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Veröffentlicht am 17.04.2020

Eine prickelnde Mischung aus Sagen der Antike und Urban Romantasy!

Staub & Flammen
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Spätestens seit Rick Riordan liebe ich Geschichten über griechische Mythologie über alles und auch Kira Licht hat es meisterhaft geschafft, die vielseitige, spannende Grundlage auf neue Art in Szene zu ...

Spätestens seit Rick Riordan liebe ich Geschichten über griechische Mythologie über alles und auch Kira Licht hat es meisterhaft geschafft, die vielseitige, spannende Grundlage auf neue Art in Szene zu setzen und in einer rasanten, humorvollen, spritzigen Geschichte zu verarbeiten. Nachdem der erste Band ihrer Götter-Dilogie, "Gold und Schatten", mit einem miesen Cliffhanger geendet hatte, war ich sehr gespannt, wie es mit Livia, Maél und den anderen weitergeht. "Staub und Flammen", was zugleich Fortsetzung und Finale ist, ist in mancher Hinsicht gelungener als der Auftakt, in anderen Aspekten jedoch schwächer, weshalb ich zufrieden mit dem Ausgang bin, aber nicht das Jahreshighlight bekommen habe, auf das ich gehofft hatte.


„Warum er? Ich wäre eine ebenbürtige Alternative."
Wir sind Feuer und Feuer, Enko. Das mit uns würde niemals gutgehen.“
„Ja, klar. Und du und Maél seid ein Traumpaar?“
Ich sah ihn fest an. „Wir sind Licht und Schatten. Wir existieren nicht ohne einander.“


Schon die Gestaltung ist wieder traumhaft und bringt mich als absoluten Cover-Kritiker immer wieder zum Schwärmen. Nicht nur dass die Glanzoptik der goldenen Lichtpunkte einen wundervollen Kontrapunkt zu den marmorierten Schatten bieten und die ganze Gestaltung dynamisch machen - die starken Kontraste zwischen hellem, weichen Gold und dunklen, schwarzen Schatten passen auch wunderbar zum Thema. Der sanfte Anriss eines Mädchens mit blonden Haaren gibt nur eine zarte Idee von der Protagonistin Livia und nimmt nicht zu viel vorweg. Zusammen mit dem Titel, der durch einen gegensätzlichen Farbverlauf hervorgehoben wird und dem dunklen Lesebändchen wird das Buch zu einem Gesamtkunstwerk. Auffällig am Innenleben dieser Schönheit ist, dass die Seiten sehr dünn sind und die 624 Seiten deshalb optisch eher wie höchstens 400 erscheinen. Entgegen wirken diesem Effekt während dem Lesen die sehr langen Kapitel, die sich mit gut und gerne mal 50 Seiten für Kapitelleser ziehen. Eine kleine positive Überraschung hat das Buch noch auf den letzten Seiten parat. Hier sind nämlich ausführliche Rezepte zu den in der Geschichte vorkommenden Speisen enthalten.


Erster Satz: "Über Nacht war es Herbst geworden."


Da "Gold und Schatten" mit einer dramatischen Kampfszene und einem miesen Cliffhanger geendet hatte, dachte ich eigentlich, dass "Staub und Flammen" gleich zu Beginn große Geschütze auffahren und wir gleich mit der Rettung von Maél einsteigen würden. Stattdessen lesen wir im gesamten ersten Drittel erstmal von Livias Alltagsleben, von einer neuen Schülerin mit fragwürdigem Interesse an ihr und ihrer eingeweihten Freundesclique, von Flirtereien mit Maéls Bruder Enko, von ihrer Trauer, die sie von der Schule ablenkt und ein paar neu auftauchenden Fähigkeiten... Auch wenn die ersten Kapitel ganz nett sind, um wieder in der Geschichte anzukommen, hat mir der gemächliche Start doch ein bisschen zu lang gebraucht um wieder in Gang zu kommen. Besonders Livias zwiespältigen Gefühle gegenüber Enko haben meiner Meinung nach nicht ganz zur Handlung gepasst und den Beginn deutlich ausgebremst, sodass ich fast froh war, dass er bald relativ plötzlich und ziemlich nachhaltig von der Bildfläche verschwand - schade, denn er ist ein wirklich interessanter Charakter, über den ich gerne noch mehr gelesen hätte.

Selbst nachdem die Geschichte durch neue Erkenntnisse endlich Fahrt aufnimmt, fehlte mir das gewisse anziehende Etwas, das Band 1 zu einem Pageturner hat werden lassen. Uralte Götter, gefährliche Relikte, ausgestorbene Tierarten, überraschende Wendungen, neu erwachende Kräfte, neue Protagonisten, schöne Wiedersehen und eine herannahende Apokalypse - diese Geschichte hat mal wieder einiges zu bieten. Doch leider werden viele auftauchende Probleme einfach und im Handumdrehen gelöst, was trotz der vielen Ereignisse immer wieder Spannung heraus nimmt. An anderen Stellen waren die Protagonisten dann aber wiederum so begriffsstutzig, dass sie für eine Schlussfolgerung, die dem Leser schon nach wenigen Anspielungen sofort klar ist, Ewigkeiten brauchen. Das verzögert den Verlauf der Geschichte unnötiger Weise und kratzt auch an der Glaubwürdigkeit der "verrückten Gang" bestehend aus Göttern, Halbgöttern, Nymphen und Menschen. alles, was sich dem Leser ziemlich schnell nach einer Andeutung erschließt, wird von den Protagonisten ewig herumgewälzt. Dass es etwas unrealistisch ist, dass die Eltern der kleinen Weltenretter nie etwas von dem Treiben ihrer Kinder mitbekommen zu scheinen ist ja ein altbekanntes YA-Problem. Insgesamt waren mir trotz der vielen tollen Ideen und des flotten Erzähltempos viele Wendungen zu vorhersehbar und an einigen Stellen hätte ein bisschen mehr Dramatik, Action oder Gefühl die dahinplätschernde Handlung aufpeppen können. Spannende Geschehnisse, süße Machart, nette Charaktere, originelle Ideen - ja, das hat die Geschichte alles, aber mir hat trotzdem ein bisschen das Mitreißende gefehlt.


"Warum er?", stieß er dann heißer hervor. "Warum ausgerechnet er?"
"Ich liebe ihn."
"Aber warum?" Er wischte sich die letzten Hautfetzen vom Kinn. Dann war er wieder der makellos schöne Halbgott, den alle so anbeteten.
"Liebe kann man nicht erklären. Es ist ein Gefühl, das entweder da ist oder eben nicht."


Die Idee, dass die Götter aus Langeweile ihren Hauptsitz alle paar Jahrhunderte von einer Großstadt zur nächsten verlegen und zur Zeit alle in Paris wohnen, hat mir schon im ersten Teil gut gefallen da wir diese sowieso magische Stadt auf diese Weise in einem ganz besonderen Licht dargestellt bekommen. Zusammen mit Livia und Maél besuchten wir die berühmten Sehenswürdigkeiten der Stadt, schlenderten durch die romantischen Parks und über die weitläufigen Plätze, saßen in süßen Cafés und erkundeten Museen, lernten die Katakomben näher kennen und machten Ausflüge in heruntergekommenere Distrikte der Stadt. Leider rückt das spannende, funkelnde, facettenreiche Setting in Paris in diesem Teil stark in den Hintergrund und bis auf den Showdown am Eifelturm und zwei kurzen Ausflügen zur Seine, wird die Stadt hier nicht mehr so geschickt in Szene gesetzt wie in Band 1.


"Das alles sieht nach einem Plan aus, der über die Jahrhunderte hinweg sorgfältig gesponnen wurde. Ich bin mir sicher, wir haben bisher nur Bruchstücke davon durchschaut. Eines jedoch ich klar: Die Moiren sind mächtige alte Göttinnen. Dass sie ausgerechnet dich im Blick haben, ist mehr als mysteriös. Es scheint ja doch so, als würden viele zufällige Ereignisse genau in einem Punkt münden." Er sah zu mir. "Und dieser Punkt bist du."



Dafür rückt die mythologische Fantasy-Komponente mehr in den Vordergrund. Schon in "Gold und Schatten" haben wir Götter wie den Strass-liebenden, immer gestressten Götterboten Hermes kennengelernt, welcher als Chef einer PR-Agentur neben seiner Aufgabe als Pate für verschiedene Halbgötter und als ewiger Streitschlichter zwischen den Göttern viel um die Ohren hat und mehr über den Gott der Schmiede Hephaistos erfahren, welcher sich einen magischen Garten aus Metall geschmiedet hat, sich aber nach lebendigen Weggefährten sehnt. Auch hier spielen die Beiden wieder eine wichtige Rolle und auch auf ein Wiedersehen mit dem Gott der Unterwelt, Hades, höchst persönlich, welcher auf ambivalente Art und Weise einen perfekten Antihelden darstellt, können wir uns freuen. Wichtige Sagengestalten, singende und kämpfende Sternenbilder, verzauberte Skelette, gutherzige Flussmonster und eine Menge prähistorischer Haustiere dürfen natürlich auch wieder nicht fehlen. So entsteigt dem romantischen Setting eine prickelnde Mischung aus Sagen der Antike und Urban Romantasy.


„Die Liebe ist nur eine Leihgabe, Livia. Sie wird uns genommen. Durch das Schicksal, durch Hände anderer, durch den Tod."


Wirklich an erster Stelle stehen jedoch nicht die mythologischen Wesen sondern vor allem die Freundschaft und Verbundenheit der ungewöhnlichen Formation, die sich im Laufe der Handlung findet und die zusammen allen Widrigkeiten trotzt. Dafür wird die göttliche, verrückte Gang, die wir schon im ersten Teil kennen und lieben gelernt haben, um ein paar Neuzugänge erweitert. Neben den bereits genannten Göttern sind ja bereits der unsterbliche Ödipus (ehemals bekannt als der prophezeiende Penner vom Straßenrand), Livias beiden Freundinnen Gigi und Jemma und Enkos ebenfalls menschlicher Bandkollege Noah mit im Boot. Neu dazu kommen hier der Flussgott Nereus, der mithilfe von kleinen Wasserdrachen eine chinesische Reinigung betreibt, sein wasserliebende und schwimmwütige Sohn, der Halbgott Selkes und die rosaliebende Hadestochter Tiffy, die mich mit weiteren antiken Insekten in Verzückung versetzt hat. Ihre leuchtenden Sternenmäuse komplettieren zusammen mit Livias Syllektis Evangéline die "verrückte Gang". Zwei Götter, drei Halbgötter, eine Nymphe, ein unsterblicher Sterblicher, drei Menschen und fünf ausgestorbene Rieseninsekten - was klingt wie der Beginn eines schlechten Witzes, ist eine sehr liebenswürdige und fähige Einheit, die bald als einziges zwischen der Erde und einem rachesüchtigen, mächtigen Urgott steht...


“Na gut.“ Ich seufzte. „Aber nichts Illegales, nichts Perverses und nichts mit Hühnern. Ich habe panische Angst vor Hühnern, seit mir als Kind mal eins seien Schnabel in die Wage gerammt hat.“ „Das klingt, als wäre ich ein Vodoopriester. Herzlichen Dank für dein Vertrauen, Nymphe."


Durch den Fokus auf die Gruppe und die Einführung so vieler Protagonisten rücken Livia, Maél und ihre Liebesgeschichte leider ein wenig in den Hintergrund. Livia Estelle McKenzie ist eine wundervolle Protagonistin und mit ihrer selbstbewussten, schlagfertigen, zielstrebigen Art, ihrem skurrilen Kleidungsstil und ihrem kurvigen Körper definitiv nicht auswechselbar. Auch wenn es mir die meiste Zeit recht seltsam erschien, dass sie erst sechzehn Jahre alt sein sollte und sie sich manchmal etwas übereifrig und naiv verhielt, ist sie mir sehr ans Herz gewachsen. Etwas schade fand ich, dass sie keine Zeit erhält, sich nennenswert weiterzuentwickeln und die Autorin sie stattdessen zu einer "noch besondereren Schneeflocke" macht. Dass die sowieso schon auserwählte Protagonisten und letzte Nymphe hier noch neue Fähigkeiten und Macht entdeckt, scheint wie ein Trostpflaster für die verpasste Entwicklung und war meiner Meinung nach nicht notwendig. Dadurch dass Maél hier erstmal lange Zeit verschwunden bleibt, tritt ihre wacklige Beziehung ziemlich in den Hintergrund. Dass diese nach seinem Auftauchen einfach weiter geht, als wäre nichts geschehen und als wären sie schon seit Ewigkeiten ein Paar empfand ich als etwas seltsam. Wer mir da definitiv über diese holprige Phase hinweggeholfen hat, ist die kleine Evangéline. Die flauschige Riesenmotte bekommt von mir definitiv einen Preis als "Buchhaustier des Jahres"!


"Ich lächelte. Es sind definitiv keine Feuer." Ich hob die Hand und streichelte seine Wange entlang. "Es ist der Nachthimmel, Maél. Deine Heimat. Ein Meer aus Dunkelblau und tausend düsteren Farben. Es ist wunderschön."



Zum Leben erweckt wird diese wundersame Mischung aber erst durch Kira Lichts spritzigen, erfrischend humorvollen und lockeren Schreibstil. Sie zieht ihre Geschichte rasant auf und sorgt durch schlagfertige Dialoge, kreative Ideen, skurrile Begegnungen und leise Romantik dafür, dass es während der 624 Seiten trotz der genannten Schnitzer im Handlungsaufbau niemals langweilig wird. Durch ihren einmaligen Humor, der mich ein wenig an Jennifer L. Armentrout in ihren besten Jahren erinnert hat, bringt sie immer wieder ein wenig Schwung in die Geschichte und hat mich ein ums andere Mal zum Lachen gebracht. Dabei scheint eine leise Ironie die Darstellung der mythologischen Welt zu durchziehen. So liegen die Eingänge des Tartaros in den Rutschen von McDonald´s Filialen, die drei Schicksalsgöttinnen tauchen als drei brummige Cateringsangestellte auf, Ödipus ist ein ungeschlagener Fernseh-Quiz-König und süchtig nach Hühnersuppe und Nereus macht ganz mieses Creme Brûlée aus Meeresdrachenmilch. Immer wenn ich sehe, dass eine bestimmte Mythologie der Ausgangspunkt einer Geschichte ist, mache ich mir Sorgen, dass sich die Geschichte zu sehr auf die historischen Vorlagen verlässt, andere Romane zu sehr nacheifert und dabei eine eigene Note vergisst. Das passiert der Autorin hier jedoch keineswegs und mit viel Einfallsreichtum und Kreativität wird ein ganz besonderes Lesegefühl hervorgerufen.


"Bei allen Göttern, was bist du eigentlich? Zwölf oder was?"
"Auf einer Skala von eins bis zehn auf jeden Fall."


Das Ende wartet mit einem spannenden Showdown inklusive Fast-Weltuntergang, göttlicher Schlacht und Besuch auf dem Olymp auf, bevor jeder Protagonist sein Happy End erhält. Und mit "jeder" meine ich auch wirklich jeder! Auch wenn mir das Ende gut gefallen hat, war es fast schon zu perfekt und reibungslos, sodass ich beim Lächeln auch ein wenig mit den Zähnen knirschen musste. Was bleibt also nach diesem Finale? Eine rasante, humorvolle, spritzige Geschichte mit vielseitigem Setting, schlagfertigen Dialogen, kreativen Ideen, skurrilen Begegnungen und leiser Romantik. Eine prickelnde Mischung aus Sagen der Antike und Urban Romantasy, welche sich zwar ein paar Schnitzer erlaubt, aber dennoch empfehlenswert für Fantasy-Fans ist!



Fazit:

Mit dem erhöhten Fokus auf dem Fantasy-Anteil, den vielen spannenden Nebenprotagonisten, die die wohl verrückteste aber auch liebenswürdigste Gang bilden, die es in der Geschichte der griechischen Mythologie jemals gab und der temporeichen, vielfältigen Handlung ist diese Fortsetzung definitiv epischer als der erste Teil und ein würdiges Ende. Leider leiden aber die Umsetzung des Settings, die Entwicklung der beiden Hauptprotagonisten und die Liebesgeschichte unter dem neu gesetzten Fokus, sodass auch dieses Finale mich nicht zu 100% überzeugen konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2020

Eine perfekte Sommerlektüre für Zwischendurch!

Mein Herz in deinen Händen
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"Dein Herz in meinen Händen" ist der erste Teil der neuen Return-to-me-Reihe von Corinne Michaels, deren Liebesromane nun zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt wurden. Auch wenn ich lieber New Adult lese ...

"Dein Herz in meinen Händen" ist der erste Teil der neuen Return-to-me-Reihe von Corinne Michaels, deren Liebesromane nun zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt wurden. Auch wenn ich lieber New Adult lese als Liebesromane, in denen die Protagonisten schon über 30 sind, hat mir diese berührende, emotionale Geschichte sehr gut gefallen!


"Mein Herz kann den Schmerz nicht länger festhalten, während ich dahinfliege. Plötzlich bin ich an einem Ort, an dem es keine Traurigkeit mehr gibt. Der Tod verfolgt nicht länger meine Gedanken, da ist nichts als Luft. Das Ringen um Atem hört auf. Ich bin frei, einfach nur frei."


Das Cover passt wunderbar zum ländlichen, heißen Setting in der Kleinstadt Bell Buckle (welches es übrigens wirklich gibt) im US-Staat Tennessee. Die mit orange-roter Wasserfarbe gemalten Blätter, der sanfte Farbverlauf in der Mitte und die angedeutete Landschaft ergeben zusammen mit dem großen Titel ein rundes Gesamtbild, das von weiten Flächen, heißen Mittagen und verschlafenen Kleinstädten erzählt. Auch wenn der Titel "Mein Herz in deinen Händen" eher nichtssagend ist, passt er alles in allem recht gut zur Geschichte.


Erster Satz: "Warum gehst du nicht nach Hause, Presley?"


Das fragt sie Presleys beste Freundin Angie, mit der zusammen sie sich den Traum eines Cupcake-Ladens in Media, Pennsylvania, erfüllt hat. Doch als sie dann tatsächlich zu Hause ankommt, zerbricht ihr gemütliches, glückliches Leben in tausend Stücke: sie findet ihren Mann Todd erhängt im Badezimmer. Trotz der Triggerwarnung des Verlags, kommt der tragische, harte Beginn sehr überraschend. Zusammen mit Presley fragen wir uns "Warum nur?", doch als Presley mit Todds Chef und der Bank telefoniert, wird ihr bald klar, dass ihr Leben doch nicht so sorglos und glücklich war, wie sie dachte. Todd war schon eine Weile arbeitslos, die beiden haben hohe Schulden, können die Hypothek für das gemeinsame Haus nicht bezahlen und jetzt wird auch die Lebensversicherung aufgrund des Selbstmords nicht ausbezahlt - kurz, Presley und ihre beiden Söhne Cayden und Logan sind am Ende. Es ist gar nicht leicht, die Protagonistin in dieser schrecklichen Ausnahmesituation kennenzulernen und in die Geschichte einzufinden, zum Glück geht es danach ein wenig gemütlicher und weniger intensiv weiter, als Presley mit ihren beiden Söhnen in ihre alte Heimat auf die Ranch ihrer Eltern nach Tennessee zieht und das, obwohl sie sich geschworen hat, nie mehr dorthin zurückzukehren. Denn dort warten neben der großen Aufgabe, das Geschehene zu verkraften und ihre Gefühle zu verarbeiten ebenfalls noch einige Geister der Vergangenheit, denn auch ihre große Jugendliebe Zach ist wieder zurück...


"Hör mal, das Leben ist ein Glücksspiel. Du hast gespielt und verloren. Aber das macht dich nicht zum ewigen Verlierer. Es bedeutet nur, dass die Karten neu gemischt werden."



Nach dem erdrückenden Beginn setzt die Autorin geschickt immer wieder Zeitsprünge von mehreren Monaten ein, um Presleys Trauerzeit zu raffen und die Liebesgeschichte einzuleiten, die trotz des tragischen Beginns schließlich erzählt werden soll. Das ist zum Einen natürlich ein notwendiges Mittel, um in der Geschichte voranzukommen, zum Anderen ist es aber schade, dass wir viele wichtige Entwicklungsschritte verpassen, Zachs und Presleys Geschichte nur durch spärliche Rückblenden erzählt bekommen und zu Beginn ihres Wiedersehens alles sehr schnell zu gehen scheint. Auf der einen Seite ist sie noch zu Tode betrübt und vollkommen zerstört, auf der nächsten wird ihr auch schon klar, dass sie Zach immer geliebt hat und schwärmt dem Leser von seinen blauen Augen vor. Hier hätte es der Glaubwürdigkeit der Geschichte gut getan, wenn auch der Leser die vergangene Zeit und die durchgemachte Trauerbewältigung besser zu spüren bekommen und die Autorin ein wenig Tempo rausgenommen und mit ihrem Wiedersehen noch ein wenig gewartet hätte.


"Halt mich einfach fest", bitte ich. Und er tut es. Er hält mich fest. Er hält mich sicher. Er hält mich so, wie ich lange nicht mehr gehalten worden bin. (…) Jetzt gerade, in diesem Moment, fühle ich mich aufgefangen und bin vielleicht in der Lage, auf eigenen Füßen zu stehen. In seinen Armen kann ich kämpfen."


Vor allem da im Mittelteil dann wiederum Längen auftauchen und es kaum handfeste Handlung gibt. Auch wenn man das aufgrund der Situation nachfühlen kann, ist es für den Leser sehr frustrierend, dass Presley und Zach seitenlang umeinander herumtanzen, immer wieder dieselben Probleme auftauchen, dass immer wieder dasselbe Streitgespräch geführt wird und sie einfach nicht vom Fleck kommen. Ich denke es erschließt sich jedem Leser, warum sich Presley nicht sofort in das nächste amouröse Abenteuer stürzt, doch dass wir uns über mehrere hundert Seiten im Kreis drehen, viele ähnliche Szenen lesen und doch eigentlich genau wissen, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, ist der Spannung nicht gerade zuträglich. Insgesamt hätte der Roman also eine deutlich bessere Figur gemacht, wenn sich die Autorin zu Beginn ein wenig mehr Zeit genommen hätte, während im Mittelteil auch 100 Seiten weniger ausreichend gewesen wären.


"Ich spüre die Musik. Ich spüre seinen Puls unter meinen Händen, aber vor allem spüre ich uns. Wir sind in diesem Moment die Musik. Er ist der Rhythmus, nach dem ich tanze. Und unsere Musik ist eine wunderschöne Sinfonie."


Schön ist, dass die entstehenden Leerstellen im zweiten Drittel durch viele tolle Nebenfiguren gefüllt werden. Sei es Presleys grummeliger aber herzensguter Bruder Cooper, der ihr nicht verziehen hat, dass sie damals einfach abgehauen ist und nicht mehr zurückgeblickt hat; ihre Eltern, die sich einfach freuen, dass sie wieder da ist und dass sie ihre Enkelkinder aufwachsen sehen; ihre Söhne Cayden und Logan, die sich in einer vollkommen neuen Umgebung zurecht finden müssen; oder ihre High School Freundin Grace, die sie damals ebenfalls aus den Augen verloren hat - Presley hat viel aufzuholen und wie sie vom ganzen Dorf mit offenen Armen empfangen wird, ist wirklich wunderbar. Nur Zachs Exfreundin Felicia scheint ein lebendiges Klischee zu sein und erhält viel zu wenig Tiefe um bei einem ihrer Auftritte mehr als ein genervtes Augenrollen zu ernten. Allgemein ist die Kleinstadt-Idylle ein sehr angenehmes Setting für diese Geschichte. Farm-Arbeit, Pferde, Ausritte, Dorfkneipen, Viehtrieb und sternenklare Nächte im Zelt - die verklärte Südstaatenromantik macht diesen Roman zur perfekten Sommerlektüre. Meine besonderen Lieblinge waren jedoch die Hennigton-Brüder Wyatt, Trent und natürlich Zach, denen jeweils ein Band der Return-to-me-Reihe gewidmet ist. Der charmante, witzige Frauenheld Wyatt, der seit Kindertagen in Presley verliebt ist und als Vorarbeiter auf der Townsend-Farm arbeitet trifft im zweiten Teil auf Presleys Freundin aus der Großstadt Angie während der dritte Teil sich um Graces und Trents ständige On-Off-Beziehung dreht.


"Ich lächle nur halb so viel, wenn er nicht da ist. Es ist, als würde Zach das Gewicht der gesamten Welt von meinen Schultern nehmen. Vielleicht ist es genau das, was Glück ausmacht. Befreit zu werden."


Obwohl wir all diese Nebenfiguren mit ihren Problemen und Hoffnungen hier schon kennenlernen und die Autorin so nebenbei den Grundstein für die weiteren zwei Bände legt, ist dieser Roman doch ganz Zach und Presley gewidmet. Zu Presley konnte ich trotz unseres Altersunterschieds durch all das Leid, das wir gemeinsam mit ihr erleiden müssen, schnell eine Beziehung aufbauen, bei Zach hat das eine Weile gedauert, vor allem auch weil mir die Autorin mit Kapiteln aus seiner Sicht ein bisschen zu sehr gegeizt hat. Alles in allem ist mir die Liebesgeschichte der Beiden aber sehr ans Herz gegangen, was auch vor allem am Schreibstil der Autorin liegt. Sie schreibt sehr süß, voller Gefühl und nimmt sich außergewöhnlich viel Zeit für eine ausführliche Beschreibung von Emotionen und Gedanken ihrer Protagonisten. Das ist definitiv mal was anderes als die immergleichen sarkastischen Gespräche oder sexualisierten Gedanken, mit denen wir sonst in Liebesgeschichten konfrontieret werden, leider wirken aber manche ihrer Sätze etwas überzogen und abgedroschen, sodass ich an kitschige Kalendersprüche erinnert wurde. Über diesen schmalen Grat zwischen Kitsch und Gefühl, Intensität und Unglaubwürdigkeit, schönen Liebesschwüren und abgedroschenen Phrasen könnte aber auch die Übersetzung entschieden haben (wobei ich Michaela Link eigentlich für ihre unglaublich gute Übersetzung von unter anderem "Eragon" und "Throne of Glass" feiere).


"Wenn ich nachts die Augen schließe, sehe ich keine Stadtlichter mehr. Ich sehe Sterne. Ich sehe blaue Augen, Glühwürmchen und ländliche Hügel. Mein Herz ist hier."


Das Ende wartet dann nochmal mit einer (in meinen Augen etwas unnötigen) Krise auf, bevor die Protagonisten ihr wohlverdientes Happy End erhalten, nach dem ich nicht zu 100% überzeugt aber auf jeden Fall neugierig auf die nächsten Geschichte zurückbleibe.



Fazit:


Trotz dass der Aufbau nicht ganz astrein war und der Schreibstil zwischen wunderschön emotional und abgedroschen kitschig schwankt, hat mir diese berührende, gefühlvolle Geschichte sehr gut gefallen! Ein tolles Südstaatensetting, liebenswürdige Nebenfiguren und eine Liebespaar, über dessen Geschichte man Lieder schreiben könnte - eine perfekte Sommerlektüre für Zwischendurch!

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.04.2020

Eine perfekte Sommerlektüre für Zwischendurch!

Mein Herz in deinen Händen
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"Dein Herz in meinen Händen" ist der erste Teil der neuen Return-to-me-Reihe von Corinne Michaels, deren Liebesromane nun zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt wurden. Auch wenn ich lieber New Adult lese ...

"Dein Herz in meinen Händen" ist der erste Teil der neuen Return-to-me-Reihe von Corinne Michaels, deren Liebesromane nun zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt wurden. Auch wenn ich lieber New Adult lese als Liebesromane, in denen die Protagonisten schon über 30 sind, hat mir diese berührende, emotionale Geschichte sehr gut gefallen!


"Mein Herz kann den Schmerz nicht länger festhalten, während ich dahinfliege. Plötzlich bin ich an einem Ort, an dem es keine Traurigkeit mehr gibt. Der Tod verfolgt nicht länger meine Gedanken, da ist nichts als Luft. Das Ringen um Atem hört auf. Ich bin frei, einfach nur frei."


Das Cover passt wunderbar zum ländlichen, heißen Setting in der Kleinstadt Bell Buckle (welches es übrigens wirklich gibt) im US-Staat Tennessee. Die mit orange-roter Wasserfarbe gemalten Blätter, der sanfte Farbverlauf in der Mitte und die angedeutete Landschaft ergeben zusammen mit dem großen Titel ein rundes Gesamtbild, das von weiten Flächen, heißen Mittagen und verschlafenen Kleinstädten erzählt. Auch wenn der Titel "Mein Herz in deinen Händen" eher nichtssagend ist, passt er alles in allem recht gut zur Geschichte.


Erster Satz: "Warum gehst du nicht nach Hause, Presley?"


Das fragt sie Presleys beste Freundin Angie, mit der zusammen sie sich den Traum eines Cupcake-Ladens in Media, Pennsylvania, erfüllt hat. Doch als sie dann tatsächlich zu Hause ankommt, zerbricht ihr gemütliches, glückliches Leben in tausend Stücke: sie findet ihren Mann Todd erhängt im Badezimmer. Trotz der Triggerwarnung des Verlags, kommt der tragische, harte Beginn sehr überraschend. Zusammen mit Presley fragen wir uns "Warum nur?", doch als Presley mit Todds Chef und der Bank telefoniert, wird ihr bald klar, dass ihr Leben doch nicht so sorglos und glücklich war, wie sie dachte. Todd war schon eine Weile arbeitslos, die beiden haben hohe Schulden, können die Hypothek für das gemeinsame Haus nicht bezahlen und jetzt wird auch die Lebensversicherung aufgrund des Selbstmords nicht ausbezahlt - kurz, Presley und ihre beiden Söhne Cayden und Logan sind am Ende. Es ist gar nicht leicht, die Protagonistin in dieser schrecklichen Ausnahmesituation kennenzulernen und in die Geschichte einzufinden, zum Glück geht es danach ein wenig gemütlicher und weniger intensiv weiter, als Presley mit ihren beiden Söhnen in ihre alte Heimat auf die Ranch ihrer Eltern nach Tennessee zieht und das, obwohl sie sich geschworen hat, nie mehr dorthin zurückzukehren. Denn dort warten neben der großen Aufgabe, das Geschehene zu verkraften und ihre Gefühle zu verarbeiten ebenfalls noch einige Geister der Vergangenheit, denn auch ihre große Jugendliebe Zach ist wieder zurück...


"Hör mal, das Leben ist ein Glücksspiel. Du hast gespielt und verloren. Aber das macht dich nicht zum ewigen Verlierer. Es bedeutet nur, dass die Karten neu gemischt werden."



Nach dem erdrückenden Beginn setzt die Autorin geschickt immer wieder Zeitsprünge von mehreren Monaten ein, um Presleys Trauerzeit zu raffen und die Liebesgeschichte einzuleiten, die trotz des tragischen Beginns schließlich erzählt werden soll. Das ist zum Einen natürlich ein notwendiges Mittel, um in der Geschichte voranzukommen, zum Anderen ist es aber schade, dass wir viele wichtige Entwicklungsschritte verpassen, Zachs und Presleys Geschichte nur durch spärliche Rückblenden erzählt bekommen und zu Beginn ihres Wiedersehens alles sehr schnell zu gehen scheint. Auf der einen Seite ist sie noch zu Tode betrübt und vollkommen zerstört, auf der nächsten wird ihr auch schon klar, dass sie Zach immer geliebt hat und schwärmt dem Leser von seinen blauen Augen vor. Hier hätte es der Glaubwürdigkeit der Geschichte gut getan, wenn auch der Leser die vergangene Zeit und die durchgemachte Trauerbewältigung besser zu spüren bekommen und die Autorin ein wenig Tempo rausgenommen und mit ihrem Wiedersehen noch ein wenig gewartet hätte.


"Halt mich einfach fest", bitte ich. Und er tut es. Er hält mich fest. Er hält mich sicher. Er hält mich so, wie ich lange nicht mehr gehalten worden bin. (…) Jetzt gerade, in diesem Moment, fühle ich mich aufgefangen und bin vielleicht in der Lage, auf eigenen Füßen zu stehen. In seinen Armen kann ich kämpfen."


Vor allem da im Mittelteil dann wiederum Längen auftauchen und es kaum handfeste Handlung gibt. Auch wenn man das aufgrund der Situation nachfühlen kann, ist es für den Leser sehr frustrierend, dass Presley und Zach seitenlang umeinander herumtanzen, immer wieder dieselben Probleme auftauchen, dass immer wieder dasselbe Streitgespräch geführt wird und sie einfach nicht vom Fleck kommen. Ich denke es erschließt sich jedem Leser, warum sich Presley nicht sofort in das nächste amouröse Abenteuer stürzt, doch dass wir uns über mehrere hundert Seiten im Kreis drehen, viele ähnliche Szenen lesen und doch eigentlich genau wissen, worauf die Geschichte hinauslaufen wird, ist der Spannung nicht gerade zuträglich. Insgesamt hätte der Roman also eine deutlich bessere Figur gemacht, wenn sich die Autorin zu Beginn ein wenig mehr Zeit genommen hätte, während im Mittelteil auch 100 Seiten weniger ausreichend gewesen wären.


"Ich spüre die Musik. Ich spüre seinen Puls unter meinen Händen, aber vor allem spüre ich uns. Wir sind in diesem Moment die Musik. Er ist der Rhythmus, nach dem ich tanze. Und unsere Musik ist eine wunderschöne Sinfonie."


Schön ist, dass die entstehenden Leerstellen im zweiten Drittel durch viele tolle Nebenfiguren gefüllt werden. Sei es Presleys grummeliger aber herzensguter Bruder Cooper, der ihr nicht verziehen hat, dass sie damals einfach abgehauen ist und nicht mehr zurückgeblickt hat; ihre Eltern, die sich einfach freuen, dass sie wieder da ist und dass sie ihre Enkelkinder aufwachsen sehen; ihre Söhne Cayden und Logan, die sich in einer vollkommen neuen Umgebung zurecht finden müssen; oder ihre High School Freundin Grace, die sie damals ebenfalls aus den Augen verloren hat - Presley hat viel aufzuholen und wie sie vom ganzen Dorf mit offenen Armen empfangen wird, ist wirklich wunderbar. Nur Zachs Exfreundin Felicia scheint ein lebendiges Klischee zu sein und erhält viel zu wenig Tiefe um bei einem ihrer Auftritte mehr als ein genervtes Augenrollen zu ernten. Allgemein ist die Kleinstadt-Idylle ein sehr angenehmes Setting für diese Geschichte. Farm-Arbeit, Pferde, Ausritte, Dorfkneipen, Viehtrieb und sternenklare Nächte im Zelt - die verklärte Südstaatenromantik macht diesen Roman zur perfekten Sommerlektüre. Meine besonderen Lieblinge waren jedoch die Hennigton-Brüder Wyatt, Trent und natürlich Zach, denen jeweils ein Band der Return-to-me-Reihe gewidmet ist. Der charmante, witzige Frauenheld Wyatt, der seit Kindertagen in Presley verliebt ist und als Vorarbeiter auf der Townsend-Farm arbeitet trifft im zweiten Teil auf Presleys Freundin aus der Großstadt Angie während der dritte Teil sich um Graces und Trents ständige On-Off-Beziehung dreht.


"Ich lächle nur halb so viel, wenn er nicht da ist. Es ist, als würde Zach das Gewicht der gesamten Welt von meinen Schultern nehmen. Vielleicht ist es genau das, was Glück ausmacht. Befreit zu werden."


Obwohl wir all diese Nebenfiguren mit ihren Problemen und Hoffnungen hier schon kennenlernen und die Autorin so nebenbei den Grundstein für die weiteren zwei Bände legt, ist dieser Roman doch ganz Zach und Presley gewidmet. Zu Presley konnte ich trotz unseres Altersunterschieds durch all das Leid, das wir gemeinsam mit ihr erleiden müssen, schnell eine Beziehung aufbauen, bei Zach hat das eine Weile gedauert, vor allem auch weil mir die Autorin mit Kapiteln aus seiner Sicht ein bisschen zu sehr gegeizt hat. Alles in allem ist mir die Liebesgeschichte der Beiden aber sehr ans Herz gegangen, was auch vor allem am Schreibstil der Autorin liegt. Sie schreibt sehr süß, voller Gefühl und nimmt sich außergewöhnlich viel Zeit für eine ausführliche Beschreibung von Emotionen und Gedanken ihrer Protagonisten. Das ist definitiv mal was anderes als die immergleichen sarkastischen Gespräche oder sexualisierten Gedanken, mit denen wir sonst in Liebesgeschichten konfrontieret werden, leider wirken aber manche ihrer Sätze etwas überzogen und abgedroschen, sodass ich an kitschige Kalendersprüche erinnert wurde. Über diesen schmalen Grat zwischen Kitsch und Gefühl, Intensität und Unglaubwürdigkeit, schönen Liebesschwüren und abgedroschenen Phrasen könnte aber auch die Übersetzung entschieden haben (wobei ich Michaela Link eigentlich für ihre unglaublich gute Übersetzung von unter anderem "Eragon" und "Throne of Glass" feiere).


"Wenn ich nachts die Augen schließe, sehe ich keine Stadtlichter mehr. Ich sehe Sterne. Ich sehe blaue Augen, Glühwürmchen und ländliche Hügel. Mein Herz ist hier."


Das Ende wartet dann nochmal mit einer (in meinen Augen etwas unnötigen) Krise auf, bevor die Protagonisten ihr wohlverdientes Happy End erhalten, nach dem ich nicht zu 100% überzeugt aber auf jeden Fall neugierig auf die nächsten Geschichte zurückbleibe.



Fazit:


Trotz dass der Aufbau nicht ganz astrein war und der Schreibstil zwischen wunderschön emotional und abgedroschen kitschig schwankt, hat mir diese berührende, gefühlvolle Geschichte sehr gut gefallen! Ein tolles Südstaatensetting, liebenswürdige Nebenfiguren und eine Liebespaar, über dessen Geschichte man Lieder schreiben könnte - eine perfekte Sommerlektüre für Zwischendurch!

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Veröffentlicht am 28.03.2020

Ein gemütliches Wohlfühlbuch, das trotz ein paar Schwächen als Reihenabschluss überzeugt!

Liebe mich. Für immer (Finde-mich-Reihe 3)
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Nachdem ich in "Halte mich. Hier" Maliks und Zeldas Liebesgeschichte mit viel Freude verfolgt habe, musste ich natürlich auch Sams und Amys Geschichte lesen, die wir in Band 2 auch schon kennenlernen. ...

Nachdem ich in "Halte mich. Hier" Maliks und Zeldas Liebesgeschichte mit viel Freude verfolgt habe, musste ich natürlich auch Sams und Amys Geschichte lesen, die wir in Band 2 auch schon kennenlernen. Trotz dass ich mit einer falschen Reihenfolge an die Reihe herangegangen bin, konnte mich auch dieser Band 3 überzeugen, sodass ich mir fest vorgenommen habe, den ersten Teil über Rhys und Tamsin auch noch folgen zu lassen. Da hier in jedem Band der Trilogie die Geschichte eines anderen Pärchens erzählt wird, ist meine falsche Reihenfolge kein Drama, schön wäre aber natürlich trotzdem gewesen, ich hätte ganz regulär mit dem Auftakt angefangen
Diese Machart der New Adult-Reihe ist ja nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal, besonders ist an dieser Reihe jedoch, dass es in allen drei Fällen in erster Linie um einen Neuanfang und die heilende Kraft der Liebe geht, die sich über alle Unterschiede und Hindernisse hinwegsetzt. Passend dazu trägt die Reihe auch den Klangvollen Beinamen "Believe in Seconds Chances".


"Für mich war es das Einfachste auf der Welt, verheiratet zu sein", sagte er. Dann bringt er seinen Läufer in Position. "Man darf nun nicht aufhören, sich zu mögen. Und man darf nie zulassen, dass der Respekt verschwindet. Denn egal, was der andere für einen Blödsinn macht, wie unverständlich manches ist - wir sehen immer nur die Oberfläche. Mindestens die Hälfte der Auslöser für den Blödsinn bleibt uns verborgen."


Die Cover der Reihe sind aufeinander abgestimmt, sodass die drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Wenn man jedoch nur ein Einzelband ohne die anderen Teile betrachtet, wirken Titel und Cover etwas seltsam - eben unvollständig. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!


Erster Satz: "Der riesige Betonklotz, in dem sich vor allem Sozialwohnungen befinden, ragt wenig einladend in den zur Abwechslung ungewöhnlich grauen kalifornischen Himmel."


Der Beginn der Geschichte ist eher unkonventionell. Ein missglückter One Night Stand nach dem Kennenlernen in einer Bar, bei dem schlussendlich doch nicht passiert gefolgt von der Erkenntnis, dass die beiden sich kennen - das ist nicht gerade die optimale Grundlage für eine Beziehung. Das merken auch Sam und Amy, doch auch wenn sie sich eher aus dem Weg zu gehen versuchen, geht ihnen der jeweils andere nicht mehr aus dem Kopf. Wie ich schon beim zweiten Band kritisiert hatte, merkt man der Geschichte an dieser Stelle an, dass sie mit den knapp 420 Seiten nicht besonders lang ist, denn als ganz plötzlich wie aus dem Nichts Gefühle in den Beiden aufkommen wirkt das vor allem in Anbetracht der danach sehr langsamen Entwicklung in kleinen Schritten eher unrealistisch. Das kann man der Geschichte aber sehr gerne verzeihen, denn dies ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte einer etwas angeknacksten Protagonistin, die zwischen Schuld, Verantwortung, Kontrolle, Trauer und Angst lernen muss, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen.


"Dieses Wort! Kaputt. Sie ist nicht kaputt. Sie ist wunderbar. In diesem Moment fasse ich einen Entschluss. Ich werde sie nicht allein lassen. Ich werde ihr dabei helfen, sich in einem anderen Licht zu sehen. In dem Licht, das auf sie strahlt, wenn ich sie sehe."


Sehr erfrischend ist auch, dass Sam als männlicher Hauptprotagonist zur Abwechslung mal nicht selbst von Problemen gebeutelt, sondern einfach ein einfühlsamer, romantischer und liebevoller Mann auf der Suche nach der großen Liebe ist. Dadurch dass er abwechselnd mit Amy aus der Ich-Perspektive erzählt, bekommen wir in beide Protagonisten einen Einblick und können jeweils die Außensicht als Relativierung der Selbstwahrnehmung sehen. Zwischenzeitlich hatte ich zwar auch ein paar Probleme mit ihm, da er zuerst eher als Aufreißer dargestellt wurde und dann zum schon fast übermenschlichen Frauenversteher mutiert ist, dass er mit seinem Durchhaltevermögen und seinem stillen Verständnis aber Amy ihren Raum gewährt, ohne die Hoffnung aufzugeben, hat mir aber gut gefallen. Denn dadurch können wir uns ganz wir uns ganz auf die Entwicklung des Innenlebens von Amy konzentrieren, die sich als Sozialarbeiterin, die selbst ein ehemaliges Pflegekind mit traumatischer Jugend ist, für andere einsetzt und deren Leben in geordnete Bahnen lenkt, ihnen neue Chancen gibt, um eine alte Schuld abzuwaschen. Auch wenn es eine Weile dauert, bis sie sich in unser Leserherz schleicht, fand ich sie wirklich hinreißend und sehr authentisch. Durch ihre Altlasten, die sich hinter ihrer eher kühlen, distanzierten Fassade verbergen, ihre Ängste vor Nähe, stößt sie Sam immer wieder von sich weg, was als Leser äußerst frustrierend zu lesen ist und der Grund ist, warum sich die Liebesgeschichte eher schleppend voran bewegt.


"Dieses Wort. Vertrauen. Früher war es Jeannie und mir vorbehalten. Dann kam Sam. Mit seinen schönen, weichen Haaren. Mit seiner rauen Stimme, die meinen Namen sagte."


Damit wir uns nicht langweilen füllt Kathinka Engel die Leerstellen mit Projekten wie der Umgestaltung eines Cafés, der Rettung eines alten Kinos durch ein Filmfestival, Sams Doktorarbeit, Amys Arbeit, in der sie sich vor allem für eine Namensvetterin von mir aufreibt und allerlei anderem Drumherum aus dem Leben der Protagonisten, das relativ viel Platz einnimmt und zeitweise auch über die Liebesgeschichte dominiert. Es ist zum Einen super und realistisch, dass wir hier lesen, dass das Leben mit einer neuen Bekanntschaft nicht nur aus Szenen besteht, in denen beide in skurrilen Situationen aufeinander treffen, romantische Dates haben oder sich Wortgefechte liefern - so wie in vielen anderen Büchern dieser Art dargestellt. Auf der anderen Seite hätte ich aber auch gerne noch ein bisschen mehr von Sam und Amy in Kombination gelesen und fand es ein wenig schade, dass die Beiden zeitweise in den Hintergrund rücken.


"Als Antwort zieht er mich wieder zu sich und drückt mir seine warmen Lippen auf die Stirn, auf die Schläfe. Es ist die ultimative Geborgenheit. Ein vollkommen unbekanntes Phänomen für mich. Das Beste. Das Absolute."


Ein weiterer Schachzug, den die Autorin nutzt, um darüber hinwegzutäuschen, dass im Mittelteil zwischen Amy und Sam nicht besonders viel passiert, ist dass sie die Protagonisten der anderen Bände - Rhys, Tamsin, Malik, Zelda, Jeannie, Che, Ollie und wie sie alle heißen - nochmals in den Fokus nimmt, ihre Happy Ends vertieft und die letzten offenen Fragen klärt. Für Fans der Reihe, die die anderen Bände auch gelesen und geliebt haben, ist das natürlich wundervoll, wer aber mit dem letzten Band einsteigt und diesen als Einzelband liest, wird zwischendurch mal eine Durststrecke erleben, auch wenn die Nebengeschichten über Figuren wie Norman, dem greisen Kinobesitzer, Malcolm, Amys Ersatzvater, oder Jeannie, Amys Ziehtochter, wirklich herzergreifend sind.


"Ich denke an all das, was Amy und ich schon überwunden haben, an all die Hürden. Und es werden mit Sicherheit noch weitere kommen. Aber das ist in Ordnung. Es ist mehr als in Ordnung. Perfekt auf eine unperfekte Art eben."


Trotz der ernsten Themen, die hier angesprochen werden und in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande, handelt es sich aber eher um ein gemütliches Wohlfühlbuch. Vorhersehbarer Verlauf, herzerwärmende Story und über jedem Problem schwebt das Versprechen auf ein Happy End. Zitate aus Shakespeare, "Alice im Wunderland" und Anspielungen auf Filme, lockern zudem immer wieder die Geschichte auf. Kathinka Engel schreibt locker, leicht und auch wenn man bei ihrem Humor nicht schallend lacht, schafft sie es immer wieder gekonnt, die ernste Stimmung aufzulockern. Trotz dass wir weniger von Amy und Sam lesen, als ich es mir gewünscht hätte, ist "Liebe mich. Für immer." ein würdiger Abschluss der Reihe, in dem auch die bekannten Protagonisten der anderen Bände nochmal ordentlich zu Wort kommen.


"Zwischen Vergessen und ewigem Büßen liegen ganze Welten, Amy." Seine Stimme ist ruhig, leise. Ich drehe mich zu ihm um. "Da ist zum Beispiel das Erinnern."



Fazit:


"Liebe mich. Für immer." ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte einer etwas angeknacksten Protagonistin, die zwischen Schuld, Verantwortung, Kontrolle, Trauer und Angst lernen muss, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen. Ein gemütliches Wohlfühlbuch, das trotz ein paar Schwächen als Reihenabschluss überzeugt!

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Veröffentlicht am 28.03.2020

Ein gemütliches Wohlfühlbuch, das trotz ein paar Schwächen als Reihenabschluss überzeugt!

Liebe mich. Für immer
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Nachdem ich in "Halte mich. Hier" Maliks und Zeldas Liebesgeschichte mit viel Freude verfolgt habe, musste ich natürlich auch Sams und Amys Geschichte lesen, die wir in Band 2 auch schon kennenlernen. ...

Nachdem ich in "Halte mich. Hier" Maliks und Zeldas Liebesgeschichte mit viel Freude verfolgt habe, musste ich natürlich auch Sams und Amys Geschichte lesen, die wir in Band 2 auch schon kennenlernen. Trotz dass ich mit einer falschen Reihenfolge an die Reihe herangegangen bin, konnte mich auch dieser Band 3 überzeugen, sodass ich mir fest vorgenommen habe, den ersten Teil über Rhys und Tamsin auch noch folgen zu lassen. Da hier in jedem Band der Trilogie die Geschichte eines anderen Pärchens erzählt wird, ist meine falsche Reihenfolge kein Drama, schön wäre aber natürlich trotzdem gewesen, ich hätte ganz regulär mit dem Auftakt angefangen
Diese Machart der New Adult-Reihe ist ja nicht unbedingt ein Alleinstellungsmerkmal, besonders ist an dieser Reihe jedoch, dass es in allen drei Fällen in erster Linie um einen Neuanfang und die heilende Kraft der Liebe geht, die sich über alle Unterschiede und Hindernisse hinwegsetzt. Passend dazu trägt die Reihe auch den Klangvollen Beinamen "Believe in Seconds Chances".


"Für mich war es das Einfachste auf der Welt, verheiratet zu sein", sagte er. Dann bringt er seinen Läufer in Position. "Man darf nun nicht aufhören, sich zu mögen. Und man darf nie zulassen, dass der Respekt verschwindet. Denn egal, was der andere für einen Blödsinn macht, wie unverständlich manches ist - wir sehen immer nur die Oberfläche. Mindestens die Hälfte der Auslöser für den Blödsinn bleibt uns verborgen."


Die Cover der Reihe sind aufeinander abgestimmt, sodass die drei Bände nebeneinander liegend zusammen ein Unendlichkeitszeichen ergeben. Dazu passend sind auch die Titel so gewählt, dass sie in Kombination zueinander passen und "Finde mich. Halte mich. Liebe mich. Jetzt. Hier. Für immer" ergeben. Wenn man jedoch nur ein Einzelband ohne die anderen Teile betrachtet, wirken Titel und Cover etwas seltsam - eben unvollständig. Ich finde die Idee grundsätzlich wirklich klasse - als Einzelwerk wenn man sich nicht auf den Gesamteindruck konzentriert, sind mir die glitzernde Bögen und der bunte, Wasserfarbenverlauf im Hintergrund aber zu kitschig und nichtssagend. Sehr nett finde ich wiederum die kurzen Steckbriefe zu den zwei Hauptprotagonisten in den Leselaschen und die kleinen Unendlichkeitszeichen inklusive Name an den Kapitelanfängen, welche angeben, aus welcher Perspektive gerade erzählt wird. Auch wenn ich das Cover an sich also nicht unbedingt umwerfend finde, ist die Gestaltung des Piper Verlags als Ganzes wirklich sehr detailgetreu und liebevoll ausgearbeitet!


Erster Satz: "Der riesige Betonklotz, in dem sich vor allem Sozialwohnungen befinden, ragt wenig einladend in den zur Abwechslung ungewöhnlich grauen kalifornischen Himmel."


Der Beginn der Geschichte ist eher unkonventionell. Ein missglückter One Night Stand nach dem Kennenlernen in einer Bar, bei dem schlussendlich doch nicht passiert gefolgt von der Erkenntnis, dass die beiden sich kennen - das ist nicht gerade die optimale Grundlage für eine Beziehung. Das merken auch Sam und Amy, doch auch wenn sie sich eher aus dem Weg zu gehen versuchen, geht ihnen der jeweils andere nicht mehr aus dem Kopf. Wie ich schon beim zweiten Band kritisiert hatte, merkt man der Geschichte an dieser Stelle an, dass sie mit den knapp 420 Seiten nicht besonders lang ist, denn als ganz plötzlich wie aus dem Nichts Gefühle in den Beiden aufkommen wirkt das vor allem in Anbetracht der danach sehr langsamen Entwicklung in kleinen Schritten eher unrealistisch. Das kann man der Geschichte aber sehr gerne verzeihen, denn dies ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte einer etwas angeknacksten Protagonistin, die zwischen Schuld, Verantwortung, Kontrolle, Trauer und Angst lernen muss, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen.


"Dieses Wort! Kaputt. Sie ist nicht kaputt. Sie ist wunderbar. In diesem Moment fasse ich einen Entschluss. Ich werde sie nicht allein lassen. Ich werde ihr dabei helfen, sich in einem anderen Licht zu sehen. In dem Licht, das auf sie strahlt, wenn ich sie sehe."


Sehr erfrischend ist auch, dass Sam als männlicher Hauptprotagonist zur Abwechslung mal nicht selbst von Problemen gebeutelt, sondern einfach ein einfühlsamer, romantischer und liebevoller Mann auf der Suche nach der großen Liebe ist. Dadurch dass er abwechselnd mit Amy aus der Ich-Perspektive erzählt, bekommen wir in beide Protagonisten einen Einblick und können jeweils die Außensicht als Relativierung der Selbstwahrnehmung sehen. Zwischenzeitlich hatte ich zwar auch ein paar Probleme mit ihm, da er zuerst eher als Aufreißer dargestellt wurde und dann zum schon fast übermenschlichen Frauenversteher mutiert ist, dass er mit seinem Durchhaltevermögen und seinem stillen Verständnis aber Amy ihren Raum gewährt, ohne die Hoffnung aufzugeben, hat mir aber gut gefallen. Denn dadurch können wir uns ganz wir uns ganz auf die Entwicklung des Innenlebens von Amy konzentrieren, die sich als Sozialarbeiterin, die selbst ein ehemaliges Pflegekind mit traumatischer Jugend ist, für andere einsetzt und deren Leben in geordnete Bahnen lenkt, ihnen neue Chancen gibt, um eine alte Schuld abzuwaschen. Auch wenn es eine Weile dauert, bis sie sich in unser Leserherz schleicht, fand ich sie wirklich hinreißend und sehr authentisch. Durch ihre Altlasten, die sich hinter ihrer eher kühlen, distanzierten Fassade verbergen, ihre Ängste vor Nähe, stößt sie Sam immer wieder von sich weg, was als Leser äußerst frustrierend zu lesen ist und der Grund ist, warum sich die Liebesgeschichte eher schleppend voran bewegt.


"Dieses Wort. Vertrauen. Früher war es Jeannie und mir vorbehalten. Dann kam Sam. Mit seinen schönen, weichen Haaren. Mit seiner rauen Stimme, die meinen Namen sagte."


Damit wir uns nicht langweilen füllt Kathinka Engel die Leerstellen mit Projekten wie der Umgestaltung eines Cafés, der Rettung eines alten Kinos durch ein Filmfestival, Sams Doktorarbeit, Amys Arbeit, in der sie sich vor allem für eine Namensvetterin von mir aufreibt und allerlei anderem Drumherum aus dem Leben der Protagonisten, das relativ viel Platz einnimmt und zeitweise auch über die Liebesgeschichte dominiert. Es ist zum Einen super und realistisch, dass wir hier lesen, dass das Leben mit einer neuen Bekanntschaft nicht nur aus Szenen besteht, in denen beide in skurrilen Situationen aufeinander treffen, romantische Dates haben oder sich Wortgefechte liefern - so wie in vielen anderen Büchern dieser Art dargestellt. Auf der anderen Seite hätte ich aber auch gerne noch ein bisschen mehr von Sam und Amy in Kombination gelesen und fand es ein wenig schade, dass die Beiden zeitweise in den Hintergrund rücken.


"Als Antwort zieht er mich wieder zu sich und drückt mir seine warmen Lippen auf die Stirn, auf die Schläfe. Es ist die ultimative Geborgenheit. Ein vollkommen unbekanntes Phänomen für mich. Das Beste. Das Absolute."


Ein weiterer Schachzug, den die Autorin nutzt, um darüber hinwegzutäuschen, dass im Mittelteil zwischen Amy und Sam nicht besonders viel passiert, ist dass sie die Protagonisten der anderen Bände - Rhys, Tamsin, Malik, Zelda, Jeannie, Che, Ollie und wie sie alle heißen - nochmals in den Fokus nimmt, ihre Happy Ends vertieft und die letzten offenen Fragen klärt. Für Fans der Reihe, die die anderen Bände auch gelesen und geliebt haben, ist das natürlich wundervoll, wer aber mit dem letzten Band einsteigt und diesen als Einzelband liest, wird zwischendurch mal eine Durststrecke erleben, auch wenn die Nebengeschichten über Figuren wie Norman, dem greisen Kinobesitzer, Malcolm, Amys Ersatzvater, oder Jeannie, Amys Ziehtochter, wirklich herzergreifend sind.


"Ich denke an all das, was Amy und ich schon überwunden haben, an all die Hürden. Und es werden mit Sicherheit noch weitere kommen. Aber das ist in Ordnung. Es ist mehr als in Ordnung. Perfekt auf eine unperfekte Art eben."


Trotz der ernsten Themen, die hier angesprochen werden und in den USA nochmals deutlich aktueller sind als hierzulande, handelt es sich aber eher um ein gemütliches Wohlfühlbuch. Vorhersehbarer Verlauf, herzerwärmende Story und über jedem Problem schwebt das Versprechen auf ein Happy End. Zitate aus Shakespeare, "Alice im Wunderland" und Anspielungen auf Filme, lockern zudem immer wieder die Geschichte auf. Kathinka Engel schreibt locker, leicht und auch wenn man bei ihrem Humor nicht schallend lacht, schafft sie es immer wieder gekonnt, die ernste Stimmung aufzulockern. Trotz dass wir weniger von Amy und Sam lesen, als ich es mir gewünscht hätte, ist "Liebe mich. Für immer." ein würdiger Abschluss der Reihe, in dem auch die bekannten Protagonisten der anderen Bände nochmal ordentlich zu Wort kommen.


"Zwischen Vergessen und ewigem Büßen liegen ganze Welten, Amy." Seine Stimme ist ruhig, leise. Ich drehe mich zu ihm um. "Da ist zum Beispiel das Erinnern."



Fazit:


"Liebe mich. Für immer." ist keine rasante, leidenschaftliche Liebesgeschichte mit endlosen Sexszenen, triefendem Herzschmerz und ewigem Geschmachte, sondern viel mehr die Entwicklungsgeschichte einer etwas angeknacksten Protagonistin, die zwischen Schuld, Verantwortung, Kontrolle, Trauer und Angst lernen muss, loszulassen, zu vertrauen und sich vollkommen in die Liebe zu stürzen. Ein gemütliches Wohlfühlbuch, das trotz ein paar Schwächen als Reihenabschluss überzeugt!

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