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Veröffentlicht am 30.05.2018

Ein ergreifender Roman, der seinesgleichen sucht!

Tausend strahlende Sonnen
0

Allgemeines:

Titel: Tausend strahlende Sonnen
Autor: Khaled Hosseini
Verlag: FISCHER (3. Februar 2014)
Genre: Historiendrama
ISBN-10: 3596030935
ISBN-13: 978-3596030934
ASIN: B00HWMVMRE
Seitenzahl: 400 ...

Allgemeines:

Titel: Tausend strahlende Sonnen
Autor: Khaled Hosseini
Verlag: FISCHER (3. Februar 2014)
Genre: Historiendrama
ISBN-10: 3596030935
ISBN-13: 978-3596030934
ASIN: B00HWMVMRE
Seitenzahl: 400 Seiten
Originaltitel: A Thousand Splendid Suns
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
10,90€ (Taschenbuch)
12€ (Gebundene Ausgabe)




Inhalt:


Mariam ist fünfzehn, als sie aus der Provinz nach Kabul geschickt und mit dem dreißig Jahre älteren Schuhmacher Raschid verheiratet wird. Jahre später erlebt Laila, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ein ähnliches Schicksal. Als ihre Familie bei einem Bombenangriff ums Leben kommt, wird sie Raschids Zweitfrau. Nach anfänglichem Misstrauen werden Mariam und Laila zu engen Freundinnen. Gemeinsam wehren sie sich gegen Raschids Brutalität. Während der Taliban-Herrschaft überstehen sie die Bombardierungen, Hunger und physische Gewalt - und ihre Stärke wächst ins schier Unermessliche...



Bewertung:



Schon seit ich "Traumsammler" von ihm gelesen habe, gehört Khaled Hosseini für mich zu den Größen der Gegenwartsliteratur. Doch mit diesem ergreifenden Roman über das Schicksal zweier Frauen in Afghanistan lässt er den Vorgängerroman weit hinter sich zurück und geht mit der grausamen Intensität der rücksichtslosen Unterdrückung und Verachtung der Gesellschaft gegenüber Frauen unter die Haut und trifft mit der hoffnungsvollen Liebe der beiden Frauen, die ihnen die Stärke zum Überdauern verlieht, direkt ins Herz!


Erster Satz: "Mariam war fünf, als sie zum ersten Mal das Wort "harami" hörte."


Das Cover lässt mit der gelb-roten Farbgebung, der kahlen Landschaft und den vereinzelten Blättern im oberen Bereich auf die drückende Hitze Afghanistans schließen und greift mit der einsamen, leicht vornübergebeugten, verschleierten Frauensilhouette im Vordergrund das Hauptthema des Buches auf. Ganz besonders berührend finde ich jedoch den Titel "Tausend strahlende Sonnen", welcher von einem Gedicht von Saib-e-Tabrizi abgeleitet ist, welches in verschiedenen Zusammenhängen mehrmals im Buch zitiert wird. Sehr bald wird klar, wofür die strahlenden Sonnen stehen: für die Schönheit Afghanistans, die Liebe und die Hoffnung, die den Menschen über die schweren Zeiten hinweghelfen.


„Nicht zu zählen sind die Monde, die auf ihren Dächern schimmern,
noch die tausend strahlenden Sonnen, die verborgen hinter Mauern stecken.“


Die in vier Teile unterteilte Geschichte beginnt mit der Kindheit Mariams in einem kleinen Ort nahe Herat in der Mitte Afghanistans. Sehr sensibel, einfühlsam und mit großer Intensität erzählt Khaled Hosseini, wie die 15jährige Mariam nach dem Tod ihrer Mutter von ihrem Vater mit einem doppelt so alten Schuhmacher verheiratet wird und unterwürfig Missachtung, Misshandlung aushalten muss und auf ihrer Suche nach Liebe und Anerkennung nur Ablehnung, Schmerz und Unterdrückung findet.
Auf dem Tiefpunkt ihres Lebens lassen wir sie vorübergehend alleine, wie die restliche Welt auch und widmen uns stattdessen der jungen Laila. Während Mariam als unehelicher Bastard in ärmlichen Verhältnissen in ländlichem Gebiet aufgewachsen ist, ist Laila Teil eines gut situierten Lehrers und kann im lebendigen Kabul zur Schule gehen und zur selbst bestimmten, gebildeten Frau heranwachsen. An ihrer Seite steht der einbeinige aber sonst lebensfrohe Tarik, mit dem sie seit Kindertagen ein Herz und eine Seele ist und der mit vorschreitendem Alter ganz neue Gefühle in Laila weckt. Als jedoch der Krieg losbricht, ihre Familie von einer Bombe zerfetzt wird und Tarik mit seiner Familie ins Ausland fliehen muss, bleibt sie alleine zurück - und schwanger. Ihr bleibt nichts anderes übrig, als zu heiraten und als sich ihr viel älterer Nachbar anbietet, sie zur Zweitfrau zu nehmen, zieht sie kurzerhand bei Raschid und Mariam ein.
Im nun folgenden dritten Teil dürfen wir mit verfolgen, wie die beiden Frauen von Fremden, zu Rivalinnen, zu Geduldeten, zu Verbündeten werden und wie sich langsam eine Verbindung zwischen den beiden aufbaut, die auf tiefem Verständnis, Verbundenheit und Liebe fußt. Durch Laila findet Mariam endlich ihre Ankerkennung und Liebe und wird durch diese von ihrer Isolation befreit, bekommt die Kraft, Grenzen zu überwinden, ihre Verletzlichkeit zu entblößen und sich schließlich selbst zu opfern, damit Laila ein besseres Leben führen kann...


"Sie würde im Herzen ihrer Mutter keinen solchen Eindruck hinterlassen wir ihre Brüder, denn Mamis Herz war wie ein fahler Sandstrand, auf dem Lailas Spuren von den Wellen des Kummers, die darüber hinwegbrandeten, immer wieder weggespült wurden."


Während wir in der Erzählung um Mariam und Lailas Schicksal versinken, wird uns beiläufig die Geschichte Afghanistans von den 1970er Jahren bis zur Ära des 11. Septembers erzählt, wobei die persönliche Geschichte mit der historischen untrennbar verwoben wird. Dadurch sind die Aufruhr im Land, die Revolution, die Bombardierungen, die Machtergreifungen, die Unterdrückungen, die Gesetzesänderungen, die Kämpfe, eng mit Lailas und Mariams Geschichte verbunden, was Afghanistan, genauer Kabul, zu mehr als nur einer Kulisse macht. Ohne Fakten unter die Nase gerieben zu bekommen erhalten wir hier einen umfassenden Eindruck von dem Leid und der Ungerechtigkeit, die die Bevölkerung dieses Landes erdulden mussten und bauen nebenbei eine persönliche Beziehung zu dem stark gebeutelten Land auf, die weiteres Wegsehen eigentlich unmöglich macht! Das Auf und Ab, der von Fremdbestimmung, Unterdrückung, Gewalt aber auch aus Liebe entsprungener Willenskraft, geprägten Geschichte um die beiden Frauen, ist dabei repräsentativ für das Schicksal des gebeutelten Afghanistans. An jeder Kleinigkeit, Feinheit, scheinbaren Belanglosigkeit und in jedem Nebensatz, den der Autor über dieses Land schreibt, kann man seine Liebe und Faszination für die Kultur und Landschaft und die Menschen dort ablesen. Es werden gleichsam die schönsten und hässlichsten Seiten des Heimatlandes des Autoren präsentiert, die dunkle Zeit der Invasionen der Sowjets, der Amerikaner und der Taliban findet unkommentiert und objektiv einen Platz genau wie starke Frauenfiguren, der Nationalstolz und Traditionen. Doch das Land ist mehr als nur Kulisse, es ist Ursprung und Herzstück dieser Geschichte und das konnte selbst ich spüren, die mit der arabischen Welt keinerlei Verbindung habe.


"Tja, meine jungen Freunde, das ist das Schicksal unseres Landes", sagte der Chauffeur und schnippte eine Zigarettenkippe aus dem Fenster. "Ein Eroberungsfeldzug nach dem anderen. Mazedonier, Sassaniden, Araber, Mongolen. Und jetzt die Russen. Aber wir sind wie die Festungsmauer da drüben. Ramponiert und kein schöner Anblick, aber immer noch stehend."


Während "Drachenläufer" als Vater-Sohn-Geschichte verstanden wird, kann "Tausend strahlende Sonnen" als Mutter-Tochter-Geschichte gelesen werden, da die Beziehung der beiden Frauen, die vom Alter her Mutter und Tochter sein könnten, im Mittelpunkt steht. Bezeichnend ist, dass sie sich an mehreren Stellen im Buch als Mutter und Tochter ausgeben. Mit den beiden bekommen wir zwei sehr starke Frauenfiguren vorgesetzt, mit deren Träumen, Gefühlen und ihrem täglichen Kampf ums Überleben ich mich gut identifizieren konnte, auch wenn sie komplett anderen kulturellen Kreisen entstammen. Es ist ganz wundersam, wie viel Seele Hosseini seinen Figuren zuspricht und auf welche tiefgründige Art er es versteht, uns ihr Innersten darzubringen, ihre Ecken und Kanten, Runzeln und Falten wenn sie menschlich, grausam oder bemitleidenswert handeln und sie zutiefst verstanden darstellt.

Dabei kreist der Roman um ein sehr aktuelles Thema. Berichte über Ehrenmorde, Genitalverstümmelungen, Steinigungen wegen Ehebruchs, die Zugangsverweigerung zu Bildung und Erziehung, Arbeit und Gesundheitsversorgung und die zwanghafte Verschleierung lassen keinen Zweifel an der bedrückenden Situation von Frauen in einigen muslimischen Staaten. Die Geschichte sensibilisiert für die Unterdrückung der Frauen, weist jedoch gleichzeitig die Forderung nach mehr Druck durch den Westen zurück. Denn durch äußeren Zwang für gleiche Rechte zu sorgen, missachtet die Komplexität der kritisierten Gesellschaft. Der Roman gibt allen hinter einer Burka versteckten Frauen ein Gesicht und lässt mich mein Weltbild neu überdenken. Ich muss zugeben, dass ich bis vor wenigen Tagen auch noch mit einer leisen Gefühlsmischung aus Mitleid und Missbilligung an komplett verschleierten Frauen vorbeigelaufen bin und nicht verstanden habe, was für ein kultureller Druck hinter diesem Thema steht - auch bei Familien in Deutschland. Ich für meinen Fall werde auf jeden Fall für immer einen anderen Blickwinkel auf die Frau in Burka am Straßenrand haben.


"So wie eine Kompassnadel immer nach Norden zeigt, wird der anklagende Finger eines Mannes immer eine Frau finden. Immer. Denk daran, Mariam."


Ganz besonders schön ist, dass wir es hier mit einer berührenden Liebesgeschichte zu tun haben, die trotz all der furchtbaren Grausamkeiten im Großteil der Handlung hoffnungsvoll, warmherzig und schön anmutet. Auch wenn die beiden Frauen in absolut unglücklichen Verhältnissen leben und keinerlei Perspektiven zu haben scheinen, ist es letztlich die Liebe, die bei Hosseini siegt. Der Autor schafft es, gleichzeitig sehr still und eindringlich; distanziert und emotional; dramatisch und ruhig zu sein und sich in jeder erdenklichen Situation an die Protagonisten anzupassen. Dabei zwingt er den Leser niemals in eine bestimmte Richtung oder beantwortet wertende Fragen nach Unterlassung, Schuld, Preis oder Sühne. Stattdessen erlebt er, beobachtet, fühlt, erkennt und beschreibt, überlässt es aber dem Leser, über das Erfahrene nachzudenken und zu urteilen. Immer wieder stößt man auf kluge Dialoge und liest Sätze, die einen noch lange beschäftigen, während man dieser Geschichte folgt, die zeitweise fast ungemütlich und teilweise schwer zu ertragen ist, so viel Schmerz und Wahrheit, wie sie enthält.

Hosseinis Schreibstil ist wie seine Erzählweise einem Chamäleon gleich: er passt sich an. Mal leuchtend poetisch, mal sparsamer und farblich gedeckt, mal ausschweifend, mal aufs Wesentliche reduziert, aber immer sehr inhaltlich direkt und sprachlich dabei wundervoll verschachtelt und durchdacht. Dabei schafft er es die Geschichte auf eine Art und Weise zu erzählen, die klar macht, dass man einem Leben lauscht, welches genauso gelebt werden muss und auch bei schwierigem Inhalt ein gutes Gefühl zu vermitteln. Vor allem das Ende rührte mich zu Tränen, auch wenn uns hier kein typisches Happy End erwartet.


"Sie ist hier, zwischen den frisch gestrichenen Wänden, in den neu gepflanzten Bäumen, in den Wolldecken, die die Kinder wärmen, in diesen Kissen und Büchern und Stiften. Im Lachen der Kinder. Vor allem aber ist Mariam in ihrem eigenen Herzen, wo sie so ell wie tausend Sonnen leuchtet."



Fazit:

Der Roman geht mit der grausamen Intensität der rücksichtslosen Unterdrückung und Verachtung gegenüber den beiden Frauen unter die Haut und trifft mit der hoffnungsvollen Liebe, die Mariam und Laila die Stärke zum Überdauern verlieht, direkt ins Herz! Ein ergreifender Roman, der seinesgleichen sucht!

Veröffentlicht am 24.05.2018

Ein Buch voller genialer Gegensätze: Duft oder Gestank, Genie oder Mörder?

Das Parfum
0

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: 14,90€ (Gebundene Ausgabe)
12€ (Taschenbuch)
9,99€ (Kindle-Edition)


Inhalt:


"Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. Seine Geschichte soll hier erzählt werden. Er hieß Jean-Baptiste Grenouille, und wenn sein Name im Gegensatz zu den Namen anderer genialer Scheusale, wie etwa de Sades, Saint-Justs, Fouchés, Bonapartes usw., heute in Vergessenheit geraten ist, so sicher nicht deshalb, weil Grenouille diesen berühmteren Finstermännern an Selbstüberhebung, Menschenverachtung, Immoralität, kurz an Gottlosigkeit nachgestanden hätte, sondern weil sich sein Genie und sein einziger Ehrgeiz auf ein Gebiet beschränkte, welches in der Geschichte keine Spuren hinterlässt: auf das flüchtige Reich der Gerüche."


Diskussion:


Mittlerweile ist "Das Parfum" ja zu einem Werk von Weltliteratur geworden, dass nicht nur an Schulen sondern auch an Unis akribisch untersucht und in seine Bestandteile zerlegt wird, so wie Grenouille das mit den Düften tut. Ich halte von dieser sezierenden Herangehensweise nichts da ich finde, dass ein Buch immer ganzheitlich wirken muss - so wie auch ein Duft. Gerade aus diesem Grund will ich im Rahmen der Klassiker Challenge ganz unvoreingenommen an Klassiker herangehen und sie lesen wie eine zu bewertenden Geschichte mit Schwächen und Stärken und nicht wie ein glorifiziertes Meisterwerk, welches es nicht zu bewerten sondern nur zu verstehen gilt.

Entgegen meiner Erwartung, es hier mit einem schwer zu lesenden, veralteten Sprachstil zu tun zu haben, bin ich erstaunlich schnell in die Geschichte hineingekommen, welche wunderbar bildreich, metaphorisch und vor allem höchst lebendig erzählt wird. Dabei sind die Schilderungen an manchen Stellen derb, grausam; an anderen wiederum filigran, zart und umschmeichelnd - eben wechselhaft wie die Gestalt der Gerüche - mal ein übelkeitserregender Gestank, mal ein sanfter, lieblicher Duft. Auch wenn ich also immer mal wieder über Wörter gestolpert bin, die man nicht unbedingt kennen muss und mich in einem der vielen endlose Schachtelsätze verloren habe, die sich manchmal bis über eine ganze Seite erstrecken, muss ich doch meinen Hut vor der virtuosen Erzählkunst Patrick Süskinds ziehen, welche mich ein ums andere Mal sprachlos zurückgelassen hat. Im Laufe der Geschichte, die wir von einem auktorialen Erzähler präsentiert bekommen, sind mir auch immer wieder subtile Ironie, leise Andeutungen von Gesellschaftskritik und einer Parodie auf die Aufklärung, Anflüge von märchenhaften Vergleichen aufgefallen, sowie Anlehnungen an die Schöpfungsgeschichte oder Größen der Weltliteratur wie Goethes "Faust" oder "Der Zauberlehrling". Alles in allem also genug Futter für übereifrige Literaturstudenten aber subtil genug um den durchschnittlichen Leser nicht zu verwirren.

"Da gebot der Große Grenouille Einhalt dem Regen. Und es geschah. Und er schickte die milde Sonne seines Lächelns über das Land, worauf sich mit einem Schlag die millionenfache Pracht der Blüten erschloss, von einem Ende des Reichs bis zum anderen, zu einem einzigen bunten Teppich, geknüpft aus Myriaden von köstlichen Duftbehältern. Und der Große Grenouille sah, dass es gut war, sehr, sehr gut. (...) Also sprach der Große Grenouille und segelte, während das einfache Duftvolk unter ihm freudig tanzte und feierte, mit weitausgespannten Flügeln von der goldenen Wolke herab über das nächtliche Land seiner Seele nach Haus in sein Herz."


Der wohl einzig wichtige Protagonist dieser Geschichte ist der geniale Parfümeur, widerborstige "Zeck" und kaltblütige Mörder Jean-Baptiste Grenouille. Alle anderen Charaktere sind bloß episodenhaft wichtig für die Handlung und verschwinden nach ihrem kurzen Auftritt häufig in das Reich der Toten. Und obwohl Grenouille von Anfang an als "eine der genialsten und abscheulichsten Gestalten" der Epoche charakterisiert wird und durch den Titel schon gleich seine kommenden Morde im Raum stehen wird er vom Autor vielfältiger und schillernder gezeigt, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.

Bei aller Dummheit und Grobheit, die dem ungebildeten Grenouille nachgesagt wird hat er eine hervorstechende, wundersame Gabe in die Wiege gelegt bekommen. den absoluten Geruchssinn. Seine Nase vermag alles und jeden wahrzunehmen, jeden erdenklichen und abwegigen Dufthauch oder Gestank auf dieser Erde, welchen er in seine Bestandteile aufspaltet und tief in seinem Inneren verwahrt. Von einer Kindesmörderin unter einem versifften Marktstand geboren wandert der Junge Grenouille von Amme zu Amme, über das Waisenhaus von Madame Gaillard, bis zum Gerber Grimal. In den ersten Jahren seines Lebens wird der Junge nur herumgeschubst, ungeliebt weitergereicht und als abstoßend, verschlagen und unheimlich charakterisiert. Auf seinen Jagdzügen durch das Brodem von Paris findet er seine einzige Freiheit darin, neue Gerüche zu entdecken. Doch auch wenn er als debil und nur auf seine Gerüche fixiert erscheint, erkennt man bald, dass in ihm eine nicht zu unterschätzende Intelligenz verborgen liegt, wenn es darum geht, seine Ziele zu erreichen. So reicht es ihm bald nicht mehr aus, Gerüche nur wahrnehmen und in seinen Fantasien zusammenbringen zu können - er will auch handfest mit ihnen experimentieren und sie erfahrbar machen. Das bringt ihn schließlich zum in die Jahre gekommenen Parfümeur Baldini, der ihn nach anfänglichen Zweifeln zu sich als Lehrling nimmt. Jean-Baptiste erfindet für den alten Parfümeur viele verschiedene Düfte und erlernt von ihm im Gegenzug die wichtigsten Strategien um Düfte einzufangen und herzustellen: das Aufschreiben der Duftformeln, die Kunst des Seifenkochens aus Schweinefett, des Handschuhnähens, des Pudermischens und des Destillieren von Gerüchen. Aber das Destillieren von Gerüchen reicht Grenouille nicht, denn nicht alle Gerüche lassen sich mit diesem Verfahren festhalten. Also verlässt er Baldini und lebt erst einige Jahre auf dem Berg Plomb du Cantal. Dort erkennt er, dass er selbst keinen Geruch besitzt, was ihn verstört und verängstigt. Das höchste seiner Ziele ist es nun, sich einen eigenen Geruch zu kreieren, wofür er in der Stadt Grasse andere Arten, einen Duft festzuhalten erlernen muss. Und als er dort auf ein Mädchen mit dem wunderschönsten Eigengeruch trifft, den er jemals gerochen hat, wächst in ihm eine ganz andere Idee: um voll und ganz geliebt zu werden will er sich ihren Duft aneignen und zu dem vollkommensten und schönsten Parfüm verarbeiten, welches je ein Mensch gerochen hat...

"Hunderttausend Düfte schienen nichts mehr wert vor diesem einen Duft. Dieser eine war das höhere Prinzip, nach dessen Vorbild sich die anderen ordnen mussten. Er war die reine Schönheit."


Das Grenouille für sein höheres Ziel zum Mörder wird tut der seltsamen Sympathie und dem leisen Mitleid, dass durch die Geschichte hinweg in mir für ihn geweckt wurde, gruseliger Weise keinen Abbruch. Ist er noch so krank und abstoßend - er bleibt unsere Identifikationsfigur und der Mittelpunkt der Geschichte. Viele Gedankengänge erkennen wir Leser wieder, seine Suche nach seinem eigenen Geruch, nach sich selbst, sein Drang, geliebt und verehrt zu werden - all das wird den meisten Lesern nicht fremd sein. Und so wird die Annäherung an diesen ambivalenten Charakter zu einem wackligen Balanceakt zwischen Abscheu und Bewunderung für den Mörder und das Genie Grenouille.

Die Handlung fußt hier eigentlich nur auf der Lebensgeschichte des Protagonisten, ist dabei aber keineswegs arm an Wendungen, Spannung und etlichen Kuriositäten. Während wir Grenouille durch sein Leben begleiten blitzen immer wieder andere Facetten des Romans ans Licht: mal mutet die Geschichte eher wie ein Kriminalroman an, dann wir es mehr zum Roadnovel, dann zum Psychothriller mit Horrorelementen, bevor wieder das Gesellschaftsbild eines historischen Romans in den Vordergrund rückt. Und gerade dieser Wechsel der Handlung, die verschiedenen Darstellungsweisen der Episoden Grenouilles Leben, welche wohl jeden Versuch, das Werk in ein genaues Genre einordnen zu wollen, zum scheitern verurteilen, machen dieses Buch so spannend. In gut recherchierten 320 Seiten stellt Süskind das Frankreich des 18. Jahrhunderts, die facettenreiche und viel z stiefmütterlich behandelte Welt der Düfte und die Entwicklung der psychischen Befindlichkeiten eines ungewollten Kindes, das hinter der Maske eines hochbegabten Parfümeurs zum berechnenden Serienmörder wird, in spannender und unterhaltsamer Weise dar.


Fazit:

"Das Parfum" ist ein Buch voller genialer Gegensätze: es ekelt, es erschreckt, es fasziniert, es widert an, es begeistert, es erregt...
Ich denke, die Literaturbranche stimmt mir zu, wenn ich diesen Roman als Klassiker betitle, wer immer es jedoch in welcher Absicht auch immer liest, wird in der Vielseitigkeit der Geschichte ganz unterschiedliche Ansätze und Andeutungen finden und nicht zuletzt durch die wundervolle Sprache unterhalten werden.

Veröffentlicht am 24.05.2018

Ein Buch voller genialer Gegensätze: Duft oder Gestank, Genie oder Mörder?

Das Parfum
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Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: 14,90€ (Gebundene Ausgabe)
12€ (Taschenbuch)
9,99€ (Kindle-Edition)


Inhalt:


"Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. Seine Geschichte soll hier erzählt werden. Er hieß Jean-Baptiste Grenouille, und wenn sein Name im Gegensatz zu den Namen anderer genialer Scheusale, wie etwa de Sades, Saint-Justs, Fouchés, Bonapartes usw., heute in Vergessenheit geraten ist, so sicher nicht deshalb, weil Grenouille diesen berühmteren Finstermännern an Selbstüberhebung, Menschenverachtung, Immoralität, kurz an Gottlosigkeit nachgestanden hätte, sondern weil sich sein Genie und sein einziger Ehrgeiz auf ein Gebiet beschränkte, welches in der Geschichte keine Spuren hinterlässt: auf das flüchtige Reich der Gerüche."


Diskussion:


Mittlerweile ist "Das Parfum" ja zu einem Werk von Weltliteratur geworden, dass nicht nur an Schulen sondern auch an Unis akribisch untersucht und in seine Bestandteile zerlegt wird, so wie Grenouille das mit den Düften tut. Ich halte von dieser sezierenden Herangehensweise nichts da ich finde, dass ein Buch immer ganzheitlich wirken muss - so wie auch ein Duft. Gerade aus diesem Grund will ich im Rahmen der Klassiker Challenge ganz unvoreingenommen an Klassiker herangehen und sie lesen wie eine zu bewertenden Geschichte mit Schwächen und Stärken und nicht wie ein glorifiziertes Meisterwerk, welches es nicht zu bewerten sondern nur zu verstehen gilt.

Entgegen meiner Erwartung, es hier mit einem schwer zu lesenden, veralteten Sprachstil zu tun zu haben, bin ich erstaunlich schnell in die Geschichte hineingekommen, welche wunderbar bildreich, metaphorisch und vor allem höchst lebendig erzählt wird. Dabei sind die Schilderungen an manchen Stellen derb, grausam; an anderen wiederum filigran, zart und umschmeichelnd - eben wechselhaft wie die Gestalt der Gerüche - mal ein übelkeitserregender Gestank, mal ein sanfter, lieblicher Duft. Auch wenn ich also immer mal wieder über Wörter gestolpert bin, die man nicht unbedingt kennen muss und mich in einem der vielen endlose Schachtelsätze verloren habe, die sich manchmal bis über eine ganze Seite erstrecken, muss ich doch meinen Hut vor der virtuosen Erzählkunst Patrick Süskinds ziehen, welche mich ein ums andere Mal sprachlos zurückgelassen hat. Im Laufe der Geschichte, die wir von einem auktorialen Erzähler präsentiert bekommen, sind mir auch immer wieder subtile Ironie, leise Andeutungen von Gesellschaftskritik und einer Parodie auf die Aufklärung, Anflüge von märchenhaften Vergleichen aufgefallen, sowie Anlehnungen an die Schöpfungsgeschichte oder Größen der Weltliteratur wie Goethes "Faust" oder "Der Zauberlehrling". Alles in allem also genug Futter für übereifrige Literaturstudenten aber subtil genug um den durchschnittlichen Leser nicht zu verwirren.

"Da gebot der Große Grenouille Einhalt dem Regen. Und es geschah. Und er schickte die milde Sonne seines Lächelns über das Land, worauf sich mit einem Schlag die millionenfache Pracht der Blüten erschloss, von einem Ende des Reichs bis zum anderen, zu einem einzigen bunten Teppich, geknüpft aus Myriaden von köstlichen Duftbehältern. Und der Große Grenouille sah, dass es gut war, sehr, sehr gut. (...) Also sprach der Große Grenouille und segelte, während das einfache Duftvolk unter ihm freudig tanzte und feierte, mit weitausgespannten Flügeln von der goldenen Wolke herab über das nächtliche Land seiner Seele nach Haus in sein Herz."


Der wohl einzig wichtige Protagonist dieser Geschichte ist der geniale Parfümeur, widerborstige "Zeck" und kaltblütige Mörder Jean-Baptiste Grenouille. Alle anderen Charaktere sind bloß episodenhaft wichtig für die Handlung und verschwinden nach ihrem kurzen Auftritt häufig in das Reich der Toten. Und obwohl Grenouille von Anfang an als "eine der genialsten und abscheulichsten Gestalten" der Epoche charakterisiert wird und durch den Titel schon gleich seine kommenden Morde im Raum stehen wird er vom Autor vielfältiger und schillernder gezeigt, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.

Bei aller Dummheit und Grobheit, die dem ungebildeten Grenouille nachgesagt wird hat er eine hervorstechende, wundersame Gabe in die Wiege gelegt bekommen. den absoluten Geruchssinn. Seine Nase vermag alles und jeden wahrzunehmen, jeden erdenklichen und abwegigen Dufthauch oder Gestank auf dieser Erde, welchen er in seine Bestandteile aufspaltet und tief in seinem Inneren verwahrt. Von einer Kindesmörderin unter einem versifften Marktstand geboren wandert der Junge Grenouille von Amme zu Amme, über das Waisenhaus von Madame Gaillard, bis zum Gerber Grimal. In den ersten Jahren seines Lebens wird der Junge nur herumgeschubst, ungeliebt weitergereicht und als abstoßend, verschlagen und unheimlich charakterisiert. Auf seinen Jagdzügen durch das Brodem von Paris findet er seine einzige Freiheit darin, neue Gerüche zu entdecken. Doch auch wenn er als debil und nur auf seine Gerüche fixiert erscheint, erkennt man bald, dass in ihm eine nicht zu unterschätzende Intelligenz verborgen liegt, wenn es darum geht, seine Ziele zu erreichen. So reicht es ihm bald nicht mehr aus, Gerüche nur wahrnehmen und in seinen Fantasien zusammenbringen zu können - er will auch handfest mit ihnen experimentieren und sie erfahrbar machen. Das bringt ihn schließlich zum in die Jahre gekommenen Parfümeur Baldini, der ihn nach anfänglichen Zweifeln zu sich als Lehrling nimmt. Jean-Baptiste erfindet für den alten Parfümeur viele verschiedene Düfte und erlernt von ihm im Gegenzug die wichtigsten Strategien um Düfte einzufangen und herzustellen: das Aufschreiben der Duftformeln, die Kunst des Seifenkochens aus Schweinefett, des Handschuhnähens, des Pudermischens und des Destillieren von Gerüchen. Aber das Destillieren von Gerüchen reicht Grenouille nicht, denn nicht alle Gerüche lassen sich mit diesem Verfahren festhalten. Also verlässt er Baldini und lebt erst einige Jahre auf dem Berg Plomb du Cantal. Dort erkennt er, dass er selbst keinen Geruch besitzt, was ihn verstört und verängstigt. Das höchste seiner Ziele ist es nun, sich einen eigenen Geruch zu kreieren, wofür er in der Stadt Grasse andere Arten, einen Duft festzuhalten erlernen muss. Und als er dort auf ein Mädchen mit dem wunderschönsten Eigengeruch trifft, den er jemals gerochen hat, wächst in ihm eine ganz andere Idee: um voll und ganz geliebt zu werden will er sich ihren Duft aneignen und zu dem vollkommensten und schönsten Parfüm verarbeiten, welches je ein Mensch gerochen hat...

"Hunderttausend Düfte schienen nichts mehr wert vor diesem einen Duft. Dieser eine war das höhere Prinzip, nach dessen Vorbild sich die anderen ordnen mussten. Er war die reine Schönheit."


Das Grenouille für sein höheres Ziel zum Mörder wird tut der seltsamen Sympathie und dem leisen Mitleid, dass durch die Geschichte hinweg in mir für ihn geweckt wurde, gruseliger Weise keinen Abbruch. Ist er noch so krank und abstoßend - er bleibt unsere Identifikationsfigur und der Mittelpunkt der Geschichte. Viele Gedankengänge erkennen wir Leser wieder, seine Suche nach seinem eigenen Geruch, nach sich selbst, sein Drang, geliebt und verehrt zu werden - all das wird den meisten Lesern nicht fremd sein. Und so wird die Annäherung an diesen ambivalenten Charakter zu einem wackligen Balanceakt zwischen Abscheu und Bewunderung für den Mörder und das Genie Grenouille.

Die Handlung fußt hier eigentlich nur auf der Lebensgeschichte des Protagonisten, ist dabei aber keineswegs arm an Wendungen, Spannung und etlichen Kuriositäten. Während wir Grenouille durch sein Leben begleiten blitzen immer wieder andere Facetten des Romans ans Licht: mal mutet die Geschichte eher wie ein Kriminalroman an, dann wir es mehr zum Roadnovel, dann zum Psychothriller mit Horrorelementen, bevor wieder das Gesellschaftsbild eines historischen Romans in den Vordergrund rückt. Und gerade dieser Wechsel der Handlung, die verschiedenen Darstellungsweisen der Episoden Grenouilles Leben, welche wohl jeden Versuch, das Werk in ein genaues Genre einordnen zu wollen, zum scheitern verurteilen, machen dieses Buch so spannend. In gut recherchierten 320 Seiten stellt Süskind das Frankreich des 18. Jahrhunderts, die facettenreiche und viel z stiefmütterlich behandelte Welt der Düfte und die Entwicklung der psychischen Befindlichkeiten eines ungewollten Kindes, das hinter der Maske eines hochbegabten Parfümeurs zum berechnenden Serienmörder wird, in spannender und unterhaltsamer Weise dar.


Fazit:

"Das Parfum" ist ein Buch voller genialer Gegensätze: es ekelt, es erschreckt, es fasziniert, es widert an, es begeistert, es erregt...
Ich denke, die Literaturbranche stimmt mir zu, wenn ich diesen Roman als Klassiker betitle, wer immer es jedoch in welcher Absicht auch immer liest, wird in der Vielseitigkeit der Geschichte ganz unterschiedliche Ansätze und Andeutungen finden und nicht zuletzt durch die wundervolle Sprache unterhalten werden.

Veröffentlicht am 24.05.2018

Ein Buch voller genialer Gegensätze: Duft oder Gestank, Genie oder Mörder?

Das Parfum
0

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: 14,90€ (Gebundene Ausgabe)
12€ (Taschenbuch)
9,99€ (Kindle-Edition)


Inhalt:


"Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. Seine Geschichte soll hier erzählt werden. Er hieß Jean-Baptiste Grenouille, und wenn sein Name im Gegensatz zu den Namen anderer genialer Scheusale, wie etwa de Sades, Saint-Justs, Fouchés, Bonapartes usw., heute in Vergessenheit geraten ist, so sicher nicht deshalb, weil Grenouille diesen berühmteren Finstermännern an Selbstüberhebung, Menschenverachtung, Immoralität, kurz an Gottlosigkeit nachgestanden hätte, sondern weil sich sein Genie und sein einziger Ehrgeiz auf ein Gebiet beschränkte, welches in der Geschichte keine Spuren hinterlässt: auf das flüchtige Reich der Gerüche."


Diskussion:


Mittlerweile ist "Das Parfum" ja zu einem Werk von Weltliteratur geworden, dass nicht nur an Schulen sondern auch an Unis akribisch untersucht und in seine Bestandteile zerlegt wird, so wie Grenouille das mit den Düften tut. Ich halte von dieser sezierenden Herangehensweise nichts da ich finde, dass ein Buch immer ganzheitlich wirken muss - so wie auch ein Duft. Gerade aus diesem Grund will ich im Rahmen der Klassiker Challenge ganz unvoreingenommen an Klassiker herangehen und sie lesen wie eine zu bewertenden Geschichte mit Schwächen und Stärken und nicht wie ein glorifiziertes Meisterwerk, welches es nicht zu bewerten sondern nur zu verstehen gilt.

Entgegen meiner Erwartung, es hier mit einem schwer zu lesenden, veralteten Sprachstil zu tun zu haben, bin ich erstaunlich schnell in die Geschichte hineingekommen, welche wunderbar bildreich, metaphorisch und vor allem höchst lebendig erzählt wird. Dabei sind die Schilderungen an manchen Stellen derb, grausam; an anderen wiederum filigran, zart und umschmeichelnd - eben wechselhaft wie die Gestalt der Gerüche - mal ein übelkeitserregender Gestank, mal ein sanfter, lieblicher Duft. Auch wenn ich also immer mal wieder über Wörter gestolpert bin, die man nicht unbedingt kennen muss und mich in einem der vielen endlose Schachtelsätze verloren habe, die sich manchmal bis über eine ganze Seite erstrecken, muss ich doch meinen Hut vor der virtuosen Erzählkunst Patrick Süskinds ziehen, welche mich ein ums andere Mal sprachlos zurückgelassen hat. Im Laufe der Geschichte, die wir von einem auktorialen Erzähler präsentiert bekommen, sind mir auch immer wieder subtile Ironie, leise Andeutungen von Gesellschaftskritik und einer Parodie auf die Aufklärung, Anflüge von märchenhaften Vergleichen aufgefallen, sowie Anlehnungen an die Schöpfungsgeschichte oder Größen der Weltliteratur wie Goethes "Faust" oder "Der Zauberlehrling". Alles in allem also genug Futter für übereifrige Literaturstudenten aber subtil genug um den durchschnittlichen Leser nicht zu verwirren.

"Da gebot der Große Grenouille Einhalt dem Regen. Und es geschah. Und er schickte die milde Sonne seines Lächelns über das Land, worauf sich mit einem Schlag die millionenfache Pracht der Blüten erschloss, von einem Ende des Reichs bis zum anderen, zu einem einzigen bunten Teppich, geknüpft aus Myriaden von köstlichen Duftbehältern. Und der Große Grenouille sah, dass es gut war, sehr, sehr gut. (...) Also sprach der Große Grenouille und segelte, während das einfache Duftvolk unter ihm freudig tanzte und feierte, mit weitausgespannten Flügeln von der goldenen Wolke herab über das nächtliche Land seiner Seele nach Haus in sein Herz."


Der wohl einzig wichtige Protagonist dieser Geschichte ist der geniale Parfümeur, widerborstige "Zeck" und kaltblütige Mörder Jean-Baptiste Grenouille. Alle anderen Charaktere sind bloß episodenhaft wichtig für die Handlung und verschwinden nach ihrem kurzen Auftritt häufig in das Reich der Toten. Und obwohl Grenouille von Anfang an als "eine der genialsten und abscheulichsten Gestalten" der Epoche charakterisiert wird und durch den Titel schon gleich seine kommenden Morde im Raum stehen wird er vom Autor vielfältiger und schillernder gezeigt, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.

Bei aller Dummheit und Grobheit, die dem ungebildeten Grenouille nachgesagt wird hat er eine hervorstechende, wundersame Gabe in die Wiege gelegt bekommen. den absoluten Geruchssinn. Seine Nase vermag alles und jeden wahrzunehmen, jeden erdenklichen und abwegigen Dufthauch oder Gestank auf dieser Erde, welchen er in seine Bestandteile aufspaltet und tief in seinem Inneren verwahrt. Von einer Kindesmörderin unter einem versifften Marktstand geboren wandert der Junge Grenouille von Amme zu Amme, über das Waisenhaus von Madame Gaillard, bis zum Gerber Grimal. In den ersten Jahren seines Lebens wird der Junge nur herumgeschubst, ungeliebt weitergereicht und als abstoßend, verschlagen und unheimlich charakterisiert. Auf seinen Jagdzügen durch das Brodem von Paris findet er seine einzige Freiheit darin, neue Gerüche zu entdecken. Doch auch wenn er als debil und nur auf seine Gerüche fixiert erscheint, erkennt man bald, dass in ihm eine nicht zu unterschätzende Intelligenz verborgen liegt, wenn es darum geht, seine Ziele zu erreichen. So reicht es ihm bald nicht mehr aus, Gerüche nur wahrnehmen und in seinen Fantasien zusammenbringen zu können - er will auch handfest mit ihnen experimentieren und sie erfahrbar machen. Das bringt ihn schließlich zum in die Jahre gekommenen Parfümeur Baldini, der ihn nach anfänglichen Zweifeln zu sich als Lehrling nimmt. Jean-Baptiste erfindet für den alten Parfümeur viele verschiedene Düfte und erlernt von ihm im Gegenzug die wichtigsten Strategien um Düfte einzufangen und herzustellen: das Aufschreiben der Duftformeln, die Kunst des Seifenkochens aus Schweinefett, des Handschuhnähens, des Pudermischens und des Destillieren von Gerüchen. Aber das Destillieren von Gerüchen reicht Grenouille nicht, denn nicht alle Gerüche lassen sich mit diesem Verfahren festhalten. Also verlässt er Baldini und lebt erst einige Jahre auf dem Berg Plomb du Cantal. Dort erkennt er, dass er selbst keinen Geruch besitzt, was ihn verstört und verängstigt. Das höchste seiner Ziele ist es nun, sich einen eigenen Geruch zu kreieren, wofür er in der Stadt Grasse andere Arten, einen Duft festzuhalten erlernen muss. Und als er dort auf ein Mädchen mit dem wunderschönsten Eigengeruch trifft, den er jemals gerochen hat, wächst in ihm eine ganz andere Idee: um voll und ganz geliebt zu werden will er sich ihren Duft aneignen und zu dem vollkommensten und schönsten Parfüm verarbeiten, welches je ein Mensch gerochen hat...

"Hunderttausend Düfte schienen nichts mehr wert vor diesem einen Duft. Dieser eine war das höhere Prinzip, nach dessen Vorbild sich die anderen ordnen mussten. Er war die reine Schönheit."


Das Grenouille für sein höheres Ziel zum Mörder wird tut der seltsamen Sympathie und dem leisen Mitleid, dass durch die Geschichte hinweg in mir für ihn geweckt wurde, gruseliger Weise keinen Abbruch. Ist er noch so krank und abstoßend - er bleibt unsere Identifikationsfigur und der Mittelpunkt der Geschichte. Viele Gedankengänge erkennen wir Leser wieder, seine Suche nach seinem eigenen Geruch, nach sich selbst, sein Drang, geliebt und verehrt zu werden - all das wird den meisten Lesern nicht fremd sein. Und so wird die Annäherung an diesen ambivalenten Charakter zu einem wackligen Balanceakt zwischen Abscheu und Bewunderung für den Mörder und das Genie Grenouille.

Die Handlung fußt hier eigentlich nur auf der Lebensgeschichte des Protagonisten, ist dabei aber keineswegs arm an Wendungen, Spannung und etlichen Kuriositäten. Während wir Grenouille durch sein Leben begleiten blitzen immer wieder andere Facetten des Romans ans Licht: mal mutet die Geschichte eher wie ein Kriminalroman an, dann wir es mehr zum Roadnovel, dann zum Psychothriller mit Horrorelementen, bevor wieder das Gesellschaftsbild eines historischen Romans in den Vordergrund rückt. Und gerade dieser Wechsel der Handlung, die verschiedenen Darstellungsweisen der Episoden Grenouilles Leben, welche wohl jeden Versuch, das Werk in ein genaues Genre einordnen zu wollen, zum scheitern verurteilen, machen dieses Buch so spannend. In gut recherchierten 320 Seiten stellt Süskind das Frankreich des 18. Jahrhunderts, die facettenreiche und viel z stiefmütterlich behandelte Welt der Düfte und die Entwicklung der psychischen Befindlichkeiten eines ungewollten Kindes, das hinter der Maske eines hochbegabten Parfümeurs zum berechnenden Serienmörder wird, in spannender und unterhaltsamer Weise dar.


Fazit:

"Das Parfum" ist ein Buch voller genialer Gegensätze: es ekelt, es erschreckt, es fasziniert, es widert an, es begeistert, es erregt...
Ich denke, die Literaturbranche stimmt mir zu, wenn ich diesen Roman als Klassiker betitle, wer immer es jedoch in welcher Absicht auch immer liest, wird in der Vielseitigkeit der Geschichte ganz unterschiedliche Ansätze und Andeutungen finden und nicht zuletzt durch die wundervolle Sprache unterhalten werden.

Veröffentlicht am 24.05.2018

Ein Buch voller genialer Gegensätze: Duft oder Gestank, Genie oder Mörder?

Das Parfum
0

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders
Autor: Patrick Süßkind
Verlag: Diogenes (1994)
Seitenzahl: 336 Seiten
ISBN-10: 3257228007
ASIN: B009GGWFUM
ISBN-13: 978-3257228007
Preis: 14,90€ (Gebundene Ausgabe)
12€ (Taschenbuch)
9,99€ (Kindle-Edition)


Inhalt:


"Im achtzehnten Jahrhundert lebte in Frankreich ein Mann, der zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche gehörte. Seine Geschichte soll hier erzählt werden. Er hieß Jean-Baptiste Grenouille, und wenn sein Name im Gegensatz zu den Namen anderer genialer Scheusale, wie etwa de Sades, Saint-Justs, Fouchés, Bonapartes usw., heute in Vergessenheit geraten ist, so sicher nicht deshalb, weil Grenouille diesen berühmteren Finstermännern an Selbstüberhebung, Menschenverachtung, Immoralität, kurz an Gottlosigkeit nachgestanden hätte, sondern weil sich sein Genie und sein einziger Ehrgeiz auf ein Gebiet beschränkte, welches in der Geschichte keine Spuren hinterlässt: auf das flüchtige Reich der Gerüche."


Diskussion:


Mittlerweile ist "Das Parfum" ja zu einem Werk von Weltliteratur geworden, dass nicht nur an Schulen sondern auch an Unis akribisch untersucht und in seine Bestandteile zerlegt wird, so wie Grenouille das mit den Düften tut. Ich halte von dieser sezierenden Herangehensweise nichts da ich finde, dass ein Buch immer ganzheitlich wirken muss - so wie auch ein Duft. Gerade aus diesem Grund will ich im Rahmen der Klassiker Challenge ganz unvoreingenommen an Klassiker herangehen und sie lesen wie eine zu bewertenden Geschichte mit Schwächen und Stärken und nicht wie ein glorifiziertes Meisterwerk, welches es nicht zu bewerten sondern nur zu verstehen gilt.

Entgegen meiner Erwartung, es hier mit einem schwer zu lesenden, veralteten Sprachstil zu tun zu haben, bin ich erstaunlich schnell in die Geschichte hineingekommen, welche wunderbar bildreich, metaphorisch und vor allem höchst lebendig erzählt wird. Dabei sind die Schilderungen an manchen Stellen derb, grausam; an anderen wiederum filigran, zart und umschmeichelnd - eben wechselhaft wie die Gestalt der Gerüche - mal ein übelkeitserregender Gestank, mal ein sanfter, lieblicher Duft. Auch wenn ich also immer mal wieder über Wörter gestolpert bin, die man nicht unbedingt kennen muss und mich in einem der vielen endlose Schachtelsätze verloren habe, die sich manchmal bis über eine ganze Seite erstrecken, muss ich doch meinen Hut vor der virtuosen Erzählkunst Patrick Süskinds ziehen, welche mich ein ums andere Mal sprachlos zurückgelassen hat. Im Laufe der Geschichte, die wir von einem auktorialen Erzähler präsentiert bekommen, sind mir auch immer wieder subtile Ironie, leise Andeutungen von Gesellschaftskritik und einer Parodie auf die Aufklärung, Anflüge von märchenhaften Vergleichen aufgefallen, sowie Anlehnungen an die Schöpfungsgeschichte oder Größen der Weltliteratur wie Goethes "Faust" oder "Der Zauberlehrling". Alles in allem also genug Futter für übereifrige Literaturstudenten aber subtil genug um den durchschnittlichen Leser nicht zu verwirren.

"Da gebot der Große Grenouille Einhalt dem Regen. Und es geschah. Und er schickte die milde Sonne seines Lächelns über das Land, worauf sich mit einem Schlag die millionenfache Pracht der Blüten erschloss, von einem Ende des Reichs bis zum anderen, zu einem einzigen bunten Teppich, geknüpft aus Myriaden von köstlichen Duftbehältern. Und der Große Grenouille sah, dass es gut war, sehr, sehr gut. (...) Also sprach der Große Grenouille und segelte, während das einfache Duftvolk unter ihm freudig tanzte und feierte, mit weitausgespannten Flügeln von der goldenen Wolke herab über das nächtliche Land seiner Seele nach Haus in sein Herz."


Der wohl einzig wichtige Protagonist dieser Geschichte ist der geniale Parfümeur, widerborstige "Zeck" und kaltblütige Mörder Jean-Baptiste Grenouille. Alle anderen Charaktere sind bloß episodenhaft wichtig für die Handlung und verschwinden nach ihrem kurzen Auftritt häufig in das Reich der Toten. Und obwohl Grenouille von Anfang an als "eine der genialsten und abscheulichsten Gestalten" der Epoche charakterisiert wird und durch den Titel schon gleich seine kommenden Morde im Raum stehen wird er vom Autor vielfältiger und schillernder gezeigt, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.

Bei aller Dummheit und Grobheit, die dem ungebildeten Grenouille nachgesagt wird hat er eine hervorstechende, wundersame Gabe in die Wiege gelegt bekommen. den absoluten Geruchssinn. Seine Nase vermag alles und jeden wahrzunehmen, jeden erdenklichen und abwegigen Dufthauch oder Gestank auf dieser Erde, welchen er in seine Bestandteile aufspaltet und tief in seinem Inneren verwahrt. Von einer Kindesmörderin unter einem versifften Marktstand geboren wandert der Junge Grenouille von Amme zu Amme, über das Waisenhaus von Madame Gaillard, bis zum Gerber Grimal. In den ersten Jahren seines Lebens wird der Junge nur herumgeschubst, ungeliebt weitergereicht und als abstoßend, verschlagen und unheimlich charakterisiert. Auf seinen Jagdzügen durch das Brodem von Paris findet er seine einzige Freiheit darin, neue Gerüche zu entdecken. Doch auch wenn er als debil und nur auf seine Gerüche fixiert erscheint, erkennt man bald, dass in ihm eine nicht zu unterschätzende Intelligenz verborgen liegt, wenn es darum geht, seine Ziele zu erreichen. So reicht es ihm bald nicht mehr aus, Gerüche nur wahrnehmen und in seinen Fantasien zusammenbringen zu können - er will auch handfest mit ihnen experimentieren und sie erfahrbar machen. Das bringt ihn schließlich zum in die Jahre gekommenen Parfümeur Baldini, der ihn nach anfänglichen Zweifeln zu sich als Lehrling nimmt. Jean-Baptiste erfindet für den alten Parfümeur viele verschiedene Düfte und erlernt von ihm im Gegenzug die wichtigsten Strategien um Düfte einzufangen und herzustellen: das Aufschreiben der Duftformeln, die Kunst des Seifenkochens aus Schweinefett, des Handschuhnähens, des Pudermischens und des Destillieren von Gerüchen. Aber das Destillieren von Gerüchen reicht Grenouille nicht, denn nicht alle Gerüche lassen sich mit diesem Verfahren festhalten. Also verlässt er Baldini und lebt erst einige Jahre auf dem Berg Plomb du Cantal. Dort erkennt er, dass er selbst keinen Geruch besitzt, was ihn verstört und verängstigt. Das höchste seiner Ziele ist es nun, sich einen eigenen Geruch zu kreieren, wofür er in der Stadt Grasse andere Arten, einen Duft festzuhalten erlernen muss. Und als er dort auf ein Mädchen mit dem wunderschönsten Eigengeruch trifft, den er jemals gerochen hat, wächst in ihm eine ganz andere Idee: um voll und ganz geliebt zu werden will er sich ihren Duft aneignen und zu dem vollkommensten und schönsten Parfüm verarbeiten, welches je ein Mensch gerochen hat...

"Hunderttausend Düfte schienen nichts mehr wert vor diesem einen Duft. Dieser eine war das höhere Prinzip, nach dessen Vorbild sich die anderen ordnen mussten. Er war die reine Schönheit."


Das Grenouille für sein höheres Ziel zum Mörder wird tut der seltsamen Sympathie und dem leisen Mitleid, dass durch die Geschichte hinweg in mir für ihn geweckt wurde, gruseliger Weise keinen Abbruch. Ist er noch so krank und abstoßend - er bleibt unsere Identifikationsfigur und der Mittelpunkt der Geschichte. Viele Gedankengänge erkennen wir Leser wieder, seine Suche nach seinem eigenen Geruch, nach sich selbst, sein Drang, geliebt und verehrt zu werden - all das wird den meisten Lesern nicht fremd sein. Und so wird die Annäherung an diesen ambivalenten Charakter zu einem wackligen Balanceakt zwischen Abscheu und Bewunderung für den Mörder und das Genie Grenouille.

Die Handlung fußt hier eigentlich nur auf der Lebensgeschichte des Protagonisten, ist dabei aber keineswegs arm an Wendungen, Spannung und etlichen Kuriositäten. Während wir Grenouille durch sein Leben begleiten blitzen immer wieder andere Facetten des Romans ans Licht: mal mutet die Geschichte eher wie ein Kriminalroman an, dann wir es mehr zum Roadnovel, dann zum Psychothriller mit Horrorelementen, bevor wieder das Gesellschaftsbild eines historischen Romans in den Vordergrund rückt. Und gerade dieser Wechsel der Handlung, die verschiedenen Darstellungsweisen der Episoden Grenouilles Leben, welche wohl jeden Versuch, das Werk in ein genaues Genre einordnen zu wollen, zum scheitern verurteilen, machen dieses Buch so spannend. In gut recherchierten 320 Seiten stellt Süskind das Frankreich des 18. Jahrhunderts, die facettenreiche und viel z stiefmütterlich behandelte Welt der Düfte und die Entwicklung der psychischen Befindlichkeiten eines ungewollten Kindes, das hinter der Maske eines hochbegabten Parfümeurs zum berechnenden Serienmörder wird, in spannender und unterhaltsamer Weise dar.


Fazit:

"Das Parfum" ist ein Buch voller genialer Gegensätze: es ekelt, es erschreckt, es fasziniert, es widert an, es begeistert, es erregt...
Ich denke, die Literaturbranche stimmt mir zu, wenn ich diesen Roman als Klassiker betitle, wer immer es jedoch in welcher Absicht auch immer liest, wird in der Vielseitigkeit der Geschichte ganz unterschiedliche Ansätze und Andeutungen finden und nicht zuletzt durch die wundervolle Sprache unterhalten werden.