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Veröffentlicht am 30.04.2022

Ein charmant erzählter Jugendroman mit einer tollen Sommeratmosphäre!

Der Geschmack von Glück
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"Der Geschmack von Glück" von Jennifer E. Smith hat gestern, am 28.04. seinen Buchgeburtstag gefeiert. Nun ja zumindest auf dem Papier, denn diese neue Ausgabe ist bloß eine Neuauflage der bereits 2013 ...

"Der Geschmack von Glück" von Jennifer E. Smith hat gestern, am 28.04. seinen Buchgeburtstag gefeiert. Nun ja zumindest auf dem Papier, denn diese neue Ausgabe ist bloß eine Neuauflage der bereits 2013 erschienen Geschichte von Graham und Ellie mit neuem Cover. Doch neu oder nicht - der Young Adult-Roman hat mir die letzten beiden Tage meine Zugfahrten versüßt, sodass ich nun absolut verstehen kann, weshalb das Buch international so erfolgreich war und in verschiedenen Ausgaben immer wieder neu aufgelegt wurde: auch wenn man über Figuren, Handlung und Tiefe sagen kann, was man will, ist "Der Geschmack von Glück" einfach eine wahnsinnig charmante und süße Sommerromanze!!!

Beginnen wir doch aber wie immer beim Cover. Anders als auf den vorherigen Ausgaben ist auf der Neuauflage vor einem pastelligen Farbverlaufs-Hintergrund eine Eiswaffel zu sehen, in der drei verschiedenfarbige Kugeln Eis in Herzform sitzen. Zusätzlich zum Titel in geschwungenen Buchstaben sind bunte Farbkleckse und kleine Herzen auf dem Cover verteilt und verbreiten gleich eine sommerliche Stimmung. Innerhalb der Buchdeckel ist die Gestaltung sehr schlicht gehalten und sticht nur durch gelegentlich eingeflochtene Emails und Textnachrichten hervor, welche sich Graham und Ellie während der 368 Seiten hin und her schicken. Mittlerweile ist diese Idee in einer Vielzahl von modernen Jugendbüchern vertreten, zum Ersterscheinungstermin 2013 waren die abgedruckten Mails aber eine neue Idee.

Erste Sätze: "Im Grunde war es wie ein Zirkus, und der Tross zog auch so in die Stadt ein. Nur dass statt der Elefanten und Giraffen Kameras und Mikrophone kamen. Und statt der Clowns, Käfige und Hochseile gab es Produktionsassistenten, Wohnwagen und meterweise dicke Kabel."

Leider verhält es sich mit dem groben Aufbau der Handlung genauso. Das Handlungskonzept "Schauspielstar-trifft-auf-Kleinstadt-Mädchen-die-seine-Brieffreundin-war-ohne-es-zu-wissen" ist auf den ersten Blick bekannt und demnach auch recht vorhersehbar. Mir fallen spontan gleich drei Jugendbücher ein, die eine ähnliche Geschichte erzählen, wobei man natürlich zur Verteidigung von Jennifer E. Smith darauf hinweisen muss, dass die Motive zum damaligen Veröffentlichungszeitpunkt wohl noch etwas weniger plattgetreten waren. Trotzdass die Handlung mich also weder besonders überrascht noch wirklich mitgerissen hat, ist "Der Geschmack von Glück" mit so viel Charme und Witz erzählt, dass man über seichte Konflikte und plätschernde Szenen wunderbar hinwegsehen kann. Ich hatte zuvor noch nichts von der Autorin gelesen, wurde aber sehr schnell von ihrem eingängigen, lockeren Schreibstil mit amüsanten Dialogen und lebendigen Schauplatzbeschreibungen eingenommen. Jennifer E. Smith entführt hier in eine sommerliche Kleinstadt an der Küste von Maine und kreiert eine lebendige Atmosphäre, in der zwischen Strand, Sonnencreme, Dreharbeiten und Schmetterlingen im Bauch alles möglich scheint. Die Geschichte hinterlässt also - wenn schon keinen inhaltlichen Eindruck - jede Menge schöne Bilder des Settings und ein süßer Nachgeschmack auf der Zunge!

"Meine Vorstellung von Glück ... Sonnenaufgänge über dem Hafen. Eiscreme an einem heißen Tag. Das Geräusch von Wellen am Ende der Straße. Wenn sich mein Hund neben mir am Sofa einrollt. Abendspaziergänge. Tolle Filme. Gewitter. Ein guter Cheeseburger. Freitage. Samstage. Sogar Mittwoche. Die Zehen ins Wasser stecken. Pyjamahosen. Flipflops. Schwimmen. Gedichte. Die Abwesenheit von Smileys in E-Mails."


Zusätzlich zu ihrem kurzweiligen Erzählstil nutzt Jennifer E. Smith einen allwissenden Erzähler, der sowohl Einblicke in Ellies als auch Grahams Gefühlswelt gewährt und dabei Themen wie Zukunft, Familie, Freundschaft, Geheimnisse und Identitätsfindung anspricht. Die beiden sind grundsätzlich solide und sympathische Figuren, die jedoch ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal vermissen lassen und wie zwei sehr durchschnittliche Teenager wirken. Besonders Ellie empfand ich als etwas austauschbar und war überrascht, dass mir ausgerechnet der Star Graham klischeefreier und runder vorkam. Auch die Nebenfiguren bleiben hier recht blass. Sowohl die Angestellten am Filmset als auch Grahams weiblicher Star-Sidekick, Ellies beste Freundin oder ihre Mutter nehmen nur eine kleine Nebenrolle ein und verschenken somit Potential.

Etwas mehr erhofft hatte ich mir auch von der Beziehung von Ellie und Graham, deren Liebe oder auch nur Nähe ich leider kaum gefühlt habe. Wir steigen wahnsinnig schnell nach nur wenigen einleitenden Mails mit der ersten Begegnung der beiden ein und lesen sofort von starken Gefühlen, die ich aber nur schlecht nachvollziehen konnte, da uns ein wichtiger Teil ihrer Geschichte verwehrt bleibt: ihre Annäherung durch die Emails. Ich hätte sehr gerne noch mehr vom Emailverkehr der beiden gelesen, um den Funken zwischen ihnen spüren und den Verlauf ihrer Begegnung besser nachvollziehen zu können. Schön ist an ihrer Beziehung und an der recht durchschnittlichen Charakterisierung der beiden aber, dass Jennifer E. Smith auf übertriebenes Drama, künstliche Liebesschwüre oder leere Versprechungen verzichtet, und stattdessen auf Authentizität setzt. Auch wenn die Verbindung der beiden eher subtil und nicht sofort spürbar ist, entwickelt sie sich in einem glaubhaften Rahmen und wird dadurch untermauert, dass beide mit offenen Karten spielen. Apropos offen: das Ende lässt eine Menge Fragen unbeantwortet und nimmt auch einige angerissene Handlungsstränge nicht mehr mit auf. Da es in Coming of Age Romanen ja aber immer um Anfänge geht und die Schwierigkeiten der Figuren beim in Einklang bringen ihrer Leben nicht in der Kürze glaubhaft aufgelöst hätte werden können, bin ich aber ganz zufrieden mit dem Ende, das sich die Autorin für unsere beiden Figuren überlegt hat. Wer sich nicht selbst überlegen möchte, wie es wohl mit Ellie und Graham weitergeht, kann ja auch noch die hundertseitige Novelle "Umwege zum Glück" lesen, die ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung spielt und von einem Wiedersehen erzählt.

"Es gibt unterschiedliche Formen des Glücks", sagte sie. "Manche brauchen keinen Beweis."


Fazit:


"Der Geschmack von Glück" ist ein charmant erzählter Jugendroman mit einer tollen Sommeratmosphäre! Jennifer E. Smiths Erzählung ist zuckersüß und erfrischend wie ein Eis im Sommer, verschenkt bei Figuren und Handlung jedoch Potential und lässt ein wenig Tiefe vermissen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.04.2022

Ein charmant erzählter Jugendroman mit einer tollen Sommeratmosphäre!

Der Geschmack von Glück
0

"Der Geschmack von Glück" von Jennifer E. Smith hat gestern, am 28.04. seinen Buchgeburtstag gefeiert. Nun ja zumindest auf dem Papier, denn diese neue Ausgabe ist bloß eine Neuauflage der bereits 2013 ...

"Der Geschmack von Glück" von Jennifer E. Smith hat gestern, am 28.04. seinen Buchgeburtstag gefeiert. Nun ja zumindest auf dem Papier, denn diese neue Ausgabe ist bloß eine Neuauflage der bereits 2013 erschienen Geschichte von Graham und Ellie mit neuem Cover. Doch neu oder nicht - der Young Adult-Roman hat mir die letzten beiden Tage meine Zugfahrten versüßt, sodass ich nun absolut verstehen kann, weshalb das Buch international so erfolgreich war und in verschiedenen Ausgaben immer wieder neu aufgelegt wurde: auch wenn man über Figuren, Handlung und Tiefe sagen kann, was man will, ist "Der Geschmack von Glück" einfach eine wahnsinnig charmante und süße Sommerromanze!!!

Beginnen wir doch aber wie immer beim Cover. Anders als auf den vorherigen Ausgaben ist auf der Neuauflage vor einem pastelligen Farbverlaufs-Hintergrund eine Eiswaffel zu sehen, in der drei verschiedenfarbige Kugeln Eis in Herzform sitzen. Zusätzlich zum Titel in geschwungenen Buchstaben sind bunte Farbkleckse und kleine Herzen auf dem Cover verteilt und verbreiten gleich eine sommerliche Stimmung. Innerhalb der Buchdeckel ist die Gestaltung sehr schlicht gehalten und sticht nur durch gelegentlich eingeflochtene Emails und Textnachrichten hervor, welche sich Graham und Ellie während der 368 Seiten hin und her schicken. Mittlerweile ist diese Idee in einer Vielzahl von modernen Jugendbüchern vertreten, zum Ersterscheinungstermin 2013 waren die abgedruckten Mails aber eine neue Idee.

Erste Sätze: "Im Grunde war es wie ein Zirkus, und der Tross zog auch so in die Stadt ein. Nur dass statt der Elefanten und Giraffen Kameras und Mikrophone kamen. Und statt der Clowns, Käfige und Hochseile gab es Produktionsassistenten, Wohnwagen und meterweise dicke Kabel."

Leider verhält es sich mit dem groben Aufbau der Handlung genauso. Das Handlungskonzept "Schauspielstar-trifft-auf-Kleinstadt-Mädchen-die-seine-Brieffreundin-war-ohne-es-zu-wissen" ist auf den ersten Blick bekannt und demnach auch recht vorhersehbar. Mir fallen spontan gleich drei Jugendbücher ein, die eine ähnliche Geschichte erzählen, wobei man natürlich zur Verteidigung von Jennifer E. Smith darauf hinweisen muss, dass die Motive zum damaligen Veröffentlichungszeitpunkt wohl noch etwas weniger plattgetreten waren. Trotzdass die Handlung mich also weder besonders überrascht noch wirklich mitgerissen hat, ist "Der Geschmack von Glück" mit so viel Charme und Witz erzählt, dass man über seichte Konflikte und plätschernde Szenen wunderbar hinwegsehen kann. Ich hatte zuvor noch nichts von der Autorin gelesen, wurde aber sehr schnell von ihrem eingängigen, lockeren Schreibstil mit amüsanten Dialogen und lebendigen Schauplatzbeschreibungen eingenommen. Jennifer E. Smith entführt hier in eine sommerliche Kleinstadt an der Küste von Maine und kreiert eine lebendige Atmosphäre, in der zwischen Strand, Sonnencreme, Dreharbeiten und Schmetterlingen im Bauch alles möglich scheint. Die Geschichte hinterlässt also - wenn schon keinen inhaltlichen Eindruck - jede Menge schöne Bilder des Settings und ein süßer Nachgeschmack auf der Zunge!

"Meine Vorstellung von Glück ... Sonnenaufgänge über dem Hafen. Eiscreme an einem heißen Tag. Das Geräusch von Wellen am Ende der Straße. Wenn sich mein Hund neben mir am Sofa einrollt. Abendspaziergänge. Tolle Filme. Gewitter. Ein guter Cheeseburger. Freitage. Samstage. Sogar Mittwoche. Die Zehen ins Wasser stecken. Pyjamahosen. Flipflops. Schwimmen. Gedichte. Die Abwesenheit von Smileys in E-Mails."


Zusätzlich zu ihrem kurzweiligen Erzählstil nutzt Jennifer E. Smith einen allwissenden Erzähler, der sowohl Einblicke in Ellies als auch Grahams Gefühlswelt gewährt und dabei Themen wie Zukunft, Familie, Freundschaft, Geheimnisse und Identitätsfindung anspricht. Die beiden sind grundsätzlich solide und sympathische Figuren, die jedoch ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal vermissen lassen und wie zwei sehr durchschnittliche Teenager wirken. Besonders Ellie empfand ich als etwas austauschbar und war überrascht, dass mir ausgerechnet der Star Graham klischeefreier und runder vorkam. Auch die Nebenfiguren bleiben hier recht blass. Sowohl die Angestellten am Filmset als auch Grahams weiblicher Star-Sidekick, Ellies beste Freundin oder ihre Mutter nehmen nur eine kleine Nebenrolle ein und verschenken somit Potential.

Etwas mehr erhofft hatte ich mir auch von der Beziehung von Ellie und Graham, deren Liebe oder auch nur Nähe ich leider kaum gefühlt habe. Wir steigen wahnsinnig schnell nach nur wenigen einleitenden Mails mit der ersten Begegnung der beiden ein und lesen sofort von starken Gefühlen, die ich aber nur schlecht nachvollziehen konnte, da uns ein wichtiger Teil ihrer Geschichte verwehrt bleibt: ihre Annäherung durch die Emails. Ich hätte sehr gerne noch mehr vom Emailverkehr der beiden gelesen, um den Funken zwischen ihnen spüren und den Verlauf ihrer Begegnung besser nachvollziehen zu können. Schön ist an ihrer Beziehung und an der recht durchschnittlichen Charakterisierung der beiden aber, dass Jennifer E. Smith auf übertriebenes Drama, künstliche Liebesschwüre oder leere Versprechungen verzichtet, und stattdessen auf Authentizität setzt. Auch wenn die Verbindung der beiden eher subtil und nicht sofort spürbar ist, entwickelt sie sich in einem glaubhaften Rahmen und wird dadurch untermauert, dass beide mit offenen Karten spielen. Apropos offen: das Ende lässt eine Menge Fragen unbeantwortet und nimmt auch einige angerissene Handlungsstränge nicht mehr mit auf. Da es in Coming of Age Romanen ja aber immer um Anfänge geht und die Schwierigkeiten der Figuren beim in Einklang bringen ihrer Leben nicht in der Kürze glaubhaft aufgelöst hätte werden können, bin ich aber ganz zufrieden mit dem Ende, das sich die Autorin für unsere beiden Figuren überlegt hat. Wer sich nicht selbst überlegen möchte, wie es wohl mit Ellie und Graham weitergeht, kann ja auch noch die hundertseitige Novelle "Umwege zum Glück" lesen, die ein Jahr nach ihrer ersten Begegnung spielt und von einem Wiedersehen erzählt.

"Es gibt unterschiedliche Formen des Glücks", sagte sie. "Manche brauchen keinen Beweis."


Fazit:


"Der Geschmack von Glück" ist ein charmant erzählter Jugendroman mit einer tollen Sommeratmosphäre! Jennifer E. Smiths Erzählung ist zuckersüß und erfrischend wie ein Eis im Sommer, verschenkt bei Figuren und Handlung jedoch Potential und lässt ein wenig Tiefe vermissen

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2022

Ein explosives 1001-Nacht-Fantasy-Abenteuer, welches Lust auf mehr macht!

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia
0

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildet auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown keine Ausnahme. Der Auftakt ...

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildet auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown keine Ausnahme. Der Auftakt zum NA-Dilogie-Debüt erzählt ein modernes, diverses Fantasy-Abenteuer über eine pulsierende Wüstenstadt, ein magisches Fest und zwei verzweifelte Spieler in einem gigantischen Spiel um Leben und Tod, dem man sich nicht entziehen kann!

Schon das Cover hat mich sofort angesprochen. Auch wenn man im Gegensatz zum englischen Original die Nahaufnahme eines Modelgesichts im Profil sieht, sind Atmosphäre, Farbgebung und die Figurendarstellung so treffend, dass selbst ich mit meiner "Mimimi-keine-echte-Gesichter-auf-Buchcover"-Einstellung mich nicht beschweren kann. Während das dunkelhäutige Mädchen mit dem entschlossenen Gesichtsausdruck, den silbernen Braids und dem Goldstaub im Gesicht auf der Vorderseite des Buches eindeutig unsere erste Protagonistin Karina darstellt, ist auf der Rückseite ein Junge in roter Robe zu sehen, der stark an den zweiten Protagonisten, Malik erinnert. Neben der treffenden Auswahl der Models gefällt mir an der Gestaltung besonders gut, dass die beiden Figuren, die jeweils im Profil zu sehen sind, sich gegenseitig anschauen, wenn man das Buch dreht und Karinas von dunklen Grüntönen geprägte Vorderseite durch einen dunklen Verlauf auf dem Buchrücken in ein Bordeaux-Rot übergeht, welches die Rückseite des Buches dominiert. Um den runden, magischen Gesamteindruck abzurunden, hat meine Ausgabe zusätzlich einen farbigen Buchschnitt, welcher das orientalische Muster fortsetzt, welches im Hintergrund des Cover zu sehen ist. Der Titel gefällt mir ebenfalls und passt sehr gut zur Geschichte, auch wenn Titel nach dem Schema "A xxx of xxx and xxx" im Fantasy-Genre definitiv überstrapaziert werden. Alles in allem ist es also offiziell: I´m in love!

Erster Satz: "Abraa! Abraa! Kommt und versammelt euch - hier beginnt gleich eine Geschichte!"

Innerhalb der Buchdeckel setzt die Geschichte nach einer kurzen Anmerkung der Autorin bezüglich potenziell triggernder Themen (TW: Gewalt, selbstverletzendes Verhalten, Angstzustände, emotionaler und körperlicher Missbrauch und Tod) und einer Karte von Sonande bei Maliks Ankunft in Ziran an. Nach einer strapaziösen Suche nach einem besseren Leben und Arbeit quer durchs Land, versucht unser erster Protagonist in Kapitel 1 gemeinsam mit seinen zwei Schwestern, in die Stadt zu gelangen. Als Flüchtling aus dem entlegenen und unterdrückten Eshran-Gebirge hat er keine großen Chancen, an den Kontrollen vorbei zu kommen, doch dann wird der unbedacht ausgesprochene Wunsch seiner kleinen Schwester von einem uralten magischen Wesen erhört und er hat plötzlich ganz andere Probleme, als das Überwinden der Stadtmauer: für seine unerwünschte Hilfe behält das Geisterwesen seine kleine Schwester Nadia als Pfand ein und um sie aus den Fängen des Obosoms zu lösen, soll er ausgerechnet Prinzessin Karina von Ziran töten. Ein schier unmögliches Unterfangen, selbst für einen ausgebildeten Assassinen. Doch Malik ist schmächtig, schwächlich und leidet unter Panikattacken... Seine einzige Chance ist, an den Solstasia-Spielen als Champion teilnehmen, um so in den Palast zu gelangen. Doch er weiß nicht, dass er dabei Gefahr läuft sein Herz zu verlieren - nicht nur im Übertragenen Sinne, sondern auch ganz buchstäblich: denn Prinzessin Karina braucht für ein altes Ritual dringend das Herz eines Königs, um ihre ermordete Mutter wiederzubeleben....

Klingt nach einer verworrenen Handlung mit intensiven Gefühlen, fiesen Intrigen, überraschenden Wendungen und großer Spannung, oder? Schon die ersten Kapitel hielten die erste Überraschung für mich bereit. Nach dem Klapptext hätte ich angenommen, dass der Wettstreit des Solstasia-Festes im Vordergrund der Erzählung stehen wird und wir die Motive der beiden Hauptfiguren erst nach und nach erfahren. Stattdessen setzt die Erzählung schon früher an und erzählt in voller Länge, wie Karina und Malik überhaupt erst in die verfahrene Situation gelangen, sich gegenseitig töten zu müssen. Die tatsächlichen Wettkämpfe sind also mehr actionreiche Beigabe als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Stattdessen sorgt vor allem die durch die wechselnde Erzählweise besonders hervorgehobene heikle Konstellation zwischen den beiden, die nicht wissen, dass sie das Opfer des jeweils anderen sein sollen und gleichzeitig mit ihren neuen Gefühlen ringen, für Spannung. Das hat mir sehr gut gefallen, da die Idee, Champions, in einem Turnier um einen Preis kämpfen zu lassen, nicht gerade originell ist, während der dynamische Assassinen-Intrigen-Plot durchaus einen erzählerischen Mehrwert hat. Im Laufe der Geschichte wird die Situation, in die sich Malik und Karina hineinmanövrieren immer verfahrener, sodass man bald nicht weiß, wie die beiden sich aus dem Spinnennetz aus Intrigen und heimlichen Plänen befreien sollen, ohne sich selbst, einander oder ihr Herz zu verlieren...

Roseanne A. Brown legt zwar ein hohes Erzähltempo an den Tag, reichert ihre Geschichte aber trotzdem stetig mit Beschreibungen, Details und Ausschmückungen an, sodass die Geschichte ein wenig wie ein Ausflug auf einen Gewürzmarkt wirkt: im ersten Moment vielleicht leicht überfordernd, aber nach kurzer Eingewöhnung sehr interessant und mit vielen tollen Eindrücken, die in Erinnerung bleiben! Zu ihrem charakteristischen Schreibstil zählen auch leicht sprunghafte und plötzliche Szenenwechsel, welche zu großen und kleinen Überraschungsmomenten führen, die Erzählung aber auch leicht chaotisch wirken lassen. Da die minimal überladene Erzählweise jedoch gut zur lauten, bunten Welt, der verworrenen Geschichte und der dichten Spannung passt, will ich mich sicherlich nicht darüber beschweren!

"Die Geschichte war ihr Bilderteppich, und mit jedem Wort fügte sie dem Gewebe einen weiteren Faden hinzu. Als die Griotte zu sprechen begann, war es fast, als würde Magie doch existieren. Sie wand sich durch die Jahrhunderte, um sich in den ausgestreckten Händen der Zuhörer zu sammeln."


Neben der spannenden Dynamik zwischen den beiden Hauptpersonen machen auch die schrittweise Erkundung des Settings, das langsame Erklären des Magiesystems und die Aufdeckung der Hintergründe der Handlung die Geschichte so mitreißend. Statt uns von Seite 1 genau zu erklären, wie die Welt funktioniert, in denen ihre Charaktere leben, lieben und leiden, muss man sich in Roseanne A. Browns Roman das Verständnis des Worldbuildings selbst erarbeiten, sodass sich erst im Laufe der Zeit ein einleuchtendes Gesamtbild aus den vielen Details des Settings zusammensetzt. Unser Fantasy-Land Sonande ist dabei ein eindeutig von westafrikanischer Folklore inspiriertes Setting, das die vielfältige Landschaft Afrikas in fantasievollen Gegensätzen vereint. Von der Wüte bis zum Dschungel, bergigen Provinzen bis zu reichen Städten, fruchtbaren Savannen und gefährlichen Gewässern erstreckt sich dieses vielseitige Land, von dem aus Vertreter und Erzählungen bis zu unserem Schauplatz in der Wüstenstadt Ziran wandern. In welchem Verhältnis die einzelnen Orte genau zueinander stehen und welche der vielen mit kunstvollen wie verwirrenden Namen benannten Städte sich nun in genau welchem Gebiet befinden, bleibt lange unklar und kann auch durch die beigefügte Karte nicht aufgeklärt werden. Auch wo genau welche Sprache gesprochen wird und welche fantastische Tierart in welchen klimatischen Bedingungen beheimatet wird, kann man sich angesichts der Fülle an Informationen, der Fremdheit der Ausdrücke und der Wiedergabe aus zweiter Hand nur schwer merken. Ich hoffe also sehr, dass sich die Handlung in Band 2 nicht nur auf Ziran beschränken wird, sondern wir zusammen mit unseren Protagonisten die restliche Welt erkunden und mit eigenen Augen sehen dürfen, von was Reisende in Ziran berichten.

Zusätzlich zu dem komplexen und vielversprechenden Worldbuilding, bei dem aber noch viel offenbleibt, reicht auch die Geschichte des Landes über 1000 von Jahren zurück und ist angereichert mit afrikanischen Mythen, dem Erbe der Pharaonen, Geistern, Kriegen und Heldensagen, die man erst mit der Zeit einzuordnen vermag. Der Magie kommt dabei eine düstere, gefährliche und schwer greifbare Rolle zu. Anders als in vielen anderen Fantasy-Reihen ist die Magie hier keine von vornherein klare Größe, mit der gearbeitet, die gelehrt und eingesetzt wird. Stattdessen finden die beiden Hauptfiguren erst mit der Zeit heraus, dass sie unterschiedliche Arten von Magie besitzen und sind mit deren Handhabung völlig auf sich alleine gestellt. Dadurch erhält die Geschichte zusätzlich zum durch das hohe Erzähltempo entstandenen gehetzten, verzweifelten Eindruck, eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre, der man sich nur schlecht entziehen kann.

"Unterschätze nicht die Stärke, die man dafür braucht, in einer so grausamen Welt wie der unseren freundlich zu sein."


Der starken Atmosphären, spannenden Handlung und dem schnellen Erzähltempo stehen jedoch leider eine eher mittelmäßig überzeugende Romanze, ausbaufähige Figuren und ein leicht chaotisches Ende gegenüber. Mit Karina und Malik haben wir zwei grundsätzlich sympathische Figuren mit vielen tollen Ansätzen, welche jedoch in meinen Augen in dieser voluminösen Geschichte zu wenig Raum erhalten. Karina erscheint zunächst wie das Klischee einer verzogenen und arglosen Prinzessin. Mit ihrer unreifen, impulsiven und stolzen Art (keine besonders gute Kombination) verrennt sie sich in der ein oder anderen unnötigen Schwierigkeit und nimmt Handlungen vor, die ich zum Teil schlecht oder gar nicht nachvollziehen konnte. Zwar hat sie gegen Ende einige tolle Erkenntnisse, für welche ich sehr stolz auf sie war, insgesamt wirkte sie aber ein Großteil der Zeit wie ein herumtollender Welpe, der sich der eigenen Kraft, Aufgabe und Verantwortung nicht wirklich bewusst ist. Immerhin muss man ihr lassen, dass sie einen sehr selbstkritischen Humor hat, der mir beim Lesen viel Spaß gemacht hat (Beispiel: "Tja, nun fühlte sich Karina noch schlechter, weil sie das Buch in die Schlucht hatte fallen lassen. Außerdem hatte sie davor vielleicht auch ein-, zweimal draus gesessen. Ups.") und die Welt durch sie nun um einen starken PoC-Charakter reicher ist.

Der feinfühlige, sanfte Malik ist mir aber trotzdem viel mehr ans Herz gewachsen. Mit seinem wild ausschlagenden moralischen Kompass, seiner körperlichen Schwäche und seinem täglichen Kampf gegen Panikattacken weicht er deutlich vom Stereotyp des starken Kämpferhelden ab und zeigt auf, dass wahre Stärke auch abseits von Schwertkämpfen und Duellen liegen kann: in Freundlichkeit, Güte oder der Kunst, eine Geschichte zu erzählen zum Beispiel... Jedoch hätte ich mir auch von ihm ein bisschen mehr emotionale Tiefe gewünscht und gerade seine Gefühle für Karina wirkten nicht wirklich natürlich. Angesichts der extrem geringen Zeit, die Karina und Malik tatsächlich zusammen verbringen und der noch geringeren Anzahl an Worten, die die beiden wechseln finde ich die sich anbahnende Romanze einfach nicht glaubwürdig. Ich hätte hier eine zarte Freundschaft bevorzugt, die weniger Raum in Anspruch genommen und Platz für weitere Entwicklungen gelassen hätte.

Auch vom Ende bin ich nicht hundertprozentig begeistert. "A Song of Wraiths and Ruin" endet in einem epischen, aber leider ärgerlich unübersichtlichen Showdown, welcher die Karten nochmal ordentlich neu mischt und die Wartezeit bis zum Erscheinungstermin von Band 2 eeeeeewig erscheinen lässt.

"Eine Geschichte endet immer erst dann, wenn sie endet, und keinen Moment früher. Wenn du mit diesem Ende unzufrieden bist, dann erschaffe ein anderes."




Fazit:


"A Song of Wraiths and Ruin" ist ein explosives 1001-Nacht-Fantasy-Abenteuer, welches Lust auf mehr macht. Eine starke Atmosphäre, die spannende Handlung, das bunte Setting und das schnelles Erzähltempo stehen jedoch einem leicht chaotischen Ende, einer mittelmäßigen Romance und den ausbaufähigen Figuren gegenüber, sodass ich nicht vollständig überzeugt, aber mit großen Hoffnungen auf Band 2 warte!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.04.2022

Ein explosives 1001-Nacht-Fantasy-Abenteuer, welches Lust auf mehr macht

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia
0

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildet auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown keine Ausnahme. Der Auftakt ...

Orientalische, von außereuropäischen Kulturen inspirierte Fantasy kriegt mich jedes Mal. Jedes. Einzelne. Mal. Da bildet auch "A Song of Wraiths and Ruin" von Roseanne A. Brown keine Ausnahme. Der Auftakt zum NA-Dilogie-Debüt erzählt ein modernes, diverses Fantasy-Abenteuer über eine pulsierende Wüstenstadt, ein magisches Fest und zwei verzweifelte Spieler in einem gigantischen Spiel um Leben und Tod, dem man sich nicht entziehen kann!

Schon das Cover hat mich sofort angesprochen. Auch wenn man im Gegensatz zum englischen Original die Nahaufnahme eines Modelgesichts im Profil sieht, sind Atmosphäre, Farbgebung und die Figurendarstellung so treffend, dass selbst ich mit meiner "Mimimi-keine-echte-Gesichter-auf-Buchcover"-Einstellung mich nicht beschweren kann. Während das dunkelhäutige Mädchen mit dem entschlossenen Gesichtsausdruck, den silbernen Braids und dem Goldstaub im Gesicht auf der Vorderseite des Buches eindeutig unsere erste Protagonistin Karina darstellt, ist auf der Rückseite ein Junge in roter Robe zu sehen, der stark an den zweiten Protagonisten, Malik erinnert. Neben der treffenden Auswahl der Models gefällt mir an der Gestaltung besonders gut, dass die beiden Figuren, die jeweils im Profil zu sehen sind, sich gegenseitig anschauen, wenn man das Buch dreht und Karinas von dunklen Grüntönen geprägte Vorderseite durch einen dunklen Verlauf auf dem Buchrücken in ein Bordeaux-Rot übergeht, welches die Rückseite des Buches dominiert. Um den runden, magischen Gesamteindruck abzurunden, hat meine Ausgabe zusätzlich einen farbigen Buchschnitt, welcher das orientalische Muster fortsetzt, welches im Hintergrund des Cover zu sehen ist. Der Titel gefällt mir ebenfalls und passt sehr gut zur Geschichte, auch wenn Titel nach dem Schema "A xxx of xxx and xxx" im Fantasy-Genre definitiv überstrapaziert werden. Alles in allem ist es also offiziell: I´m in love!

Erster Satz: "Abraa! Abraa! Kommt und versammelt euch - hier beginnt gleich eine Geschichte!"

Innerhalb der Buchdeckel setzt die Geschichte nach einer kurzen Anmerkung der Autorin bezüglich potenziell triggernder Themen (TW: Gewalt, selbstverletzendes Verhalten, Angstzustände, emotionaler und körperlicher Missbrauch und Tod) und einer Karte von Sonande bei Maliks Ankunft in Ziran an. Nach einer strapaziösen Suche nach einem besseren Leben und Arbeit quer durchs Land, versucht unser erster Protagonist in Kapitel 1 gemeinsam mit seinen zwei Schwestern, in die Stadt zu gelangen. Als Flüchtling aus dem entlegenen und unterdrückten Eshran-Gebirge hat er keine großen Chancen, an den Kontrollen vorbei zu kommen, doch dann wird der unbedacht ausgesprochene Wunsch seiner kleinen Schwester von einem uralten magischen Wesen erhört und er hat plötzlich ganz andere Probleme, als das Überwinden der Stadtmauer: für seine unerwünschte Hilfe behält das Geisterwesen seine kleine Schwester Nadia als Pfand ein und um sie aus den Fängen des Obosoms zu lösen, soll er ausgerechnet Prinzessin Karina von Ziran töten. Ein schier unmögliches Unterfangen, selbst für einen ausgebildeten Assassinen. Doch Malik ist schmächtig, schwächlich und leidet unter Panikattacken... Seine einzige Chance ist, an den Solstasia-Spielen als Champion teilnehmen, um so in den Palast zu gelangen. Doch er weiß nicht, dass er dabei Gefahr läuft sein Herz zu verlieren - nicht nur im Übertragenen Sinne, sondern auch ganz buchstäblich: denn Prinzessin Karina braucht für ein altes Ritual dringend das Herz eines Königs, um ihre ermordete Mutter wiederzubeleben....

Klingt nach einer verworrenen Handlung mit intensiven Gefühlen, fiesen Intrigen, überraschenden Wendungen und großer Spannung, oder? Schon die ersten Kapitel hielten die erste Überraschung für mich bereit. Nach dem Klapptext hätte ich angenommen, dass der Wettstreit des Solstasia-Festes im Vordergrund der Erzählung stehen wird und wir die Motive der beiden Hauptfiguren erst nach und nach erfahren. Stattdessen setzt die Erzählung schon früher an und erzählt in voller Länge, wie Karina und Malik überhaupt erst in die verfahrene Situation gelangen, sich gegenseitig töten zu müssen. Die tatsächlichen Wettkämpfe sind also mehr actionreiche Beigabe als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Stattdessen sorgt vor allem die durch die wechselnde Erzählweise besonders hervorgehobene heikle Konstellation zwischen den beiden, die nicht wissen, dass sie das Opfer des jeweils anderen sein sollen und gleichzeitig mit ihren neuen Gefühlen ringen, für Spannung. Das hat mir sehr gut gefallen, da die Idee, Champions, in einem Turnier um einen Preis kämpfen zu lassen, nicht gerade originell ist, während der dynamische Assassinen-Intrigen-Plot durchaus einen erzählerischen Mehrwert hat. Im Laufe der Geschichte wird die Situation, in die sich Malik und Karina hineinmanövrieren immer verfahrener, sodass man bald nicht weiß, wie die beiden sich aus dem Spinnennetz aus Intrigen und heimlichen Plänen befreien sollen, ohne sich selbst, einander oder ihr Herz zu verlieren...

Roseanne A. Brown legt zwar ein hohes Erzähltempo an den Tag, reichert ihre Geschichte aber trotzdem stetig mit Beschreibungen, Details und Ausschmückungen an, sodass die Geschichte ein wenig wie ein Ausflug auf einen Gewürzmarkt wirkt: im ersten Moment vielleicht leicht überfordernd, aber nach kurzer Eingewöhnung sehr interessant und mit vielen tollen Eindrücken, die in Erinnerung bleiben! Zu ihrem charakteristischen Schreibstil zählen auch leicht sprunghafte und plötzliche Szenenwechsel, welche zu großen und kleinen Überraschungsmomenten führen, die Erzählung aber auch leicht chaotisch wirken lassen. Da die minimal überladene Erzählweise jedoch gut zur lauten, bunten Welt, der verworrenen Geschichte und der dichten Spannung passt, will ich mich sicherlich nicht darüber beschweren!

"Die Geschichte war ihr Bilderteppich, und mit jedem Wort fügte sie dem Gewebe einen weiteren Faden hinzu. Als die Griotte zu sprechen begann, war es fast, als würde Magie doch existieren. Sie wand sich durch die Jahrhunderte, um sich in den ausgestreckten Händen der Zuhörer zu sammeln."


Neben der spannenden Dynamik zwischen den beiden Hauptpersonen machen auch die schrittweise Erkundung des Settings, das langsame Erklären des Magiesystems und die Aufdeckung der Hintergründe der Handlung die Geschichte so mitreißend. Statt uns von Seite 1 genau zu erklären, wie die Welt funktioniert, in denen ihre Charaktere leben, lieben und leiden, muss man sich in Roseanne A. Browns Roman das Verständnis des Worldbuildings selbst erarbeiten, sodass sich erst im Laufe der Zeit ein einleuchtendes Gesamtbild aus den vielen Details des Settings zusammensetzt. Unser Fantasy-Land Sonande ist dabei ein eindeutig von westafrikanischer Folklore inspiriertes Setting, das die vielfältige Landschaft Afrikas in fantasievollen Gegensätzen vereint. Von der Wüte bis zum Dschungel, bergigen Provinzen bis zu reichen Städten, fruchtbaren Savannen und gefährlichen Gewässern erstreckt sich dieses vielseitige Land, von dem aus Vertreter und Erzählungen bis zu unserem Schauplatz in der Wüstenstadt Ziran wandern. In welchem Verhältnis die einzelnen Orte genau zueinander stehen und welche der vielen mit kunstvollen wie verwirrenden Namen benannten Städte sich nun in genau welchem Gebiet befinden, bleibt lange unklar und kann auch durch die beigefügte Karte nicht aufgeklärt werden. Auch wo genau welche Sprache gesprochen wird und welche fantastische Tierart in welchen klimatischen Bedingungen beheimatet wird, kann man sich angesichts der Fülle an Informationen, der Fremdheit der Ausdrücke und der Wiedergabe aus zweiter Hand nur schwer merken. Ich hoffe also sehr, dass sich die Handlung in Band 2 nicht nur auf Ziran beschränken wird, sondern wir zusammen mit unseren Protagonisten die restliche Welt erkunden und mit eigenen Augen sehen dürfen, von was Reisende in Ziran berichten.

Zusätzlich zu dem komplexen und vielversprechenden Worldbuilding, bei dem aber noch viel offenbleibt, reicht auch die Geschichte des Landes über 1000 von Jahren zurück und ist angereichert mit afrikanischen Mythen, dem Erbe der Pharaonen, Geistern, Kriegen und Heldensagen, die man erst mit der Zeit einzuordnen vermag. Der Magie kommt dabei eine düstere, gefährliche und schwer greifbare Rolle zu. Anders als in vielen anderen Fantasy-Reihen ist die Magie hier keine von vornherein klare Größe, mit der gearbeitet, die gelehrt und eingesetzt wird. Stattdessen finden die beiden Hauptfiguren erst mit der Zeit heraus, dass sie unterschiedliche Arten von Magie besitzen und sind mit deren Handhabung völlig auf sich alleine gestellt. Dadurch erhält die Geschichte zusätzlich zum durch das hohe Erzähltempo entstandenen gehetzten, verzweifelten Eindruck, eine düstere, geheimnisvolle Atmosphäre, der man sich nur schlecht entziehen kann.

"Unterschätze nicht die Stärke, die man dafür braucht, in einer so grausamen Welt wie der unseren freundlich zu sein."


Der starken Atmosphären, spannenden Handlung und dem schnellen Erzähltempo stehen jedoch leider eine eher mittelmäßig überzeugende Romanze, ausbaufähige Figuren und ein leicht chaotisches Ende gegenüber. Mit Karina und Malik haben wir zwei grundsätzlich sympathische Figuren mit vielen tollen Ansätzen, welche jedoch in meinen Augen in dieser voluminösen Geschichte zu wenig Raum erhalten. Karina erscheint zunächst wie das Klischee einer verzogenen und arglosen Prinzessin. Mit ihrer unreifen, impulsiven und stolzen Art (keine besonders gute Kombination) verrennt sie sich in der ein oder anderen unnötigen Schwierigkeit und nimmt Handlungen vor, die ich zum Teil schlecht oder gar nicht nachvollziehen konnte. Zwar hat sie gegen Ende einige tolle Erkenntnisse, für welche ich sehr stolz auf sie war, insgesamt wirkte sie aber ein Großteil der Zeit wie ein herumtollender Welpe, der sich der eigenen Kraft, Aufgabe und Verantwortung nicht wirklich bewusst ist. Immerhin muss man ihr lassen, dass sie einen sehr selbstkritischen Humor hat, der mir beim Lesen viel Spaß gemacht hat (Beispiel: "Tja, nun fühlte sich Karina noch schlechter, weil sie das Buch in die Schlucht hatte fallen lassen. Außerdem hatte sie davor vielleicht auch ein-, zweimal draus gesessen. Ups.") und die Welt durch sie nun um einen starken PoC-Charakter reicher ist.

Der feinfühlige, sanfte Malik ist mir aber trotzdem viel mehr ans Herz gewachsen. Mit seinem wild ausschlagenden moralischen Kompass, seiner körperlichen Schwäche und seinem täglichen Kampf gegen Panikattacken weicht er deutlich vom Stereotyp des starken Kämpferhelden ab und zeigt auf, dass wahre Stärke auch abseits von Schwertkämpfen und Duellen liegen kann: in Freundlichkeit, Güte oder der Kunst, eine Geschichte zu erzählen zum Beispiel... Jedoch hätte ich mir auch von ihm ein bisschen mehr emotionale Tiefe gewünscht und gerade seine Gefühle für Karina wirkten nicht wirklich natürlich. Angesichts der extrem geringen Zeit, die Karina und Malik tatsächlich zusammen verbringen und der noch geringeren Anzahl an Worten, die die beiden wechseln finde ich die sich anbahnende Romanze einfach nicht glaubwürdig. Ich hätte hier eine zarte Freundschaft bevorzugt, die weniger Raum in Anspruch genommen und Platz für weitere Entwicklungen gelassen hätte.

Auch vom Ende bin ich nicht hundertprozentig begeistert. "A Song of Wraiths and Ruin" endet in einem epischen, aber leider ärgerlich unübersichtlichen Showdown, welcher die Karten nochmal ordentlich neu mischt und die Wartezeit bis zum Erscheinungstermin von Band 2 eeeeeewig erscheinen lässt.

"Eine Geschichte endet immer erst dann, wenn sie endet, und keinen Moment früher. Wenn du mit diesem Ende unzufrieden bist, dann erschaffe ein anderes."




Fazit:


"A Song of Wraiths and Ruin" ist ein explosives 1001-Nacht-Fantasy-Abenteuer, welches Lust auf mehr macht. Eine starke Atmosphäre, die spannende Handlung, das bunte Setting und das schnelles Erzähltempo stehen jedoch einem leicht chaotischen Ende, einer mittelmäßigen Romance und den ausbaufähigen Figuren gegenüber, sodass ich nicht vollständig überzeugt, aber mit großen Hoffnungen auf Band 2 warte!

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Veröffentlicht am 01.04.2022

Eine cozy Kleinstadt-Romance mit nicht ganz so cozy Themen...

With you I dream
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Da ich der Autorin schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justine-thereadingmermaid unterwegs ist, war es für klar, dass ich den Erscheinungstermin des Auftakts ihrer neusten NA-Reihe als Anlass ...

Da ich der Autorin schon seit Jahren auf Instagram folge, wo sie als @justine-thereadingmermaid unterwegs ist, war es für klar, dass ich den Erscheinungstermin des Auftakts ihrer neusten NA-Reihe als Anlass nehmen muss, mal eines ihrer Bücher zu lesen. Der Knaur Verlag hat mir netterweise schon vor ein paar Tagen ein Exemplar von "With you I dream" zugesendet, sodass ich heute passend zum Buchgeburtstag meine Rezension hochladen kann.

Mia: "Es gibt dieses Band zwischen Geschwistern, das schwer zu erklären ist, wenn man es nicht selbst erlebt. Egal, wie unterschiedlich man ist oder wie groß die Differenzen sind - man hat eine Konstante."

Erstmal vorweg: ich liebe, liebe, LIEBE das Cover!!! Mit der meerblauen Blume im Hintergrund, deren durchscheinende Blütenblätter an einen Klatschmohn erinnern, dem geschwungenen, weißen Titel und den vereinzelten, goldenen Sprenkeln ist es schlicht und einfach wunderschön gestaltet! Der Titel klingt auch ganz hübsch, dort vermisse ich aber die genaue Verbindung zum Inhalt. Positiv hervorheben möchte ich noch die toll gestalteten Leselaschen der broschierten Ausgabe, in denen Eindrücke aus der fiktiven Kleinstadt Belmont Bay zu sehen sind, welche das Setting für die gleichnamige Belmont-Bay-Reihe bildet.

Erster Satz: "Das Leben ist ein Theaterstück, und wir alle spielen die eigene Hauptrolle."

Wir beginnen mit Mias Ankunft in Belmont Bay in die Geschichte. Nachdem sie in New York nach einer Horrornacht überstürzt verlassen hat, kommt sie dort bei ihrer Adoptivschwester Megan unter und findet in dem lauschigen Örtchen zwischen der wild-romantischen Natur Idahos, einem Shakespeare-Festival und der Bekanntschaft mit dem grüblerischen Conner Zeit zum Herunterkommen, Erden, Heilen und Träumen... Anders als das cozy Kleinstadtsetting vermuten lassen würde, sind die behandelten Themen hier alles andere als gemütlich. Wie die Triggerwarnung schon besagt, geht es hier um häusliche Gewalt, Verlust, Tod, Trauer und Traumabewältigung. Denn nicht nur Mia ist auf der Suche nach einem Neuanfang, auch Conner trägt einiges mit sich herum, das er endlich loslassen muss...

Conner: "Jeden Tag verschwinden Menschen. Überall auf der Welt. In einem Moment sind sie noch Teil deines Lebens. Sie haben ein Leben, eine Zukunft - und dann werden sie verschlungen. Es gibt keine Spuren, keine Anhaltspunkte. Nur die vage Hoffnung, dass sie irgendwann doch wieder auftauchen. Man hofft auf ein Wunder. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich wirklich noch hoffe."

"With you I dream" ist also mehr als eine Liebesgeschichte und besticht mit emotionaler Tiefe und wichtige Themen. Schade ist nur, dass dabei auf den 352 Seiten vieles nur angerissen bleibt. Mias Aufwachsen, ihr Verhältnis zu ihrer Schwester, zu ihrer Mutter, zu ihrem Studium, ihre zurückliegende Beziehung, ihr Leben in New York... da bleiben viele Fragen offen. Was hat Ihr außer dem Theater Freude bereitet, hat sie irgendwelche anderen Hobbies oder Freizeitbeschäftigungen? Was ist mit einem Adoptivvater? Hat sie in New York andere Bekanntschaften geschlossen, die sie vermisst? Ich kann gut verstehen, dass sich die Autorin hier ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren wollte, in dem Mia zur Ruhe kommen kann, aber leider haben mir hier noch ein paar Details gefehlt, um sie als Figur richtig greifen zu können. Die Informationen über Conner sind hingegen noch spärlicher: seine Familie wird nur kurz nebenbei erwähnt, seine Schwester lernen wir in einer Szene kennen, wir erfahren nie, weshalb er das Haus restauriert und berufliche Ambitionen oder Träume scheint er keine besonderen zu haben.

Mia: "Ein Augenblick schweigt Conner und betrachtet das Farbspiel der Blätter, die im Licht der Mittagssonne schimmern, als habe sie jemand mit Gold besprenkelt. "Aber trotzdem gab es die guten Zeiten. Man sollte das nicht vergessen und sich deswegen auch nicht schlecht fühlen. Egal, was danach passiert ist." Ich schüttle den Kopf. "Auch wenn jedes Glück, das man verspürt hat, plötzlich wirkt wie eine Lüge?" Unsere Blicke treffen sich, ohne sich wieder voneinander lösen zu können. Das schmerzhafte Pochen meines Herzens wird wieder ruhiger. "Glück ist keine Lüge, selbst wenn man danach ins Unglück rennt."

Das finde ich extrem schade und ich bin mir sicher, dass zusätzliche 100 Seiten der Geschichte gutgetan hätten, sodass alle losen Enden verstaut und die Figuren mit ein bisschen mehr Lebendigkeit und Details versehen hätten werden können. Im jetzigen Zustand finde ich die Geschichte sehr gut, mit ein bisschen mehr Umfang hätte sie aber grandios sein können. Denn beide Figuren sind mir sehr ans Herz gewachsen. Vor allem Mias innerer Konflikt und die seelischen Narben, die sie von der toxischen Beziehung davongetragen hat, finde ich sehr berührend und bestärkend dargestellt. Das mag wahrscheinlich daran liegen, dass Justine Pust Sensitivity Reader eingesetzt hat und in einem bewegenden Nachwort offenlegt, dass sie selbst ähnliche Erfahrungen wie ihre Protagonistin machen musste. Zwar fand ich das Ende etwas überstürzt und plötzlich, Mia schafft es aber trotzdem ein glaubwürdiges und mutmachendes Beispiel dafür zu sein, dass es keine Opfer von häuslicher Gewalt gibt, sondern nur Überlebende! Für die Überwindung und die emotionale Arbeit, die die Autorin in diese Geschichte gesteckt haben muss, kann ich nur den Hut vor ihr ziehen!

Conner: "Ihre Lippen suchen meine, und ich vergesse die kalte, grausame Welt um uns herum. Und jede Narbe, die mir je zugefügt wurde."

Auch die langsame Annäherung zwischen Mia und Conner hat mir sehr gut gefallen. Es gab einige Szenen, die habe ich beinahe als Filmsequenzen vor mir gesehen, weil sie so eine lebendige Dynamik hatten. Das mag vielleicht auch mit Justine Pusts Schreibstil zusammenhängen. Neben den Konflikten der Figuren und deren wachsender Nähe dürfen wir auch die Natur Idahos bewundern. Besonders einige Wanderausflüge in den Wald haben es mir sehr angetan, weshalb ich mich darauf freue, in Band 2 nach Belmont Bay zurückkehren zu können, wo dann Megans Geschichte erzählt wird.

Mia: "Man muss andere nicht dafür verurteilen, dass ihre Wunden noch heilen müssen."



Fazit:


"With you I dream" ist eine cozy Kleinstadt-Romance mit nicht ganz so cozy Themen. Justine Pust überzeugt in ihrem NA-Auftakt mit emotionaler Tiefe, wichtigen Botschaften und wunderschönen Landschaftsbeschreibungen. Leichten Abzug gibt es für den in meinen Augen zu geringen Umfang, wodurch einige Fragen offen und das Ende zu überstürzt bleib

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