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Veröffentlicht am 15.05.2020

Im Sci-Fi-Genre bin ich Besseres gewohnt!

Coldworth City
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Da ich mittlerweile schon eine Menge von Mona Kastens New Adult Romane (z.B. ihre Again-Reihe oder die Maxton-Hall-Reihe) mit viel Freude gelesen habe, wollte ich ihrem Ausflug ins Science-Fiction-Genre ...

Da ich mittlerweile schon eine Menge von Mona Kastens New Adult Romane (z.B. ihre Again-Reihe oder die Maxton-Hall-Reihe) mit viel Freude gelesen habe, wollte ich ihrem Ausflug ins Science-Fiction-Genre auch mal eine Chance geben. Das dünne Büchlein lag eine Weile auf meinem SuB, hat es jetzt aber doch geschafft, von mir gelesen zu werden. Leider war mir die Geschichte mir ihren knappen 300 Seiten einfach zu dünn, sodass die Protagonisten, das Setting, die Handlung, die Liebesgeschichte und alle anderen Teile der Story zu oberflächlich blieben und Mona Kasten das Potential ihrer Geschichte nicht ausnutzen konnte.


"Raven hatte immer gedacht, dass sie mit ihrer Gabe wenigstens nachts für Gerechtigkeit sorgen konnte. Aber sie hatte sich versteckt - immer war sie auf der Flucht gewesen, ganze drei Jahre lang. Das, was sie eben erfahren hatte, tat weh, aber gleichzeitig gab es ihr einen neuen Sinn und Zweck.
Die Zeit des Versteckens war vorüber."


Das Cover ist mit der Nahaufnahme eines Mädchengesichts, der angedeuteten Skyline, dem blauen Aquarell-Verlauf, den aufflatternden Raben und dem großen Titel auf jeden Fall ein Hingucker. Auch wenn ich Gesichter auf Cover nicht wirklich leiden kann, da sie nur in den seltensten Fällen mit meiner Vorstellung der Protagonisten übereinstimmen, passt die Gestaltung gut zu Geschichte und macht Lust, zum Buch zu greifen. Innerhalb der Geschichte ist die Gestaltung sehr schlicht und die 320 Seiten werden in 23 kurze Kapitel eingeteilt.


"Ich brauche keine Waffen, Wade. Ich bin eine."


Die Geschichte beginnt mit einer Nacht-und-Nebel-Aktion, bei der die junge Raven Batman-ähnlich mal wieder eine Straftat verhindert, von der sie zufällig bei ihrem Job in einer verruchten Kneipe erfahren hat. Auch wenn sie zusammen mit ihrem kleinen Bruder Knox untergetaucht ist, kann sie ihre nächtlichen Ausflüge nicht lassen, denn neben ihrem schlechten Gewissen helfen die Aktionen auch zum Dampfablassen und als Ventil für ihre mächtige Gabe. Als Psi hat sie nämlich anders als andere Mutanten mehrere Gaben, was sie interessant für die skrupellose Forschungsorganisation AID, aber auch für eine tickende Zeitbombe für sich und andere macht. Als sie eines Nachts auf den geheimnisvollen Wade trifft, bietet sich eine Chance: sie kann endlich lernen, ihre Gabe zu beherrschen, dauerhaften Unterschlupf finden und ihre Flucht beenden und stattdessen zusammen mit dem Untergrund AID bekämpfen. Doch auf einer gemeinsamen Mission stoßen sie auf ein großes Geheimnis, dass die ganze Welt in Gefahr bringt...


"Du bist anders, als ich erwartet habe, Raven Carrigan", sagte er leise.
Sie lächelte schwach. "Gleichfalls, Wade Baxter."


Mutanten mit Superhelden-Fähigkeiten, eine Untergrund-Rebellion, geheime Forschungslabore und ein gefährliche aber schillernde Stadt - all das ist nicht gerade neuer Stoff und Fans des Genres werden an jeder Ecke und Ende Parallelen zu anderen Romanen oder Comics finden (z.B. die X-Men oder DCs Gotham-Universum). Wer also auf der Suche nach neuen, originellen Ideen und unbekannten Konzepten ist, kann sich gleich verabschieden. Wer jedoch auf der Suche nach einem leichten, kurzen Ausflug in die Welt von Superhelden ist, kann mit "Coldworth City" trotzdem Spaß haben. Erwartet man aber mehr als eine lockere Unterhaltung für Zwischendurch wird man aber enttäuscht werden. Die Handlung hier ist eher eindimensional, alles geht sehr glatt und statt in die Tiefe zu gehen und ihre dargestellte Welt zu erklären, präsentiert uns Mona Kasten eine sehr handlungsorientierte Action-Geschichte, die mit einer leisen, im Hintergrund bleibenden Liebesgeschichte gewürzt ist.


"Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie ließ sich vom Zorn erfüllen, immer weiter, bis ihr Blut anfing zu kochen. Tief in ihrem Inneren schlummerte das Monster. Und in diesem Moment weckte sie es."



Neben den schon bekannten Ideen und der fehlenden Originalität gibt es noch ein weiteres, großes Problem: die Geschichte ist einfach viel zu kurz. In den 300 Seiten kann die angezeichnete Geschichte nicht ausreichend erzählt und das Potential somit nicht ausgeschöpft werden. Das in groben Zügen an Gotham erinnernde Setting von Coldworth City, das Konzept mit der geheimnisvollen Kraft des Psi, das problembehaftete Zusammenleben von Menschen und Mutanten, die Pläne und Motive von AID, Ravens Vergangenheit, die Struktur des Untergrunds - all das und noch vieles mehr wurde nur grob angedeutet, blieb blass und erschloss sich mir nicht komplett. Vor allem auch das Ende ist total überhastet, Vieles löst sich ohne große Komplikationen auf wenigen Seiten auf und wichtige Fragen bleiben unbeantwortet. Das ist umso ärgerlicher, da die Handlung ja durchaus spannend erzählt und die Charaktere sehr liebeswert waren. Auch an Mona Kastens Schreibstil ist nichts auszusetzen. Sie schreibt gewohnt locker, mitreißend und mit der richtigen Mischung aus Pathos und nüchternen Beschreibungen, um den Leser bei Stange zu halten.




Fazit:


Fehlende Originalität, viele bekannte Ideen, oberflächliches Setting, eindimensionale Handlung, flache Charaktere und ein überhastetes Ende - im Sci-Fi-Genre bin ich wirklich Besseres gewohnt! Wer jedoch auf der Suche nach einem leichten, kurzen Ausflug in die Welt der Superhelden ist, kann mit "Coldworth City" trotzdem Spaß haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2020

Spannende Idee, viel Potential aber mangelhafte Umsetzung!

The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst
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In "The Plus One" hatte ich nach dem Lesen des Klapptexts hohe Erwartungen gesetzt (ja ich weiß, diese stellen sich nur in den wenigstens Fällen als hilfreich heraus, aber diese Idee klang einfach so vielversprechend), ...

In "The Plus One" hatte ich nach dem Lesen des Klapptexts hohe Erwartungen gesetzt (ja ich weiß, diese stellen sich nur in den wenigstens Fällen als hilfreich heraus, aber diese Idee klang einfach so vielversprechend), doch leider hielt die Umsetzung für mich bei Weitem nicht, was sie versprach. Wir erfahren weder viel über Robotik, noch erhalten wir eine besondere Liebesgeschichte, stattdessen lesen wir die zeitweise etwas frustrierende Entwicklungsgeschichte einer sozial schwierigen Protagonistin, die durch die problematische Beziehung zu einen Roboter lernt, loszulassen, spontan zu sein und mit anderen zusammenzuarbeiten.

Dass der Verlag das Motiv des Originalcovers übernommen hat, war eine ganz tolle Entscheidung. Die Zeichnung des blonden Mädchens, das einen Mann im Anzug umarmt, umgeben in sanften Pastellfarben umgeben von Werkzeugen, Schrauben und Zahnrädern ist einfach wunderschön und passt super zur Geschichte. Auch der Titel "The Plus One", was auf die weitere Person anspielt, die man häufig zu Events wie zum Beispiel Hochzeiten mitbringen darf, passt perfekt. Denn Kelly fehlt genau dieses Plus-Eins-Anhängsel im Leben - zumindest nach den Maßstäben ihrer Mutter, nach denen sie mit ihren 30 Jahren schon auf dem Besten Weg ist, eine uralte, einsame Katzenlady zu werden. Als sie aus einer spontanen Laune heraus einen perfekten Begleiter aus Teilen im Labor baut, scheint dieses Problem erstmal gelöst zu sein. Ihre Familie ist glücklich, ihre Kollegen sind beeindruckt und sogar Fremde auf der Straße beglückwünschen sie zu ihrem tollen Fang. Und schwups wird von Liebe gesprochen, Heirat steht im Raum, doch kann Kelly wirklich glücklich werden, wenn sie sich nicht sicher sein kann, dass das Objekt ihrer Begierde ein Mensch ist und tatsächliche Gefühle hat...?

Erster Satz: "Von den drei Personen auf der Bühne waren nur zwei echt."

Wir lernen unsere Protagonistin Kelly direkt in einer Situation kennen, in der sie sich alles andere als wohl fühlt: auf einer Bühne, im Rampenlicht, wenn auch nur vor gelangweilten Kindern. Anders als ihre spontane Freundin Priya tut sie sich in allem schwer, was andere Menschen beinhaltet und bekommt deshalb auch schon bald von einem mithelfenden Psychologen die Diagnose: sie ist ein Kontrollfreak mit unsozialen Tendenzen. Das Problem: das bekommen wir von Anfang zu spüren, was es nicht gerade leicht macht, sich mit ihr anzufreunden. Sie belügt sich selbst, zieht sich von anderen zurück, ist in sozialen Situationen schnell überfordert und neigt zu extremen Überreaktionen, wenn sie sich unsicher fühlt. Zwar hat man schnell Mitleid mit der jungen Frau, die ihren eigene Anforderungen und den antiquierten Vorstellungen ihrer Familie nicht gerecht werden kann, egal wie sehr sie sich anstrengt, dennoch haben mich ihre oftmals verzweifelten, sprunghaften Handlungen und ihre naiven oder verbohrten Gedanken ab und zu an ihrer uns immer wieder beteuerten Genialität zweifeln lassen.

Statt uns ihre Gefühle aus erster Hand nachspüren, uns zusammen mit der Protagonistin Fehler machen und wieder ausbügeln und schließlich zu eigenen Schlüssen kommen zu lassen, macht sich es die Autorin ziemlich leicht und platziert den Leser in einer besserwissenden Position. Auch unterstützt durch den allwissenden Erzähler und durch immer wieder eingeschobene selbstkritische Gedanken kann der Leser von Beginn an leicht über Kelly urteilen und es kann keine wirkliche Nähe entstehen. Ich will Sarah Archer keineswegs absprechen, dass sie hier eine beeindruckende Charakterstudie hingelegt und eine Protagonistin abseits von gewöhnlichen Klischees gezeichnet hat, leider konnte ich aber nie eine wirkliche Bindung zur Protagonistin aufbauen und gerade gegen Ende ihr extremes Hineinsteigern in die Situation nicht mehr nachvollziehen.

Die etwas sperrige, schwierige Protagonistin bleibt aber bei Weitem nicht das einzige Problem. Mein größter Kritikpunkt ist, dass die interessante und ungewöhnliche Idee in vielerlei Hinsicht nicht gut genug ausgearbeitet wurde und das große Potential der Geschichte durch kaum Handlung, keine echten Spannungsbögen und nur im Ansatz verfolgte Ideen verschwendet wird. Auch wenn sich die Geschichte grundsätzlich flüssig lesen lässt und Sarah Archer immer wieder durch Wortwitze oder absurde Stellen auflockert, konnte ich mich mit ihrem Erzählstil nicht wirklich anfreunden. Statt uns einfühlsam von einer zarten Liebesgeschichte zu erzählen, zieht sie das Erzähltempo erbarmungslos an und geht über alle (von mir als wichtig erachteten) Szenen so oberflächlich hinweg, dass manche Abschnitte teilweise wie ein grobes Skript wirken, das später nochmal mit Szenen ausgekleidet werden soll. Der Bau von Ethan, ihr Kennenlernen, ihr gemeinsames Zusammenleben, die aufkommenden Gefühle, ihr erster Kuss - schlicht alle Schlüsselszenen, die uns beide Protagonisten und die Handlung hätten näher bringen können, werden im Schnelldurchlauf, mit großen Zeitsprüngen und teilweise Nacherzählungen im Off abgehandelt, sodass sie ohne großes Aufsehen (und vor allem ohne Emotionen hervorzurufen) am Leser vorbei ziehen. Stattdessen vertieft sich die Autorin lieber in Kellys immergleiches und frustrierendes Gedankenkarussell aus Unsicherheit, Fantasien, Notlügen und Unzufriedenheit, weshalb trotz (oder eher wegen) des hohen Tempos im Mittelteil ein paar Längen auftraten.


Was mich ebenfalls enttäuscht hat, ist das das Thema der Robotik sehr stark im Hintergrund bleibt. Klar, ich hatte keine seitenlangen Ausführungen über Hydraulik und Algorithmen erwartet, da wir es ja schließlich mit keinem Science-Fiction-Roman zu tun haben, aber ein paar Informationen hätten dem Objekt "Ethan" schon gut getan. Sobald man als Autor eine Thematik so raumfüllend in die Handlung miteinbaut, erwarte ich zumindest etwas mehr Hintergrundinformationen und ein realistischer Umgang mit der Thematik. Dass Kelly einfach mal so an einem Wochenende einen Roboter baut, der fühlt, lernt, sich flüssig bewegt, isst, verdaut, schläft und ohne Probleme als Person durchgeht ist dabei schon ein bisschen weithergeholt, dafür dass zum Entstehungsprozess nur einmal das Wort 3D-Drucker fällt, ein paar Teile aus dem Lager geholt werden und sie am Rande von einer Software redet. Dabei hat mich noch nicht mal am meisten gestört, dass das stark am Rande der Authentizität herumkrebst (immerhin ist es Fiction und keine Science-Fiction), sondern dass die Tatsache, dass Ethan ein Roboter ist und somit der ganze Kern der Geschichte, der mir so spannend und neu erschienen war, eigentlich keine Rolle spielt. Es geht hier nämlich nicht um die Verliebt-in-einen-Roboter-Thematik sondern eigentlich nur um Ethans Wirkung auf Kelly, die sich in ihrer Unfähigkeit, einen richtigen Partner zu finden, einen zusammenfantasiert, was sie aber in nur noch mehr Probleme stürzt. Es hätte sich hier auch einfach um einen ausgedachten Freund oder einen Schauspieler handeln können und die Tatsache, dass das, was ich für den Kern der Geschichte gehalten hatte, derart auswechselbar ist, hat mich sehr enttäuscht.

Ich fasse nochmal kurz zusammen: die Protagonistin, so interessant wie sie war, ging mir manchmal auf die Nerven, die Erzählweise war mir zu distanziert, zu überhastet und zu oberflächlich, die Handlung weist keinen wirklichen Spannungsbogen auf und die Roboter-Thematik wurde stiefmütterlich vernachlässigt. Was bleibt dann noch? Die Liebesgeschichte - doch auch diese konnte mich nicht überzeugen. Wie schon gesagt, lässt uns die Autorin nicht wirklich am Leben der Beiden teilhaben, wodurch die prickelnde "Beziehung" zu Ethan aus dem Nichts erscheint. Stattdessen sehen wir zu, wie sich die eigentlich intelligente Protagonistin immer weiter in Lügen verstrickt und sich immer mehr verrennt. Dass Ethan eine reine Projektionsfigur für Kellys Wünsche und Sehnsüchte ist und bleibt und weil Kelly das von Beginn an klar ist und sie sich selbst und auch den Leser immer wieder an den Fakt erinnert, dass sie ihn gebaut hat, konnte ich ihn nie wirklich als Person annehmen. Und Liebe setzt für mich nun mal eine gewisse Gegenseitigkeit voraus, die es in dieser Geschichte aber zu keinem Zeitpunkt gibt. Da ist nur Kelly mit ihren Gefühlen, ihrer Unsicherheit, ihrem niedrigen Selbstwertgefühl, die im loyalen, liebevollen, aufmerksamen Ethan eine Bestätigung findet, die sie dringend nötig hatte. Dass sie sich langsam zu verlieben beginnt hat also aber weniger etwas mit Ethan zu tun, sondern mit ihrer Traumvorstellung des perfekten Mr. Right und der besseren Version ihrer selbst, die sie an seiner Seite sein wird.

Dass hier keine abwegige, riesige Romanze auf unmoralischer Basis aufgebaut wird, hat mir zum Einen gut gefallen, zum Anderen hätte ich aber eigentlich weniger düsterer Realismus und mehr eine romantische Liebe erwartet. Denn dadurch dass von Beginn an klar gestellt wird, wie ungesund und unecht diese Beziehung ist und wir Kellys verzweifelte Tat durch den distanzierten Stil als solche erkennen können, können wir uns nicht entspannt fallen lassen und auf uns zukommen lassen, was passiert, sondern sind in lauernder Habachtstellung voller Anspannung weil wir wissen, dass Kelly das alles irgendwann auf die Füße fallen wird. Meiner Meinung nach hätte sich die Autorin hier entscheiden müssen: entweder hätte sie die Beziehung der Beiden tatsächlich zu einer nachvollziehbaren Liebesgeschichte ausgestalten können, die wir mit viel Gefühlen verfolgen, oder sie hätte die plötzliche Romantisierung zur großen Liebe bleiben lassen und Kellys offensichtliche Probleme und ihre Gedanken zu Ethans Persönlichkeit kritisch aufgreifen sollen. Denn diese offene Fragestellung, ob Ethan nun eine Persönlichkeit hat, einen freien Willen, Liebe und andere Gefühle empfinden kann, wird nur am Ende in zwei Sätzen angeschnitten, viel dazu kommt aber nicht. Also entweder eine wirkliche Liebesgeschichte erzählen oder den Leser die Beziehung kritisch hinterfragen lassen - dieses halb-skeptische Zwischendrin in Kombination mit der Vermarktung als Liebesgeschichte führte nämlich bei mir (und nicht nur bei mir, wie ich einigen anderen Rezensionen entnehme) zu einiger Verwirrung und Enttäuschung.

Auch das Ende, das sich dann endlich ein wenig mehr profiliert und sich für einen Weg entscheidet, hatte seine Schwächen. Denn statt das Kartenhaus mit einem Knall in sich zusammenfallen zu lassen und Kelly dazu zu zwingen, sich wirklich mit sich selbst auseinander zu setzen, macht Sarah Archer es sich sehr leicht und löst Kellys Probleme beinahe alle auf einen Schlag. Genau wie beim Rest der Geschichte dürfen wir auch hier nicht auf mehr als oberflächliche Unterhaltung hoffen, auch wenn die Autorin ihren Fokus endlich ein wenig klarer setzt. Insgesamt will ich nochmal klarstellen, dass ich die Geschichte keineswegs grundlegend schlecht fand, sondern einfach nur absolut nicht das erhielt, was ich erwartet hatte. Die Roboter-Thematik und die Liebesgeschichte, also die beiden Aspekte der Geschichte, die mich vorrangig interessiert haben, sind nicht gut ausgearbeitet und spielen nur eine kleine Nebenrolle, da allgemein alles außerhalb von Kellys Ängsten und Hemmungen mit wenig Tiefe und Gefühl gestaltet wurde. Schade!


Fazit:


Spannende Idee, viel Potential aber mangelhafte Umsetzung! Wir erfahren weder viel über Robotik, noch erhalten wir eine besondere Liebesgeschichte, stattdessen lesen wir die zeitweise etwas frustrierende Entwicklungsgeschichte einer sozial schwierigen Protagonistin, die durch die problematische Beziehung zu einen Roboter lernt, loszulassen, spontan zu sein und mit anderen zusammenzuarbeiten. Für mich eher enttäuschend...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2020

Spannende Idee, viel Potential aber mangelhafte Umsetzung!

The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst
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In "The Plus One" hatte ich nach dem Lesen des Klapptexts hohe Erwartungen gesetzt (ja ich weiß, diese stellen sich nur in den wenigstens Fällen als hilfreich heraus, aber diese Idee klang einfach so vielversprechend), ...

In "The Plus One" hatte ich nach dem Lesen des Klapptexts hohe Erwartungen gesetzt (ja ich weiß, diese stellen sich nur in den wenigstens Fällen als hilfreich heraus, aber diese Idee klang einfach so vielversprechend), doch leider hielt die Umsetzung für mich bei Weitem nicht, was sie versprach. Wir erfahren weder viel über Robotik, noch erhalten wir eine besondere Liebesgeschichte, stattdessen lesen wir die zeitweise etwas frustrierende Entwicklungsgeschichte einer sozial schwierigen Protagonistin, die durch die problematische Beziehung zu einen Roboter lernt, loszulassen, spontan zu sein und mit anderen zusammenzuarbeiten.

Dass der Verlag das Motiv des Originalcovers übernommen hat, war eine ganz tolle Entscheidung. Die Zeichnung des blonden Mädchens, das einen Mann im Anzug umarmt, umgeben in sanften Pastellfarben umgeben von Werkzeugen, Schrauben und Zahnrädern ist einfach wunderschön und passt super zur Geschichte. Auch der Titel "The Plus One", was auf die weitere Person anspielt, die man häufig zu Events wie zum Beispiel Hochzeiten mitbringen darf, passt perfekt. Denn Kelly fehlt genau dieses Plus-Eins-Anhängsel im Leben - zumindest nach den Maßstäben ihrer Mutter, nach denen sie mit ihren 30 Jahren schon auf dem Besten Weg ist, eine uralte, einsame Katzenlady zu werden. Als sie aus einer spontanen Laune heraus einen perfekten Begleiter aus Teilen im Labor baut, scheint dieses Problem erstmal gelöst zu sein. Ihre Familie ist glücklich, ihre Kollegen sind beeindruckt und sogar Fremde auf der Straße beglückwünschen sie zu ihrem tollen Fang. Und schwups wird von Liebe gesprochen, Heirat steht im Raum, doch kann Kelly wirklich glücklich werden, wenn sie sich nicht sicher sein kann, dass das Objekt ihrer Begierde ein Mensch ist und tatsächliche Gefühle hat...?

Erster Satz: "Von den drei Personen auf der Bühne waren nur zwei echt."

Wir lernen unsere Protagonistin Kelly direkt in einer Situation kennen, in der sie sich alles andere als wohl fühlt: auf einer Bühne, im Rampenlicht, wenn auch nur vor gelangweilten Kindern. Anders als ihre spontane Freundin Priya tut sie sich in allem schwer, was andere Menschen beinhaltet und bekommt deshalb auch schon bald von einem mithelfenden Psychologen die Diagnose: sie ist ein Kontrollfreak mit unsozialen Tendenzen. Das Problem: das bekommen wir von Anfang zu spüren, was es nicht gerade leicht macht, sich mit ihr anzufreunden. Sie belügt sich selbst, zieht sich von anderen zurück, ist in sozialen Situationen schnell überfordert und neigt zu extremen Überreaktionen, wenn sie sich unsicher fühlt. Zwar hat man schnell Mitleid mit der jungen Frau, die ihren eigene Anforderungen und den antiquierten Vorstellungen ihrer Familie nicht gerecht werden kann, egal wie sehr sie sich anstrengt, dennoch haben mich ihre oftmals verzweifelten, sprunghaften Handlungen und ihre naiven oder verbohrten Gedanken ab und zu an ihrer uns immer wieder beteuerten Genialität zweifeln lassen.

Statt uns ihre Gefühle aus erster Hand nachspüren, uns zusammen mit der Protagonistin Fehler machen und wieder ausbügeln und schließlich zu eigenen Schlüssen kommen zu lassen, macht sich es die Autorin ziemlich leicht und platziert den Leser in einer besserwissenden Position. Auch unterstützt durch den allwissenden Erzähler und durch immer wieder eingeschobene selbstkritische Gedanken kann der Leser von Beginn an leicht über Kelly urteilen und es kann keine wirkliche Nähe entstehen. Ich will Sarah Archer keineswegs absprechen, dass sie hier eine beeindruckende Charakterstudie hingelegt und eine Protagonistin abseits von gewöhnlichen Klischees gezeichnet hat, leider konnte ich aber nie eine wirkliche Bindung zur Protagonistin aufbauen und gerade gegen Ende ihr extremes Hineinsteigern in die Situation nicht mehr nachvollziehen.

Die etwas sperrige, schwierige Protagonistin bleibt aber bei Weitem nicht das einzige Problem. Mein größter Kritikpunkt ist, dass die interessante und ungewöhnliche Idee in vielerlei Hinsicht nicht gut genug ausgearbeitet wurde und das große Potential der Geschichte durch kaum Handlung, keine echten Spannungsbögen und nur im Ansatz verfolgte Ideen verschwendet wird. Auch wenn sich die Geschichte grundsätzlich flüssig lesen lässt und Sarah Archer immer wieder durch Wortwitze oder absurde Stellen auflockert, konnte ich mich mit ihrem Erzählstil nicht wirklich anfreunden. Statt uns einfühlsam von einer zarten Liebesgeschichte zu erzählen, zieht sie das Erzähltempo erbarmungslos an und geht über alle (von mir als wichtig erachteten) Szenen so oberflächlich hinweg, dass manche Abschnitte teilweise wie ein grobes Skript wirken, das später nochmal mit Szenen ausgekleidet werden soll. Der Bau von Ethan, ihr Kennenlernen, ihr gemeinsames Zusammenleben, die aufkommenden Gefühle, ihr erster Kuss - schlicht alle Schlüsselszenen, die uns beide Protagonisten und die Handlung hätten näher bringen können, werden im Schnelldurchlauf, mit großen Zeitsprüngen und teilweise Nacherzählungen im Off abgehandelt, sodass sie ohne großes Aufsehen (und vor allem ohne Emotionen hervorzurufen) am Leser vorbei ziehen. Stattdessen vertieft sich die Autorin lieber in Kellys immergleiches und frustrierendes Gedankenkarussell aus Unsicherheit, Fantasien, Notlügen und Unzufriedenheit, weshalb trotz (oder eher wegen) des hohen Tempos im Mittelteil ein paar Längen auftraten.


Was mich ebenfalls enttäuscht hat, ist das das Thema der Robotik sehr stark im Hintergrund bleibt. Klar, ich hatte keine seitenlangen Ausführungen über Hydraulik und Algorithmen erwartet, da wir es ja schließlich mit keinem Science-Fiction-Roman zu tun haben, aber ein paar Informationen hätten dem Objekt "Ethan" schon gut getan. Sobald man als Autor eine Thematik so raumfüllend in die Handlung miteinbaut, erwarte ich zumindest etwas mehr Hintergrundinformationen und ein realistischer Umgang mit der Thematik. Dass Kelly einfach mal so an einem Wochenende einen Roboter baut, der fühlt, lernt, sich flüssig bewegt, isst, verdaut, schläft und ohne Probleme als Person durchgeht ist dabei schon ein bisschen weithergeholt, dafür dass zum Entstehungsprozess nur einmal das Wort 3D-Drucker fällt, ein paar Teile aus dem Lager geholt werden und sie am Rande von einer Software redet. Dabei hat mich noch nicht mal am meisten gestört, dass das stark am Rande der Authentizität herumkrebst (immerhin ist es Fiction und keine Science-Fiction), sondern dass die Tatsache, dass Ethan ein Roboter ist und somit der ganze Kern der Geschichte, der mir so spannend und neu erschienen war, eigentlich keine Rolle spielt. Es geht hier nämlich nicht um die Verliebt-in-einen-Roboter-Thematik sondern eigentlich nur um Ethans Wirkung auf Kelly, die sich in ihrer Unfähigkeit, einen richtigen Partner zu finden, einen zusammenfantasiert, was sie aber in nur noch mehr Probleme stürzt. Es hätte sich hier auch einfach um einen ausgedachten Freund oder einen Schauspieler handeln können und die Tatsache, dass das, was ich für den Kern der Geschichte gehalten hatte, derart auswechselbar ist, hat mich sehr enttäuscht.

Ich fasse nochmal kurz zusammen: die Protagonistin, so interessant wie sie war, ging mir manchmal auf die Nerven, die Erzählweise war mir zu distanziert, zu überhastet und zu oberflächlich, die Handlung weist keinen wirklichen Spannungsbogen auf und die Roboter-Thematik wurde stiefmütterlich vernachlässigt. Was bleibt dann noch? Die Liebesgeschichte - doch auch diese konnte mich nicht überzeugen. Wie schon gesagt, lässt uns die Autorin nicht wirklich am Leben der Beiden teilhaben, wodurch die prickelnde "Beziehung" zu Ethan aus dem Nichts erscheint. Stattdessen sehen wir zu, wie sich die eigentlich intelligente Protagonistin immer weiter in Lügen verstrickt und sich immer mehr verrennt. Dass Ethan eine reine Projektionsfigur für Kellys Wünsche und Sehnsüchte ist und bleibt und weil Kelly das von Beginn an klar ist und sie sich selbst und auch den Leser immer wieder an den Fakt erinnert, dass sie ihn gebaut hat, konnte ich ihn nie wirklich als Person annehmen. Und Liebe setzt für mich nun mal eine gewisse Gegenseitigkeit voraus, die es in dieser Geschichte aber zu keinem Zeitpunkt gibt. Da ist nur Kelly mit ihren Gefühlen, ihrer Unsicherheit, ihrem niedrigen Selbstwertgefühl, die im loyalen, liebevollen, aufmerksamen Ethan eine Bestätigung findet, die sie dringend nötig hatte. Dass sie sich langsam zu verlieben beginnt hat also aber weniger etwas mit Ethan zu tun, sondern mit ihrer Traumvorstellung des perfekten Mr. Right und der besseren Version ihrer selbst, die sie an seiner Seite sein wird.

Dass hier keine abwegige, riesige Romanze auf unmoralischer Basis aufgebaut wird, hat mir zum Einen gut gefallen, zum Anderen hätte ich aber eigentlich weniger düsterer Realismus und mehr eine romantische Liebe erwartet. Denn dadurch dass von Beginn an klar gestellt wird, wie ungesund und unecht diese Beziehung ist und wir Kellys verzweifelte Tat durch den distanzierten Stil als solche erkennen können, können wir uns nicht entspannt fallen lassen und auf uns zukommen lassen, was passiert, sondern sind in lauernder Habachtstellung voller Anspannung weil wir wissen, dass Kelly das alles irgendwann auf die Füße fallen wird. Meiner Meinung nach hätte sich die Autorin hier entscheiden müssen: entweder hätte sie die Beziehung der Beiden tatsächlich zu einer nachvollziehbaren Liebesgeschichte ausgestalten können, die wir mit viel Gefühlen verfolgen, oder sie hätte die plötzliche Romantisierung zur großen Liebe bleiben lassen und Kellys offensichtliche Probleme und ihre Gedanken zu Ethans Persönlichkeit kritisch aufgreifen sollen. Denn diese offene Fragestellung, ob Ethan nun eine Persönlichkeit hat, einen freien Willen, Liebe und andere Gefühle empfinden kann, wird nur am Ende in zwei Sätzen angeschnitten, viel dazu kommt aber nicht. Also entweder eine wirkliche Liebesgeschichte erzählen oder den Leser die Beziehung kritisch hinterfragen lassen - dieses halb-skeptische Zwischendrin in Kombination mit der Vermarktung als Liebesgeschichte führte nämlich bei mir (und nicht nur bei mir, wie ich einigen anderen Rezensionen entnehme) zu einiger Verwirrung und Enttäuschung.

Auch das Ende, das sich dann endlich ein wenig mehr profiliert und sich für einen Weg entscheidet, hatte seine Schwächen. Denn statt das Kartenhaus mit einem Knall in sich zusammenfallen zu lassen und Kelly dazu zu zwingen, sich wirklich mit sich selbst auseinander zu setzen, macht Sarah Archer es sich sehr leicht und löst Kellys Probleme beinahe alle auf einen Schlag. Genau wie beim Rest der Geschichte dürfen wir auch hier nicht auf mehr als oberflächliche Unterhaltung hoffen, auch wenn die Autorin ihren Fokus endlich ein wenig klarer setzt. Insgesamt will ich nochmal klarstellen, dass ich die Geschichte keineswegs grundlegend schlecht fand, sondern einfach nur absolut nicht das erhielt, was ich erwartet hatte. Die Roboter-Thematik und die Liebesgeschichte, also die beiden Aspekte der Geschichte, die mich vorrangig interessiert haben, sind nicht gut ausgearbeitet und spielen nur eine kleine Nebenrolle, da allgemein alles außerhalb von Kellys Ängsten und Hemmungen mit wenig Tiefe und Gefühl gestaltet wurde. Schade!


Fazit:


Spannende Idee, viel Potential aber mangelhafte Umsetzung! Wir erfahren weder viel über Robotik, noch erhalten wir eine besondere Liebesgeschichte, stattdessen lesen wir die zeitweise etwas frustrierende Entwicklungsgeschichte einer sozial schwierigen Protagonistin, die durch die problematische Beziehung zu einen Roboter lernt, loszulassen, spontan zu sein und mit anderen zusammenzuarbeiten. Für mich eher enttäuschend...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.03.2020

Viel verschenktes Potential, unsauberes World Building und eindimensionale Protagonisten - Schade!

Nightrunner
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Nach dem mich Lukas Hainer mit seiner Dilogie um "Das dunkle Herz" und "Das weiße Herz" auf den zweiten Anlauf überzeugen konnte, war ich auch auf seinen neusten Streich sehr gespannt. "Night Runner" entführt ...

Nach dem mich Lukas Hainer mit seiner Dilogie um "Das dunkle Herz" und "Das weiße Herz" auf den zweiten Anlauf überzeugen konnte, war ich auch auf seinen neusten Streich sehr gespannt. "Night Runner" entführt in eine spannende Steampunk-Welt voller Geheimnisse, Magie und Zerstörung, konnte mich aber aus denselben Gründen nicht begeistern, aus denen ich auch sein Romandebüt kritisierte: viel verschenktes Potential, ein unsauberer Weltenaufbau und eindimensionale Protagonisten sorgen trotz spannender Handlung dafür, dass ein gemischter Eindruck zurückbleibt.

Die Gestaltung ist alles in allem stimmig aber relativ nichtssagend. Zu sehen ist das Gesicht eines Mädchens mit blauen Augen, Sommersprossen und roten Haaren, das halb von einem roten Schal verdeckt wird. Wer das Buch oder zumindest den Klapptext gelesen hat, wird sich wohl zusammenreimen können, dass es sich bei dem abgebildeten Mädchen um Evelyn handeln soll. Das ist aber insofern problematisch als dass sie meiner Meinung nach gar nicht die Hauptprotagonistin ist und die Geschichte nicht durchgängig prägt. Mir wäre eine ganze Reihe mit Motiven eingefallen, die viel besser gepasst hätten. Ein Anhänger mit drei verschlungenen Ringen, der eine tragende Rolle einnimmt, zum Beispiel... Auch der Titel ist wie das Motiv nicht unpassend, repräsentiert aber auch nicht alle Teile der Geschichte und könnte falsche Erwartungen wecken. Auch der Klapptext ist eine ziemlich abenteuerliche Zusammenfassung der Geschehnisse, der nur einen kleinen Ausschnitt der tatsächlichen Geschichte umfasst. Dies kann man dem Verlag aber nicht zur Last legen, denn die Handlung dieses Romans spoilerfrei zusammenzufassen ist schier unmöglich


Erster Satz: "Evelyn rannte und rannte und achtete nicht auf den brennenden Schmerz in ihrer Brust."


So beginnt der erste Teil der Geschichte, die in drei große Abschnitte geteilt ist, die sich lesen wie drei unterschiedliche Bücher. Der erste Abschnitt der Geschichtet startet nicht wie ich gedacht hätte mit Evelyns und Leonows Dasein als sogenannte Night Runner, sondern setzt viel früher an. Aus ihrer Perspektive erzählen die Beiden über 120 Seiten lang abwechselnd von ihrer Kindheit an völlig unterschiedlichen Enden der Welt. Die lungenkranke Evelyn lebt mit ihren beiden Eltern in einer alternativen Version Wiens und schildert im Vorbeigehen die revolutionäre Stimmung, die durch das Auftauchen des sogenannten "großen Mannes" aufkommt, der sein Volk befreien will und damit einen Krieg zwischen den herrschenden Jesiten, also jenen, die an Jesus´ Macht glauben und den unterdrückten Prometisten, die Prometheus als Gottes Sohn und Schöpfer der Menschen verehren, anzettelt. Leonows Eltern hingegen sind tot, weshalb er mit seiner Schwester Katja auf der Flucht vor den grausamen Husaren des Zaren ist und schließlich Unterschlupf bei einem geheimnisvollen Goldschmied namens Fabergé findet. Gerade als wir in beide Situationen eingefunden haben, sich die Lage in Wien zuspitzt und Leonow hinter ein großes Geheimnis kommt und so beide Handlungsstränge einen spannenden Höhepunkt erreichen, führen wir einen Zeitsprung von drei Jahren durch und landen im zweiten Teil. Wie es Evelyn und Leonow ergangen ist, erfahren wir zunächst nicht und konzentrieren uns auf einen neuen Protagonisten namens Kurt, der sich als Night Runner in der mittlerweile vom Krieg zerstörten Stadt Wien durchschlägt.

Und genau an dieser Stelle kam das erste große Fragezeichen in meinem Kopf auf. Auch wenn auch zuvor schon die Hintergründe des Konflikts der Religionen, den aufsteigenden "großen Mann" und der Ort von Leonows Handlungsstrang sehr unklar waren, werden wir als Leser nun komplett in einer unklaren Situation alleingelassen. Der Beginn des zweiten Drittels liest sich, als hätte man zwischendurch einen ganzen Roman voller wichtiger Entwicklungen entfernt und uns vergessen, Bescheid zu sagen, was in der Zwischenzeit passiert ist. Waren die beiden Handlungsstränge zuvor noch halbwegs überschaubar, setzt uns Lukas Hainer nun eine Stadt in postapokalyptischer Stimmung voller Zerstörungen vom laufenden Krieg, wilden Gerüchten über Engel und Menschenmaschinen und zwei komplett neuen Kriegsparteien vor: die Amerikaner und das Zarenreich. Mitten in diesem seltsamen Durcheinander haben die Night Runner eine Möglichkeit gefunden, sich über Wasser zuhalten, in dem sie in den Trümmern nach alten Schätzen suchen und verkaufen. Zu diesen Night Runnern gehört auch unser neuer Protagonist Kurt, der wie wir nebenbei erfahren, mit Evelyn zusammenarbeitet.

An dieser Stelle sind dann die Fragezeichen wild in meinem Kopf aufgepoppt und wollten gar nicht mehr Ruhegeben. Woher kommen jetzt plötzlich Amerikaner? Was ist aus unseren Jesiten und Prometisten geworden? Und was hat der Zar in Wien zu suchen? Warum reden alle von Aspern, als sei es eine weit entfernte, gruselige Stadt, wenn sie dann plötzlich in wenigen Minuten hinlaufen können und eine Google-Recherche ergab, es ist ein Stadtteil von Wien? Was ist Evelyn in den drei fehlenden Jahren zugestoßen und warum ist sie plötzlich von ihrer Krankheit geheilt? Was ist aus der Rebellion des "großen Mannes" geworden? Doch statt die vielen Fragen zu beantworten, konzentriert sich der Autor vollkommen auf die Handlung und lässt seine Leser in der unklaren Situation im Stich. In schnellen, rasanten Kapiteln, zu 99% aus Verfolgungsjagden durch Trümmerlandschaften, aus Kämpfen in dunklen Tunnel und fast sterbenden Protagonisten bestehen, treffen Kurt, Evelyn und Leonow aufeinander und werden mit der Schai (was das bedeutet wird übrigens auch nicht erklärt) Maria, die wir neu kennenlernen und dem Halbengel Lyskom, den wir schon aus dem ersten Teil kennen zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammengeschweißt. Denn plötzlich scheinen es mehrere Instanzen auf die fünf abgesehen zu haben...

Ich will gar nicht leugnen, dass dieser Mittelteil hochspannend geschrieben ist - eine Action-Szene jagt die nächste und ständig müssen wir um das Leben unserer Protagonisten bangen. Dabei werden auch unschöne Details -Waffen, Blut, Schmerzen, Tode, Drogen, Folter etc.- keineswegs ausgespart, weshalb diese Geschichte trotz der im Schnitt sehr jungen Protagonisten kein Kinderbuch ist! Was aber wirklich vor sich geht und wer nun aus welchem Grund wen jagt, habe ich aber leider nicht verstanden, wodurch das Leseerlebnis nicht über ein bisschen Nervenkitzel hinausging. Das ist sehr schade, denn die verrückte Science-Fiction-Fantasy-Mischung aus mittelalterlichen Verhältnissen, alter verschütteter Technik, riesiger Golems, Menschenmaschinen, geflügelten Halbengeln, Artefakt-Anhängern, Flugapparaten und besessenen Monstern hat mich sehr fasziniert und neugierig gemacht auf mehr. Da aber kaum Antworten auf Fragen was wirklich hinter den Artefakten, den Engeln und dem Krieg steckt, und weitere Entwicklungen rund um die Grundidee in Aussicht gestellt werden, fiel meine Neugier im Laufe der Geschichte immer weiter dem schlechten Worldbuilding zum Opfer und legte sich zusehends. Alles, was über den reinen Überlebenskampf der Protagonisten hinaus geht, bleibt viel zu sehr im Hintergrund und das stetige Fehlen von Ausführungen wirkt zunehmend so, als hätte der Autor selbst nicht genau gewusst, wie er die einzelnen Fäden seines Settings zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenführen soll. Das führt dazu, dass das riesige Potential um das geheimnisvolle Steampunk-Setting nicht nur nicht genutzt wurde, sondern im Laufe der Geschichte sogar eher ein Hindernis darstellte, da die Verwirrung mich davon abhielt, der Handlung zu folgen.

Genau wie die Hintergrundgeschichte bleiben auch die Charaktere leider sehr eindimensional. An einigen Stellen ist mir gar nicht aufgefallen, dass hier plötzlich Kurt und nicht Leonow erzählt oder andersherum und auch der Autor schien an einigen Stellen ein bisschen verwirrt zu sein, so verwechselte er die Namen seiner Protagonisten einige Male (z.B. Seite 258 Lyskom-Leonow oder Leonow-Kurt im Endkampf). Natürlich haben die meisten der Protagonisten ein spannendes Alleinstellungsmerkmal und wachsen uns auf ihre eigene Art und Weise ans Herz, doch leider bleiben sie alles in allem Statisten ihrer Geschichte.

Als das große Durcheinander in Handlung und Setting dann auch noch durch Verrat, neue Geheimnisse und uralte Magie aufgemischt wird, hat sich mein mitdenkender Kopf endgültig verabschiedet und ich habe mich einfach nur darauf konzentriert, der Handlung zu folgen. Ab dieser Erkenntnis konnte ich mich wesentlich besser fallen lassen und habe mich dann auch dem letzten Teil gewidmet, der aus einem einzigen Showdown in den unterirdischen Tunnel Asperns besteht. Nach 120 Seiten interessanter aber für die Story nicht sehr förderlicher Vorgeschichte, 140 Seiten spannender aber sehr undurchsichtiger Verfolgungsjagden durch eine verwirrende Kulisse geht die Handlung dann in den großen Endkampf über, der neben viel Gewalt, Folter und noch mehr Kämpfen auch endlich einige Unklarheiten und Geheimnisse auflöst. Der Zar, Fabergé, die Husaren, die Engel, Kurt, Evelyn, Maria, Leonow, Lyskom und andere Protagonisten, die wir im Verlauf der Geschichte kennengelernt haben, haben nochmals ihren Auftritt in einem spektakulären, epischen Kampf zwischen Gut und Böse, der nur von einer Kleinigkeit getrübt wird: dass wir immer noch nicht genau wissen, wer hier eigentlich aus welchen Gründen gegen wen kämpft. Auf der reinen Handlungsebene top ausgeführt, hält das Ende in der Gesamtbetrachtung aber überhaupt nicht, was ich mir davon versprochen habe: anstatt uns endlich mehr zu erklären, bleiben am Ende eine Tonne ungelöster Fragen zurück, die Auflösung des Problems, wird auf einen eventuell nächsten Band vertröstet, den es laut der Website des Autors aber nicht geben wird und auch der kurze Epilog lässt so vieles offen, dass ich mir unsicher bin, ob wir es hier nicht doch mit einem Beginn einer Reihe zutun haben.

Trotz der ganzen Kritik will ich dem Buch gar nicht seine Originalität und die hohe Spannung absprechen, die gerade gegen Ende nochmals aufleben darf. Leider ist die Umsetzung der Grundidee bei allen Aspekten, die über die reine Handlungsebene hinausgehen äußerst unrund und viele offene Fragen, ein schlechtes World Building und eindimensionale Protagonisten haben mich davon abgehalten, der Geschichte mit ganzem Herzen folgen zu können.




Fazit:


"Night Runner" ist atmosphärisch, spannend und mit hohem Tempo erzählt, hat für mich aber leider zu viele ernsthafte Mängel im Weltaufbau um mich überzeugen zu können. Viel verschenktes Potential, ein unsauberes World Building und eindimensionale Protagonisten sorgen trotz spannender Handlung dafür, dass ein gemischter Eindruck zurückbleibt.

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Veröffentlicht am 02.02.2020

Zu depressiv, zu einseitig, zu distanzlos und unnötig explizit

Three Women – Drei Frauen
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Bestsellerlisten, breite Rezeption von fulminanter Begeisterung bis zum totalen Verriss, Preise, Diskussionen und zahlreiche Übersetzungen - Lisa Taddeo hat mit ihrem Debüt "Three Women" in den USA für ...

Bestsellerlisten, breite Rezeption von fulminanter Begeisterung bis zum totalen Verriss, Preise, Diskussionen und zahlreiche Übersetzungen - Lisa Taddeo hat mit ihrem Debüt "Three Women" in den USA für Aufsehen gesorgt. Der Hype hat mich neugierig gemacht genau wie all die wundervollen Blogger-Bilder auf Instagram und als der Piper-Verlag dann damit warb, es sei "das Buch der Stunde über weibliche Sexualität zwischen Lust und Macht", habe ich mit großer Neugier ein Rezensionsexemplar angefragt. Leider muss ich mich jetzt - 416 Seiten später - dreierlei fragen: Geht es hier wirklich vordergründig um die weibliche Sexualität oder nicht eher um Leid in Abhängigkeit und Selbstaufgabe? Ist der Blick wirklich weit genug gewählt um als "Buch der Stunde" betitelt werden zu können? Und vor allem: was will das Buch sein? Sachliche Reportage oder spannender Roman?

Es beginnt schon bei Cover und Genrebezeichnung. Während das Originalcover stilsicher aber zurückhalten Obst zeigt, hat sich der Piper Verlag für ein alternatives Motiv mit einer dunkelhaarigen Frau in Spitzenbustier entschieden, wodurch ich leider in Zusammenhang mit dem schwarzen Hintergrund und dem gelben Titel an einen Unterwäschekatalog erinnert wurde. Während der Originalverlag das Werk als "Sachbuch" verkaufte, ist "Three Women - Drei Frauen" in Deutschland als "Roman" klassifiziert. Genau diese Trennung ist wohl der Hauptgrund, weshalb ich lange nicht wusste, wie ich dieses Buch bewerten soll und eben diese Bewertung nach längerem Nachdenken nicht so positiv ausfällt, wie ich es vielleicht anfangs gehofft hatte. Denn im Endeffekt scheitert das "Three Women - Drei Frauen" an den Ansprüchen beider Genres: für einen Roman sind Schreibstil, Aufbau und Erzählweise sind nicht trickreich genug, um als Reportage oder Sachbuch durchzugehen sind aber hingegen die Grenzen zwischen Autorin und Erzählerinnen viel zu verwischt.


Erster Satz: "Als meine Mutter jung war, folgte ihr jeden Morgen ein Mann zur Arbeit, der nur wenige Meter hinter ihr masturbierte."


Um zu erklären, was ich mit "nicht trickreich genug" meine, schauen wir uns doch zuerst einmal an, wie sich das Buch als Roman schlägt. Lisa Taddeo erzählt episodenartig die Geschichte dreier Frauen jeweils aus deren Perspektive und springt dabei in der Zeit vor und zurück, sodass wir ihre drei Protagonistinnen immer wieder aus einer anderen Perspektive kennenlernen und gegen Ende einen umfassenden Eindruck ihres Lebens, ihrer Persönlichkeit und ihrer aktuellen Erlebnisse erhalten haben. Dabei ist es wichtig klarzustellen, dass wir hier keine rasante, stringent erzählte Liebes-/ oder Erotikgeschichte lesen. Stattdessen versucht sich Lisa Taddeo an einer Psychografie und gewährt dem Leser einen tiefen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonistinnen. Positiv daran ist, dass wir so Mitgefühl, Verständnis und Wut über die Nöte und die Bedürfnisse der Frauen entwickeln können und die eindrücklichen Geschehnisse mit dem Wissen, dass es sich hier um echte Geschichten handelt, noch mehr unter die Haut gehen. Die negative Kehrseite an der Intensität und Authentizität ist, dass die Autorin uns so schonungslos tief in die Köpfe von Sloane, Maggie und Lina blicken lässt, dass die düsteren, negativen Gefühle, die wir dort vorfinden, kaum zu ertragen sind. Es gab mehrere Stellen, an denen ich das Buch zur Seite legen und etwas anderes tun musste, weil mich das Geschilderte so mitgenommen und deprimiert hat. Dazu beigetragen hat auch die oft explizite, teilweise fast schon ekelhafte Darstellung von Sex-Szenen, in denen die Autorin oft abstoßende, tierische Vergleiche benutzt.


"Solange ihr nicht dieselben Schmerzen habt wie ich, solltet ihr mich nicht verurteilen. Frauen sollten sich nicht gegenseitig verurteilen, solange sie nicht durch das Feuer der anderen gegangen sind."


Ich empfand es von Beginn an als sehr schwierig, das Buch zu lesen, da es im Großen und Ganzen weder amüsant, noch schön, noch spannend ist, sondern einfach nur... intensiv. Die Autorin schreibt im Nachwort, die seit acht Jahre lang den Geschichten der drei Frauen gefolgt, habe Gespräche mit ihnen geführt, war teilweise selbst bei Geschehnissen anwesend und ist in die Städte gezogen, in denen die Frauen lebten, weil nur so Intensität möglich sei. Ich für meinen Teil hätte mir aber stattdessen eher ein wenig mehr Distanz zu den Dreien gewünscht und die Intensität liebend gerne gegen ein wenig Struktur und Spannung eingetauscht. Denn mich stieß die Geschichte an manchen Stellen nicht nur ab, triggerte oder überforderte mich - sie langweilte mich leider auch an einigen Stellen da viele ähnliche Szenen, Wiederholungen, Vorgriffe und Spoiler die Spannung zerstören. Ein weiteres Problem mit dem Selbstverständnis als Roman ist, dass die Geschichte nicht konsequent zu Ende erzählt ist. Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass die Geschichten der drei echten Frauen ja auch nach der erzählten Zeit noch weitergingen, selbstverständlich. Aber dennoch frustriert es als Leser sehr und wirklich herunterziehen wenn wir keine wirkliche Entwicklung beobachten, keinen Ausweg entdecken können und die Frauen am Ende einfach mit ihren Problemen alleine lassen müssen.


"Wir geben vor, Dinge zu wollen, die wir nicht wollen, damit niemand sieht, dass wir nicht bekommen, was wir brauchen.“


Auch wenn man einräumt, die Geschichte eher als Reportage verstehen zu wollen, wodurch die stilistischen Mängel weniger ins Gewicht fallen würden, ergeben sich einige Probleme. Mir persönlich war die Geschichte in Zeiten, in denen die weibliche Sexualität hitzig und kontrovers diskutiert wird, zu einseitig, zu deprimierend und zu unsachlich. Zuerst stellt sich natürlich die Frage, ob die drei Frauen und ihre Geschichten als wirklich repräsentativ für das Frausein im 21. Jahrhundert betrachtet werden können, wo doch zwei von ihnen katholisch, alle weiß und mittelständische Amerikanerinnen sind. An zweiter Stelle gibt es häufiger Stellen, an denen ich mich fragte, wer da gerade spricht: ist es die Autorin oder ist es ihre Protagonistin? Ist es die Erzählende oder das erzählte Medium? Durch die auktoriale Erzählperspektive und den häufigen plötzlichen Wechsel ins innere "Du" verschwimmen die Grenzen zwischen der Autorin und ihren Protagonistinnen ständig. Das ist insofern verständlich dass sie über acht Jahre hinweg mit vielen persönlichen Begegnungen für diesen Roman recherchiert hat und deshalb eine gewisse Distanz schwierig zu halten ist. Ich habe großen Respekt vor der Leistung, dem Einfühlungsvermögen und der umfangreichen Recherchearbeit der Autorin, doch wenn sie aber wie beispielsweise im Prolog und im Epilog eigene Erfahrungen in der Ich-Perspektive mit einfließen lässt, bleibt offen, als wie sachlich und reliabel die nacherzählten Perspektiven der Frauen nun wirklich betrachtet werden können.


"Selbst wenn Frauen Gehör finden, müssen es die richtigen Frauen sein, damit man ihnen zuhört. Weiße Frauen. Reiche Frauen. Schöne Frauen. Junge Frauen. Am besten all das in einem."


Etwas verwirrt war ich auch, dass es gar nicht wirklich in erster Linie um die weibliche Sexualität geht, sondern die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen im Vordergrund steht. Die Autorin setzt sich hier mit den immer noch existierenden Rollenbildern der Frau, mit sexueller Gewalt, weiblicher Solidarität, toxischer Männlichkeit, Machtmissbrauch, Depression und Abhängigkeitsverhältnissen kritisch auseinander. Statt wie erhofft ermutigend feministisch über Selbstbestimmung und Selbstbefreiung zu schreiben, zeichnet sie hier drei tragische Geschichten, in denen Frauen aus Liebe, Begehren oder dem Bedürfnis gewollt zu werden, sich selbst aufgeben und unter ihrer Unterwerfung leiden. Ob diese pessimistische Sicht der reinen Objektivierung von Frauen wirklich gerechtfertigt ist, sei man offen gelassen. Ich hätte mir aber auf jeden Fall gewünscht, hier eine starke, weibliche Perspektive erkennen zu können und nicht nur durch Leiden und den Druck der Gesellschaft wieder nur einen männlichen Blick. Wir wissen nun relativ genau, was Frauen nicht wollen, was immer noch falsch läuft und was gesellschaftlich noch geändert werden muss. Aber was weibliches Begehren nun wirklich ausmacht... Keine Ahnung.


"Männer haben die Frauen schon immer auf eine ganz bestimmte Art und Weise gebrochen. Sie lieben sie oder lieben sie so halb und fühlen sich irgendwann ausgelaugt und ziehen sich innerlich über Wochen und Monate zurück, verschanzen sich in ihrer Höhle, verdrücken eine letzte Träne und rufen dann nie wieder an. Die Frauen aber warten."


Und genau dieses "keine Ahnung" bringt meine Erfahrung mit dem Buch ziemlich genau auf den Punkt. Hat es mir gefallen? Nein, um Gottes willen. Fand ich es spannend? Naja. Fand ich es aufschlussreich? Hm, geht so. Fand ich es wichtig? Ja, schon. War es tiefgründig und gut recherchiert. Oh ja, keine Frage. Wie also bewerte ich es?
Keine Ahnung


Fazit:


"Three Women - Drei Frauen" weiß nicht so genau, ob es Roman oder Reportage sein will und scheitert schlussendlich an den Ansprüchen beider Genres. Auch wenn die Intensität und Einfühlungsvermögen wirklich beeindrucken, kann ich mich dem Hype nicht anschließen - zu depressiv, zu einseitig, zu distanzlos und unnötig explizit empfand ich den Umgang mit der Thematik.