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Veröffentlicht am 07.04.2018

Ein magischer Rückzugsort in der ermüdenden Realität!

Die Insel der besonderen Kinder
0

Allgemeines:

Titel: Die Insel der besonderen Kinder
Autor: Ransom Riggs
Genre: Fantasy
Verlag: Knaur (1. August 2013)
ISBN-10: 342651057X
ISBN-13: 978-3426510575
ASIN: B005UL2GEM
Vom Hersteller empfohlenes ...

Allgemeines:

Titel: Die Insel der besonderen Kinder
Autor: Ransom Riggs
Genre: Fantasy
Verlag: Knaur (1. August 2013)
ISBN-10: 342651057X
ISBN-13: 978-3426510575
ASIN: B005UL2GEM
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 - 16 Jahre
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
14,99€ (Taschenbuch)
18,99€ (Gebundene Ausgabe)
Weitere Bände: Die Stadt der besonderen Kinder
Die Bibliothek der besonderen Kinder




Inhalt:


Manche Großeltern lesen ihren Enkeln Märchen vor. Was Jacob von seinem Opa hörte, war etwas ganz anderes: Abraham erzählte ihm von einer Insel, auf der abenteuerlustige Kinder mit besonderen Fähigkeiten leben, und von Monstern, die auf der Suche nach ihnen sind … Erst Jahre später, als sein Großvater unter mysteriösen Umständen stirbt, erinnert Jacob sich wieder an die Schauergeschichten und entdeckt Hinweise darauf, dass es die Insel wirklich gibt. Er macht sich auf die Suche nach ihr und findet sich in einer Welt wieder, in der die Zeit stillsteht und er die ungewöhnlichsten Freundschaften schließt, die man sich vorstellen kann. Doch auch die Ungeheuer sind höchst real – und sie sind ihm gefolgt …


Bewertung:

Diese besondere Geschichte habe ich vor etwa einem Jahr während des großen Hypes gelesen und vor Kurzem bemerkt, dass ich gar keine Rezension verfasst habe. Das muss ich jetzt natürlich sofort nachholen und habe dafür gerne nochmal reingelesen. Und auch wenn die Story ganz offen gesagt einige Schwächen hat, gibt die wundervolle Atmosphäre der Geschichte doch etwas, was dieses Buch besonders macht und selbst zu einem magischen Rückzugsort in der ermüdenden Realität macht.


"Ist nicht Schlaf, ist nicht Tod;
Die zu sterben scheinen, leben
Das Haus, in dem du geboren wurdest
Freunde deiner Jugend
Alter Mann und junges Mädchen
Des Tages Mühsal und sein Lohn
Sie alle vergehen
Fliehen in die Fabeln
Können nicht gehalten werden."


Schon das Cover hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Mit dem alten Foto, dass ein schwebendes Mädchen zeigt, wird sowohl der Fantasy-Aspekt mit den besonders begabten Kindern gleich angerissen und durch die starken Kontraste und das düstere Flaschengrün bekommen wir einen ersten Eindruck von der mystischen, gruseligen Stimmung der Geschichte. Die spielerische Umrandung und der Titel passen dabei auch ganz wunderbar ins Bild. Das wirklich besondere an der Gestaltung liegt aber im Inneren der Geschichte verborgen. Immer wieder werden mysteriöse, alte Fotografien seitenfüllend in Schwarz-Weiß eingewebt. Die gruseligen Kinderfotos verstärken die leicht abgedrehte, düstere und doch magische Stimmung und helfen dabei, die beschriebenen Fähigkeiten besser vorstellen zu können. Der Autor hat hier sein Hobby, alte Fotos zu sammeln, wunderbar als Inspiration genutzt, die auch dem Leser dienlich ist, ganz in die Geschichte einzutauchen.


Erster Satz: "Gerade als ich mich an den Gedanken zu gewöhnen begann, dass dieses Leben keine großen Abenteuer für mich bereithalten würde, geschah etwas Seltsames."


Mit diesen Worten von Jacob Portman, nimmt er uns mit in sein gewöhnliches Leben in Florida, dass plötzlich durch seltsame Vorkommnisse auf den Kopf gestellt wird. Schon immer hat ihm sein Großvater Abraham fantastische Geschichten erzählt, in denen besondere Kinder vorkommen, ("da gab es ein Mädchen, das konnte fliegen, einen Jungen, in dem Bienen lebten, Bruder und Schwester, die mühelos Felsblöcke zu stemmen vermochten..."), die von gruseligen Monstern gejagt werden. Doch bis er eines Tages seinen toten Opa in seinem Haus findet und auch den Mörder auf frischer Tat ertappt, schenkt er den Gruselgeschichten kein Glauben. Doch was soll das grausame Wesen mit den drei Tentakeln, die aus dem Mund hängen sonst sein, als der perfekte Beweise für die Wahrheit in den Geschichten seines Opas? Doch als er seinen Eltern von der schrecklichen Entdeckung und seinem Verdacht erzählt, glauben diese ihm kein Wort und schicken ihn zu einem Psychiater. Als dann jedoch auch noch ein Brief auftaucht, der seine Annahmen stützt und die Bedeutung von Abrahams letzten Worten untermauern, wird ihm klar: er muss dem Rätsel nachgehen und die Insel der besonderen Kinder besuchen. Als er schließlich seine Eltern davon überzeugt, Urlaub auf der Insel Cairnholm zu machen, macht er eine Entdeckung, die sein Leben für immer verändert und ihn direkt in ein gruseliges Abenteuer stürzt...


''Ich lief nicht weit, spazierte nur gemächlich um den Garten herum und betrachtete den Himmel, der jetzt klar war und an dem Millionen Sterne funkelten. Sterne waren ebenfalls Zeitreisende. Wie viele dieser uralten Lichtpunkte waren wohl der letzte Nachhall längst vergangener Sonnen? Wie viele waren bereits geboren, aber ihr Licht war noch nicht bei uns eingetroffen? Wenn alle Sonnen außer unserer heute Nacht erloschen, wie viele Menschalter würde es dauern, bis wir merkten, dass wir allein waren? Ich hatte immer gewusst, dass der Himmel voller Geheimnisse steckt, bisher hatte ich jedoch nicht geahnt, wie viele es erst auf der Erde gab.''


Die Geschichte beginnt relativ ruhig mit dem geregelten Leben Jacobs, nimmt jedoch relativ schnell Fahrt auf. Auch wenn das Erzähltempo immer relativ gemächlich bleibt, wird durch das Geheimnis und das Grauen der Monster schnell eine starke Grundspannung aufgebaut. Und wenn die Story Line an manchen Stellen ein wenig löchrig wirkt und in den Entwicklungen der Handlung wieder mal eine gewisse Seltsamkeit liegt, die Skepsis und Zurückhaltung bei mir verursacht hat, trösten vor allem die vielen originelle Ideen, über eine aufkommende Langatmigkeit hinweg. Denn gerade von der unterschwelligen Merkwürdigkeit der ganzen Geschichte lebt die besondere Atmosphäre des Buches. Während über der Insel eine dunkle Maske aus Schlamm, Blut und Regen liegt, die alles ein wenig verzerrt, surreal und schräg wirken lässt und selbst das Paradies der Zeitschleife, wo die Kinder ihre ewige Kindheit fernab von den alltäglichen Sorgen genießen, von den Bomben, die jeden Tag aufs Neue auf das Waisenhaus einregnen, ins Trügerische gezogen wird, baut Ransom Riggs einen wundervollen Sog von Spannung, Grusel und Fantastik auf.


"Drohend und düster tauchte sie vor uns auf, bewacht von Tausenden kreischender Vögel. Sie sah aus wie eine uralte, von Riesen erschaffene Festung."


Der Schreibstil nimmt dafür einen wichtigen Stellenwert ein. Auch wenn von besonders malerischen Umrahmungen keine Rede sein kann, sondern die Umwelt eher pragmatisch und in komischen Vergleichen und Metaphern beschrieben wird (z.B. "der Himmel hatte die Farbe einer frischen Prellung"), ist die Geschichte atmosphärisch doch sehr dicht. Viele der Beschreibungen wirken in ihrer Absurdität abstoßend und anziehend zu gleich.

Besonders spannend fand ich auch, dass Ransom Riggs das Grauen des Zweiten Weltkrieges auf spielerische Art und Weise in eine Schauergeschichte übersetzt zu haben scheint. Die Verfolgung von Menschen mit besonderen Merkmalen, die Bomben, die Ablehnung der Inselbewohner, all das erinnert an ein realistisches Porträt der Zeit - nur einige Jahrzehnte später in einem anderen geschichtlichen Rahmen. Besonders innovativ empfand ich auch die Darstellung der Monster, die gerne selbst wieder menschlicher werden wollen und dazu unbedingt die besonderen Kinder benötigen. Die genaueren Umstände werden hier noch nicht genau geklärt - dafür gibt es schließlich auch noch Band 2 und 3 der Geschichte.


"Immer wieder gab es dumpfe Explosionen, die ich in meiner Brust wie das Schlagen eines zweiten Herzens spürte, gefolgt von Wellen glühender Hitze, als würde jemand direkt vor mir einen Ofen öffnen und schließen."


Die Charaktere werden von vielen Rezensenten als zu platt und unausgearbeitet kritisiert. Meiner Meinung nach sind sie jedoch genau das, was sie sein sollen: Kinder. Natürlich tun sie seltsame Dinge, verhalten sich sprunghaft, scheinen charakterlich noch sehr unausgegoren zu sein, doch das ist doch genau das, was Kinder ausmacht. Sie sind liebenswert, in ihrer Entwicklung jedoch unfertig und das kann man dem Buch sehr schön anmerken. Da die Geschichte ein Jugendbuch für die Altersgruppe zwischen 12 und 16 darstellt, ist es meiner Meinung nach vielmehr eine Stärke, dass wir einen direkten Blick auf die Charaktere ermöglicht bekommen, der keineswegs wertend oder tiefgründig sein muss. Lediglich in Bezug auf die wirklich unnötige Liebesgeschichte kann ich der Mehrheit der anderen Rezensenten zustimmen: die schadet der Glaubwürdigkeit der Story mehr, als dass sie nutzt.


"...Sie waren die Götter in diesem seltsamen kleinen Universum, und ich war ihr Gast..."



Das Ende scheint mit einem kurzen Showdown nicht recht zum gemäßigten Rest passen zu wollen und auch ganz am Ende bleibt einiges offen. Umso mehr freue ich mich jetzt auf die Fortsetzungen, die in nächster Zeit unbedingt bei mir einziehen müssen.


Fazit:


Ein mystischer Auftakt einer originellen Reihe, die durch beiläufige Spannung, surrealem Grusel und innovativer Fantastik einen wundervollen Sog ausbildet. Oft ist die Geschichte in ihrer Absurdität abstoßend und anziehend zugleich und wird selbst zu einem magischen Rückzugsort in der ermüdenden Realität.

Veröffentlicht am 07.04.2018

Ein magischer Rückzugsort in der ermüdenden Realität!

Die Insel der besonderen Kinder
0

Allgemeines:

Titel: Die Insel der besonderen Kinder
Autor: Ransom Riggs
Genre: Fantasy
Verlag: Knaur (1. August 2013)
ISBN-10: 342651057X
ISBN-13: 978-3426510575
ASIN: B005UL2GEM
Vom Hersteller empfohlenes ...

Allgemeines:

Titel: Die Insel der besonderen Kinder
Autor: Ransom Riggs
Genre: Fantasy
Verlag: Knaur (1. August 2013)
ISBN-10: 342651057X
ISBN-13: 978-3426510575
ASIN: B005UL2GEM
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 - 16 Jahre
Seitenzahl: 416 Seiten
Preis: 9,99€ (Kindle-Edition)
14,99€ (Taschenbuch)
18,99€ (Gebundene Ausgabe)
Weitere Bände: Die Stadt der besonderen Kinder
Die Bibliothek der besonderen Kinder




Inhalt:


Manche Großeltern lesen ihren Enkeln Märchen vor. Was Jacob von seinem Opa hörte, war etwas ganz anderes: Abraham erzählte ihm von einer Insel, auf der abenteuerlustige Kinder mit besonderen Fähigkeiten leben, und von Monstern, die auf der Suche nach ihnen sind … Erst Jahre später, als sein Großvater unter mysteriösen Umständen stirbt, erinnert Jacob sich wieder an die Schauergeschichten und entdeckt Hinweise darauf, dass es die Insel wirklich gibt. Er macht sich auf die Suche nach ihr und findet sich in einer Welt wieder, in der die Zeit stillsteht und er die ungewöhnlichsten Freundschaften schließt, die man sich vorstellen kann. Doch auch die Ungeheuer sind höchst real – und sie sind ihm gefolgt …


Bewertung:

Diese besondere Geschichte habe ich vor etwa einem Jahr während des großen Hypes gelesen und vor Kurzem bemerkt, dass ich gar keine Rezension verfasst habe. Das muss ich jetzt natürlich sofort nachholen und habe dafür gerne nochmal reingelesen. Und auch wenn die Story ganz offen gesagt einige Schwächen hat, gibt die wundervolle Atmosphäre der Geschichte doch etwas, was dieses Buch besonders macht und selbst zu einem magischen Rückzugsort in der ermüdenden Realität macht.


"Ist nicht Schlaf, ist nicht Tod;
Die zu sterben scheinen, leben
Das Haus, in dem du geboren wurdest
Freunde deiner Jugend
Alter Mann und junges Mädchen
Des Tages Mühsal und sein Lohn
Sie alle vergehen
Fliehen in die Fabeln
Können nicht gehalten werden."


Schon das Cover hat eine ganz besondere Ausstrahlung. Mit dem alten Foto, dass ein schwebendes Mädchen zeigt, wird sowohl der Fantasy-Aspekt mit den besonders begabten Kindern gleich angerissen und durch die starken Kontraste und das düstere Flaschengrün bekommen wir einen ersten Eindruck von der mystischen, gruseligen Stimmung der Geschichte. Die spielerische Umrandung und der Titel passen dabei auch ganz wunderbar ins Bild. Das wirklich besondere an der Gestaltung liegt aber im Inneren der Geschichte verborgen. Immer wieder werden mysteriöse, alte Fotografien seitenfüllend in Schwarz-Weiß eingewebt. Die gruseligen Kinderfotos verstärken die leicht abgedrehte, düstere und doch magische Stimmung und helfen dabei, die beschriebenen Fähigkeiten besser vorstellen zu können. Der Autor hat hier sein Hobby, alte Fotos zu sammeln, wunderbar als Inspiration genutzt, die auch dem Leser dienlich ist, ganz in die Geschichte einzutauchen.


Erster Satz: "Gerade als ich mich an den Gedanken zu gewöhnen begann, dass dieses Leben keine großen Abenteuer für mich bereithalten würde, geschah etwas Seltsames."


Mit diesen Worten von Jacob Portman, nimmt er uns mit in sein gewöhnliches Leben in Florida, dass plötzlich durch seltsame Vorkommnisse auf den Kopf gestellt wird. Schon immer hat ihm sein Großvater Abraham fantastische Geschichten erzählt, in denen besondere Kinder vorkommen, ("da gab es ein Mädchen, das konnte fliegen, einen Jungen, in dem Bienen lebten, Bruder und Schwester, die mühelos Felsblöcke zu stemmen vermochten..."), die von gruseligen Monstern gejagt werden. Doch bis er eines Tages seinen toten Opa in seinem Haus findet und auch den Mörder auf frischer Tat ertappt, schenkt er den Gruselgeschichten kein Glauben. Doch was soll das grausame Wesen mit den drei Tentakeln, die aus dem Mund hängen sonst sein, als der perfekte Beweise für die Wahrheit in den Geschichten seines Opas? Doch als er seinen Eltern von der schrecklichen Entdeckung und seinem Verdacht erzählt, glauben diese ihm kein Wort und schicken ihn zu einem Psychiater. Als dann jedoch auch noch ein Brief auftaucht, der seine Annahmen stützt und die Bedeutung von Abrahams letzten Worten untermauern, wird ihm klar: er muss dem Rätsel nachgehen und die Insel der besonderen Kinder besuchen. Als er schließlich seine Eltern davon überzeugt, Urlaub auf der Insel Cairnholm zu machen, macht er eine Entdeckung, die sein Leben für immer verändert und ihn direkt in ein gruseliges Abenteuer stürzt...


''Ich lief nicht weit, spazierte nur gemächlich um den Garten herum und betrachtete den Himmel, der jetzt klar war und an dem Millionen Sterne funkelten. Sterne waren ebenfalls Zeitreisende. Wie viele dieser uralten Lichtpunkte waren wohl der letzte Nachhall längst vergangener Sonnen? Wie viele waren bereits geboren, aber ihr Licht war noch nicht bei uns eingetroffen? Wenn alle Sonnen außer unserer heute Nacht erloschen, wie viele Menschalter würde es dauern, bis wir merkten, dass wir allein waren? Ich hatte immer gewusst, dass der Himmel voller Geheimnisse steckt, bisher hatte ich jedoch nicht geahnt, wie viele es erst auf der Erde gab.''


Die Geschichte beginnt relativ ruhig mit dem geregelten Leben Jacobs, nimmt jedoch relativ schnell Fahrt auf. Auch wenn das Erzähltempo immer relativ gemächlich bleibt, wird durch das Geheimnis und das Grauen der Monster schnell eine starke Grundspannung aufgebaut. Und wenn die Story Line an manchen Stellen ein wenig löchrig wirkt und in den Entwicklungen der Handlung wieder mal eine gewisse Seltsamkeit liegt, die Skepsis und Zurückhaltung bei mir verursacht hat, trösten vor allem die vielen originelle Ideen, über eine aufkommende Langatmigkeit hinweg. Denn gerade von der unterschwelligen Merkwürdigkeit der ganzen Geschichte lebt die besondere Atmosphäre des Buches. Während über der Insel eine dunkle Maske aus Schlamm, Blut und Regen liegt, die alles ein wenig verzerrt, surreal und schräg wirken lässt und selbst das Paradies der Zeitschleife, wo die Kinder ihre ewige Kindheit fernab von den alltäglichen Sorgen genießen, von den Bomben, die jeden Tag aufs Neue auf das Waisenhaus einregnen, ins Trügerische gezogen wird, baut Ransom Riggs einen wundervollen Sog von Spannung, Grusel und Fantastik auf.


"Drohend und düster tauchte sie vor uns auf, bewacht von Tausenden kreischender Vögel. Sie sah aus wie eine uralte, von Riesen erschaffene Festung."


Der Schreibstil nimmt dafür einen wichtigen Stellenwert ein. Auch wenn von besonders malerischen Umrahmungen keine Rede sein kann, sondern die Umwelt eher pragmatisch und in komischen Vergleichen und Metaphern beschrieben wird (z.B. "der Himmel hatte die Farbe einer frischen Prellung"), ist die Geschichte atmosphärisch doch sehr dicht. Viele der Beschreibungen wirken in ihrer Absurdität abstoßend und anziehend zu gleich.

Besonders spannend fand ich auch, dass Ransom Riggs das Grauen des Zweiten Weltkrieges auf spielerische Art und Weise in eine Schauergeschichte übersetzt zu haben scheint. Die Verfolgung von Menschen mit besonderen Merkmalen, die Bomben, die Ablehnung der Inselbewohner, all das erinnert an ein realistisches Porträt der Zeit - nur einige Jahrzehnte später in einem anderen geschichtlichen Rahmen. Besonders innovativ empfand ich auch die Darstellung der Monster, die gerne selbst wieder menschlicher werden wollen und dazu unbedingt die besonderen Kinder benötigen. Die genaueren Umstände werden hier noch nicht genau geklärt - dafür gibt es schließlich auch noch Band 2 und 3 der Geschichte.


"Immer wieder gab es dumpfe Explosionen, die ich in meiner Brust wie das Schlagen eines zweiten Herzens spürte, gefolgt von Wellen glühender Hitze, als würde jemand direkt vor mir einen Ofen öffnen und schließen."


Die Charaktere werden von vielen Rezensenten als zu platt und unausgearbeitet kritisiert. Meiner Meinung nach sind sie jedoch genau das, was sie sein sollen: Kinder. Natürlich tun sie seltsame Dinge, verhalten sich sprunghaft, scheinen charakterlich noch sehr unausgegoren zu sein, doch das ist doch genau das, was Kinder ausmacht. Sie sind liebenswert, in ihrer Entwicklung jedoch unfertig und das kann man dem Buch sehr schön anmerken. Da die Geschichte ein Jugendbuch für die Altersgruppe zwischen 12 und 16 darstellt, ist es meiner Meinung nach vielmehr eine Stärke, dass wir einen direkten Blick auf die Charaktere ermöglicht bekommen, der keineswegs wertend oder tiefgründig sein muss. Lediglich in Bezug auf die wirklich unnötige Liebesgeschichte kann ich der Mehrheit der anderen Rezensenten zustimmen: die schadet der Glaubwürdigkeit der Story mehr, als dass sie nutzt.


"...Sie waren die Götter in diesem seltsamen kleinen Universum, und ich war ihr Gast..."



Das Ende scheint mit einem kurzen Showdown nicht recht zum gemäßigten Rest passen zu wollen und auch ganz am Ende bleibt einiges offen. Umso mehr freue ich mich jetzt auf die Fortsetzungen, die in nächster Zeit unbedingt bei mir einziehen müssen.


Fazit:


Ein mystischer Auftakt einer originellen Reihe, die durch beiläufige Spannung, surrealem Grusel und innovativer Fantastik einen wundervollen Sog ausbildet. Oft ist die Geschichte in ihrer Absurdität abstoßend und anziehend zugleich und wird selbst zu einem magischen Rückzugsort in der ermüdenden Realität.

Veröffentlicht am 06.04.2018

Kein Meisterwerk, jedoch unterhaltsam, mitreißend und mitfühlend erzählt

When it's Real – Wahre Liebe überwindet alles
0

Allgemeines:

Titel: When it´s real - Wahre Liebe überwindet alles
Autor: Erin Watt
Verlag: Piper (3. April 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3492061087
ISBN-13: 978-3492061087
ASIN: B077BVV3DT
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: When it´s real - Wahre Liebe überwindet alles
Autor: Erin Watt
Verlag: Piper (3. April 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3492061087
ISBN-13: 978-3492061087
ASIN: B077BVV3DT
Originaltitel: When it's Real
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: 12,99€ (Broschiert)
9,99€ (Kindle-Edition)




Inhalt:

Unter normalen Umständen hätten sich Oakley und Vaughn wohl nie kennengelernt. Während sich die siebzehnjährige Vaughn seit dem Tod ihrer Eltern um ihre Geschwister kümmern muss, ist das Leben des neunzehnjährigen Oakley eine einzige Party. Als Popstar hat er sich nicht nur eine Bad-Boy-Attitüde zugelegt, sondern auch jede Menge Groupies. Dann beschließt sein Management, dass er dringend ein besseres Image braucht. Vaughn soll ein Jahr lang Oakleys Freundin spielen. Doch die beiden können sich auf den Tod nicht ausstehen. Während die gesamte Presse rätselt, wer das neue Mädchen an Oakleys Seite ist, muss sich Vaughn fragen: Kann sie sich selbst treu bleiben in dieser Welt voller Glitzer, Glamour und Gerüchte?


Bewertung:

Zum Ende meiner lang ersehnten Ferien habe ich noch dringend eine schöne, kitschige Liebesgeschichte gebraucht. Als ich im Verlagsprogramm von Piper "When it´s real" vom Autorenduo Erin Watt gefunden habe, habe ich beschlossen, den zweien eine Chance zu geben und mir das Buch angefragt. Aufgrund der grenzwertigen Geschichte von der "Paper"-Reihe, habe ich von Erin Watt bislang eher Abstand gehalten. Mit ihrem neuen Einzelband über die Liebe zwischen einem Rockstar und einem gewöhnlichen Mädchen haben die beiden bewiesen, dass sie auch etwas ruhigere und einfühlsamere Young Adult Romane schreiben können. Ich habe die Geschichte an einem einzigen Mittag weggelesen und auch wenn ich einige Kritikpunkte anzubringen habe, ist die Geschichte doch überraschend mitreißend und authentisch.

Das Cover ist für meinen Geschmack eine Spur zu kitschig. Wunderbar verträumt wirkt der türkisgrüne Hintergrund mit den helleren Lichtpunkten und auch die sprühenden Funken der Wunderkerze passen schön ins Bild. Das goldene Herz, das aus vielen einzelnen Glitter-Partikeln besteht, ging mir dann aber doch eine Spur zu weit. Da gefällt mir das Orginalcover, das im Grunde dasselbe Motiv zeigt - eine herzförmige Wunderkerze vor einem blauen Himmel - viel besser. Auch der Untertitel ist für mich nicht besonders passend. Gleich auf dem Cover von "wahrere Liebe" zu reden finde ich sowieso immer ein wenig fragwürdig und so viel zum Überwinden wird den beiden Protagonisten hier auch nicht vorgesetzt. Anfangs war ich auch von dem Haupttitel gar nicht begeistert. Im letzten Drittel des Buches wird jedoch klar, worauf sich der Titel bezieht: ein Song, den Oakley für seine Angebetete schreibt. Eine Besonderheit in der inneren Gestaltung des Romans sind die Auszüge aus sozialen Netzwerkkanälen, wie Fankommentare oder Beiträge von Promi-Blogs, die zu jedem Kapitelbeginn die Geschehnisse kommentieren und somit die Durchsichtigkeit der Geschehnisse verdeutlicht.
Insgesamt eine stimmige Gestaltung, die für mich jedoch ein wenig zu kitschig ist.


Erster Satz: "Bitte sag mir, dass jedes Mädchen da drin volljährig ist"


Wir platzen ohne Prolog oder Vorwort in das scheinbar unbesorgte Partyleben des berühmten Rockstars und Mädchenschwarms Oakley Ford, den das Leben als Celebrity mit jedem Tag mehr abstumpft, wenn die Begeisterung der Massen seine eigene Stimme übertönt. Kein Wunder dass der begabte Musiker seit zwei Jahren kein neues Album mehr herausgebracht hat, unter einer Kreativblockade leidet und außer Skandalen keine Schlagzeilen mehr produziert. Als eine Chance auf die Zusammenarbeit mit dem bekannten Musikproduzenten Donovan King anklopft, auf die er schon seit einer Ewigkeit wartet, stellt ihn sein Manager Jim vor ein Ultimatum: er muss sich ein besseres Image verschaffen und endlich erwachsen werden, oder sein Stern am Promihimmel ist schon wieder verglüht, bevor er überhaupt richtig aufgestiegen war. Als der Star widerwillig zustimmt, besorgt ihm sein PR-Team eine Fake Freundin, die als "ganz normales Mädchen von nebenan" für ein Jahr die Frau an seiner Seite sein soll, um mit einer unschuldigen und süßen Liebesgeschichte seinen Ruf zu verbessern.
Mit Vaughn Bennett, der Schwester einer Angestellten in der Presseagentur Jims, findet Oakleys Team dann die perfekte Kandidatin. Als Waisenkind, das zusammen mit ihrer älteren Schwester ihre beiden jüngeren Brüder großzieht, ist sie eine Verkörperung von Unschuld und Anstand. Um ihre finanzielle Lage aufzubessern, ihren Brüdern eine Collegeausbildung zu ermöglichen und ihre Schwester zu entlasten, willigt sie schließlich ein, unwissend, wie sehr diese Entscheidung ihr Leben verändern wird...


"Die Hälfte aller Male, die du den Mund aufmachst, würde ich die am liebsten eine Ohrfeige geben." Vaughn lächelt mich verlegen an. "Aber wenn du singst, ... dann fällt es mir wirklich schwer, dich zu hassen."


Eigentlich bekommen wir hier den Inbegriff eines typischen Young Adult Romans mit Bad Boy und normalem Mädchen vorgesetzt. Und wie erwartet: die Geschichte steckt auch voller Klischees und Oberflächlichkeit und verrät schon auf den ersten zwanzig Seiten ihren Ausgang. Doch da gibt es etwas, was die Geschichte von den anderen Rockstarromanzen abhebt. Auf der ungewöhnlichen Basis einer Fake-Beziehung entwickelt sich langsam und authentisch eine zarte, brave Beziehung zwischen den beiden. Es gibt kein dramatisches Hin-und-Her, keine unlogischen Liebe-auf-den-ersten-Blick-Szenarien und auch keine wilden Liebesszenen. Während die beiden von Paparazzi umschwärmt werden, täglich ein Liebes- und Shitstorm in den sozialen Netzwerken über die beiden hinwegfegt und eine gesellschaftliche Kluft die beiden trennt, nähern sie sich langsam an, bis zwischen den beiden Gefühle entstehen, die eine kleine reale, wahrhaftige Insel in all dem Fake und Schein der Promiwelt darstellt.


"Das hier ist keine Show. Es ist echt und schrecklich und wundervoll zugleich."


Die hohe Anziehungskraft der Geschichte resultiert dabei weniger aus handlungsbezogenen Spannungsbögen sondern resultieren eher aus der prickelnden Mischung von
Glamour, High Society, den Schattenseiten des Ruhms, unmöglicher Leidenschaft und ungeahnter Verletzlichkeit. Der Schreibstil der beiden Autorinnen ist dabei unauffällig durchschnittlich und liest sich leicht und flüssig. An manchen Stellen kommt der Lesefluss jedoch gelegentlich ins Stocken, was aber auch an der Übersetzung liegen könnte.

Erzählt werden die Kapitel abwechselnd aus der Sicht von Vaughn und Oakley, was durch ein großes Wasserzeichen mit der Aufschrift "Er" oder "Sie" deutlich gemacht wird. Durch die Ich-Perspektiven auf beiden Seiten bekommen wir alle Gefühle und Gedanken hautnah mit, die Möglichkeit, Gefühle einer der beiden Protagonisten vor dem Leser zu verstecken, um irgendwelche Wendungen hervorrufen zu können ist damit jedoch nur auf das Aussetzen der Erzählperspektive beschränkt. Dadurch ist schon von Anfang an klar, in welche Richtung sich die Story entwickeln wird und auch die herzlose Bad-Boy-Fassade Oakleys lässt sich vor den Lesern nicht lange halten. Dadurch erscheinen beide Charaktere nicht besonders tiefgründig und entwickeln sich auch nicht groß weiter. Man erfährt außerhalb der Handlungsebene, die sich vor allem auf die Beziehung zwischen Oakley und Vaughn bezieht, nicht besonders viel über die Charaktere und auch andere Figuren bleiben eher blass. Bei Young Adult Geschichten ist das jedoch leider häufig so, weshalb ich gar nicht groß etwas anderes erwartet habe. Wenn man realistische und gut ausgearbeitete Charakterstudien oder knisternde Spannung haben will, muss man einfach in einem anderen Genre suchen. Dafür wartet dieses Genre mit intensiven Emotionen auf. So auch hier: ich musste Oakley und Vaughn einfach sofort ins Herz schließen und mit fiebern, auch wenn mein Verstand kritisch herumgemäkelt hat.


"Sie verändert dich" Ich ignoriere ihn einfach und schreibe weiter, dass mein Herz ein Schrottplatz ist, in dem lauter nutzlose, verbrannte Teile herumliegen. "So was schaffen nur ganz besondere Menschen"


Für Vaughn hatte das Leben bisher erst wenig Zucker bereit: sie hat bereits früh ihre Eltern verloren und versucht seitdem gemeinsam mit ihrer älteren Schwester und ihren jüngeren Zwillingsbrüdern über die Runden zu kommen. Halt findet sie bei ihrem Freund W, der immer für sie da ist, dafür aber auch Gegenleistungen erwartet. In Oakley sieht sie zuerst einen verwöhnten Idioten und kann ihn nicht ausstehen, langsam merkt sie jedoch, dass auch er mit seinem Leben nicht glücklich ist und dass berühmt-sein harte Arbeit ist. Mit ihrer naiven, aufrichtigen und doch starken Art schleicht sich langsam in sein Herz, da sie vor allem eines ist: real, echt, ungekünstelt. Auffallend ist bei ihrem Charakter, dass wir nur sehr wenig über sie erfahren, was über die Handlung herausgeht. Was sind ihre Hobbies, wovor hat sie am meisten Angst, wovon träumt sie? Sie ist und bleibt das durchschnittliche, nette Mädchen, dass alle in ihr sehen. Gerade weil sie jedoch nicht besonders umwerfend aussieht, einen brillanten Stil hat oder über hervorragende Talente verfügt, können wir uns als Leser sehr gut mit ihr identifizieren.


"Du hast gesagt, dass in deinem Leben alles fake ist. Aber das sind wir nicht. Wir beide sind echt. Das zwischen uns ist verdammt echt."


In Oakley trifft Vaughn auf einen Charakter, der zwar gegensätzlicher nicht sein könnte, sie jedoch ganz wunderbar ergänzt und in ihr etwas ganz Neues sieht. Der hochgelobte Musiker führt eigentlich ein absolutes Traumleben: er ist berühmt, kann sich jeden Luxus leisten, die ganze Welt liebt ihn und er kann seine kühnsten Träume verwirklichen. Dennoch merken wir relativ schnell, dass er im Grunde genommen recht unzufrieden mit seinem Leben ist, da der Ruhm auch eine Menge Einschränkungen mit sich bringt So kann er nie spontan irgendwo hinfahren, ohne dass er eine riesige Menschentraube um sich schert, er kann sich auf niemanden verlassen, weil alle in ihm nur eine Möglichkeit sehen, nach oben zu kommen oder für ihn schwärmen, ohne ihn wirklich zu kennen, er wird von der ganzen Welt geliebt und muss dennoch von denen Ablehnung erfahren, die ihm am Wichtigsten sind: seine stinkreichen und berühmten Eltern, mit denen er kaum Kontakt hat. Im Grunde ist er also relativ einsam und führt kaum ein reicheres Leben wie Vaughn. Als diese in ihr Leben tritt sieht er zuerst alles, was sie nicht ist: kein Model, keine Berühmtheit, kein Fan, doch als sie beginnt, mehr von ihm zu verlangen, als Rockstar zu sein, hinter seiner Fassade herumgräbt und erstaunlich andere Seiten an ihm zum Vorschein bringt, beginnt er sich zu fragen, was wirklich in ihm steckt.


"Es ist genauso, wie ich es mir immer gewünscht habe. Besser, als wenn fünfzigtausend Leute deinen Namen brüllen. Schöner, als ein ausverkaufter Madison Square Garden, in dem das Publikum deine Songtexte mitsingt. Herrlicher als der beste Song aller Zeiten."


So steuert die Geschichte gemächlich auf ein Happy End zu, woran auch die kaum einfallsreiche und unnötige Wendung vor Schluss nichts ändern kann. Im Gegenteil: die fragwürdige Entwicklung, die den Protagonisten in typischer Young Adult Manier scheinbar noch mal einen Stein in den Weg legt, wird dann viel zu schnell aufgelöst und hierlässt am Ende eine gerunzelte Stirn.


Fazit:

Auch diese Geschichte erfindet das Genre, in dem sie steht, keineswegs neu. Die Rockstarromanze kommt jedoch erstaunlich zart und brav daher und auf der ungewöhnlichen Basis einer Fake-Beziehung entwickelt sich langsam und authentisch eine ehrliche Liebe in all dem Fake und Schein unserer Gesellschaft. Kein Meisterwerk, jedoch unterhaltsam, mitreißend und mitfühlend erzählt

Veröffentlicht am 06.04.2018

Kein Meisterwerk, jedoch unterhaltsam, mitreißend und mitfühlend erzählt.

When it's Real – Wahre Liebe überwindet alles
0

Allgemeines:

Titel: When it´s real - Wahre Liebe überwindet alles
Autor: Erin Watt
Verlag: Piper (3. April 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3492061087
ISBN-13: 978-3492061087
ASIN: B077BVV3DT
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: When it´s real - Wahre Liebe überwindet alles
Autor: Erin Watt
Verlag: Piper (3. April 2018)
Genre: Young Adult
ISBN-10: 3492061087
ISBN-13: 978-3492061087
ASIN: B077BVV3DT
Originaltitel: When it's Real
Seitenzahl: 480 Seiten
Preis: 12,99€ (Broschiert)
9,99€ (Kindle-Edition)




Inhalt:

Unter normalen Umständen hätten sich Oakley und Vaughn wohl nie kennengelernt. Während sich die siebzehnjährige Vaughn seit dem Tod ihrer Eltern um ihre Geschwister kümmern muss, ist das Leben des neunzehnjährigen Oakley eine einzige Party. Als Popstar hat er sich nicht nur eine Bad-Boy-Attitüde zugelegt, sondern auch jede Menge Groupies. Dann beschließt sein Management, dass er dringend ein besseres Image braucht. Vaughn soll ein Jahr lang Oakleys Freundin spielen. Doch die beiden können sich auf den Tod nicht ausstehen. Während die gesamte Presse rätselt, wer das neue Mädchen an Oakleys Seite ist, muss sich Vaughn fragen: Kann sie sich selbst treu bleiben in dieser Welt voller Glitzer, Glamour und Gerüchte?


Bewertung:

Zum Ende meiner lang ersehnten Ferien habe ich noch dringend eine schöne, kitschige Liebesgeschichte gebraucht. Als ich im Verlagsprogramm von Piper "When it´s real" vom Autorenduo Erin Watt gefunden habe, habe ich beschlossen, den zweien eine Chance zu geben und mir das Buch angefragt. Aufgrund der grenzwertigen Geschichte von der "Paper"-Reihe, habe ich von Erin Watt bislang eher Abstand gehalten. Mit ihrem neuen Einzelband über die Liebe zwischen einem Rockstar und einem gewöhnlichen Mädchen haben die beiden bewiesen, dass sie auch etwas ruhigere und einfühlsamere Young Adult Romane schreiben können. Ich habe die Geschichte an einem einzigen Mittag weggelesen und auch wenn ich einige Kritikpunkte anzubringen habe, ist die Geschichte doch überraschend mitreißend und authentisch.

Das Cover ist für meinen Geschmack eine Spur zu kitschig. Wunderbar verträumt wirkt der türkisgrüne Hintergrund mit den helleren Lichtpunkten und auch die sprühenden Funken der Wunderkerze passen schön ins Bild. Das goldene Herz, das aus vielen einzelnen Glitter-Partikeln besteht, ging mir dann aber doch eine Spur zu weit. Da gefällt mir das Orginalcover, das im Grunde dasselbe Motiv zeigt - eine herzförmige Wunderkerze vor einem blauen Himmel - viel besser. Auch der Untertitel ist für mich nicht besonders passend. Gleich auf dem Cover von "wahrere Liebe" zu reden finde ich sowieso immer ein wenig fragwürdig und so viel zum Überwinden wird den beiden Protagonisten hier auch nicht vorgesetzt. Anfangs war ich auch von dem Haupttitel gar nicht begeistert. Im letzten Drittel des Buches wird jedoch klar, worauf sich der Titel bezieht: ein Song, den Oakley für seine Angebetete schreibt. Eine Besonderheit in der inneren Gestaltung des Romans sind die Auszüge aus sozialen Netzwerkkanälen, wie Fankommentare oder Beiträge von Promi-Blogs, die zu jedem Kapitelbeginn die Geschehnisse kommentieren und somit die Durchsichtigkeit der Geschehnisse verdeutlicht.
Insgesamt eine stimmige Gestaltung, die für mich jedoch ein wenig zu kitschig ist.


Erster Satz: "Bitte sag mir, dass jedes Mädchen da drin volljährig ist"


Wir platzen ohne Prolog oder Vorwort in das scheinbar unbesorgte Partyleben des berühmten Rockstars und Mädchenschwarms Oakley Ford, den das Leben als Celebrity mit jedem Tag mehr abstumpft, wenn die Begeisterung der Massen seine eigene Stimme übertönt. Kein Wunder dass der begabte Musiker seit zwei Jahren kein neues Album mehr herausgebracht hat, unter einer Kreativblockade leidet und außer Skandalen keine Schlagzeilen mehr produziert. Als eine Chance auf die Zusammenarbeit mit dem bekannten Musikproduzenten Donovan King anklopft, auf die er schon seit einer Ewigkeit wartet, stellt ihn sein Manager Jim vor ein Ultimatum: er muss sich ein besseres Image verschaffen und endlich erwachsen werden, oder sein Stern am Promihimmel ist schon wieder verglüht, bevor er überhaupt richtig aufgestiegen war. Als der Star widerwillig zustimmt, besorgt ihm sein PR-Team eine Fake Freundin, die als "ganz normales Mädchen von nebenan" für ein Jahr die Frau an seiner Seite sein soll, um mit einer unschuldigen und süßen Liebesgeschichte seinen Ruf zu verbessern.
Mit Vaughn Bennett, der Schwester einer Angestellten in der Presseagentur Jims, findet Oakleys Team dann die perfekte Kandidatin. Als Waisenkind, das zusammen mit ihrer älteren Schwester ihre beiden jüngeren Brüder großzieht, ist sie eine Verkörperung von Unschuld und Anstand. Um ihre finanzielle Lage aufzubessern, ihren Brüdern eine Collegeausbildung zu ermöglichen und ihre Schwester zu entlasten, willigt sie schließlich ein, unwissend, wie sehr diese Entscheidung ihr Leben verändern wird...


"Die Hälfte aller Male, die du den Mund aufmachst, würde ich die am liebsten eine Ohrfeige geben." Vaughn lächelt mich verlegen an. "Aber wenn du singst, ... dann fällt es mir wirklich schwer, dich zu hassen."


Eigentlich bekommen wir hier den Inbegriff eines typischen Young Adult Romans mit Bad Boy und normalem Mädchen vorgesetzt. Und wie erwartet: die Geschichte steckt auch voller Klischees und Oberflächlichkeit und verrät schon auf den ersten zwanzig Seiten ihren Ausgang. Doch da gibt es etwas, was die Geschichte von den anderen Rockstarromanzen abhebt. Auf der ungewöhnlichen Basis einer Fake-Beziehung entwickelt sich langsam und authentisch eine zarte, brave Beziehung zwischen den beiden. Es gibt kein dramatisches Hin-und-Her, keine unlogischen Liebe-auf-den-ersten-Blick-Szenarien und auch keine wilden Liebesszenen. Während die beiden von Paparazzi umschwärmt werden, täglich ein Liebes- und Shitstorm in den sozialen Netzwerken über die beiden hinwegfegt und eine gesellschaftliche Kluft die beiden trennt, nähern sie sich langsam an, bis zwischen den beiden Gefühle entstehen, die eine kleine reale, wahrhaftige Insel in all dem Fake und Schein der Promiwelt darstellt.


"Das hier ist keine Show. Es ist echt und schrecklich und wundervoll zugleich."


Die hohe Anziehungskraft der Geschichte resultiert dabei weniger aus handlungsbezogenen Spannungsbögen sondern resultieren eher aus der prickelnden Mischung von
Glamour, High Society, den Schattenseiten des Ruhms, unmöglicher Leidenschaft und ungeahnter Verletzlichkeit. Der Schreibstil der beiden Autorinnen ist dabei unauffällig durchschnittlich und liest sich leicht und flüssig. An manchen Stellen kommt der Lesefluss jedoch gelegentlich ins Stocken, was aber auch an der Übersetzung liegen könnte.

Erzählt werden die Kapitel abwechselnd aus der Sicht von Vaughn und Oakley, was durch ein großes Wasserzeichen mit der Aufschrift "Er" oder "Sie" deutlich gemacht wird. Durch die Ich-Perspektiven auf beiden Seiten bekommen wir alle Gefühle und Gedanken hautnah mit, die Möglichkeit, Gefühle einer der beiden Protagonisten vor dem Leser zu verstecken, um irgendwelche Wendungen hervorrufen zu können ist damit jedoch nur auf das Aussetzen der Erzählperspektive beschränkt. Dadurch ist schon von Anfang an klar, in welche Richtung sich die Story entwickeln wird und auch die herzlose Bad-Boy-Fassade Oakleys lässt sich vor den Lesern nicht lange halten. Dadurch erscheinen beide Charaktere nicht besonders tiefgründig und entwickeln sich auch nicht groß weiter. Man erfährt außerhalb der Handlungsebene, die sich vor allem auf die Beziehung zwischen Oakley und Vaughn bezieht, nicht besonders viel über die Charaktere und auch andere Figuren bleiben eher blass. Bei Young Adult Geschichten ist das jedoch leider häufig so, weshalb ich gar nicht groß etwas anderes erwartet habe. Wenn man realistische und gut ausgearbeitete Charakterstudien oder knisternde Spannung haben will, muss man einfach in einem anderen Genre suchen. Dafür wartet dieses Genre mit intensiven Emotionen auf. So auch hier: ich musste Oakley und Vaughn einfach sofort ins Herz schließen und mit fiebern, auch wenn mein Verstand kritisch herumgemäkelt hat.


"Sie verändert dich" Ich ignoriere ihn einfach und schreibe weiter, dass mein Herz ein Schrottplatz ist, in dem lauter nutzlose, verbrannte Teile herumliegen. "So was schaffen nur ganz besondere Menschen"


Für Vaughn hatte das Leben bisher erst wenig Zucker bereit: sie hat bereits früh ihre Eltern verloren und versucht seitdem gemeinsam mit ihrer älteren Schwester und ihren jüngeren Zwillingsbrüdern über die Runden zu kommen. Halt findet sie bei ihrem Freund W, der immer für sie da ist, dafür aber auch Gegenleistungen erwartet. In Oakley sieht sie zuerst einen verwöhnten Idioten und kann ihn nicht ausstehen, langsam merkt sie jedoch, dass auch er mit seinem Leben nicht glücklich ist und dass berühmt-sein harte Arbeit ist. Mit ihrer naiven, aufrichtigen und doch starken Art schleicht sich langsam in sein Herz, da sie vor allem eines ist: real, echt, ungekünstelt. Auffallend ist bei ihrem Charakter, dass wir nur sehr wenig über sie erfahren, was über die Handlung herausgeht. Was sind ihre Hobbies, wovor hat sie am meisten Angst, wovon träumt sie? Sie ist und bleibt das durchschnittliche, nette Mädchen, dass alle in ihr sehen. Gerade weil sie jedoch nicht besonders umwerfend aussieht, einen brillanten Stil hat oder über hervorragende Talente verfügt, können wir uns als Leser sehr gut mit ihr identifizieren.


"Du hast gesagt, dass in deinem Leben alles fake ist. Aber das sind wir nicht. Wir beide sind echt. Das zwischen uns ist verdammt echt."


In Oakley trifft Vaughn auf einen Charakter, der zwar gegensätzlicher nicht sein könnte, sie jedoch ganz wunderbar ergänzt und in ihr etwas ganz Neues sieht. Der hochgelobte Musiker führt eigentlich ein absolutes Traumleben: er ist berühmt, kann sich jeden Luxus leisten, die ganze Welt liebt ihn und er kann seine kühnsten Träume verwirklichen. Dennoch merken wir relativ schnell, dass er im Grunde genommen recht unzufrieden mit seinem Leben ist, da der Ruhm auch eine Menge Einschränkungen mit sich bringt So kann er nie spontan irgendwo hinfahren, ohne dass er eine riesige Menschentraube um sich schert, er kann sich auf niemanden verlassen, weil alle in ihm nur eine Möglichkeit sehen, nach oben zu kommen oder für ihn schwärmen, ohne ihn wirklich zu kennen, er wird von der ganzen Welt geliebt und muss dennoch von denen Ablehnung erfahren, die ihm am Wichtigsten sind: seine stinkreichen und berühmten Eltern, mit denen er kaum Kontakt hat. Im Grunde ist er also relativ einsam und führt kaum ein reicheres Leben wie Vaughn. Als diese in ihr Leben tritt sieht er zuerst alles, was sie nicht ist: kein Model, keine Berühmtheit, kein Fan, doch als sie beginnt, mehr von ihm zu verlangen, als Rockstar zu sein, hinter seiner Fassade herumgräbt und erstaunlich andere Seiten an ihm zum Vorschein bringt, beginnt er sich zu fragen, was wirklich in ihm steckt.


"Es ist genauso, wie ich es mir immer gewünscht habe. Besser, als wenn fünfzigtausend Leute deinen Namen brüllen. Schöner, als ein ausverkaufter Madison Square Garden, in dem das Publikum deine Songtexte mitsingt. Herrlicher als der beste Song aller Zeiten."


So steuert die Geschichte gemächlich auf ein Happy End zu, woran auch die kaum einfallsreiche und unnötige Wendung vor Schluss nichts ändern kann. Im Gegenteil: die fragwürdige Entwicklung, die den Protagonisten in typischer Young Adult Manier scheinbar noch mal einen Stein in den Weg legt, wird dann viel zu schnell aufgelöst und hierlässt am Ende eine gerunzelte Stirn.


Fazit:

Auch diese Geschichte erfindet das Genre, in dem sie steht, keineswegs neu. Die Rockstarromanze kommt jedoch erstaunlich zart und brav daher und auf der ungewöhnlichen Basis einer Fake-Beziehung entwickelt sich langsam und authentisch eine ehrliche Liebe in all dem Fake und Schein unserer Gesellschaft. Kein Meisterwerk, jedoch unterhaltsam, mitreißend und mitfühlend erzählt.

Veröffentlicht am 15.03.2018

Spannend, schonungslos und sadistisch!

Fanatisch
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Allgemeines:

Titel: Fanatisch
Autor: Patricia Schröder
Verlag: Coppenrath (5. Februar 2018)
Genre: Thriller
ISBN-10: 3649624540
ISBN-13: 978-3649624547
ASIN: B079C1LNXZ
Seitenzahl: 368 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Fanatisch
Autor: Patricia Schröder
Verlag: Coppenrath (5. Februar 2018)
Genre: Thriller
ISBN-10: 3649624540
ISBN-13: 978-3649624547
ASIN: B079C1LNXZ
Seitenzahl: 368 Seiten
Preis: 12,99€ (Kindle-Edition)
17,95€ (Gebundene Ausgabe)



Inhalt:

„Stelle dich niemals gegen den göttlichen Willen! Es könnten furchtbare Dinge geschehen.“

Sechs Mädchen verschwinden spurlos und kehren nach sechs Tagen völlig unvermittelt nach Hause zurück – in einheitlicher Kleidung, mit einer genähten Wunde an der Hand und alle sechs schweigen beharrlich. Religiöse Fanatiker haben sie auf grausame Weise biblischen Ritualen unterzogen. Nara ist eine der Geiseln gewesen und auch sie darf kein Wort sprechen. Denn der Entführer hat gedroht, ihrem Bruder etwas anzutun. Doch warum wurde gerade sie auserwählt? Langsam erkennt Nara, dass ihr Martyrium Teil eines größeren Plans ist, in dem sie eine besondere Rolle spielt. Und nur wenn sie es rechtzeitig schafft, sich in die fanatische Gedankenwelt des Täters zu vertiefen, kann sie das große angekündigte Unheil verhindern.


Bewertung:


Nachdem ich mit Begeisterung den Jugendbuchbestseller "Blind Walk" und die "Meeresflüstern"-Trilogie von Patrica Schröder geschrieben hat, womit sie nach zahlreichen Kinderbüchern auch im Jugendbuch Genre Erfahrungen sammelte, musste ich den neuen Thriller von ihr natürlich auch lesen. Der Klapptext wies auf eine spannende, beklemmende Sekten-Geschichte hin, was die Story dann auch gehalten hat.


„Du bist schuldig. Du musst büßen.“



Das Cover ist mit dem dunkel-violetten Hintergrund und den hellen Lichteffekten zwar nicht besonders reich an verschiedenen Motiven, hat jedoch durchaus Atmosphäre. Gerade in Verbindung mit dem dunklen, großen Titel und dem weißen Kreuz, dass als "T" des Schriftzuges fungiert, entsteht schon gleich eine dynamische, bedrohliche Stimmung. Der Titel passt auch ganz wunderbar. Unter dem Einband ist die gebundene Ausgabe in einem einfachen lila-grau-Ton gehalten. Große Überschriften, die entweder die Zeit oder die gerade anstehende Gabe ankündigen, unterteilen die Geschichte in mittellange Abschnitte. Kapitel im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Durch gelegentliche Mails, Textnachrichten oder Zeitungsartikel wird der Erzählstil etwas aufgelockert.

Erster Satz: "Es gibt Dinge, die darf man nicht den falschen Leuten überlassen."

Mit einem kurzen Prolog aus der erfrischenden Du-Perspektive erfahren wir von dem Plan eines religiösen Fanatikers, die Ketzer zu strafen und ein Zeichen der Herrlichkeit Gottes in die Welt zu tragen. Was diese pathetischen Worte mit der jungen Protagonistin Nara zu tun haben, wird zuerst nicht klar. Die iranisch stämmige Deutsche lebt den ganz normaler Alltag eines Teenagers: Schule, erste Liebe, Freundschaften, Familie - alles scheint einen gewohnten und harmlosen Gang zu nehmen. Als eines Tages ein Zettel droht, dass schlimme Dinge geschehen werden, wenn sie sich gegen den göttlichen Willen stellt, ist sie erst versucht, das als harmlosen Streich abzutun. Das Verschwinden ihres Hundes Mister Ibrahim, weitere Drohungen und Textnachrichten mit Andeutungen über den kommenden Tod ihres kleinen Bruders Sinan sprechen aber eine ganz andere Sprache. Um dem ganze ein Ende zu setzen und die Gefahr von Sinan abzuwenden, folgt sie schließlich der Anweisung, sich um 1 Uhr am 19. Juli in einem verlassenen Stadtgebiet auf ein Treffen einzulassen und kreuzt dort mit ihrem Sandkastenfreund Jamie auf. Bevor sie jedoch irgendetwas herausfinden kann, bekommt sie eins übergebraten und wacht erst wieder in einem dunkeln Verlies auf, wo außer der Dunkelheit, der klaustrophobische Enge und körperlichen Bedürfnissen wie Hunger und Durst vor allem eines quält: die Ungewissheit und die Angst, einer verrückten Gruppe hilflos ausgeliefert zu sein...


"Ja, ich bin sentimental. Vor allem aber bin ich innerlich wund. Niemals hätte ich gedacht, dass die Seele so sehr schmerzen kann. Es ist kein Herzensleid, sondern geht viel tiefer. So tief, dass ich nicht bis auf den Grund zu sehen vermag."


Bevor man es überhaupt richtig wahrnehmen konnte, wurde aus dem harmlosen, ruhigen Teenageralltag, mit dem wir in die Geschichte starteten, ein immer bedrohlicher und beklemmender erscheinendes Szenario. Schließlich landen wir als Leser in einem dunklen, quadratischen Raum und müssen uns mit Nara der Willkür der Entführer stellen und darum kämpfen, nicht an der Stille und dem Alleinsein in dem Gefängnis zu zerbrechen. Was nach wenigen Tagen noch als pure Grausamkeit aussieht, nimmt bald ein genaueres Muster an und Nara beginnt einen Plan zu erahnen, den die Entführer mit ihnen durchführen wollen. Einen Plan, der es vorsieht, sie von ihrer Schuld reinzuwaschen, in dem sie die 6 entführten Mädchen den Werken der Barmherzigkeit unterziehen...

Szenarien, in denen Religionen von Manischen als Vorschub benutzt werden und hingebungsvoller Glaube zum Fanatismus wird, haben immer eine ganz eindringliche Tragik an sich. Auch wenn die Idee nicht vollständig neu ist, wird hier mit den Werken der Barmherzigkeit eine neue Dimension aufgerollt. Mit den sechs Gaben, an denen man als Mensch laut der christlichen Lehre vor dem Weltenrichter am jüngsten Tag gemessen wird, rollt die Autorin einen wichtigen Grundsatz des christlichen Glaubens aus. Was aber ursprünglich als barmherzige Akte der Nächstenliebe gedacht war, wird hier auf ekelhafte Weise pervertiert. Für jede der sechs Gaben haben die Entführer eine kleine feine Überraschung für die sechs Mädchen parat: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Fremde aufnehmen, Nackte Kleiden, Gefangene besuchen, klingt ja im Grunde alles ganz nett, doch was wird geschehen, wenn die siebte Gabe in die Tat umgesetzt wird: Tote begraben?


"Jamie?" Zitternd lauschte ich in die Dunkelheit. Wenn da noch jemand war - müsste ich ihn dann nicht hören?
Aber da war nichts.
Kein Atmen.
Kein Stöhnen.
Keine Antwort.
Er ist nicht da, Nara. Du bist allein."


Der Geschichte besticht vor allem durch die Gefühle der Protagonisten und wird durch die erdrückende, beklemmende Atmosphäre vorangetrieben. Die Spannung entsteht hier weniger durch die Handlung. Der Zeitungsartikel zu Beginn zum Beispiel greift schon einen Teil der Handlung vor und auch der Klapptext verrät schon über zwei Drittel der Handlung, das macht jedoch weiter nichts, da es vorrangig um die Gefühle bei der Handlung geht. Demnach ist die primäre Spannungsquelle nicht, ob sie es schafft, aus ihrem Gefängnis zu entkommen, da schon von Beginn an feststeht, dass die Mädchen nach 6 Tagen freigelassen werden sondern viel mehr, wer nun hinter der Entführung steckt, wie Nara damit umgeht und es schafft, auch weiterhin den Beeinflussungen der Fanatikern zu entkommen. Auch wenn ich schon von Beginn an einen Verdacht hatte (der sich am Ende auch leider bestätigt hat), weiß Patricia Schröder uns durch gezielte Irreführungen und Wendungen geschickt in eine falsche Richtung zu lenken.


"Sie hat schon immer gelogen, wenn es nützlich für sie war. Sich nicht um die Gebote geschert und sich schuldig gemacht. Aber das wird sich nun ändern. Jetzt, da du den Sinn hinter all dem, den göttlichen Plan und deine Bestimmung erkannt hast.
Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub."


Der jugendliche und erfahrene Sprachstil der Autorin ermöglicht ein schnelles Lesen und die einfachen aber eindringlichen Dialoge versetzen ohne Umschweife in die jeweils präsentierte Situation. Dabei nimmt Patricia Schröder in ihrer Wortwahl und Schilderung kein Blatt vor den Mund, sondern beschreit ganz ungeschönt die Umstände der Gefangenschaft. Wenn sich dabei die Gefangenen erbrechen müssen oder tagelang in ihren eigenen Exkrementen liegen, wird auch das nicht schnell abgetan, sondern als Element genutzt, um dem Leser die volle Tragweite der Schonungslosigkeit der Entführer zu zeigen.


"Wer tat uns so etwas an? Und warum? Womit hatte meine Familie das verdient? Nein, falsch! - Was hatte ich verbrochen, dass ich jemand glaubte, meiner Familie so sehr wehtun zu müssen?"
(...) Das war erst der Anfang"


Wie schon erwähnt erzählt hier vorrangig Nara aus der Ich-Perspektive von ihren Erlebnissen, wodurch wir als Leser ganz nah an denn Ereignissen dran sind. Wir erfahren aus erster Hand, wie sehr sie mit ihrer Angst zu kämpfen hat - Angst um ihre Familie, Angst vor ihrer Schuld, Angst vor der Allmacht ihrer Peiniger und schließlich auch Angst davor, herauszufinden, wer wirklich dahintersteckt. Ihre tapfere, manchmal zornige und doch rationale Art, mit der Situation umzugehen, verhindert eine Überdramatisierung und ein Abrutschen der Geschichte ins Makabre. Manchmal ist die Intensität ihrer Angst und Verzweiflung schier überwältigend und man bewundert die 17-jähirge ein Stück weit für ihre Stärke, sich nicht zerbrechen zu lassen. Auch wenn sie manchmal Dinge tut, die nicht rational sind, kann man ihre Empfindungen in fast allen Belangen gut nachempfinden und mit ihr leiden und bangen.


"Sinan", krächzte ich, umschlang meine Knie und schloss die Augen. Mein kleiner, lieber, süßer Bruder. "Charlie." Du Beste, Schönste und Verrückteste von allen. "Mam", wisperte ich und wiegte mich sanft hin und her. "Pa." Oh mein Gott, wie sehr ich euch vermisse!!"


Etwas schade ist, dass viele Nebenfiguren nur grob charakterisiert und schnell wieder übergangen werden. So erfahren wir nicht besonders viel über die Schicksale der anderen 5 Mädchen, während Charlotte als die typische beste Freundin und Jamie als der wunderbare Sandkastenfreund abgestempelt werden. In Anbetracht der späteren Entwicklung dieser Freundschaften, hätte eine genauere Betrachtung vielleicht schon Sinn gemacht. Was wiederum sehr spannend ist, sind die zwei anderen Perspektiven, die hier zeitweise angeführt werden. Die oben schon genannte Du-Perspektive bildet eine erfrischende Abwechslung zu den sonstigen konventionellen Erzählformen und konfrontiert den Leser immer wieder mit abgedrehten Weitsichten und hinterlistigen Plänen, die einem gestörten Glauben entspringen, während die Er-Perspektive hier das große Rätsel darstellt. Da keine Namen genannt werden, wird in der letzteren Erzählhandlung nur von einem weiteren Gefangenen berichtet, der seinen Peiniger offenkundig kennt. Von Anfang an ist klar, dass einer der beiden Jamie sein muss und der andere Tobias Herrmann, welche der beiden Perspektiven nun wer auskleidet, bleibt jedoch offen...


"Am Ende lag die Entscheidung bei dir: Gott oder Satan. Du hast Letzteren gewählt. Und so blieb mir keine andere Wahl, als über das Zeichen der sechs Werke der Barmherzigkeit hinaus noch eine siebte hinzuzufügen, die gnädigste aller Gaben: die Erlösung im Licht."


Am Ende angelangt kann ich sagen, dass der Thriller neben all der Spannung und den abgedrehten Weltverbesserer-Ideen der Sekte vor allem leise gegen Fremdenhass, Islamophobie und für mehr Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Kulturen wirbt. Und auch wenn die Hintergründe der Geschichte am Ende viel zu schnell und überstürzt geklärt werden und ich mir eine ausführlichere Auflösung und einen spektakuläreren Showdown gewünscht hätte, bleibt am Schluss ein beklemmendes Gefühl.


Fazit:

Ein beklemmender Jugendthriller, welcher auf eindrückliche Art die möglichen Folgen von Fanatismus, Fremdenhass und Islamophobie verdeutlicht. Spannend, schonungslos und sadistisch, wenn auch nicht ohne Schwächen.