lebensbereichen im Weg stehen. Vor allem aber behindern sie ihre Beziehung zu Nash und dass sie immer drei Schritte zurück geht, wenn er einen auf sie zu macht, lässt die Liebesgeschichte nicht nur für ihr zu einem frustrierenden Unterfangen werden. Dass Nash sich von Saints Problemen nicht abschrecken lässt, sondern beständig um sie kämpft und fürsorglich für sie sorgt, obwohl er eigentlich genügend eigene Probleme hat, hat mich sehr beeindruckt. Allgemein ist er ein klarer Fall von "harte Schale, weicher Kern" und soweit von meinem ersten Eindruck von ihm entfernt, wie es überhaupt nur geht

Schreibstil:
Neben der Entwicklung der Handlung und den Protagonisten hat mich auch Jay Crownovers Schreibstil positiv überrascht. Auch wenn für meinen Geschmack die Erotik doch ein bisschen sehr im Vordergrund steht, kommen auch die Gefühle und andere Themen nicht zu kurz und die Geschichte erhält eine Tiefe, die ich nicht erwartet hätte. Neben der Tatsache, dass die Geschichte ein einziges Plädoyer für mehr Selbstliebe ist, geht hier sehr viel um Liebe, Freundschaft, Abschied, Vergangenheit, Familie, Zugehörigkeit, Lebenssinn und Wurzeln.

__________________________
Das Urteil:

Eine positive Überraschung auf voller Linie: die Handlung weiß trotz vieler Rückschläge und Wiederholungen mitzureißen, die Protagonisten entwickeln sich und strafen den ersten Eindruck Lügen und der Schreibstil wartet mit ungeahnter Emotionalität und Tiefe auf.

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Veröffentlicht am 19.07.2020

Temporeich, komplex und spannend!

Elbendunkel 1: Kein Weg zurück
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Schon mit ihrer magischen, komplexen Erstlingsreihe "Chosen - Das Erwachen" und "Chosen - Die Bestimmte" hat Rena Fischer mich überzeugt und auch der Auftakt zu ihrer neuen Serie "Elbendunkel - Kein Weg ...

Schon mit ihrer magischen, komplexen Erstlingsreihe "Chosen - Das Erwachen" und "Chosen - Die Bestimmte" hat Rena Fischer mich überzeugt und auch der Auftakt zu ihrer neuen Serie "Elbendunkel - Kein Weg zurück" hat es ganz schön in sich. Der komplexe Plot, das hohe Erzähltempo, viele Wendungen, Gefühlschaos, liebenswerte Protagonisten, der magische Schreibstil und nicht zuletzt die hübsche äußerliche Gestaltung machen diesen Roman zu einem Buchhighlight, das sich kein Fan von dystopischen Jugendbüchern oder Fantasy entgehen lassen sollte!

Das Cover ist ganz hinreißend gestaltet. Auf weiß-grauem Hintergrund ist ein blau-grün-schwarzer haptisch hervorgehobener Nebelstreifen zu sehen, in dem die Silhouette eines Paares, die Golden Gate Bridge, die Lichter von San Francisco und weiße Vögel zu sehen sind. Auch der Titel nimmt gekonnt die Hell-Dunkel-Kontraste auf. Ohne den Einband ist die gebundene Ausgabe weiß mit dem Titel in Hellblau auf dem Buchrücken, innerhalb der Buchdeckel ist jeder Kapitelanfang mit einer grauen Wolke verziert. Ganz besonders hilfreich fand ich aber das sehr ausführliche Glossar mit Namen und Fachbegriffen, ohne das ich wohl bald aufgegeben hätte.


Erster Satz: "Man sollte sie alle eliminieren."


Denn auch wenn die Geschichte ganz unschuldig beginnt - mit einem ersten Date -, werden wir schnell in ein Wirr-Warr aus politischen Intrigen, rasant wechselnden Einzelinteressen, spannenden Verfolgungsjagden, plötzlichen Entführungen, phantastischen Prophezeiungen und alten Geheimnissen verstrickt. Rein von der Idee her, ist die Geschichte nicht sonderlich komplex und beinhaltet einige Klischees aus dem Jugendbuchbereich. So ist die Protagonistin ein einzigartiges Mischwesen, kommt hinter die Lüge ihrer Identität durch einen rebellischen Jungen, steht im Mittelpunkt einer Prophezeiung, in der sie das Volk der Menschen, der Lichtelben und der Dunkelelben versöhnen muss und wird so zur Bad-Ass-Heldin. Doch auch wenn diese nicht ganz neuen Grundideen die Story in Teilen wie zum Beispiel der Liebesgeschichte vorhersehbar machen, hat Rena Fischer doch die besten Elemente aus Liebesgeschichten, Dystopien, Fantasy und Abenteuerroman genutzt, um eine Geschichte zu schaffen, die so noch nicht dagewesen ist. Eingewanderte Licht- und Dunkelelben, die nach der Verseuchung ihrer Welt in unserer Schutz suchen, aber mit Ausgrenzung, Anfeindung und Rassismus konfrontiert werden und sich auflehnen...? Darauf wäre ich nie gekommen


"Ich habe wie in einer Schneekugel gelebt, dachte Luz bitter. Mit ein paar winzigen Flöckchen Wirklichkeit, die mich ab und an streiften, bis das Date mit Niall meine kleine, schöne Welt ins Rollen gebracht hat und sie an der Wahrheit zerschellt ist."


Dass dieser Mix hochspannend ist, wird durch die vielen Fragezeichen garantiert, mit denen wir in die Geschichte starten. Gleich von der ersten Seite war ich einfach an dieses Buch gefesselt und bin nicht mehr losgekommen, bis nicht auch das aller letzte Wort noch verschlungen war. Während man im ersten Teil der Story zusammen mit Luz hilflos in alle Ereignisse hineinstolpert und verzweifelt versucht, alle Zusammenhänge zu verstehen, Fragmenten der Wahrheit hinterherzurennen und die Motive der Handelnden zu durchschauen, bekommt man im Laufe der Geschichte zusammen mit ihr einen immer besseren Einblick in die Hintergründe der Story. Langsam klären sich dann die ersten Nebenfetzen auf, doch genau dieses perfekte Maß an Undurchsichtigkeit und Verwirrung, das die Spannung wahrt und gerade noch verstehbar ist, zieht sich durch das ganze Buch hindurch. Die ständig schwankenden Einzelinteresse und Motive machen es fast unmöglich genau zu sagen, wer gerade was für wen tut.


"Während sie auf der Treppe ihre Arme und Beine fest um ihn geschlungen hatte, klopfte ihr Herzschlag zart wie Schmetterlingsflügel gegen seine Brust und schlug dennoch wie mit einem Vorschlaghammer Risse in den Panzer darunter. Wie konnte es nur so weit kommen? Einerlei, ob Hernández´ Tochter (...), Ash war vor allem eines: Tabu. Tabu, aus so vielen Gründen, dass Darel eine tragische Ballade darüber hätte schreiben können"


Und das ist wirklich das Genialste an dieser Story - die Autorin schafft es immer wieder, einen hinters Licht zu führen! Wenn man denkt, man hat das Ganze durchschaut, passiert etwas Neues und man weiß wieder so viel wie am Anfang. Nämlich nichts. Ich muss zugeben, dass die Fragenzeichen über meinem Kopf im Laufe der Seiten immer mehr wurden, denn der Plot ist recht komplex und verstrickt, doch alles in allem konnte ich einen guten Überblick behalten. Ja, die Autorin setzt ein recht hohes Aufmerksamkeitspotential voraus, indem sie neben nebulösen Rückblenden den Leser oft übergangslos in neue Situationen wirft, immer neue Figuren erscheinen lässt und die Handlung zunehmend rasanter auf ein sich überschlagendes Ende zu peitscht, doch wenn man sich ein bisschen anstrengt, wird man mit einem logischen und extrem spannenden Gesamtkonstrukt belohnt!!!


"Nicht lange. Was hieß das schon? Fünf Minuten, eine halbe Stunde? Zeit war ein eigenartiges Gewand. Manchmal rutschte sie einem durch die Finger wie Seide. Oder wärmte einen wie Wolle. Gerade schnürte sie sich um ihren Körper wie eine Zwangsjacke."


Ganz große Klasse ist auch der Schreibstil. Man glaubt einfach nicht, dass das erst die zweite Reihe von Rena Fischer ist - zu erfahren und abgeklärt wirkt ihre Schreibweise. Gleichzeitig locker, leicht und einfach, aber dennoch ausführlich, magisch und gut durchdacht. Ihr Satzbau ist dabei abwechslungsreich und umgangssprachlich genug, um gut gelesen werden zu können, dabei aber nicht zu schlampig und ungalant formuliert. Dieser Hochseilakt meistert die Autorin wirklich super, was ich, genau wie ihre Fähigkeit, an den richtigen Stellen gefühlvoll, eiskalt, rasant oder ruhig zu schreiben, sehr bewundere. Es werden durch malerische Beschreibungen wunderschöne Bilder im Kopf erzeugt und die vielen faszinierenden Dialoge sowie die Protest-Poetry-Slams von Darel setzten der Story noch mal ein Sahnehäubchen auf.


"Darel sah ohne Zweifel gut aus. Nicht gut im Sinne von "Ich bin der Junge, dem du vertrauen kannst, der dich zum Lachen bringt und mit dir bis ans Ende der Welt geht", sondern gut wie "Ich bin die Inkarnation all dessen, wovor dein Vater dich beschützen will, am Ende meines bittersüßen Weges wartet auf dich ein Abgrund und wenn ich springe, werde ich dich umarmen und mit mir nach unten reißen."


Gerade auch die Verbindung von brutaler Dystopie mit einigen gesellschaftskritischen, politischen Parallelen zu Einwanderung und Rassismus und den Elben der nordischen Mythologie gelingt ihr gut. Zwar werden die Welten der Elben und die Vorgeschichte um die Mythen in Irland nur grob angerissen und auch die Magie der Elben ist nur andeutungsweise ein Thema, doch durch die vielen kleinen Details wie zum Beispiel die gälischen Namen, fließt die Mythologische Komponente flüssig in die dystopische mit ein. Auch der Rest des Setting wie die Zukunftstechnologien aus dem Jahr 2044 oder die Stadt San Francisco und ihre Umgebung sind schlüssig und authentisch geschildert.


"Angst ist nur ein Gefühl wie Liebe, Freude, Sehnsucht oder Wut. Sie ist dein Freund, Luz. Sie warnt dich. Ohne Angst wärst du kleiner Wildfang bestimmt schon von den Klippen gesprungen, um zu sehen, ob du einfach davonfliegen kannst."


Die Protagonisten haben mir ebenfalls gut gefallen, hier sehe ich aber die Hauptschwäche der Geschichte. Es erzählen hier abwechselnd Luz, Darel und Niall als personale Er-Erzähler in den zum Teil sehr kurzen Kapiteln und nehmen uns so mit in ihre jeweilige Gedankenwelt und ermöglichen es, dass die Hintergrundgeschichten der einzelnen vorkommenden Personen nach und nach eingeschoben werden. Auch zwischen den dreien sind die Fronten oftmals unklar. Mal ist der Eine der Entführer, dann wieder der Retter in letzter Sekunde, sodass die ständige Unsicherheit, wer wirklich "Gut" und wer "Böse" ist, einen als Leser fast in den Wahnsinn treibt. Fest steht jedoch, dass sich relativ flott ein Liebesdreieck anbahnt, dessen Ausgang mir von der ersten Seite an klar war. Davon abgesehen lief mir Luz´/Ashs Entwicklung ein wenig zu plötzlich ab und ging in den ganzen Ereignissen ein wenig unter. Auch von den beiden männlichen Love-Interests erfahren wir noch nicht allzuviel, was ebenfalls dem starken Fokus auf der Handlung zuzuschreiben ist. Luz´ Freund Niall hinterließ somit einen blassen, eher jämmerlichen Eindruck, während der Vorzeige-Bad-Boy-wie-er-im-Buche-steht Darel genauso spannend wie undurchsichtig erscheint. Tatsächlich waren also Luz´ beste Freundin Kelly und der Dunkelelb Adrasel meine Lieblingsprotagonisten. Ich bin aber sehr gespannt, wie sich die Figuren in den nächsten Bänden noch weiterentwickeln werden!


"Versprich mir lieber nichts. Versprechen sind wie Schulden und keiner von uns weiß im Moment, ob wir sie jemals zurückzahlen können. Schenk mir lieber einen Wunsch zum Abschied." (...)
"Dass du immer neugierig bleibst, wünsche ich dir. Auf die Welt und auf all das, was hinter den Dingen steckt."


Das Ende war -wie zu erwarten- kein richtiges Ende. Mit dem gefühlt miesesten Cliffhanger der Welt wird dieser Geschichte nur ein vorläufiger Schlusspunkt gesetzt und ich muss nun mit einem rauchenden Kopf voller Fragen auf den nächsten Band warten. Ja vielen Dank auch, Rena Fischer!!!



Fazit:


Trotz einiger Jugendbuchklischees und den etwas hinter der Handlung zurücktretenden Protagonisten ist diese Geschichte so temporeich, komplex und spannend, dass ich es nur von Herzen weiterempfehlen kann. "Elbendunkel - Kein Weg zurück" beinhaltet die Intensität der Gefühle eines Jugendbuchs, die Spannung eines Krimis, die Magie eines Fantasyromans, die Gesellschaftskritik einer Dystopie und die Komplexität eines Thrillers.

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