Profilbild von Wordworld_Sophia

Wordworld_Sophia

Lesejury Star
offline

Wordworld_Sophia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wordworld_Sophia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.05.2024

Eine düstere, vielschichtige und spicy Fantasy-Geschichte über Fae, Götter, Dämonen, Vampire, Höllenfürste, Magie und Liebe

Throne of the Fallen – Verführt
0

"Throne of the Fallen" ist ein Sequel zu Kerri Maniscalcos international erfolgreicher "Kingdom of the Wicked"-Reihe über Wrath und Emilia. In ihrem neuen Standalone, der wenige Monate nach dem letzten ...

"Throne of the Fallen" ist ein Sequel zu Kerri Maniscalcos international erfolgreicher "Kingdom of the Wicked"-Reihe über Wrath und Emilia. In ihrem neuen Standalone, der wenige Monate nach dem letzten Band der Hauptreihe spielt, geht es nun um einen der sieben anderen Dämonenprinzen - Envy. Auf diesen Charakter bin ich schon seit der Hauptreihe sehr neugierig und was sich die Autorin für Envy und Camilla ausgedacht hat, konnte mich sogar noch mehr überzeugen als die Originalreihe!!!

Schon die wundervolle Gestaltung verspricht eine düstere, vielschichtige Geschichte voller Tod, Sünde und Geheimnisse. Ich habe mich riesig gefreut, dass der Piper Verlag sich dazu entschlossen hat, das düstere Originalcover bei der deutschen Ausgabe beizubehalten, da jenes mit dem brennenden goldenen Schlüssel, der von einem üppigen Blumenmeer umgeben ist, nicht nur ein absoluter Blickfang, sondern auch thematisch ein Volltreffer ist. Auch der Titel, "Throne of the Fallen", wurde hier großartigerweise beibehalten. Abgerundet wird die Gestaltung durch den farbigen Buchschnitt, der das Blumenmotiv des Covers aufgreift, das wunderschöne Vorsatzblatt und die beigefügte Karte.

Erster Satz: "In einer Kleinstadt namens Waverly Green, die dem London aus der Epoche des Regency ähnelt, aber doch nicht ganz dasselbe ist, haben ein paar Sterbliche merkwürdige Erscheinungen beobachtet, die sie sich nicht erklären können."

Eingeteilt in vier Teile lesen wir hier abwechselnd aus der Perspektive der beiden Hauptfiguren wie die Ankunft des Dämonenfürsten Envy eine Kleinstadt und das geordnete Leben der Künstlerin Camilla ordentlich durcheinander bringt. Dabei hält die Handlung um einiges mehr für uns bereit, als ursprünglich gedacht. Während es zunächst vor allem um Camillas Aufeinandertreffen mit einem geheimnisvollen neuen Gentleman in einer gesitteten High-Society-Welt, die mit Maskenbällen, einem intriganten Heiratsmarkt und der Gier nach gesellschaftlicher Aufstieg stark ans englische Regency erinnert und die Geschichte durchaus mit leichten Bridgerton-Vibes verzaubert, wendet sich das Blatt, sobald Camilla in das Spiel hineingezogen wird, das Envy mit dem König der Fae Lennox am Laufen hat. Von dem Setting in der menschlichen Gesellschaft geht es dann in die düstere, sündige Höllenwelt und für die beiden beginnt eine verzweifelte Suche nach den nächsten Hinweisen. Denn während Envy das Spiel dringend gewinnen muss, um seinen Hof zu retten, verbirgt Camilla ebenfalls ein düsteres Geheimnis...

"Sie war ein Stern, und sie weigerte sich, ihr Licht den Sterblichen zuliebe zu dämpfen."

Romantisches Regency, eine sündige Höllenwelt, ein verzweifeltes Spiel, dunkle Geheimnisse und eine chancenlose Liebe - das klingt doch nach einer explosiven Mischung, die ohne Weiteres durch die über 700 Seiten trägt! Zwar hatte die Geschichte an einigen Stellen leichte Überlängen und das Spiel hätte für meinen Geschmack inhaltlich mehr im Vordergrund und etwas mehr Raum in der Handlung einnehmen können, dafür kommt allerdings die Liebesgeschichte durch das zeitweise eher gemäßigte Erzähltempo ganz wunderbar zur Geltung. Wie die Autorin vorab angekündigt hat, handelt es sich bei ihren Einzelbänden über die anderen Höllenfürsten nun nicht mehr um New Adult, sondern um Adult Romane, was sich in mehr Düsternis, Gewalt und mehr explizite Erotikszenen widerspiegelt (ich würde hier 4 von 5 🌶️auf der Spice-Skala vergeben). Dies passt definitiv zur Handlung, zu den beiden Figuren und zum Setting; etwas mehr emotionale Tiefe hätte der Geschichte auf der anderen Seite aber nicht geschadet...

"Wenn du wegläufst, werde ich dir nachjagen." Sie erkannte, wie ernst es ihm war. Er würde sein Ziel gnadenlos verfolgen. Ein Teil von ihr war fasziniert von der Intensität, davon, dass er etwas so sehr wollte, dass er dafür jede moralische Grenze übertreten wurde. Sie drehte sich wieder um und verließ den Raum, bevor er sehen konnte, wie dieser gefährliche Schwur sie erschaudern ließ."
:
Die beiden Hauptfiguren Camilla und Envy sind beide spannende Protagonisten, die mehr verbergen, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Während die letzte Reihe aus der Ich-Perspektive von Emilia erzählt wurde, hat sich die Autorin hier für eine wechselnde Perspektive und einen Er-Erzähler entschieden, der beiden Hauptfiguren in etwas gleich viel Raum zugesteht. Die temperamentvolle Künstlerin Camilla ins Herz zu schließen, war nicht sehr schwer. Allerdings war mir von Anfang an klar, dass sie etwas vor Envy und auch uns LeserInnen verbirgt, weshalb sie in der ersten Hälfte schwerer greifbar für mich war als Envy. Dieser ist mit seinem Plan, seinen Hof zu retten, seiner eine-Nacht-Regel und seinem Faible für seine Lieblingssünde, die Eifersucht, recht leicht zu durchschauen. Auch wenn ich ihn ebenfalls sehr mochte, hätte er sich gerne noch etwas mehr von Wrath abgrenzen können, denn ebenso wie der Fürst des Zorns ist auch Evny die Personifikation eines NA-Fantasy-Love-Interests schlichthin: wunderschön, mächtig, sarkastisch und tödlich. Dass die beiden eine tolle Chemie haben und ihr funkensprühendes Geplänkel für viel Erheiterung sorgt, ist natürlich super. Ich hätte aber auch gerne noch mehr emotionale Szenen zwischen den beiden gelesen.

"Da war sie - eine glänzende Klinge, die durch die Dunkelheit schnitt. Seine Sternenlichtprinzessin, wenn auch nur für einen Abend. Die Frau, die ihn und seinen Hof in ihrem brennenden, tödlichen Griff hielt."
:
Ansonsten setzt Kerri Maniscalco in "Throne of the Fallen" auf das altbewährte Erfolgskonzept, das schon in "Kingfom of the Wicked" LeserInnen weltweit begeistern konnte. Treue LeserInnen meines Blogs werden wissen, dass ich sowohl ein Fan von Hexen-Geschichten als auch von dämonischen Motiven bin. Dass hier mit Hexen, Fae, Dämonen, Gestaltwandlern, Vampiren, Werwölfen und Geistern wieder gleich mehrere Motive verbunden wurden, die ich sehr gerne mag, hat der Geschichte natürlich auch ordentliche Pluspunkte eingebracht. Schon in der Hauptreihe hat mir die Grundidee, die Höllenfürsten als Verkörperung der sieben Todsünden darzustellen, sehr gut gefallen. Dort wurde neben dem Love Interest Wrath die weiteren Höllenfürsten Lust, Greed, Envy, Gluttony, Sloth und Pride sowie einen Hofstaat an unterschiedlichen Dämonen vorgestellt. Schon nach dem Ende von Band 3 blieben einige Fragen offen und so habe ich mich sehr gefreut, durch das Sequel nochmal in die magische Welt der Hölle zurückkehren zu können.

"Mach dich bereit, Herzblatt", grollte er. "Ich werde dich verdammt noch mal verschlingen."

Schön ist , dass die Autorin dabei das Setting der Unterwelt weiterentwickelt. Wer die "Kingdom of the Wicked"-Reihe gelesen hat, kennt sich in den sieben lasterhaften Kreise der Hölle inmitten des kalten ewigen Winters bereits gut aus. Zusätzlich zu den sieben Kreisen führt uns die Reise der beiden Figuren hier zu den Höfen der Fae, die sich in den wilden Hof der Unseelie und den Hof der Wunder der Seelie einteilen, sowie durch die Schattenreiche hin zur Insel der Bosheit, welche der Sitz der Vampire ist. Auch die Karte der Unterwelt wird nun erweitert, sodass man sich sofort besser zurecht findet, als in der Hauptreihe. Egal ob neue oder alte Schauplätze, bekannte oder unbekannte Figuren - durch den lebendige und detailreiche Schreibstil der Autorin wird die Geschichte so greifbar zum Leben erweckt, dass man sofort Lust auf mehr bekommt. Zum Glück hat die Autorin vor, weitere Bände über die anderen Dämonenbrüder zu schreiben und ihre "Princes of Sins"-Serie weiter auszubauen. Einen Band über Gluttony und seine Fehde mit einer gewissen Journalistin, der voraussichtlich unter dem Titel "Throne of Secrets" im Herbst 2024 erscheinen wird, hat die Autorin schon angekündigt. Aber wer weiß, vielleicht bekommen wir ja auch noch etwas zu Sloth, Pride, Greed oder Lust zu lesen...


Fazit:


"Throne of the Fallen" ist eine düstere, vielschichtige und spicy Fantasy-Geschichte über Fae, Götter, Dämonen, Vampire, Höllenfürste, Magie und Liebe. Kerri Maniscalco überzeugt abermals mit einer mitreißenden Atmosphäre, einem unwiderstehlichen Setting und eindrucksvollen Charakteren mit einer tollen Chemie!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.05.2024

Über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder!

Der Vertraute
0

Mittlerweile bin ich ein großer Fan von Leigh Bardugo und habe alles gelesen, was sie auf den Markt gebracht hat. "Der Vertraute" ist ihr neuer Standalone-Roman, der inspiriert von ihrer Familiengeschichte ...

Mittlerweile bin ich ein großer Fan von Leigh Bardugo und habe alles gelesen, was sie auf den Markt gebracht hat. "Der Vertraute" ist ihr neuer Standalone-Roman, der inspiriert von ihrer Familiengeschichte von einer jungen Magierin während des goldenen Zeitalter Spaniens zur Zeit der Inquisition erzählt. Der Klapptext und die Themen rund um Magie, Verrat und Ketzerei haben mich schon sehr neugierig gemacht, sodass ich wahnsinnig gespannt auf die Geschichte war, auch wenn ich mir nicht sicher war, was mich erwarten würde. 480 Seiten später kann ich nun bestätigen, dass ich definitiv nicht habe kommen sehen, wohin Leigh Bardugo mit dieser Geschichte über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder geführt hat. Eine bezaubernd düstere, spannende und magische Geschichte!!!

"Es gibt unterschiedliche Arten des Leidens, dachte Valentina. Die Art, die einen überraschte, und die Art, mit der man so lange lebte, dass man sie gar nicht mehr bemerkte.“


Die Covergestaltung ist recht schlicht, aber durchaus eindrucksvoll. Vor einem pechschwarzen Hintergrund ist eine beringte Hand zu sehen, die eine goldene Gebetskette hält, während aus dem pompösen Ärmelaufschlag ein schwarzer Skorpion kriecht. Damit sind die Hauptmotive der Handlung - Reichtum, Kirche und Santangels Wappentier der Skorpion - vertreten. Zum schwarz-goldenen Look des Buches passt auch der schwarze Farbschnitt ganz wunderbar, mit dem die erste Auflage ausgestaltet ist. Vielen Dank an der Stelle an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was aber natürlich wie immer meine Meinung nicht beeinflusst hat.

Erster Satz: "Wäre das Brot nicht verbrannt, so wäre dies eine ganz andere Geschichte. Wäre der Sohn der Köchin in der Nacht zuvor nicht zu spät heimgekommen, hätte die Köchin nicht gewusst, dass er sich mit dieser Theaterdichterin herumtrieb.“

Mit diesem ersten Satz steigen wir in das Leben der Dienerin Luzia Cotado ein, die zwischen harter Arbeit und Angst vor der Inquisition heimlich von einem besseren Leben träumt. Als ihre Herrin Doña Valentina entdeckt, dass sie magische Fähigkeiten hat und kleine Wunder vollbringen kann, ist das ihre Eintrittkarte in eine Welt voller Reichtum und Schönheit aber auch Intrigen und Bigotterie und so schwebt sie bald in Lebensgefahr. Bis wir allerdings an dem Punkt ankommen, an dem sich Luzia der Gier der Adligen stellen muss, gehen einige Seiten ins Land. Gerade in den ersten 100 Seiten benötigt die Geschichte einige Zeit, um ins Rollen zu kommen und uns die Figuren und ihre Lebensumstände vorzustellen. Dabei fokussiert sich die Autorin weniger auf die Vergangenheit oder die Rahmenbedingungen von Luzias Magie, sondern mehr auf deren Wünsche oder Ängste und stellt sie mehr als junge Frau am Boden der Gesellschaft als als Magierin vor. Wie gerade Luzia zu ihren Milagritos gekommen ist und wie die Refranes aus der Mischsprache Ladino zu Zauberformeln werden, bleibt dabei geheimnisvoll und unbeantwortet, was zur vielschichtigen Atmosphäre des Romans beiträgt.

"Du bringst das Blut in meinen Adern aufs Neue zum Fließen. Du erinnerst mein Herz daran zu schlagen."
"Ein Herz kann nicht vergessen zu schlagen", schnaubte sie. Seine Miene wurde ausdruckslos.
"Alles kann in Vergessenheit geraten, wenn nur genug Zeit vergeht.“


Auch im weiteren Verlauf hätte die eigentliche Rahmenhandlung mit der Bedrohung durch die Inquisition, Antonio Pérez´ Plan und dem magischen Turnier für meinen Geschmack noch etwas stärker ausgeprägt sein können. Anders als bei Leigh Bardugos anderen Fantasy-Reihen stehen Magie und Abenteuer allerdings nicht im Vordergrund, sondern vielmehr die Figuren und die generelle Atmosphäre der Geschichte. So ist der Hauptspannungsgeber der Geschichte die Frage, wem Luzia vertrauen kann und wem nicht, sowie die Frage, worauf die Geschichte überhaupt hinauslaufen wird. Diese Unsicherheit erzeugt eine großartige Atmosphäre voll unterschwelliger Spannung, die sich bis zur letzten Seite langsam aufbaut und immer wieder mit einer unerwarteten Wendung überrascht.

"Don Marius, Don Victor Pérez, vielleicht der König selbst... eigentlich sind sie alle gleich.", sagte sie schließlich, als sie fertig war. "Sie kreisen in ihrer Umlaufbahn, und wir dürfen ihre Bewegungen bewundern. Sei vorsichtig... mit Santángel." Scheinbar wollte sie heute jeder warnen.
"Weil ich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe?" Valentina zuckte zusammen.
Sie schüttelte den Kopf. "Weil er ein Mann ist, Luzia.“


Dazu passend ist auch das historische Setting zur Zeit der spanischen Inquisition ausgewählt. Als politisch brisante und künstlerisch spannende Epoche, die als goldenes Zeitalter Spaniens in die Geschichte einging, hält das Setting gesellschaftlichen Reichtum und künstlerische Blüte, aber auch Brutalität und Schrecken bereit. Vor allem der mitschwingende Antisemitismus, den Luzia aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln erfährt, trifft dabei empfindlich den aktuellen Zeitgeist. Dabei ist die Geschichte grob von Leigh Bardugos eigenen Vorfahren inspiriert, die aufgrund ihrer jüdischen Konfession 1492 aus Spanien fliehen mussten. Folter, Verfolgung, Mord, Gefangenschaft - die Autorin schreckt nicht davor zurück, die brutalen Vergehen der Kirche an Andersgläubigen darzustellen, weshalb es sich ausdrücklich nicht um ein Jugendbuch handelt.

"Fürchte die Menschen, Luzia", sagte er. "Fürchte ihren Ehrgeiz und die Verbrechen, die sie dafür begehren. Vor Magie hingegen oder dem, was du damit tun kannst, muss du doch nicht fürchten."

Auch hinsichtlich der Figuren ist die Geschichte deutlich erwachsener und reifer als ihre letzten YA und NA Reihen. Denn auch wenn ich die Figuren alle großartig fand, kommt keine einzige davon einem klassischen Helden auch nur nahe. Auch wenn Luzia als Hauptfigur im Vordergrund steht, wechselt Leigh Bardugo zwischen personalen Erzählperspektiven einer Vielzahl von handelnden Figuren, die unterschiedlicher nicht sein können. Was sie alle verbindet: Sie haben alle geheime Motive, Wünsche, Bedürfnisse, Träume oder Visionen, die sie ohne Zurückhaltung und Rücksicht auf Verluste verfolgen. Während Luzia keinen Hehl aus ihrer Gier und ihren Ambitionen für einen gesellschaftlichen Aufstieg macht, der ihr ein leichteres Leben ermöglicht, tendiert ihre Herrin Valentina in ihrer Machtlosigkeit und Unzufriedenheit zur Grausamkeit gegenüber Unterstellten, Santángel würde sich für seine Freiheit bis nach Italien durchmorden und auch Nebenfiguren wie Teoda, Hualit, Fortún Donadei oder Victor de Paredes verlieren sich in dieser grausamen Zeit. Dennoch gelingt es der Autorin erstaunlicherweise, dass einem die Figuren mit der Zeit unweigerlich ans Herz wachsen und gerade aufgrund ihrer unverschleierten Rücksichtslosigkeit nahbar werden.

"Wenn sie ehrlich war, spürte sie den Sog dieser größeren Magie. Ihr gieriges Herz sehnte sich danach. Nicht nur nach der Hoffnung, aus dieser Stadt, aus diesem Leben entkommen zu können. In Wahrheit hatte sie es genossen, furchterregend zu sein."


Besonders überzeugen konnten mich dabei die dargestellten Beziehungen zwischen Luzia und Valentina, die sich von gehorsamer Dienerin und kleinlicher Herrin zu Leidensgenossinnen wandeln und die romantische Beziehung zwischen Luzia und Guillén Santángel. Zwar bekommt die Liebesgeschichte in der Geschichte nur begrenzten Raum, diesen nutzen die beiden Figuren aber ganz wunderbar aus, um sich einen eigenen kleinen Kosmos ganz für sich alleine zu gestalten, in dem nichts als ihre Nähe eine Rolle spielt. Ob die Liebe der beiden das magische Turnier, die menschlichen Abgründe und die brutale Inquisition überlebt... lest selbst!

"Du bist also fertig mit mir?", fragte sie, als er zur Tür ging.
Ich habe noch nicht einmal angefangen...“



Fazit:


"Der Vertraute" ist eine historische Fantasy-Geschichte, die mit düsterer Atmosphäre, geheimnisvoller Magie, moralisch grauen Figuren und einem lebendigen Historien-Setting überzeugt. Leigh Bardugo erzählt eine düstere, spannende und magische Geschichte über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.05.2024

Über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder!

Der Vertraute
0

Mittlerweile bin ich ein großer Fan von Leigh Bardugo und habe alles gelesen, was sie auf den Markt gebracht hat. "Der Vertraute" ist ihr neuer Standalone-Roman, der inspiriert von ihrer Familiengeschichte ...

Mittlerweile bin ich ein großer Fan von Leigh Bardugo und habe alles gelesen, was sie auf den Markt gebracht hat. "Der Vertraute" ist ihr neuer Standalone-Roman, der inspiriert von ihrer Familiengeschichte von einer jungen Magierin während des goldenen Zeitalter Spaniens zur Zeit der Inquisition erzählt. Der Klapptext und die Themen rund um Magie, Verrat und Ketzerei haben mich schon sehr neugierig gemacht, sodass ich wahnsinnig gespannt auf die Geschichte war, auch wenn ich mir nicht sicher war, was mich erwarten würde. 480 Seiten später kann ich nun bestätigen, dass ich definitiv nicht habe kommen sehen, wohin Leigh Bardugo mit dieser Geschichte über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder geführt hat. Eine bezaubernd düstere, spannende und magische Geschichte!!!

"Es gibt unterschiedliche Arten des Leidens, dachte Valentina. Die Art, die einen überraschte, und die Art, mit der man so lange lebte, dass man sie gar nicht mehr bemerkte.“


Die Covergestaltung ist recht schlicht, aber durchaus eindrucksvoll. Vor einem pechschwarzen Hintergrund ist eine beringte Hand zu sehen, die eine goldene Gebetskette hält, während aus dem pompösen Ärmelaufschlag ein schwarzer Skorpion kriecht. Damit sind die Hauptmotive der Handlung - Reichtum, Kirche und Santangels Wappentier der Skorpion - vertreten. Zum schwarz-goldenen Look des Buches passt auch der schwarze Farbschnitt ganz wunderbar, mit dem die erste Auflage ausgestaltet ist. Vielen Dank an der Stelle an den Verlag für das Rezensionsexemplar, was aber natürlich wie immer meine Meinung nicht beeinflusst hat.

Erster Satz: "Wäre das Brot nicht verbrannt, so wäre dies eine ganz andere Geschichte. Wäre der Sohn der Köchin in der Nacht zuvor nicht zu spät heimgekommen, hätte die Köchin nicht gewusst, dass er sich mit dieser Theaterdichterin herumtrieb.“

Mit diesem ersten Satz steigen wir in das Leben der Dienerin Luzia Cotado ein, die zwischen harter Arbeit und Angst vor der Inquisition heimlich von einem besseren Leben träumt. Als ihre Herrin Doña Valentina entdeckt, dass sie magische Fähigkeiten hat und kleine Wunder vollbringen kann, ist das ihre Eintrittkarte in eine Welt voller Reichtum und Schönheit aber auch Intrigen und Bigotterie und so schwebt sie bald in Lebensgefahr. Bis wir allerdings an dem Punkt ankommen, an dem sich Luzia der Gier der Adligen stellen muss, gehen einige Seiten ins Land. Gerade in den ersten 100 Seiten benötigt die Geschichte einige Zeit, um ins Rollen zu kommen und uns die Figuren und ihre Lebensumstände vorzustellen. Dabei fokussiert sich die Autorin weniger auf die Vergangenheit oder die Rahmenbedingungen von Luzias Magie, sondern mehr auf deren Wünsche oder Ängste und stellt sie mehr als junge Frau am Boden der Gesellschaft als als Magierin vor. Wie gerade Luzia zu ihren Milagritos gekommen ist und wie die Refranes aus der Mischsprache Ladino zu Zauberformeln werden, bleibt dabei geheimnisvoll und unbeantwortet, was zur vielschichtigen Atmosphäre des Romans beiträgt.

"Du bringst das Blut in meinen Adern aufs Neue zum Fließen. Du erinnerst mein Herz daran zu schlagen."
"Ein Herz kann nicht vergessen zu schlagen", schnaubte sie. Seine Miene wurde ausdruckslos.
"Alles kann in Vergessenheit geraten, wenn nur genug Zeit vergeht.“


Auch im weiteren Verlauf hätte die eigentliche Rahmenhandlung mit der Bedrohung durch die Inquisition, Antonio Pérez´ Plan und dem magischen Turnier für meinen Geschmack noch etwas stärker ausgeprägt sein können. Anders als bei Leigh Bardugos anderen Fantasy-Reihen stehen Magie und Abenteuer allerdings nicht im Vordergrund, sondern vielmehr die Figuren und die generelle Atmosphäre der Geschichte. So ist der Hauptspannungsgeber der Geschichte die Frage, wem Luzia vertrauen kann und wem nicht, sowie die Frage, worauf die Geschichte überhaupt hinauslaufen wird. Diese Unsicherheit erzeugt eine großartige Atmosphäre voll unterschwelliger Spannung, die sich bis zur letzten Seite langsam aufbaut und immer wieder mit einer unerwarteten Wendung überrascht.

"Don Marius, Don Victor Pérez, vielleicht der König selbst... eigentlich sind sie alle gleich.", sagte sie schließlich, als sie fertig war. "Sie kreisen in ihrer Umlaufbahn, und wir dürfen ihre Bewegungen bewundern. Sei vorsichtig... mit Santángel." Scheinbar wollte sie heute jeder warnen.
"Weil ich einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe?" Valentina zuckte zusammen.
Sie schüttelte den Kopf. "Weil er ein Mann ist, Luzia.“


Dazu passend ist auch das historische Setting zur Zeit der spanischen Inquisition ausgewählt. Als politisch brisante und künstlerisch spannende Epoche, die als goldenes Zeitalter Spaniens in die Geschichte einging, hält das Setting gesellschaftlichen Reichtum und künstlerische Blüte, aber auch Brutalität und Schrecken bereit. Vor allem der mitschwingende Antisemitismus, den Luzia aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln erfährt, trifft dabei empfindlich den aktuellen Zeitgeist. Dabei ist die Geschichte grob von Leigh Bardugos eigenen Vorfahren inspiriert, die aufgrund ihrer jüdischen Konfession 1492 aus Spanien fliehen mussten. Folter, Verfolgung, Mord, Gefangenschaft - die Autorin schreckt nicht davor zurück, die brutalen Vergehen der Kirche an Andersgläubigen darzustellen, weshalb es sich ausdrücklich nicht um ein Jugendbuch handelt.

"Fürchte die Menschen, Luzia", sagte er. "Fürchte ihren Ehrgeiz und die Verbrechen, die sie dafür begehren. Vor Magie hingegen oder dem, was du damit tun kannst, muss du doch nicht fürchten."

Auch hinsichtlich der Figuren ist die Geschichte deutlich erwachsener und reifer als ihre letzten YA und NA Reihen. Denn auch wenn ich die Figuren alle großartig fand, kommt keine einzige davon einem klassischen Helden auch nur nahe. Auch wenn Luzia als Hauptfigur im Vordergrund steht, wechselt Leigh Bardugo zwischen personalen Erzählperspektiven einer Vielzahl von handelnden Figuren, die unterschiedlicher nicht sein können. Was sie alle verbindet: Sie haben alle geheime Motive, Wünsche, Bedürfnisse, Träume oder Visionen, die sie ohne Zurückhaltung und Rücksicht auf Verluste verfolgen. Während Luzia keinen Hehl aus ihrer Gier und ihren Ambitionen für einen gesellschaftlichen Aufstieg macht, der ihr ein leichteres Leben ermöglicht, tendiert ihre Herrin Valentina in ihrer Machtlosigkeit und Unzufriedenheit zur Grausamkeit gegenüber Unterstellten, Santángel würde sich für seine Freiheit bis nach Italien durchmorden und auch Nebenfiguren wie Teoda, Hualit, Fortún Donadei oder Victor de Paredes verlieren sich in dieser grausamen Zeit. Dennoch gelingt es der Autorin erstaunlicherweise, dass einem die Figuren mit der Zeit unweigerlich ans Herz wachsen und gerade aufgrund ihrer unverschleierten Rücksichtslosigkeit nahbar werden.

"Wenn sie ehrlich war, spürte sie den Sog dieser größeren Magie. Ihr gieriges Herz sehnte sich danach. Nicht nur nach der Hoffnung, aus dieser Stadt, aus diesem Leben entkommen zu können. In Wahrheit hatte sie es genossen, furchterregend zu sein."


Besonders überzeugen konnten mich dabei die dargestellten Beziehungen zwischen Luzia und Valentina, die sich von gehorsamer Dienerin und kleinlicher Herrin zu Leidensgenossinnen wandeln und die romantische Beziehung zwischen Luzia und Guillén Santángel. Zwar bekommt die Liebesgeschichte in der Geschichte nur begrenzten Raum, diesen nutzen die beiden Figuren aber ganz wunderbar aus, um sich einen eigenen kleinen Kosmos ganz für sich alleine zu gestalten, in dem nichts als ihre Nähe eine Rolle spielt. Ob die Liebe der beiden das magische Turnier, die menschlichen Abgründe und die brutale Inquisition überlebt... lest selbst!

"Du bist also fertig mit mir?", fragte sie, als er zur Tür ging.
Ich habe noch nicht einmal angefangen...“



Fazit:


"Der Vertraute" ist eine historische Fantasy-Geschichte, die mit düsterer Atmosphäre, geheimnisvoller Magie, moralisch grauen Figuren und einem lebendigen Historien-Setting überzeugt. Leigh Bardugo erzählt eine düstere, spannende und magische Geschichte über Verzweiflung, Intrigen, Aufstieg, Macht, Liebe, Träume und Wunder!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.05.2024

Voll mit bestärkenden und inspirierenden Aussagen

Kunst ist wichtig
0

Ich habe selbst noch nichts von Neil Gaiman gelesen, kenne aber viele seiner Werke. "Art Matters" ist eine Kollektion von bisher unveröffentlichten Texten zum Thema Kunst, Schreiben, Bibliotheken und Tagträume. ...

Ich habe selbst noch nichts von Neil Gaiman gelesen, kenne aber viele seiner Werke. "Art Matters" ist eine Kollektion von bisher unveröffentlichten Texten zum Thema Kunst, Schreiben, Bibliotheken und Tagträume. In den beiden Teilen "Credo" und "Make Good Art" sind zwei seiner berühmten Reden verschriftlicht, in denen er dazu auffordert, kreativ zu werden und sich mithilfe von Kunst auszudrücken, um die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Er argumentiert, weshalb Kunst ein wichtiger Teil der Gesellschaft und kein Luxuszeitvertreib von einigen wenigen ist. Das kurze darauffolgende "Making A Chair" ist ein Gedicht über die Freude am Schaffen etwas zuvor nicht dagewesenen und hat in mir auch eine ziemlich große Schaffenslust geweckt. Und zuletzt bringt er in dem Essay "On Libraries" die Wichtigkeit von öffentlichen Büchereien und dem Zugang zu Büchern für alle auf den Punkt. Dabei kann man die Passion des Autors für Kunst, Phantasie, Ideen und Tagträumen aus jedem Wort herauslesen und sich leicht von seiner Leidenschaft anstecken lassen.

Zum Abschluss dieser sehr kurzen Rezension deshalb noch drei Zitate, die ich sehr inspirierend fand:

"It is easy to pretend that nobody can change anything, that society is huge and the individual is less than nothing. But the truth is individuals make the future, and they do it by imagining that things can be different."

"Now go, and make interesting mistakes. Make Interesting. Mistakes. Make glorious and fantastic mistakes. Break rules. Leave the world more interesting for you being here. Make good art."

"Fiction builds empathy. Fiction is something you build up from twenty-six letters and a handful of punctuation marks, and you, and you alone, using your imagination, create a world, and people it and look out through other eyes. You're being someone else, and when you return to your own world, you're going to be slightly changed."




Das Urteil

Dieses dünne Büchlein ist nicht nur für langjährige Fans des Autors geeignet, sondern auch empfehlenswert für Personen, die sich gerne kopfüber in bestärkende und inspirierende Aussagen des Autors zum Thema Kunst stürzen möchten.

Veröffentlicht am 04.05.2024

Voller bestärkenden und inspirierenden Aussagen!

Kunst ist wichtig
0

Ich habe selbst noch nichts von Neil Gaiman gelesen, kenne aber viele seiner Werke. "Art Matters" ist eine Kollektion von bisher unveröffentlichten Texten zum Thema Kunst, Schreiben, Bibliotheken und Tagträume. ...

Ich habe selbst noch nichts von Neil Gaiman gelesen, kenne aber viele seiner Werke. "Art Matters" ist eine Kollektion von bisher unveröffentlichten Texten zum Thema Kunst, Schreiben, Bibliotheken und Tagträume. In den beiden Teilen "Credo" und "Make Good Art" sind zwei seiner berühmten Reden verschriftlicht, in denen er dazu auffordert, kreativ zu werden und sich mithilfe von Kunst auszudrücken, um die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Er argumentiert, weshalb Kunst ein wichtiger Teil der Gesellschaft und kein Luxuszeitvertreib von einigen wenigen ist. Das kurze darauffolgende "Making A Chair" ist ein Gedicht über die Freude am Schaffen etwas zuvor nicht dagewesenen und hat in mir auch eine ziemlich große Schaffenslust geweckt. Und zuletzt bringt er in dem Essay "On Libraries" die Wichtigkeit von öffentlichen Büchereien und dem Zugang zu Büchern für alle auf den Punkt. Dabei kann man die Passion des Autors für Kunst, Phantasie, Ideen und Tagträumen aus jedem Wort herauslesen und sich leicht von seiner Leidenschaft anstecken lassen.

Zum Abschluss dieser sehr kurzen Rezension deshalb noch drei Zitate, die ich sehr inspirierend fand:

"It is easy to pretend that nobody can change anything, that society is huge and the individual is less than nothing. But the truth is individuals make the future, and they do it by imagining that things can be different."

"Now go, and make interesting mistakes. Make Interesting. Mistakes. Make glorious and fantastic mistakes. Break rules. Leave the world more interesting for you being here. Make good art."

"Fiction builds empathy. Fiction is something you build up from twenty-six letters and a handful of punctuation marks, and you, and you alone, using your imagination, create a world, and people it and look out through other eyes. You're being someone else, and when you return to your own world, you're going to be slightly changed."




Das Urteil

Dieses dünne Büchlein ist nicht nur für langjährige Fans des Autors geeignet, sondern auch empfehlenswert für Personen, die sich gerne kopfüber in bestärkende und inspirierende Aussagen des Autors zum Thema Kunst stürzen möchten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil