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Veröffentlicht am 25.04.2020

Seltsam fremdartig, an manchen Stellen verstörend und viele offene Fragen...

His Dark Materials 2: Das Magische Messer
0

Die "Goldene Kompass"-Trilogie ist mittlerweile ja ein echter Fantasy-Klassiker, der sogar ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hat als ich. Dass ich erst in diesem Jahr dazu gekommen bin, die Reihe endlich ...

Die "Goldene Kompass"-Trilogie ist mittlerweile ja ein echter Fantasy-Klassiker, der sogar ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hat als ich. Dass ich erst in diesem Jahr dazu gekommen bin, die Reihe endlich anzufangen. auch wenn sie schon seit mehreren Jahren bei mir im Regal steht, sei hier einfach mal unkommentiert dahingestellt Leider musste ich im Januar feststellen, dass ich über die Jahre nicht wirklich etwas verpasst habe, denn "Der goldene Kompass" konnte mich nicht wirklich überzeugen. Da ich die beiden Fortsetzungen "Das magische Messer" und "Das Bernsteinteleskop" jedoch besitze, habe ich mich dazu durchgerungen, der Reihe noch eine weitere Chance zu geben. Und das war eine wirklich gute Entscheidung, denn der zweite Teil holt vieles auf, was der erste versäumt hat, dennoch hat das nette, originelle Fantasy-Abenteuer für mich zu viele Schwächen, um als "die Fantasy-Reihe des Jahrzehnts" bezeichnet werden zu können, wie andere Rezensenten sie bewertet haben.

Meine Ausgabe ist Teil eines Dreier-Schubers aus dem Hause Carlsen, der genau wie die andern beiden Bände in dunklem Nachthimmel-Blau mit hellen Sternensprenkeln gehalten ist und ein Motiv zeigt. Auf dem ersten Teil ist die Protagonistin Lyra zusehen, die auf einem Eisbären reitet. Hier auf dem zweiten sieht man einen Jungen, der vermutlich den neuen Protagonisten Will darstellen soll, neben einem Messer. Auch wenn ich die Gestaltung einheitlich und nett finde, gefallen mir andere Ausgaben viel besser, da hier doch alles "Kinderbuch" schreit. Weshalb diese Klassifizierung auf jeden Fall fragwürdig ist, will ich später nochmal erläutern.

Erster Satz: "Will zog seine Mutter an der Hand und sagte: "Komm weiter, bitte..."

Im Gegensatz zu "Der goldene Kompass", in dem uns Philip Pullman ins kalte Wasser wirft, ohne seine fremdartige Fantasy-Welt in irgendeiner Weise zu erklären und mir somit einen Orden für den langatmigsten Einstieg aller Zeiten verdient hat, beginnt "Das magische Messer" rasanter und in der uns bekannten Welt. Auf den ersten Seiten lernen wir den jungen Will kennen, der sich alleine um seine paranoide und verängstigte Mutter kümmern muss, seit sein Vater vor Jahren auf einer Polarexpedition verschwand. Als jedoch zwielichtige Typen auftauchen, die mehr über das Verschwinden seines Vaters wissen wollen, bleibt ihm nur die Flucht. Durch Zufall findet er ein Fenster zu einer anderen Welt, wo wir dann auch Lyra wieder treffen, die nach dem Durchqueren des von Lord Asriel geschaffenen Portals ebenfalls in der anderen Welt gelandet ist. Bald wird den beiden Kindern klar, dass sie sich vor demselben Feind verstecken und begeben sich gemeinsam auf die Suche nach Wills Vater, der laut Lyras Alethiometer der Schlüssel zum Verständnis der Verschwörung ist...

Nachdem der Autor im ersten Band in eine höchst widersprüchliche, komplexe Welt, die voller innovativer Ideen steckt, sich mir aber leider nicht wirklich erschloss, entführte, spielt die Handlung in dieser Fortsetzung in drei verschiedenen Welten: der bereits bekannten Fantasy-Welt aus dem ersten Teil, der Welt, in der wir leben und eine dritte Version, in der sogenannte "Gespenster" die Lebensenergie aus Erwachsenen heraussaugen und nur leere, willenlose Hüllen und verwaiste Kinder hinterlassen. Durch die verlassenen Straßen, die wilden Kinderbanden und die Überreste magischer Artefakte wirkt auch die neue Welt wie eine postapokalyptische Steampunk-Welt, hier gibt es jedoch Technologien, Alltagsgegenstände und Städte, die mehr an unsere Zivilisation erinnern, als die mittelalterliche Version Oxfords, in der Lyra groß geworden ist. Doch auch wenn ich die neue Welt, in der ein Großteil der Handlung abläuft, besser fassen und begreifen konnte, wurde mein gebildeter Eindruck doch immer wieder von magischen Aspekten oder geschichtlichen Fakten aufgemischt und so blieb das Setting der Geschichte auch im zweiten Teil rätselhaft für mich. Das ist natürlich eine nette Abwechslung zu den ewigen Urban-Fantasy-Reihen, doch im zweiten Teil einer Trilogie erwarte ich mir schon mehr Antworten und ein vollständigeres World Building. Doch auch hier werden immer wieder vorkommende Bezeichnungen oder Besonderheiten erst sehr spät oder nie erklärt und bei genauerem Nachdenken tun sich an jeder Ecke Logiklücken auf.

Ich hatte mir von diesem zweiten Teil endlich Antworten auf viele meiner Fragen erhofft, doch auch nach "Das magische Messer" ist mir immer noch sehr unklar, wer auf welcher Seite steht, wer wen warum finden muss und was die Ziele der einzelnen Protagonisten sind. Im Gegensatz zum ersten Teil, der noch deutlich auf einen Abenteuer-Roman abzielte, ist die Handlung in diesem zweiten Teil deutlich komplexer und der Spannungsbogen durch die verschiedenen Handlungsstränge dichter. Neben Will und Lyra gehen wir mit dem Aeronaut Lee Scorsby auf die Suche nach einem verschollenen Schamanen, erkunden mit der Hexe Serafina Pekkala die neue Welt aus der Luft und lernen die Teilchenphysikerin Mary Malone kennen, die an dunkler Materie forscht, was dem entspricht, was Lyra "Staub" nennt. Trotz interessanter Gedanken zur dunkler Materie und der Evolution und Entwicklung des Bewusstseins des Menschen und neuen Andeutungen zu dem Thema, ist "Staub" auch in "Das magische Messer" eine bleibendes Rätsel, von dem man aber immer noch nicht genau weiß, was er genau ist und was er macht.

Auch was genau das Motiv der Kirche und deren Behörden ist, die entschieden gegen den "Staub" und alle möglichen Varianten desselben vor geht und sich auf einen Krieg vorzubereiten scheint, blieb ein großes Fragezeichen im Konstrukt um die Handlung. Die nicht gerade subtile Kirchenkritik des Autors tut ihr übriges und lässt diese Institution an manchen Stellen unfreiwillig (oder vielleicht doch freiwillig?) komisch wirken. Ein weiteres loses Ende ist das Duo Asriel und Ms Coulter, die beide ihre eigenen Interessen verfolgen und bei denen man sich ebenfalls nicht sicher sein kann, nach welchen Ziele sie streben und auf welchen Seiten sie in dem Konflikt stehen. Das sorgt leider dafür, dass wir sie bald als stereotype Bösewichte wahrnehmen, obwohl sie eigentlich sehr spannend angelegt sind. Allgemein werden Handlungen und Pläne der Protagonisten oft mit vagen Gründen wie Schicksal oder Vorhersehung begründet, die großen Zusammenhänge erschließen sich dem Leser aber noch nicht. Insgesamt blieben mir die Fronten zu sehr verschwommen und die Motive der Handelnden zu unklar, sodass die Handlung zunehmend verworrener erschien.

Dazu kommen einige seltsame Szenen, in denen plötzlich riesige Engel auftauchen, normale Protagonisten prophetische Träume haben oder ein Krieg gegen Gott auf den Tisch kommt (Hallo, haben Sie zu viel Nietzsche gelesen, Herr Pullman?). Trotz der vielen spannenden und einzigartigen Ideen erscheint die Geschichte nicht zuletzt durch seltsam fremdartig, an manchen Stellen verstörend und sorgte für viele Stirnrunzler, die sich zu Längen auswuchsen. Nur hin und wieder konnte mich eine Szenenfolge wirklich packen. Dass ich es aber trotzdem ohne größere Leseflauten durch die 385 Seiten geschafft habe, habe ich vor allem Philip Pullmans Schreibstil zu verdanken, der für einen Fantasy-Roman überraschend kurz gehalten ist. Es lassen sich kaum ausschweifende Beschreibungen und Erklärungen finden, stattdessen dominieren kurze und prägnante Szenen das Bild. Leider passieren dadurch aber immer wieder viele Dinge gleichzeitig und gerade bei actionreichen Schlüsselszenen kommt es immer wieder vor, dass sich Perspektiven überlappen wie die dargestellten Welten und man ein wenig den Überblick verliert.

Auch die beiden Protagonisten konnten mich nicht zu 100% überzeugen. Das lag vor allem daran, dass Lyra und Will einfach sooo jung sind, sodass ich bei vielen ihrer Handlungen oder Gedanken die Verbindung zu ihr nicht wirklich herstellen konnte. Außerdem entwickelte sich die junge, quirlige, mutige Protagonistin nach dem ersten Teil kaum weiter und rückte für Will stark aus dem Rampenlicht, der ihren Platz als Hauptheld einnimmt. Vor allem am Ende erscheint dieser jedoch sehr emotionslos, was aber auch daran liegen könnte, dass der Autor bei seinem Showdown mit hohem Protagonisten-Sterbe-Anteil wie im ersten Teil ziemlich auf die Tube drückt. Zurückgelassen werden wir wieder mit einem miesen Cliffhanger, der mich sofort hat weiterlesen lassen. Denn trotz allem bin ich jetzt sehr gespannt, wie Philip Pullman seine Fäden zusammenlaufen lassen will!

Insgesamt muss ich also leider sagen: Hier fehlen die Epik einer Sarah J Maas, die wundervollen Charaktere einer J. K. Rowling, die Komplexität des Weltenaufbaus eines Tolkiens, die emotionale Spannung einer Jennifer L. Armentrout und der wunderschöne, präzise Stil einer Laini Taylor. Wer sich jetzt vielleicht wundert, mit welchen Autoren ich die Reihe verglichen habe, dem will ich nochmal ganz klar sagen: Die Reihe um "Der goldene Kompass" ist kein Kinderbuch, auch wenn das junge Alter der Protagonistin darauf hindeutet. Ungeschönte, Gewalt, blutige Kämpfe, sterbende Protagonisten, mordlustige Kindermobs, grausame Menschenversuche, herumliegende Leichen, abgetrennte Gliedmaßen, Folter, Entführungen, Morde, harter Überlebenskampf - wir haben es hier mit einem recht düsteren Szenario zu tun, wozu die Perspektive eines Kindes nicht besonders gut passt. Es stellt sich also die Frage, was Philip Pullman hier schreiben wollte: ein Kinderbuch, ein Jugendabenteuer oder ein Fantasy-Epos für Erwachsene? Leider ist er aus meiner Sicht in allem drei gescheitert: "Das magische Messer" ist für ein Kinderbuch zu brutal, für ein Jugendbuch zu kindlich-naiv, kann sich aber auch nicht mit etablierten Fantasy-Klassikern messen...


Fazit:


In diesem zweiten Teil ist die Handlung deutlich komplexer, der Spannungsbogen durch die verschiedenen Handlungssträngen dichter und das Setting greifbarer. Dennoch blieben mir die Fronten zu sehr verschwommen, die Motive der Handelnden zu unklar und die Protagonisten zu blass, sodass die Handlung zunehmend verworrener erschien.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2020

Seltsam fremdartig, an manchen Stellen verstörend und viele offene Fragen...

His Dark Materials 2: Das Magische Messer
0

Die "Goldene Kompass"-Trilogie ist mittlerweile ja ein echter Fantasy-Klassiker, der sogar ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hat als ich. Dass ich erst in diesem Jahr dazu gekommen bin, die Reihe endlich ...

Die "Goldene Kompass"-Trilogie ist mittlerweile ja ein echter Fantasy-Klassiker, der sogar ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hat als ich. Dass ich erst in diesem Jahr dazu gekommen bin, die Reihe endlich anzufangen. auch wenn sie schon seit mehreren Jahren bei mir im Regal steht, sei hier einfach mal unkommentiert dahingestellt Leider musste ich im Januar feststellen, dass ich über die Jahre nicht wirklich etwas verpasst habe, denn "Der goldene Kompass" konnte mich nicht wirklich überzeugen. Da ich die beiden Fortsetzungen "Das magische Messer" und "Das Bernsteinteleskop" jedoch besitze, habe ich mich dazu durchgerungen, der Reihe noch eine weitere Chance zu geben. Und das war eine wirklich gute Entscheidung, denn der zweite Teil holt vieles auf, was der erste versäumt hat, dennoch hat das nette, originelle Fantasy-Abenteuer für mich zu viele Schwächen, um als "die Fantasy-Reihe des Jahrzehnts" bezeichnet werden zu können, wie andere Rezensenten sie bewertet haben.

Meine Ausgabe ist Teil eines Dreier-Schubers aus dem Hause Carlsen, der genau wie die andern beiden Bände in dunklem Nachthimmel-Blau mit hellen Sternensprenkeln gehalten ist und ein Motiv zeigt. Auf dem ersten Teil ist die Protagonistin Lyra zusehen, die auf einem Eisbären reitet. Hier auf dem zweiten sieht man einen Jungen, der vermutlich den neuen Protagonisten Will darstellen soll, neben einem Messer. Auch wenn ich die Gestaltung einheitlich und nett finde, gefallen mir andere Ausgaben viel besser, da hier doch alles "Kinderbuch" schreit. Weshalb diese Klassifizierung auf jeden Fall fragwürdig ist, will ich später nochmal erläutern.

Erster Satz: "Will zog seine Mutter an der Hand und sagte: "Komm weiter, bitte..."

Im Gegensatz zu "Der goldene Kompass", in dem uns Philip Pullman ins kalte Wasser wirft, ohne seine fremdartige Fantasy-Welt in irgendeiner Weise zu erklären und mir somit einen Orden für den langatmigsten Einstieg aller Zeiten verdient hat, beginnt "Das magische Messer" rasanter und in der uns bekannten Welt. Auf den ersten Seiten lernen wir den jungen Will kennen, der sich alleine um seine paranoide und verängstigte Mutter kümmern muss, seit sein Vater vor Jahren auf einer Polarexpedition verschwand. Als jedoch zwielichtige Typen auftauchen, die mehr über das Verschwinden seines Vaters wissen wollen, bleibt ihm nur die Flucht. Durch Zufall findet er ein Fenster zu einer anderen Welt, wo wir dann auch Lyra wieder treffen, die nach dem Durchqueren des von Lord Asriel geschaffenen Portals ebenfalls in der anderen Welt gelandet ist. Bald wird den beiden Kindern klar, dass sie sich vor demselben Feind verstecken und begeben sich gemeinsam auf die Suche nach Wills Vater, der laut Lyras Alethiometer der Schlüssel zum Verständnis der Verschwörung ist...

Nachdem der Autor im ersten Band in eine höchst widersprüchliche, komplexe Welt, die voller innovativer Ideen steckt, sich mir aber leider nicht wirklich erschloss, entführte, spielt die Handlung in dieser Fortsetzung in drei verschiedenen Welten: der bereits bekannten Fantasy-Welt aus dem ersten Teil, der Welt, in der wir leben und eine dritte Version, in der sogenannte "Gespenster" die Lebensenergie aus Erwachsenen heraussaugen und nur leere, willenlose Hüllen und verwaiste Kinder hinterlassen. Durch die verlassenen Straßen, die wilden Kinderbanden und die Überreste magischer Artefakte wirkt auch die neue Welt wie eine postapokalyptische Steampunk-Welt, hier gibt es jedoch Technologien, Alltagsgegenstände und Städte, die mehr an unsere Zivilisation erinnern, als die mittelalterliche Version Oxfords, in der Lyra groß geworden ist. Doch auch wenn ich die neue Welt, in der ein Großteil der Handlung abläuft, besser fassen und begreifen konnte, wurde mein gebildeter Eindruck doch immer wieder von magischen Aspekten oder geschichtlichen Fakten aufgemischt und so blieb das Setting der Geschichte auch im zweiten Teil rätselhaft für mich. Das ist natürlich eine nette Abwechslung zu den ewigen Urban-Fantasy-Reihen, doch im zweiten Teil einer Trilogie erwarte ich mir schon mehr Antworten und ein vollständigeres World Building. Doch auch hier werden immer wieder vorkommende Bezeichnungen oder Besonderheiten erst sehr spät oder nie erklärt und bei genauerem Nachdenken tun sich an jeder Ecke Logiklücken auf.

Ich hatte mir von diesem zweiten Teil endlich Antworten auf viele meiner Fragen erhofft, doch auch nach "Das magische Messer" ist mir immer noch sehr unklar, wer auf welcher Seite steht, wer wen warum finden muss und was die Ziele der einzelnen Protagonisten sind. Im Gegensatz zum ersten Teil, der noch deutlich auf einen Abenteuer-Roman abzielte, ist die Handlung in diesem zweiten Teil deutlich komplexer und der Spannungsbogen durch die verschiedenen Handlungsstränge dichter. Neben Will und Lyra gehen wir mit dem Aeronaut Lee Scorsby auf die Suche nach einem verschollenen Schamanen, erkunden mit der Hexe Serafina Pekkala die neue Welt aus der Luft und lernen die Teilchenphysikerin Mary Malone kennen, die an dunkler Materie forscht, was dem entspricht, was Lyra "Staub" nennt. Trotz interessanter Gedanken zur dunkler Materie und der Evolution und Entwicklung des Bewusstseins des Menschen und neuen Andeutungen zu dem Thema, ist "Staub" auch in "Das magische Messer" eine bleibendes Rätsel, von dem man aber immer noch nicht genau weiß, was er genau ist und was er macht.

Auch was genau das Motiv der Kirche und deren Behörden ist, die entschieden gegen den "Staub" und alle möglichen Varianten desselben vor geht und sich auf einen Krieg vorzubereiten scheint, blieb ein großes Fragezeichen im Konstrukt um die Handlung. Die nicht gerade subtile Kirchenkritik des Autors tut ihr übriges und lässt diese Institution an manchen Stellen unfreiwillig (oder vielleicht doch freiwillig?) komisch wirken. Ein weiteres loses Ende ist das Duo Asriel und Ms Coulter, die beide ihre eigenen Interessen verfolgen und bei denen man sich ebenfalls nicht sicher sein kann, nach welchen Ziele sie streben und auf welchen Seiten sie in dem Konflikt stehen. Das sorgt leider dafür, dass wir sie bald als stereotype Bösewichte wahrnehmen, obwohl sie eigentlich sehr spannend angelegt sind. Allgemein werden Handlungen und Pläne der Protagonisten oft mit vagen Gründen wie Schicksal oder Vorhersehung begründet, die großen Zusammenhänge erschließen sich dem Leser aber noch nicht. Insgesamt blieben mir die Fronten zu sehr verschwommen und die Motive der Handelnden zu unklar, sodass die Handlung zunehmend verworrener erschien.

Dazu kommen einige seltsame Szenen, in denen plötzlich riesige Engel auftauchen, normale Protagonisten prophetische Träume haben oder ein Krieg gegen Gott auf den Tisch kommt (Hallo, haben Sie zu viel Nietzsche gelesen, Herr Pullman?). Trotz der vielen spannenden und einzigartigen Ideen erscheint die Geschichte nicht zuletzt durch seltsam fremdartig, an manchen Stellen verstörend und sorgte für viele Stirnrunzler, die sich zu Längen auswuchsen. Nur hin und wieder konnte mich eine Szenenfolge wirklich packen. Dass ich es aber trotzdem ohne größere Leseflauten durch die 385 Seiten geschafft habe, habe ich vor allem Philip Pullmans Schreibstil zu verdanken, der für einen Fantasy-Roman überraschend kurz gehalten ist. Es lassen sich kaum ausschweifende Beschreibungen und Erklärungen finden, stattdessen dominieren kurze und prägnante Szenen das Bild. Leider passieren dadurch aber immer wieder viele Dinge gleichzeitig und gerade bei actionreichen Schlüsselszenen kommt es immer wieder vor, dass sich Perspektiven überlappen wie die dargestellten Welten und man ein wenig den Überblick verliert.

Auch die beiden Protagonisten konnten mich nicht zu 100% überzeugen. Das lag vor allem daran, dass Lyra und Will einfach sooo jung sind, sodass ich bei vielen ihrer Handlungen oder Gedanken die Verbindung zu ihr nicht wirklich herstellen konnte. Außerdem entwickelte sich die junge, quirlige, mutige Protagonistin nach dem ersten Teil kaum weiter und rückte für Will stark aus dem Rampenlicht, der ihren Platz als Hauptheld einnimmt. Vor allem am Ende erscheint dieser jedoch sehr emotionslos, was aber auch daran liegen könnte, dass der Autor bei seinem Showdown mit hohem Protagonisten-Sterbe-Anteil wie im ersten Teil ziemlich auf die Tube drückt. Zurückgelassen werden wir wieder mit einem miesen Cliffhanger, der mich sofort hat weiterlesen lassen. Denn trotz allem bin ich jetzt sehr gespannt, wie Philip Pullman seine Fäden zusammenlaufen lassen will!

Insgesamt muss ich also leider sagen: Hier fehlen die Epik einer Sarah J Maas, die wundervollen Charaktere einer J. K. Rowling, die Komplexität des Weltenaufbaus eines Tolkiens, die emotionale Spannung einer Jennifer L. Armentrout und der wunderschöne, präzise Stil einer Laini Taylor. Wer sich jetzt vielleicht wundert, mit welchen Autoren ich die Reihe verglichen habe, dem will ich nochmal ganz klar sagen: Die Reihe um "Der goldene Kompass" ist kein Kinderbuch, auch wenn das junge Alter der Protagonistin darauf hindeutet. Ungeschönte, Gewalt, blutige Kämpfe, sterbende Protagonisten, mordlustige Kindermobs, grausame Menschenversuche, herumliegende Leichen, abgetrennte Gliedmaßen, Folter, Entführungen, Morde, harter Überlebenskampf - wir haben es hier mit einem recht düsteren Szenario zu tun, wozu die Perspektive eines Kindes nicht besonders gut passt. Es stellt sich also die Frage, was Philip Pullman hier schreiben wollte: ein Kinderbuch, ein Jugendabenteuer oder ein Fantasy-Epos für Erwachsene? Leider ist er aus meiner Sicht in allem drei gescheitert: "Das magische Messer" ist für ein Kinderbuch zu brutal, für ein Jugendbuch zu kindlich-naiv, kann sich aber auch nicht mit etablierten Fantasy-Klassikern messen...


Fazit:


In diesem zweiten Teil ist die Handlung deutlich komplexer, der Spannungsbogen durch die verschiedenen Handlungssträngen dichter und das Setting greifbarer. Dennoch blieben mir die Fronten zu sehr verschwommen, die Motive der Handelnden zu unklar und die Protagonisten zu blass, sodass die Handlung zunehmend verworrener erschien.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein leicht zugängliches, nett verpacktes Einsteigerbuch in das Thema "Sinn des Lebens".

Das Café am Rande der Welt
0

Von der "oberflächlichen Zeitverschwendung" bis hin zum "lebensverändernden Sinngeber" - zu diesem dünnen Büchlein von John Strelecky sind im Netz mal wieder sehr widersprüchliche Meinungen zu finden, ...

Von der "oberflächlichen Zeitverschwendung" bis hin zum "lebensverändernden Sinngeber" - zu diesem dünnen Büchlein von John Strelecky sind im Netz mal wieder sehr widersprüchliche Meinungen zu finden, was mein Interesse geweckt hat. Und wie so oft liegt die Wahrheit meiner Meinung nach in der Mitte. Wer philosophische Tiefgründigkeit, eine bildreiche Geschichte oder einen fordernden Schreibstil erwartet, ist hier falsch. Wer jedoch in einfach zugänglicher Form neue Gedanken zum Thema "Sinn des Lebens" präsentiert bekommen will, kann hier Anstoß und Aufforderung finden, sich mehr mit eigenen Wünschen und Träumen zu befassen, über seine Existenz nachzudenken und den Mut zu finden, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.


"Warum verbringen wir soviel Zeit damit, uns auf den Zeitpunkt vorzubereiten, an dem wir tun können, was wir möchten, anstatt es einfach sofort zu tun?"


Die Aufmachung von John Streleckys Romanen, die mittlerweile schon zur Trilogie geworden sind, ist mit starken Farben, geometrischen Flächen und einfachen Strichzeichnungen sehr schlicht, aber passend. Ganz im Stil der Cover finden sich in jedem Kapitel und zu deren Anfang eine seitenfüllende bunte Illustration von Root Leeb. Anders als viele Ratgeber zu diesem Thema ist "Das Café am Rande der Welt" kein dicker Wälzer, durch den man sich wochenlang durchkämpfen muss. Man kann diesen kurzen Roman problemlos an einem Nachmittag lesen oder als kurzfristige Motivationsspritze ein paar der sehr kurzen Kapiteln zwischendurch lesen. Dadurch und auch dank des sehr schlichten, schmucklosen Schreibstils stehen die geschilderten Gedanken einem sehr großen Publikum offen und können auch von typischen Lesemuffeln schnell gelesen werden. Leider ergibt sich durch den geringen Umfang der Geschichte auch nicht die Chance auf ausführliche Ausführungen oder gedankliche Tiefe.


Erster Satz: "Manchmal, wenn man es am wenigsten erwartet, aber vielleicht am meisten braucht, findet man sich an einem unbekannten Ort wieder, mit Menschen, die man gleichfalls nicht kennt, und erfährt neue Dinge."


Das Lesen dieses Buchs hat mir keine riesigen neuen Erkenntnisse beschert, mir keine nennenswert andere Perspektive eröffnet und auch als "lebensverändern" würde ich die Lektüre des Buches für mich keineswegs bezeichnen. Trotzdem sind einige interessante Denkanstöße in den 128 Seiten enthalten, sodass es sich durchaus lohnt, innezuhalten und den Gedankengängen des Protagonisten zu folgen, der aus der Ich-Perspektive von seiner Erfahrung im "Café der Fragen" berichtet, in dem er nach einem Unfall auf dem Highway strandet. Trotz der angerissenen Hintergrundgeschichte um den gestressten Manager John liest sich der Roman weniger wie eine Geschichte und mehr wie ein ausgeschmückter Ratgeber in Dialogform. Die Figuren erhalten keine Tiefe, Casey, Mike und Anne bleiben reine Stichwortgeber, an manchen Stellen tauchen Lebensweisheiten im Abriss-Kalender-Stil auf und auch einige mystische Elemente wie die scheinbare Fähigkeit der dreien, Johns Gedanken lesen zu können, lassen das Konstrukt rund um die Philosophie an einigen Stellen etwas wackelig erscheinen. Darüber hinaus sind viele bekannte und fremde Gedanken wie zum Beispiel die "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral" über den Fischer und den Touristen enthalten, wobei ich angesichts des Hypes ein wenig mehr erwartet hatte.


„Wenn man nicht auf das ausgerichtet ist, was man gerne tun möchte, kann man seine Energie mit einer Menge anderer Dinge verschwenden. Wenn sich dann die Gelegenheit bietet, das zu tun was man möchte, hat man möglicherweise nicht mehr die Kraft oder die Zeit dafür.“


Ich denke jedoch dass der Erfolg dieser Geschichte ein Ausdruck dafür ist, dass offensichtlich viele Menschen mit ihrem Leben unglücklich sind und auf eine einfache Möglichkeit der Sinngebung oder des Ausbruchs hoffen. Die optimalen Lösungen kann dieses Buch nicht geben, es schafft jedoch eine gute Grundlage, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Als wie hilfreich und tiefgründig man diese Geschichte empfindet hängt natürlich auch sehr davon ab, wie viel man sich bislang mit dem Thema beschäftigt hat, was man für sich selbst mitnimmt und wie sehr die Ideen auf fruchtbaren Boden treffen. Ich denke es gibt weitaus ausführlichere, philosophischere Bücher zu diesem Thema, als leichtes, nett verpacktes Einsteigerbuch in diese Materie liefert "Das Café am Rande der Welt" jedoch den richtigen Umfang, gut verständliche Sprache und zugängliche Metaphern.


„Unsere Aufgabe so sagte er, besteht darin zu erkennen, dass uns etwas erfüllt, weil wir es selbst nun einmal so empfinden, und nicht, weil jemand anderer uns sagt, dass es erfüllend sei.“



"Das Café am Rande der Welt" ist schnell gelesen, dabei aber weder literarisch ansprechend geschrieben noch mit einer beeindruckenden Geschichte versehen und ob der Roman dennoch einen bleibenden Eindruck hinterlässt, hängt sehr stark von der Bereitschaft und Offenheit des Lesers ab. Durch dieses Buch wird man vielleicht nicht unbedingt schlauer, aber vielleicht ein wenig sensibler und offener für wichtige Entscheidungen im eigenen Lebensweg. Wem das als Argument ausreicht, kann ich diese Geschichte nur empfehlen!


Zum Schluss noch mein Lieblingszitat:


"Das ganze Leben ist eine tolle Geschichte, John! Einige Menschen erkennen bloß nicht, dass sie selbst die Autoren sind und die Geschichte so schreiben können, wie sie es möchten."



Fazit:


Ein leicht zugängliches, nett verpacktes Einsteigerbuch in das Thema "Sinn des Lebens". Wer philosophische Tiefgründigkeit, eine bildreiche Geschichte oder einen literarisch anspruchsvollen Schreibstil erwartet, wird enttäuscht werden. Wer offen und ohne große Erwartungen an den Roman herantritt, kann jedoch Anstoß und Aufforderung finden, sich mehr mit eigenen Wünschen und Träumen zu befassen, über seine Existenz nachzudenken und den Mut zu finden, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein leicht zugängliches, nett verpacktes Einsteigerbuch in das Thema "Sinn des Lebens".

Das Café am Rande der Welt
0

Von der "oberflächlichen Zeitverschwendung" bis hin zum "lebensverändernden Sinngeber" - zu diesem dünnen Büchlein von John Strelecky sind im Netz mal wieder sehr widersprüchliche Meinungen zu finden, ...

Von der "oberflächlichen Zeitverschwendung" bis hin zum "lebensverändernden Sinngeber" - zu diesem dünnen Büchlein von John Strelecky sind im Netz mal wieder sehr widersprüchliche Meinungen zu finden, was mein Interesse geweckt hat. Und wie so oft liegt die Wahrheit meiner Meinung nach in der Mitte. Wer philosophische Tiefgründigkeit, eine bildreiche Geschichte oder einen fordernden Schreibstil erwartet, ist hier falsch. Wer jedoch in einfach zugänglicher Form neue Gedanken zum Thema "Sinn des Lebens" präsentiert bekommen will, kann hier Anstoß und Aufforderung finden, sich mehr mit eigenen Wünschen und Träumen zu befassen, über seine Existenz nachzudenken und den Mut zu finden, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.


"Warum verbringen wir soviel Zeit damit, uns auf den Zeitpunkt vorzubereiten, an dem wir tun können, was wir möchten, anstatt es einfach sofort zu tun?"


Die Aufmachung von John Streleckys Romanen, die mittlerweile schon zur Trilogie geworden sind, ist mit starken Farben, geometrischen Flächen und einfachen Strichzeichnungen sehr schlicht, aber passend. Ganz im Stil der Cover finden sich in jedem Kapitel und zu deren Anfang eine seitenfüllende bunte Illustration von Root Leeb. Anders als viele Ratgeber zu diesem Thema ist "Das Café am Rande der Welt" kein dicker Wälzer, durch den man sich wochenlang durchkämpfen muss. Man kann diesen kurzen Roman problemlos an einem Nachmittag lesen oder als kurzfristige Motivationsspritze ein paar der sehr kurzen Kapiteln zwischendurch lesen. Dadurch und auch dank des sehr schlichten, schmucklosen Schreibstils stehen die geschilderten Gedanken einem sehr großen Publikum offen und können auch von typischen Lesemuffeln schnell gelesen werden. Leider ergibt sich durch den geringen Umfang der Geschichte auch nicht die Chance auf ausführliche Ausführungen oder gedankliche Tiefe.


Erster Satz: "Manchmal, wenn man es am wenigsten erwartet, aber vielleicht am meisten braucht, findet man sich an einem unbekannten Ort wieder, mit Menschen, die man gleichfalls nicht kennt, und erfährt neue Dinge."


Das Lesen dieses Buchs hat mir keine riesigen neuen Erkenntnisse beschert, mir keine nennenswert andere Perspektive eröffnet und auch als "lebensverändern" würde ich die Lektüre des Buches für mich keineswegs bezeichnen. Trotzdem sind einige interessante Denkanstöße in den 128 Seiten enthalten, sodass es sich durchaus lohnt, innezuhalten und den Gedankengängen des Protagonisten zu folgen, der aus der Ich-Perspektive von seiner Erfahrung im "Café der Fragen" berichtet, in dem er nach einem Unfall auf dem Highway strandet. Trotz der angerissenen Hintergrundgeschichte um den gestressten Manager John liest sich der Roman weniger wie eine Geschichte und mehr wie ein ausgeschmückter Ratgeber in Dialogform. Die Figuren erhalten keine Tiefe, Casey, Mike und Anne bleiben reine Stichwortgeber, an manchen Stellen tauchen Lebensweisheiten im Abriss-Kalender-Stil auf und auch einige mystische Elemente wie die scheinbare Fähigkeit der dreien, Johns Gedanken lesen zu können, lassen das Konstrukt rund um die Philosophie an einigen Stellen etwas wackelig erscheinen. Darüber hinaus sind viele bekannte und fremde Gedanken wie zum Beispiel die "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral" über den Fischer und den Touristen enthalten, wobei ich angesichts des Hypes ein wenig mehr erwartet hatte.


„Wenn man nicht auf das ausgerichtet ist, was man gerne tun möchte, kann man seine Energie mit einer Menge anderer Dinge verschwenden. Wenn sich dann die Gelegenheit bietet, das zu tun was man möchte, hat man möglicherweise nicht mehr die Kraft oder die Zeit dafür.“


Ich denke jedoch dass der Erfolg dieser Geschichte ein Ausdruck dafür ist, dass offensichtlich viele Menschen mit ihrem Leben unglücklich sind und auf eine einfache Möglichkeit der Sinngebung oder des Ausbruchs hoffen. Die optimalen Lösungen kann dieses Buch nicht geben, es schafft jedoch eine gute Grundlage, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Als wie hilfreich und tiefgründig man diese Geschichte empfindet hängt natürlich auch sehr davon ab, wie viel man sich bislang mit dem Thema beschäftigt hat, was man für sich selbst mitnimmt und wie sehr die Ideen auf fruchtbaren Boden treffen. Ich denke es gibt weitaus ausführlichere, philosophischere Bücher zu diesem Thema, als leichtes, nett verpacktes Einsteigerbuch in diese Materie liefert "Das Café am Rande der Welt" jedoch den richtigen Umfang, gut verständliche Sprache und zugängliche Metaphern.


„Unsere Aufgabe so sagte er, besteht darin zu erkennen, dass uns etwas erfüllt, weil wir es selbst nun einmal so empfinden, und nicht, weil jemand anderer uns sagt, dass es erfüllend sei.“



"Das Café am Rande der Welt" ist schnell gelesen, dabei aber weder literarisch ansprechend geschrieben noch mit einer beeindruckenden Geschichte versehen und ob der Roman dennoch einen bleibenden Eindruck hinterlässt, hängt sehr stark von der Bereitschaft und Offenheit des Lesers ab. Durch dieses Buch wird man vielleicht nicht unbedingt schlauer, aber vielleicht ein wenig sensibler und offener für wichtige Entscheidungen im eigenen Lebensweg. Wem das als Argument ausreicht, kann ich diese Geschichte nur empfehlen!


Zum Schluss noch mein Lieblingszitat:


"Das ganze Leben ist eine tolle Geschichte, John! Einige Menschen erkennen bloß nicht, dass sie selbst die Autoren sind und die Geschichte so schreiben können, wie sie es möchten."



Fazit:


Ein leicht zugängliches, nett verpacktes Einsteigerbuch in das Thema "Sinn des Lebens". Wer philosophische Tiefgründigkeit, eine bildreiche Geschichte oder einen literarisch anspruchsvollen Schreibstil erwartet, wird enttäuscht werden. Wer offen und ohne große Erwartungen an den Roman herantritt, kann jedoch Anstoß und Aufforderung finden, sich mehr mit eigenen Wünschen und Träumen zu befassen, über seine Existenz nachzudenken und den Mut zu finden, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.04.2020

Ein leicht zugängliches, nett verpacktes Einsteigerbuch in das Thema "Sinn des Lebens".

Das Café am Rande der Welt
0

Von der "oberflächlichen Zeitverschwendung" bis hin zum "lebensverändernden Sinngeber" - zu diesem dünnen Büchlein von John Strelecky sind im Netz mal wieder sehr widersprüchliche Meinungen zu finden, ...

Von der "oberflächlichen Zeitverschwendung" bis hin zum "lebensverändernden Sinngeber" - zu diesem dünnen Büchlein von John Strelecky sind im Netz mal wieder sehr widersprüchliche Meinungen zu finden, was mein Interesse geweckt hat. Und wie so oft liegt die Wahrheit meiner Meinung nach in der Mitte. Wer philosophische Tiefgründigkeit, eine bildreiche Geschichte oder einen fordernden Schreibstil erwartet, ist hier falsch. Wer jedoch in einfach zugänglicher Form neue Gedanken zum Thema "Sinn des Lebens" präsentiert bekommen will, kann hier Anstoß und Aufforderung finden, sich mehr mit eigenen Wünschen und Träumen zu befassen, über seine Existenz nachzudenken und den Mut zu finden, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.


"Warum verbringen wir soviel Zeit damit, uns auf den Zeitpunkt vorzubereiten, an dem wir tun können, was wir möchten, anstatt es einfach sofort zu tun?"


Die Aufmachung von John Streleckys Romanen, die mittlerweile schon zur Trilogie geworden sind, ist mit starken Farben, geometrischen Flächen und einfachen Strichzeichnungen sehr schlicht, aber passend. Ganz im Stil der Cover finden sich in jedem Kapitel und zu deren Anfang eine seitenfüllende bunte Illustration von Root Leeb. Anders als viele Ratgeber zu diesem Thema ist "Das Café am Rande der Welt" kein dicker Wälzer, durch den man sich wochenlang durchkämpfen muss. Man kann diesen kurzen Roman problemlos an einem Nachmittag lesen oder als kurzfristige Motivationsspritze ein paar der sehr kurzen Kapiteln zwischendurch lesen. Dadurch und auch dank des sehr schlichten, schmucklosen Schreibstils stehen die geschilderten Gedanken einem sehr großen Publikum offen und können auch von typischen Lesemuffeln schnell gelesen werden. Leider ergibt sich durch den geringen Umfang der Geschichte auch nicht die Chance auf ausführliche Ausführungen oder gedankliche Tiefe.


Erster Satz: "Manchmal, wenn man es am wenigsten erwartet, aber vielleicht am meisten braucht, findet man sich an einem unbekannten Ort wieder, mit Menschen, die man gleichfalls nicht kennt, und erfährt neue Dinge."


Das Lesen dieses Buchs hat mir keine riesigen neuen Erkenntnisse beschert, mir keine nennenswert andere Perspektive eröffnet und auch als "lebensverändern" würde ich die Lektüre des Buches für mich keineswegs bezeichnen. Trotzdem sind einige interessante Denkanstöße in den 128 Seiten enthalten, sodass es sich durchaus lohnt, innezuhalten und den Gedankengängen des Protagonisten zu folgen, der aus der Ich-Perspektive von seiner Erfahrung im "Café der Fragen" berichtet, in dem er nach einem Unfall auf dem Highway strandet. Trotz der angerissenen Hintergrundgeschichte um den gestressten Manager John liest sich der Roman weniger wie eine Geschichte und mehr wie ein ausgeschmückter Ratgeber in Dialogform. Die Figuren erhalten keine Tiefe, Casey, Mike und Anne bleiben reine Stichwortgeber, an manchen Stellen tauchen Lebensweisheiten im Abriss-Kalender-Stil auf und auch einige mystische Elemente wie die scheinbare Fähigkeit der dreien, Johns Gedanken lesen zu können, lassen das Konstrukt rund um die Philosophie an einigen Stellen etwas wackelig erscheinen. Darüber hinaus sind viele bekannte und fremde Gedanken wie zum Beispiel die "Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral" über den Fischer und den Touristen enthalten, wobei ich angesichts des Hypes ein wenig mehr erwartet hatte.


„Wenn man nicht auf das ausgerichtet ist, was man gerne tun möchte, kann man seine Energie mit einer Menge anderer Dinge verschwenden. Wenn sich dann die Gelegenheit bietet, das zu tun was man möchte, hat man möglicherweise nicht mehr die Kraft oder die Zeit dafür.“


Ich denke jedoch dass der Erfolg dieser Geschichte ein Ausdruck dafür ist, dass offensichtlich viele Menschen mit ihrem Leben unglücklich sind und auf eine einfache Möglichkeit der Sinngebung oder des Ausbruchs hoffen. Die optimalen Lösungen kann dieses Buch nicht geben, es schafft jedoch eine gute Grundlage, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Als wie hilfreich und tiefgründig man diese Geschichte empfindet hängt natürlich auch sehr davon ab, wie viel man sich bislang mit dem Thema beschäftigt hat, was man für sich selbst mitnimmt und wie sehr die Ideen auf fruchtbaren Boden treffen. Ich denke es gibt weitaus ausführlichere, philosophischere Bücher zu diesem Thema, als leichtes, nett verpacktes Einsteigerbuch in diese Materie liefert "Das Café am Rande der Welt" jedoch den richtigen Umfang, gut verständliche Sprache und zugängliche Metaphern.


„Unsere Aufgabe so sagte er, besteht darin zu erkennen, dass uns etwas erfüllt, weil wir es selbst nun einmal so empfinden, und nicht, weil jemand anderer uns sagt, dass es erfüllend sei.“



"Das Café am Rande der Welt" ist schnell gelesen, dabei aber weder literarisch ansprechend geschrieben noch mit einer beeindruckenden Geschichte versehen und ob der Roman dennoch einen bleibenden Eindruck hinterlässt, hängt sehr stark von der Bereitschaft und Offenheit des Lesers ab. Durch dieses Buch wird man vielleicht nicht unbedingt schlauer, aber vielleicht ein wenig sensibler und offener für wichtige Entscheidungen im eigenen Lebensweg. Wem das als Argument ausreicht, kann ich diese Geschichte nur empfehlen!


Zum Schluss noch mein Lieblingszitat:


"Das ganze Leben ist eine tolle Geschichte, John! Einige Menschen erkennen bloß nicht, dass sie selbst die Autoren sind und die Geschichte so schreiben können, wie sie es möchten."



Fazit:


Ein leicht zugängliches, nett verpacktes Einsteigerbuch in das Thema "Sinn des Lebens". Wer philosophische Tiefgründigkeit, eine bildreiche Geschichte oder einen literarisch anspruchsvollen Schreibstil erwartet, wird enttäuscht werden. Wer offen und ohne große Erwartungen an den Roman herantritt, kann jedoch Anstoß und Aufforderung finden, sich mehr mit eigenen Wünschen und Träumen zu befassen, über seine Existenz nachzudenken und den Mut zu finden, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.

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