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Veröffentlicht am 20.06.2021

Meine Meinung in tausend Worten ...

Dein Herz in tausend Worten.
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Inhaltserzählung und Leseprobe:
Ich rette sie, die Manuskripte, die keiner wollte. Ich befreie sie aus dem Raum des Vergessens und erwecke sie zu neuem Leben, indem ich sie mitnehme und lese.

Auf dem ...

Inhaltserzählung und Leseprobe:
Ich rette sie, die Manuskripte, die keiner wollte. Ich befreie sie aus dem Raum des Vergessens und erwecke sie zu neuem Leben, indem ich sie mitnehme und lese.

Auf dem Dachboden lese ich nur kurz in die Manuskripte rein und wähle die schönsten und seltsamsten Geschichten, um sie in meiner großen Umhängetasche anschließend heimlich aus dem Verlag zu schmuggeln.

Die ich nicht mitnehme, verstaue ich in Kisten und reihe sie ordentlich an der Wand auf, damit sie eine neue Chance bekommen. Vielleicht entdeckt sie eines Tages noch jemand, der sie lesen mag, das wäre doch schon.

"Die abgelehnten Manuskripte. Ich habe sie zufällig entdeckt und aus Neugier reingelesen. Sie sind so ... schützenswert.
Manche Geschichten sind lustig, andere skurril, einige sind gut und einige wirklich schlecht. Aber es sind alles Geschichten. Geschichten, die jemand schrieb, um damit Leser zu erreichen, zu trösten, zu erfreuen, zu schockieren, was auch immer. Sie wurden geschrieben, um gelesen zu werden. Und wenn ich sie nicht rette, wenn sie auf dem Dachboden bleiben oder vernichtet werden, dann ... sind sie tot."


Von den Autoren wird meist ohne Namen gesprochen. "Mein Autor will das und das, mein Autor meint, der Autor lässt fragen, ob", heißt es. Sie sprechen über sie, als seien Autoren seltene, seltsame Tiere. Vermutlich sind sie das auch.
Menschen, die Geschichten schreiben, müssen doch anders sein.
So wie die, die sie lesen.

Ich finde es sehr spannend, Autoren persönlich zu sehen. Wenn man ein Buch liest, hat man eine Vorstellung von den Menschen, der es geschrieben hat. Man weiß schon so viel von ihm. Mir ist natürlich klar, dass Autoren sich ihre Geschichten ausdenken. Sie können über dicke Menschen schreiben, auch wenn sie selber dünn sind. Sie können fröhliche Menschen sein und eine tieftraurige Geschichte schreiben. Und doch verrate, sie viel von sich selbst in ihren Büchern. Es steht zwischen den Zeilen, es ist ein Grundgefühl, das in jedem Satz mitschwingt.

(Seite 10, 17, 18, 31 und 93)


Autorin:
Judith Pinnow wurde in Tübingen geboren und wurde als Moderatorin diverser deutscher Kinder- und Musiksendungen bekannt. Sie schreibt v.a. Kinderbücher und Kurzgeschichten. Auch unter ihrem Geburtsnamen Judith Halverscheid sind bereits mehrere Kurzgeschichten erschienen.


Bewertung:
Das Cover ist ein Hingucker und der Titel passt wunderbar. Der Klappentext stimmt nur teilweise, aber das, was hier steht, ist nicht falsch, daher völlig in Ordnung. Mich stört nur wieder diese Zusatzsätze über dem Klappentext, wie üblich überdramatiersierend! 🙄 Auch dieser Satz "Eine Liebesgeschichte in Notting Hill" auf dem Cover hat mich die Augen verdrehen lassen. Ist der von der Autorin? Meistens sind diese Untertitel vom Verlag hinzugesetzt, gehören also gar nicht zum Titel. Ich frage mich auch immer wieder, wieso man immer neben dem Titel noch was setzen muss ... kann man das Buch nicht einfach so lassen, wie es von der Autorin gedacht war? Mensch ... 😤 Auch wenn es hier nicht der Fall ist, findet sich das überall, diese vom Verlag gesetzten Untertitel. Vor allem weiß ich nicht, ob das eine Marketingstrategie ist, das Buch mehr zu verkaufen - die Erinnerung an den Film "Notting Hill", der triggern und zum Kauf anregen soll - oder ob nur der Ort in dieser Geschichte gemeint ist. Vielleicht auch beides, passt ja.

Die Kapitel sind mit Überschriften gekennzeichnet. Die Erzählform ist hier sehr gemischt. Es gibt die Ich-Form von Millie, die Erzählung über William und eine Mischung über mehrere Personen gleichzeitig. Sehr ungewöhnlich, schon die Mischung von Ich-Form und Über-Erzählform. Im letzten Drittel gibt es sogar die verschiedenen sogar innerhalb eines Kapitels. Hier hätte ich mir statt der Über-Form die Ich-Form von William gewünscht. Warum das nicht so ist, verstehe ich nicht. Millie wäre dadurch nicht weniger im Mittelpunkt. Oder eben direkt alles in Über-Form. Liest sich überraschend und mich hat das irritiert, als es Begann. Dann habe ich mich daran gewöhnt. Die Geschichte spielt in der Gegenwart, es wurde keine Vergangenheitsform genommen.


Ich finde, Bücher haben es nicht verdient, staubig zu sein.
(Seite 8)


Die Idee hat mich am Buch angezogen. Sie ist nicht nur originell, sondern erinnert mich an mich selbst. Ich habe auch schon solche Aktionen gebracht, da habe ich aber statt Buchzitate, Gute-Laune-Sprüche verteilt. Und auch heimlich, weil ich mich vor Kontakt scheute. Auch die Gedanken, die sich dann darum drehen, wie die Sprüche ankommen, kenne ich zu gut. Das gehört dazu. Hier hat mir sehr gefallen, dass die Autorin auch alle Seite zur Aktion eingebracht hat. Die freudigen und die enttäuschten Momente. Denn es ist so, dass nicht alle Menschen solche Aktionen würdigen, sich freuen, sondern es gibt viele, die sie ignorieren und irritiert darauf reagieren. Weil es einfach nie jemand tut. Das verunsichert eben auch. Daher ist die Darstellung der verschiedenen Reaktionen der Menschen wahrheitsgetreu beschrieben. 👌 Die Idee der Geschichte hat mich magisch angezogen, ganz ohne Leseprobe. Ich musste das Buch also einfach haben!

Das Setting ist super, die Geschichte spielt in England. Merkwürdigerweise wird hier nie Großbritannien geschrieben, da sind die Engländer sehr empfindlich. Die englische Atmosphäre kommt auch schön rüber, die geschichtliche Atmosphäre schwankt eher, was den Zeitsprüngen und Fehlern geschuldet ist. Mehr dazu unten.


"Wenn du schreibst, kannst du fliegen, Drachenmädchen Momo."
"Ich kann auch fliegen, wenn ich lese"
, antwortet sie.
(Seite 131)


Millie ist mehr Praktikantin als Assistentin, nur dass sie halt geschätzt wird. Sie macht eigentlich alles, was Praktikanten oder Auszubildende tun. Andererseits trödelt sie so viel herum und arbeitet kaum. Macht ständig Pausen und geht in die Stadt bummeln ... Was sie an Zeit hat und vertrödelt und niemand stört das. Echt seltsam. Wenn wir alle so arbeiten würden, kämen wir nie vorwärts. Sie ist schüchtern und eher sozial verarmt. Sie verkriecht sich lieber in menschenfreien Zonen, als Kontakte zu pflegen.

William ist ein Bestseller-Autor und trägt die Nase zuweilen oben. Hier schwankt das Bild aber, sodass ich nicht richtig von seinem Charakter überzeugt bin. Das hin und her seines Verhaltens wirkt auf mich etwas zu gewollt. Vor allem zu gewollt arrogant, weil er in anderen Momenten wieder ganz anders ist.

Die Liebesbeziehung der Beiden (was ja kein Geheimnis ist, dank des Klappentextes) ist nicht so schön natürlich für mich. Das erste Treffen ist berührend, aber auch für mich künstlich aufgebaut. (Ich verrate nicht, worum es geht) Die Szenen mit den Beiden wirkt im Ganzen immer zu gewollt. Das ist so schade! 😢 (Genaueres erfahrt ihr in der Lese-Chronik)

Millies Bruder ist ein Schatz und seine Darstellung hat die Autorin - neben zwei anderen Charakteren, die ich hier nicht verraten möchte - sehr glaubhaft beschrieben. Er gehört auch zu meinen Lieblingen. Und ich meine, welche Frau wünscht sich nicht so einen liebevollen und beschützerischen Bruder, den man mit Anrufen um den Schlaf bringen kann? Auf den man sich verlassen kann und der einem so nimmt, wie man ist? Gerade für uns Frauen eine Besonderheit, wo wir doch für alles kritisiert werden.


"Was hat dir damals geholfen?", flüstert er in ihre Haare, die nach Zitronen riechen.
"Lesen. Und dir?"

Er lächelt. "Schreiben."
(Seite 123)


Die Autorin hält es zu Beginn geheim, was Millie da treibt, versucht Neugier aufzubauen. Das gelingt gar nicht, weil ja im Klappentext steht, was Millie tut. Das wirkt von der Autorin also ziemlich unnötig, aber mir gefällt es trotzdem. Manche Bücher liest man am Besten ganz spontan und ohne Klappentext zu lesen. Das ist so ein Buch. Nur dass es hier nicht möglich ist, derzeit, da es auf Vorablesen angeboten wurde und man sogar die Leseprobe lesen "muss", um sich zu bewerben. Selbst, wenn man Punkte hierfür ausgibt, wie ich es getan habe, liest man ja den Klappentext, bevor man sich dafür entscheidet. Also sehr schwierig mit dem Spontanlesen ohne Drumherum.

Die Zeit vergeht sehr salopp - morgens zu abends. Es gibt keine Übergänge. Hier und da hat mich das etwas irritiert, sodass ich die Sätze danach zweimal lesen musste. Manche Kapitel haben extrem große Zeitsprünge, die mich orientierungslos gemacht haben. Da kam das Gefühl auf, ich hätte was überlesen, was natürlich nicht der Fall war.

Für mich sind viel zu wenig Zitate aus dem Manuskript gezeigt worden. Auch das Verteilen dieser hält sich in Grenzen. Die Autorin führt hier nur wenige Szenen vor, wie Millie die Zitate verteilt. Ich habe auf viel mehr gehofft, sowohl auf die Anzahl an Zitaten als auch ihre Verteilung.


Vielleicht ist das ein Fehler, den man generell im Leben oft begeht. Etwas nicht zu versuchen aus Angst davor, dass es sowieso nicht klappt.
(Seite 71/72)


Die Autorin drückt sich einige Male unglücklich und wirr aus. Beispiel: In einer Szene steht, Millie sieht, was jemand unter die Zeilen geschrieben hat. Dann folgt ein Zitat aus dem Manuskript. Und ich suche und suche das, was unter den Zeilen stehen soll. Ich habe es dreimal gelesen. Aber da steht gar nichts drunter. Die Autorin meint wohl die Zeilen selbst. Dann eine Seite wird gesagt, da habe jemand mit der Hand die Zeilen ergänzt. Und dann dachte ich "Achso!". Die zuvor gedruckten Zeilen von Millie wurden handschriftlich ersetzt, das sind die Zeilen, wo steht, das Millie sieht, was jemand unter die Zeilen geschrieben hat. Oh Mann ... das sieht der Leser aber nicht! Die Autorin hätte hier entweder die gedruckten Zeilen zeigen müssen und die Handgeschriebenen in einer anderen Schrift darunter setzen müssen - dann versteht man das auch. Oder sie hätte ergänzen müssen, dass Millie sieht, wer unter den bereits gedruckten Zeilen etwas handschriftlich drunter geschrieben hat - das wäre genauso deutlich und verständlich. So überlässt die Autorin den Leser der Verwirrung. Und das passiert ein paar Mal. Das ist nicht nur verwirrend, sondern reißt auch total aus dem Lesefluss.

Auch Wortübersetzungen sind mal gegeben, dann wieder nicht. Und wenn, dann auch nicht nachvollziehbar in Deutsch. Wie kommt die Autorin darauf, eines der Wörter ins Deutsche zu übersetzen? Unverständlich. Ebenso gibt es ein paar unlogische Sätze im Sprachgebrauch und im Verlauf. Ich möchte aber auch nicht verschwiegen, dass es humorvolle Szenen und Dialoge gibt, die mich zum Lachen gebracht haben. Das ist wunderbar! (Mehr in der Lese-Chronik)


"Nichts geht je verloren, und nichts ist je fort, es geht nur etwas weiter, wechselt nur den Ort", sagt Mrs Caine und schaut mich liebevoll an.
(Seite 245, zitiert aus "Mary Poppins")


Das mit dem Manuskript ist nicht näher bearbeitet worden. Ja, wir erfahren, was den Autor bewegt hat, es zu schreiben, aber weiter nichts. Wieso hat er es an Verlage zur Veröffentlichung geschickt? Wieso ist sein Agent froh darüber, dass es nie veröffentlicht wurde? Das bleibt alles unbeantwortet.

Auch das Haupthema, die Verteilung der Zitate, wird hier nicht aufgelöst. Jedenfalls nicht so, wie es realistisch wäre. Es kommt einfach nebenher automatisch raus, dass Millie Diejenige ist, die die Zitate verteilt. Der Autor nimmt das zur Kenntnis? Ich weiß es nicht. Die Autorin schreibt dazu überhaupt nichts. Es ist einfach da, diese Tatsache. Es ist schwer zu erklären, ohne zu spoilern ... 😓 Es folgt keine Überraschung, kein Entsetzen, kein bereits wissendes Nicken, gar nichts! Darüber wird einfach hinweggegangen von den Charakteren und der Autorin selbst. Der Showdown um die anonyme Verteilerin bleibt völlig aus. Als hätte es dieses Rätsel für den Autor und seinem Agenten gar nicht gegeben, obwohl die Autorin es so geheimnisvoll aufbauend schreibt. Man wartet als Leser auf den Showdown, das Entblößen des Geheimnisses und die Reaktionen darauf - aber nichts passiert. Gar nichts.

Das Ende, das letzte Kapitel, kommt sehr salopp und ohne Entwicklung daher. Schon im vorletzten wird was gesagt, dass ich als Leserin nicht verstand, es ist ohne irgendeinen Zusammenhang. Und auch nur kurz eingeworfen, sodass keine Entwicklung für das Ende stattfindet. Das Ende wirkt nicht nur deshalb etwas gekünstelt erstellt auf mich, auch dass alle Leute (verrate nicht, wer) plötzlich alle miteinander gut sind und sich Paarungen bilden. Auch da fand nicht wirklich eine Entwicklung statt. Es gab da minimale Szenen, wo ich schon erraten habe, dass das als Paarschaft endet - das hat die Autorin in meinen Augen nicht rätselhaft geschrieben -, aber da fehlt für mich der Mittelteil bis es zur Paarschaft kommt.


Fazit:
Das Buch kam am Samstag Vormittag (gestern) an und ich habe es am selben Tag ganz durchgelesen. Es ist eine kurze und gute Unterhaltung, dennoch wurde ich enttäuscht. Ich habe mir den Verlauf ganz anders vorgestellt. Aber das bewerte ich nicht. Ich finde es unfair, dass viele Leser das tun. Was können die Autoren oder die Geschichte für ihre eigenen Erwartungen und Vorstellungen? Erwartungen und Vorstellungen können nie mit der Realität übereinstimmen, das ist genau ihr Wesen! Es ist unsere Fantasie und kein Wissen. Wir hoffen, dass die Realität an unsere Vorstellungen ran reicht, aber darauf bestehen können wir nicht. Und das zu bewerten ist völlig daneben! Es kommt darauf an, ob gezielt bestimmte Erwartungen geweckt werden, durch Klappentexte - das kommt auch vor, das unterliegt dann auch eher einer Käufer-/Lesetäuschung. Das ist etwas anderes und eher selten der Fall.

Nicht nur einige Beziehungen zueinander sind künstlich erstellt, sondern auch viele kleine Szenen und einiges Gesprochenes, das gar nicht natürlich sein kann, es sei denn, diese Personen besitzen hellseherische Kräfte. (Weiteres in der Lese-Chronik)

Immer wieder wird in der Geschichte "Cinderella" eingeworfen, sodass ich das Gefühl bekam, es ist eine moderne Version des Märchens. Auch "Alice im Wunderland" spielt hier mehrfach eine Rolle und wird auch von den Charakteren aufgenommen. Es tauchen auch viele Metaphern auf, die berührend und poetisch zu lesen sind. Die Geschichte hat einiges vorhersehbares wie unvorhersehbares zu bieten. Und ich bin froh, dass ich nicht alles schon vornerein erkannt habe, sondern auch mal überrascht wurde.


Ein gutes Buch wird nicht unbedingt ein Bestseller. Und ein Bestseller ist nicht unbedingt auch ein gutes Buch. (Seite 75)

Genauso ist es. Wie oft schüttele ich den Kopf, weil angebliche Bestseller einfach nur Abklatsch von anderen Büchern sind und viele Fehler enthält. Während wirklich tolle Geschichten gar keine Aufmerksamkeit bekommen. Da ist auch wieder das Machtsystem am Werk, denn gerade Autoren, die alle Welt kennt, bekommen besondere Aufmerksamkeit und ich bekomme oft den Eindruck, dass ihre Bücher nur deswegen - wegen dem Bekanntheitsgrad der Autoren) auf die Bestsellerlisten landen, nicht wegen der Geschichten an sich. Das ärgert mich! Kleine Autoren haben hier das Nachsehen, egal, wie toll ihre Geschichten sind.

Ich wette, dieses Buch landet auch auf Bestsellerlisten, es wird ja alleine am und im Buch viel Werbung für die Autorin gemacht und ihr Vorwerk gelobt. Die Geschichte hier ist nicht schlecht, also nicht falsch verstehen, aber auf die Bestsellerliste gehört es trotzdem nicht. Leider. Gegönnt hätte ich es der Autorin und der Geschichte, aber es ist eben nicht herausragend. Leider. Ich finde das Auswahlsystem einfach nur unfair und machtverschoben.

Ich kann nur hoffen, dass meine Lesekameradinnen nicht allzu viel spoilern. Sie werden mit Sicherheit Sachen erwähnen, die ich absichtlich weggelassen habe. 😞 Aber darauf habe ich keinen Einfluss. Ich bin sehr traurig, dass ich der Geschichte keine 5 Sterne geben kann, ich habe ein ungemein großes Bedürfnis, das zu tun. Und bin auch an die Geschichte mit der Hoffnung darum rangegangen. Sehr schade! Aber wie mich die Geschichte trotz vieler Makel gut und kurzweilig unterhalten konnte und ich auch mal fünf gerade sein lassen möchte, vergebe ich noch 4 Sterne.

Eine leicht poetische Geschichte über Bücher und ihren Sinn, wie auch die Möglichkeit der Weiterentwicklung und das Finden um einen Platz im Leben. Es ist also nicht einfach eine typische Liebesgeschichte, es ist ein besonderer Mix aus allem. Nach mehr als 3 Stunden Lese-Chronik und Rezension beende ich das hier und hoffe, damit angeregt zu haben, das Buch zu lesen. Trotz allem. Trotz allem empfehle ich es von 💝 weiter!


"Dein Roman ist etwas ganz besonderes. Es hat nicht verdient, im Raum des Vergessens zu liegen. Er hat mich bewegt, und ich wollte, dass er auch andere Menschen erreicht, wenigstens in Teilen."
"Und wie ist es gelaufen?"
"Es war schön. Ich glaube, es hat einige ein bisschen glücklich gemacht für den Moment. Und das ist ja der ganze Grund, warum man liest. Man hofft auf Zeilen, die ein schönes Gefühl in einem wecken."

(Seite 226)


In der Lese-Chronik befinden sich die Fehler von mir ausführlich erläutert, ebenso wie die humorvollen Szenen und viele weitere Zitate zum Träumen.


🧐 Lesen auf eigene und schöne Gefahr:

https://www.lovelybooks.de/bibliothek/WriteReadPassion/lesestatus/2982514722/



Ich bedanke mich beim Vorablese-Team und dem Verlag für das Buch! Ich habe zwei Wochen darauf hin gefiebert und wollte es unbedingt lesen. 🤓





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Veröffentlicht am 07.06.2021

Ravna mindert das Lese-Erlebnis enorm! Trotzdem eine Empfehlung!

RAVNA – Tod in der Arktis
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Klappentext:
Vardø, eine kleine Stadt weit über dem Polarkreis in der Arktis. Der Mord am reichen norwegischen Waldbesitzer Olle Trygg verstört alle, auch Ravna Persen, gerade frisch als Praktikantin bei ...

Klappentext:
Vardø, eine kleine Stadt weit über dem Polarkreis in der Arktis. Der Mord am reichen norwegischen Waldbesitzer Olle Trygg verstört alle, auch Ravna Persen, gerade frisch als Praktikantin bei der örtlichen Polizeidienststelle gelandet. Ravna hat keinen leichten Stand bei ihren Kollegen: Sie ist eine blutige Anfängerin, sie ist eine Frau und … sie ist Samin. Keiner nimmt sie ernst, als sie am Tatort glaubt, Hinweise auf einen samischen Hintergrund der Tat zu finden – einen Strich in der Erde. Als kurz darauf der umstrittene Kommissar Rune Thor eintrifft, um den Fall zu übernehmen, spitzen sich die Konflikte zu. Doch Ravna weiß durch ihre Urgroßmutter Léna viel über die Geheimnisse der Samen – und darüber, dass der Strich auf ein uraltes Ritual hindeutet, mit dem die Wanderseelen der Toten daran gehindert werden sollen, in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Wer immer die Tat begangen hat, muss dieses Geheimnis kennen.

Autorin:
Elisabeth Herrmann wurde 1959 in Marburg/Lahn geboren. Nach einer abgebrochenen Lehre als Bauzeichnerin arbeitete sie als Betonbauerin und Maurerin bevor sie ihr Abitur am Frankfurter Abendgymnasium nachholte. Anschließend studierte sie in Frankfurt und Berlin und arbeitet heute neben ihrer Tätigkeit als Autorin und Sprecherin als Fernsehjournalistin für den RBB. Ihr erster Roman wurde im Jahr 2005 unter dem Titel "Das Kindermädchen" veröffentlicht und mit großem Erfolg gefeiert. Für ihr literarisches Schaffen wurde sie unter anderem mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Elisabeth Herrmann lebt heute in Berlin.


Bewertung:
Ich hatte das Buch ursprünglich auf meiner "Vielleicht"-Liste, weil ich mir unsicher war, ob ich das lesen möchte. Vom Schicksal bestimmt, kam ich zu einer Rezension 1 1/2 Stunden, bevor die Bewerbung zur Leserunde bei wasliestdu endete. Die hat mich so neugierig gemacht, dass ich mich doch noch dazu entschieden habe, mich zu bewerben. Und hier sind wir nun.

Das Cover ist super gemacht und passt hervorragend. Ich finde es auch sehr gelungen, weil das Bild eine junge Frau zeigt, kein Teenager. Das passt so zum Arbeitsplatz, andernfalls wäre es unlogisch. Es gibt eine Leserin, die schrieb, sie möge das Gesicht der Frau nicht. Liest sich erstmal merkwürdig, aber ich verstehe, was sie meint. Es passt irgendwie nicht zur Umgebung und den Klamotten. Auch wirkt es im Nachgang des Buches etwas zu alt für Ravna.

Der Klappentext ist soweit in Ordnung, aber diese Kommentare darunter ist wieder echt zum Kopfschütteln: Elisabeth Herrmann fesselt ein großes Publikum an ihre mitreißenden und atmosphärischen Thriller. Leserinnen und Leser erwarten starke Heldinnen, dunkle und mystische Fälle und intelligente Hochspannung. Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.

Erstmal: Das ist doch sowieso ein Einzelband, da brauche ich doch diese Aussage zu dem unabhängigen Lesen nicht. Das war mein Gedanke erstmal dazu, denn nirgendwo steht etwas von einer Reihe. Aber die Autorin schreibt am Ende, wir erfahren, wie es mit Ravna weitergeht ... Dann wäre es aber auch gut, wenn das bei der Produktseite vermerkt wäre. Das irritiert. Und dann der Satz: Leser erwarten starke Heldinnen ... 🤣🤣 Wo? Welche? Klar, Werbung ist heutzutage das A und O, aber sowas finde ich immer derart aufgeplustert und auch noch unwahr. Die einzig starke Frau in dem Buch ist die Pathologin. Unsere Superheldin, Protagonistin Ravna, ist einfach nur eine trotzige Möchtergern-Polizistin, die ... ach, lassen wir das erstmal.

Eine tolle Karte ist dabei und auch wie die gesamte Aufmachung in Blau-Weiß-Tönen gehalten. Hier sind keine kleinen Städte verzeichnet, wie das meistens der Fall ist bei Karten. Neben wichtige Städte, die im Buch erwähnt werden, sind auch Lagemarker (Positionen wie E6 - sogar zweimal, E75 usw.) enthalten. Das habe ich bisher noch nie auf einer Karte in Büchern gesehen. Wir kennen das von Stadt- und Landkarten, aber das sind hier tatsächlich Straßen, wobei nur eine im Buch vorkam.

Das Vorwort zu den Anreden und den Berufsbezeichnungen in den skandinavischen Ländern der Autorin finde ich klasse! 👌 Ist mir persönlich nicht neu, aber hier in der Geschichte hätte ich das mit Sicherheit vergessen und mich ständig gefragt, wieso sie sich alle duzen. Auch bei den Berufsbezeichnungen wäre ich gestolpert und hätte das sicher als Fehler markiert. Es ist nämlich nicht die Norm die Sprache dem Setting anzupassen, aber das ist nicht nur sinnvoll, sondern auch wichtig, für die realistischen Darstellungen. Daher hat die Autorin hier alles richtig gemacht! Nicht nur, dass sie die Sprache dem Setting angleicht, sondern auch, dass sie uns Leser einen Hinweis dazu gibt. Ist auch nicht so selten, dass die Autoren zwar in der Anpassung der Geschichte alles richtig machen, aber vergessen, den Leser darauf hinzuweisen, sodass er nicht rätseln muss.

Was mir in diesem Bezug auffiel - ich weiß nicht, ob das normal im Ausdruck ist oder ein Fehler: Auf einer Seite steht "Sie ist der beste Polizist, mit der ich je zusammengearbeitet habe." - Die weibliche Berufsbezeichnung gibt es ja hier nicht, aber dann passt auch die dazugehörige Sie-Form "mit der" ja gar nicht. Entweder man ändert alles oder gar nicht. Das klingt fehlerhaft. Wenn die echt so reden und schreiben, ist das kuddelmuddel und für mich sprachlich ein Fehler.

Was mich generell stört, ist, dass diese Länder in meinen Augen Rückschritte in Sachen Gleichberechtigung gehen. Manche würden sagen, das Gegenteil ist der Fall, weil ja alle gleich deklariert sind - in Bezug auf die Berufsbezeichnungen. Aber das ist für mich nur ein Deckmantel unter vielen. Wir Frauen sind in der Gesellschaft sowieso kaum existent, und diese Art der Deklarierung verstärkt das nur. Wer etwas anderes meint, dem kann ich ja fragen: Dann können wir das auch umgekehrt machen? Alle Bezeichnungen in weiblicher Form? Da würde es einen Aufschrei geben. Denn die Männer lassen das ja nicht mit sich machen. Gibt mittlerweile Bücher dazu, das hat ja lange gedauert, bis wir uns bewusst gemacht haben, wie ausgegrenzt wir werden. Beispiele:

https://wasliestdu.de/caroline-criado-perez/unsichtbare-frauen

https://wasliestdu.de/melinda-gates/wir-sind-viele-wir-sind-eins



Die Erzählung wechselt im Ausdruck hin und her, was Gedanken angeht. Mal stehen sie kursiv, wie das gewöhnlich der Fall ist, dann wieder nicht. Auch ein zitierter Satz ist nicht gekennzeichnet. Ich habe dadurch erstmal mehrmals verwirrt gelesen, weil das komisch klingt, als ob der Sprecher das selbst gesagt hat. Das ergibt in der Form keinen richtigen Sinn und steht komisch geschrieben. Er spricht diesen Satz aber so, als ob der Täter das gedacht hat. Deklariert ist das aber als sein eigener Gedanke. Sehr wirr. Auch Gedanken werden nicht als Gedanken formatiert. Da musste ich auch mehrmals lesen, um zuzuordnen, dass das (Beispiel) Ravnas Gedanke ist und nicht die Erzählung. Dann darunter wird ein Gedanke von ihr wieder formatiert. Total irritierend!

Ansonsten ist die Erzählung in der Erzähler-Art über die Charaktere, wobei Ravna durchweg der Mittelpunkt dieser ist. Die Geschichte ist in drei Teile geteilt. Direkt zu Beginn vom ersten Teil sind wir am Tatort, wir lernen die Charaktere kennen. Der zweite Teil hat mehr Tempo und ich fand ihn sehr fesselnd, konnte nicht aufhören, zu lesen. Die Ermittlung nimmt richtig Fahrt auf. Der dritte Teil führt uns in die tiefe Kultur der Samen. Gefiel mir richtig gut. Die Auflösung ist derart unerwartet, obwohl es immer wieder Anzeichen gab, aber bevor sie das nicht selbst genau ermittelten, war ich dennoch überrascht. Das Ende ist etwas unbefriedigend, was den Täter angeht.


🤣 Kommen wir zu unserer Heldin 🤦:

Ravna ist mir echt zu naiv und starrköpfig! Sie will zur Polizei, weil Same nur etwas im Dienste des Staates tun können. Warum aber dann die Polizei? Sie kann kein Blut und keine Leiche sehen, ohne sich fast zu übergeben. Sie behindert schon am zweiten Tag die Ermittlungen, weil der Täter Same sein könnte, einer ihrer Leute. Sie sagt dann auch noch dreist: "Das sind meine Leute!" Und Thor erwidert richtig, dass es ihm egal ist, woher der Täter stammt. Mörder ist Mörder. Einfach unglaublich ihr Verhalten! Das geht überhaupt nicht, diese Voreingenommenheit. Was ist das für eine Polizistin? Oder eher; was soll das für eine Polizistin später sein? Vor allem; bei ihrer Oma tut sie noch entsetzt, als die eher freudig auf den Mord reagiert, weil das Opfer ein Scheißkerl war. Da wäscht sie der Oma entsetzt den Kopf, er sei brutal ermordet worden, egal, was für ein Mann er war. das passt überhaupt nicht zusammen und kommt auf mich gekünstelt rüber.

Auch total bescheuert (ja, bescheuert - in Deutschland darf man das noch gesetzlich von sich geben!) sind ihre mehrfachen Aussagen, sie will zur Polizei, sie muss was im staatlichen Dienst tun. Thor zählt ihr dann auch einige andere Berufe auf, bei denen ich auch schon dachte "Wieso machst du dann nicht das? Oder das?" Wie reagiert Ravna? Sie bringt trotzige wie ein Kind immer dasselbe heraus "Ich will zur Polizei!" Sie reflektiert kein bisschen, ob sie dafür auch geeignet ist. Und alle Andeutungen von anderen, dass sie vielleicht etwas anderes tun sollte, blockt sie starrköpfig und trotzig ab. Erklärt aber nie, wieso sie sich für geeignet hält. Das müssen wir andauernd bei Bewerbungen angeben, aber bei ihr hat man das gar nicht für nötig gehalten? Hatte sie überhaupt Eignungstests? Auch so Situationen und Gedanken von ihr sind so ... machen wütend. Zum Beispiel: Sie war sich nicht im Klaren, was Einschlafen während der Dienstzeit nach sich ziehen konnte. Ernsthaft jetzt???? Da fehlen mir die Worte ... Schläft an einem Beweisort des vermuteten Täters ein und dann kommt so ein Satz ... Und das ist ja nicht mal genug! Sie erzählt dann noch ganz locker flockig ihrer Uroma von dem Fall. Und dann wieder so ein Satz, wo sie nachdenkt, dass sie wahrscheinlich gar nicht mit ihr über den Fall reden sollte ... AAAAHHHHH!!!!! Ich bin entsetzt, wie man so jemanden ohne nichts auf die Polizei loslässt. Das Mädel ist so ... boah, die hat mich so wütend gemacht!! Vor allem im ersten Teil war das penetrant und nervig.

Im zweiten Teil nervt sie jedenfalls nicht mehr so extrem wie im ersten Teil. Das muss ich ihr zugestehen. Aber sie ist immer noch kein Herzblatt. Einmal verdreht sie innerlich die Augen über eine Museums-Gehilfin, die vor Schreck zweimal "Oh mein Gott!" sagt. Sie erfuhr, dass Trygg ermordet wurde. Da meint Ravna, dass sie befürchte, beim nächsten "Oh mein Gott!" irgendeine dumme Bemerkung zu machen ... SIE!!!! Die selbst nerviger und bescheuerter ist, als diese junge Frau! Ich weiß nicht, ob ich lachen oder schreien soll! Dann auf einer Seite sagt sie dem Leser: War sie eigentlich im Kindergarten gelandet und die einzig Vernünftige hier? - Echt jetzt????? Boah, diese Göre ist so ... (sorry, die macht mich derart wütend ...) Was ich noch erwähnen möchte, was mich entsetzt hat: auf einer Seite sagt sie zu einer Vergewaltigten, sie muss darüber hinwegkommen ... Ist sicher nicht so axxxxig gemeint, aber es liest sich so. Also, ihr merkt, Ravna und ich, das wird nie etwas!

(Ich hoffe, das war allgemein nicht zu viel ausgesagt, muss ja schließlich erklären, was mich an Ravna so stört. Weiteres gibt es in der Lese-Chronik, das sind tatsächlich spoilernde Szenen)

Im dritten Teil entwickelt sie sich aber doch ein wenig, ich merkte das an der Art, wie sie den Job angeht. Da findet etwas Entwicklung statt. Die Autorin schreibt in ihrer Dankesrede, dass sie Ravna liebt - ich kann es einfach nicht verstehen! Auch andere Lesermeinungen dazu, die dasselbe schreiben. Ich mag solche Menschen jedenfalls nicht.

Hier gibt es eine Szene, da stimmt die Zeitspanne nicht. Ravna meint, das Forensik-Team brauche eine halbe Stunde, kurz danach sagt sie, sie warte eine Viertelstunde im Auto. Plötzlich ist nach zwanzig Minuten das Team da. Und der Clou: Pathologin Eva meinte noch zu Ravna am Telefon, dass einer der Kollegen noch aus dem Bett geholt werden muss. Wenn also, hätte das sogar länger als dreißig Minuten dauern müssen. Das war nämlich die Fahrstreckenzeit. Und es gibt noch weitere kleine Szenen, die unlogisch sind, die ich aber nicht alle hier aufführen möchte. Die stehen in der Lese-Chronik.


Fazit:
Ich hatte das Buch in zwei Tagen durchgelesen. Der Fall und das Setting wie die Atmosphäre sind super, die Nebencharaktere kaum existent. Ravna und Thor tanzen eigentlich fast alleine durch die Geschichte. Von allen Charakteren mochte ich den zum Teil unausstehlichen Thor am liebsten. Er hat seine Hintergründe für sein Verhalten und konnte mich emotional mitnehmen. Und da kommen wir zum größten Manko der Geschichte - nein, nicht die vielen Fehler, sondern Ravna ist das große Problem. Ich finde sie grausig, und dann noch als Protagonistin, bei der der Leser fast gar keinen Ausgleich hat. Sie sticht überall durch, das hat die Autorin ja so gewollt. Es ist aber schon eine Bewertung für sich, dass ich das Buch trotz Ravna in zwei Tagen durch hatte. Die Geschichte ist super, und ich würde dem Buch auch gerne 5 Sterne geben, trotz der vielen Fehler darin. ABER NICHT MIT RAVNA!!! Die versaut das total! Ich empfehle das Buch mit Vorbehalt.

Sollte das tatsächlich eine Reihe sein, reicht mir der Band hier völlig. Mehr möchte ich von Ravna nicht lesen.



😈 Lesen auf eigene Gefahr:

https://www.lovelybooks.de/bibliothek/WriteReadPassion/lesestatus/2985417289/



❗❗ ANMERKUNG ❗❗ :

Ich habe mich sehr auf die Leserunde bei waslistdu gefreut und extra mit der Rezension gewartet, weil ich mich mit meinen Lese-Kameraden austauschen wollte. Als die Leserunde dann mit ein paar Kommentaren startete, ist mir die Lust gänzlich vergangen. Ich schrieb zu dem Thema "Tageslängen" im Bezug zur Geschichte, dass ich das Blödsinn finde, die Angaben mit einer Stunde und sogar einmal mit zwölf Minuten, die angeblich in Norwegen herrschen sollen im November. Ja, das Wort "Blödsinn" ist nicht so höflich wie "kurios", das ist mir klar. Und ich entschuldige mich auch dafür, dass mir in dem Moment kein anderes Wort dazu eingefallen ist. Falls es noch nicht aufgefallen ist; ich bin ein Mensch. Wahnsinn, oder?! Verblüffend. Auch mir, die sich generell sehr gut ausdrücken kann, fallen hin und wieder nicht die richtigen Worte ein. Aber ich habe ebenfalls geschrieben, dass mich das richtig irritiert und mich bei der Vorstellung zum Verlauf der Geschichte sperrte. Auch habe ich geschrieben, dass ich nicht weiß, woher die Autorin die Zahlen nimmt (also die Zeitlänge des Tageslichtes) und warum ich noch nie davon gelesen oder das gesehen habe in Dokumentationen. Und dass ich das schade finde.

Da hätten meine Lese-Kameraden (die, die mich angriffen) mich ja von meiner Dummheit und Wissenlosigkeit befreien können, indem sie mir einfach schreiben, wie das ihres Wissens ist. Aber nein, es wird sofort die Keule geschwungen, um mich platt zu schlagen. Das war dann wohl deren Dummheit, schätze ich. So ist jeder auf seine Art dumm. Ich persönlich ziehe wissenlose Dummheit die der soziallosen Dummheit vor. Eine Leserin hat mir ihre Erfahrung mitgeteilt, wofür ich ihr auch dankte. Aber mit biestigen Kommentaren, um Machtgelüste auszuleben und andere niederzumachen, lasse ich mir keine Kritik mehr entgegenschleudern! Irgendwann muss man auch mal aus Fehlern lernen. Das muss sich niemand antun.

Wenn einem nicht zusagt, was ich schreibe - aus welchen Gründen auch immer -, dann hat er die Freiheit, mir das auf angemessene Weise mitzuteilen. Dann bin ich auch bereit, meine dargelegte Art, wie ich etwas ausgedrückt habe, zu widerrufen bzw. anders zu deklarieren. (Wie ich das auch nach dem Erfahrungsbericht der einen Leserin getan habe. Ein Teil von mir war sogar neugierig und wollte mehr darüber wissen, aber die anderen biestigen Kommentare haben mich davon abgehalten.) Schließlich sind Leserunden Diskussionsrunden, in denen verschiedene Meinungen zusammenkommen. Das verstehen aber viele Leser gar nicht, dieses Prinzip. Für viele sind das eher Machtrunden, in denen sie einen Mob organisieren und/oder andere als Boxsack benutzen können. Ist ja nicht die erste Runde dort oder auf anderen Plattformen, wo das passiert - bei mir und anderen. Wem es um die Sache geht, der weiß sich auch freundlich auszudrücken (damit meine ich die Art und Weise, Wörter können ja immer falsch gewählt werden). Aber solche Runden werden gerne als Deckmantel für Mobbing oder (in dem Fall) einfach draufhauen genutzt.

Auch meine Kritik an Ravna kam gar nicht gut an. Ich habe da dann gemerkt, dass nur heile Welt gefragt ist. Kritik an die Beschreibung der Autorin und der Charaktere ist da nicht erwünscht. Da wurde ich dann gefragt, wieso ich so genervt sei - Da ich das ausführlich erläutert hatte, kam diese Frage auf mich eher provozierend als neugierig an. Ab da habe ich mich dann ausgeklinkt, denn ich habe besseres mit meiner Zeit zu tun, als mich in eine solche Runde und diesem Niveau zu begeben, bei dem man bei jedem vermeintlich falsch gewähltem Wort auf der Ausschluss-Liste landet und man nichts kritisieren darf! Das ist keine Leserunde/Diskussionsrunde, das ist Diktatur! Eben in Mini-Format!

Ich musste das jetzt erläutern, da ich das Buch ja von wasliestdu und dem Verlag bekommen habe, um bei der Leserunde mitzuwirken. Ich hätte natürlich auch gar nichts schreiben können, aus Trotz, aber das lag mir noch nie und ist mir zuwider, genau wie solch ein Verhalten in einer Diskussionsrunde! (Um meine Intelligenz nicht zu beleidigen, werde ich auch auf solche Art Kommentare zu dieser Rezi nicht reagieren)



Also, Danke an Alina (wasliestdu) und dem Verlag für das bereitgestellte Exemplar! Ich gebe es freudig an meine liebe 🦌Lese-Freundin, die sich frei und unzensiert ihre eigene Meinung dazu bilden darf. Und mit der ich sehr gerne und oft unterschiedlicher Meinung bin. 🥰 An solchen Runden merkt man wieder, was für ein Genuss es ist, solch eine Lese-Kameradin zu haben. 🤗




Geschrieben am 04.06.2021




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Veröffentlicht am 31.05.2021

Dunkelheit - trotz Lichtscheine - für 44 Jahre ...

Ich ging in die Dunkelheit
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Inhaltserzählung:
Die Beziehung zu meiner Mutter war die komplizierteste meines Lebens und wird es immer sein. Während ich das schreibe, werden mir zwei unvereinbare Tatsachen klar, die mich schmerzen. ...

Inhaltserzählung:
Die Beziehung zu meiner Mutter war die komplizierteste meines Lebens und wird es immer sein. Während ich das schreibe, werden mir zwei unvereinbare Tatsachen klar, die mich schmerzen. Niemand würde sich mehr über dieses Buch freuen als meine Mutter. Und wahrscheinlich hätte ich nicht den Freiraum verspürt, es zu schreiben, wenn sie noch leben würde.

(Seite 66)


Ich will nur auf eine Besonderheit hinweisen: In einer Stadt mit hartgesottenen Bewohnern und reichlich Gewalttaten gab es einen Verbecher, der hervorstach.
Vielleicht hilft auch folgendes Detail, sich ein Bild von Sacramento in den Siebzigern und auch vom EAR zu machen: Wenn ich neugierigen Bewohnern der Gegend sage, ich würde über einen Serienvergewaltiger aus Sacramento schreiben, wurde ich noch nie gefragt, über welchen.

(Seite 118)


Autorin:
Michelle McNamara (1970–2016) wurde als Jugendliche mit einem Gewaltverbrechen konfrontiert, als in ihrer Nachbarschaft ein befreundetes Mädchen ermordet wurde. Diese Erfahrung prägte ihr Leben. Als Erwachsene führte sie die Webseite True Crime Diary und setzte sich zum Ziel, den »Golden State Killer«, einen der schlimmsten Serienmörder in der Geschichte der USA, zu entlarven. Michelle McNamara starb kurz vor Fertigstellung ihres Manuskripts, das nach Erscheinen zu einem Bestseller wurde und allein in den USA über 400.000 Leserinnen und Leser fand.

Übersetzerin:
Eva Kemper, geboren 1972 in Bochum, studierte in Düsseldorf Literaturübersetzen. Neben Junot Díaz‘ ›Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao‹ übersetzte sie aus dem Englischen u. a. Werke von Peter Carey, Louis de Bernières, Tom Rob Smith, Martin Millar und Penny Hancock.


Bewertung:

Anmerkung: Die folgenden Inhalte enthalten keine Spoiler, das können sie gar nicht, da es ein berühmter Fall ist, der oft von vielen Crime-Serien aufgegriffen wird, ebenso wie überall auf sozialen Netzwerken und Webseiten. Wer also keine Einzelheiten bestimmter Fälle lesen möchte, hört jetzt lieber auf zu lesen. Natürlich kommen einige Kleinigkeiten im Buch vor, die nur aus Michelles Sicht zu lesen sind, da sie ja auch ermittelte. Aber sie teilte ihre Ermittlungen mit den zuständigen Ermittlern und arbeitet bis zu ihrem Tod mit ihnen zusammen, wie auch diese Erkenntnisse medial verstreut wurden. Was ich also hier schreibe sind keine Geheimnisse.

👀 "Die Leute vergessen bei Rocky immer die erste Szene, in der er rausgeht und trainiert. Seine Beine tun höllisch weh. Er hat seine besten Jahre hinter sich. Es ist eiskalt. Er torkelt. Er kommt kaum die Treppe rauf. Rocky steht einfach jeden Morgen auf und macht weiter. Jeden Tag. Bei den Leuten, die sich mit ungelösten Fällen beschäftigen, ist es dasselbe. (...)Rocky hat Apollo Creed nicht geschlagen, weißt du noch?", sagte Patton. "Aber er hat ihn und die ganze Welt verblüfft, weil er einfach nicht aufgeben wollte."

(Seite 349/350)

Das Cover braucht keine Worte - es passt mehr als perfekt zum Riesen-Fall. Der Buchtitel bezieht sich auf etwas, was der Golden-State-Killer einem Opfer gesagt haben soll: «You’ll be silent forever, and I’ll be gone in the dark.» («Du wirst für immer schweigen, und ich werde im Dunkeln verschwunden sein.»). Dieses Detail kannte ich aus den Crime-Serien zu diesen Fall nicht. Ich ging davon aus, dass sich der Titel auf die Autorin und ihre Ermittlung bezieht. Es passt aber auch beides, eine gruselige Verbindung.

Der Klappentext lässt einen vermuten, dass die Autorin durch die Such des Täters umkam, er sie vielleicht auch getötet hat - dem ist aber gar nicht so. Sie stark an einer unglücklichen Überdosierung von Medikamenten überraschend. Auch vermittelt der Klappentext, dass die Auflösung des Riesen-Falles detailliert beschrieben wird. Auch dem ist nicht so. Der Täter wird kurz genannt, ganz zum Schluß. Er bildet sozusagen den Schluß. Und es wird nicht erläutert, wie er so lange entwischt ist, wie das im Klappentext steht. Ich habe einige Infos dazu beigeschrieben. Aber für den Leser ist das frustrierend. Wenn man den Klappentext auf eine andere Weise liest, stimmt es schon; die Autorin hat sein Entwischen detailliert geschildert, anhand der einzelnen Fälle und Schlampereien von Ermittlern und Bürgern. Denn jeder Täter kann nur solange fliehen, wie er wissentlich und unwissentlich geschützt wird.

Den poetischen Text von Weldon Kees ("Krimi-Club") finde ich wirr und habe ich auch nicht verstanden. Poesie mag ich sehr, aber dieses hier ist nicht zu verstehen für mich. Klar, es zeigt die Dimension der Überfälle auf literarische Weise, aber das kann auch im Bezug zu anderen Fällen genommen werden. Es steht auch keine Anmerkung des Autors bei; hat er das speziell für diesen Riesen-Fall niedergeschrieben? Ein Rätsel.

Es gibt ein Inhaltsverzeichnis, was ich generell ja sehr mag. Hier ist es allerdings unnötig, da das Buch und seine Kapitel sehr chaotisch zugeteilt sind. Da verschafft auch das Inhaltsverzeichnis keinen Überblick, leider. Ich hatte ja während des Lesens die Vermutung, dass die Kapitel so unchronologisch gesetzt sind, weil Michelle kurz vor Fertigstellung des Buches gestorben ist. Aber beim zweiten Nachdenken erscheint es sinnfrei, denn die zwei Freunde, die das Buch beendet haben, haben ja nicht willkürlich gearbeitet, sondern das so übernommen, wie Michelle es hinterlassen hat. Außerdem starb sie ja kurz vorher, der übermäßige Teil war also schon fertig und somit auch von ihr zusammengesetzt worden. Am Ende kommen die zwei freunde von ihr zu Wort und erklären, dass das Buch bei Autorin Michelles Tod zur Hälfte fertig war. All das widerlegt also meinen ersten Gedanken.

Es gibt eine Einleitung von Gillian Flynn. Hier meine Kritik, dass nicht dabeisteht, wer das ist. Ich kenne sie, sie ist Thriller-Autorin, aber sie ist keine große Berühmtheit wie die Harry-Potter-Autorin, die jeder kennt. Solche fehlenden Deklarationen nerven mich. Dann folgt ein Prolog der Autorin. Am Ende gibt es sozusagen ein Nachwort der beiden Freunde von Autorin Michelle und eines von ihrem Mann. Dann folgt ein Brief von ihr an den alten Täter, für sich, da bis dato keine Überführung stattfand. Als letztes folgt das Foto des Täters und drei Sätze zu ihm. Das ist ziemlich mau, daher habe ich als Anhang dieses Essays - äh, dieser Rezension ein paar Infos hinzugefügt. 😏

📋 Zur besseren Übersicht (die Fälle, von denen wir wissen):


Visalia Ransacker (Visalia-Plünderer)

April 1974 bis Dezember 1975 - Über 100 Einbrüche, Raub und 1 Mord


East Area Rapist (EAR)

Juni 1976 bis Juli 1979 - Über 50 Vergewaltigungen an Frauen und Raub


Original Night Stalker (ONS)

Oktober 1979 bis Mai 1986 - 2 Übergriffe auf ein Paar, konnten gefesselt fliehen (zwei Beinahe-Morde)

- 6 Paar-Morde, Vergewaltigungen von den Frauen (das bleibt unerwähnt im Angesicht von Mord) und Raub, davon 2 Morde nicht 100 % dem ONS zuordbar


❕ Von Autorin Michelle "Golden State Killer" genannt



Was mich zu Beginn irritiert hat, war, dass die Autorin Michelle nur fünf Vergewaltigungsopfer aufgeführt hat, obwohl es fünfzig gemeldete ! gemeldete Fälle gibt. Beim Lesen jedoch erkannte ich, dass sie nur die Namen gelistet, die auch in dem Buch Erwähnung finden. Jedenfalls kann ich das so zuordnen, bei all den Namen - gerade bei der Ermittler-Liste - habe ich den Überblick verloren. Aber es ergibt Sinn. Denn es irritiert zudem, dass vor der Auflistung der Opfer und Ermittler, eine Ortskarte mit den verschiedenen Verbrechen (auch die Anzahl dieser) abgedruckt ist. Ein Mord wird in Verbindung mit den ganzen Einbrüchen noch untersucht bzw. wurde bis zur Fertigstellung des Buches untersucht. Ich konnte aktuell kein Ergebnis dazu im Internet finden.

Ich kenne den Fall aus verschiedenen Crime-Serien, dieser Fall ist oft verfilmt worden für die Serien. Das macht es für mich sogar noch etwas persönlicher, dass hier eine Autorin in einen Fall ermittelt hat, den ich recht gut kenne und von dem man sehr viel hört, sieht und liest. Jedenfalls ist den Crime-Liebhabern dieser Fall bestens bekannt, trotzdem war ich gespannt, was die Autorin selbst ermittelt hat.

Das Buch ist nicht chronologisch erzählt, was mich hin und wieder irritiert hat. Das Buch kann man nicht einfach so runterlesen, aber es ist fesselnd. Mal schreibt die Autorin in der Vergangenheitsform, dann wieder in der Gegenwartsform. Sie verknüpft es auch, es ist jetzt nicht aus dem Zusammenhang durcheinander gewürfelt ... Aber für eine Analytikerin, wie sie es wahr (und wie ich es bin), ist das sehr ungewöhnlich und wirr.

Wir erfahren unter anderem auch, wie Michelle aufwuchs und was sie zu dem Ermittlungs-Hobby brachte, die Entwicklung der DNA-Analyse und wie es mit anderen Hobby-Ermittlern auf verschiedenen Webseiten aussieht. Insgesamt erzählt sie wie in einem Tagebuch, nur auf sachlicher Ebene. Sie drückt zwar auch ihre Gefühle aus, aber nie überschwänglich und richtig greifend für den Leser.


👀 Rat suchte ich bei pensionierten Ermittlern, die an dem Fall gearbeitet hatten und von denen ich viele mittlerweile als Freunde betrachtete. Sie hatten irgendwann die Hoffnung verloren, aber das hielt sie nicht davon ab, mich zu ermutigen. Die Jagd nach dem Golden State Killer, die beinahe vier Jahrzehnte andauerte, kam mir weniger wie ein Staffellauf vor, eher wie eine sonderbare Seilschaft, die versucht, einen Berg zu besteigen. Die betagten Jungs mussten aufgeben, bestanden aber darauf, dass ich weiterging. Bei einem beklagte ich mich, es käme mir vor, als würde ich nach Strohhalmen greifen. "Soll ich dir was raten? Schnapp dir den Strohhalm", sagte er. "Klammere dich an allem fest, was du in die Hände bekommst."

(Seite 24/25)


Was mich immer wieder wütend macht, ist die Gedankenlosigkeit der Ermittler, die scheinbar nur auf ihren Gehaltscheck aus sind und Menschen, die bestimmte Dinge beobachten, aber nichts melden! Auch in vielen dieser Fälle hier hören Nachbarn mehrere Schüße nachts ! und bittende Sätze von Personen, aber keiner ruft die Polizei!! Niemand! Das kommt alles erst raus, als die Ermittler sie nach den Taten befragen. Es begibt sich ja niemand in Gefahr, wenn er in seiner Wohnung/seinem haus die Polizei verständigt. Er muss sich ja nicht ins Geschehen werfen! Das regt mich immer so auf! Das passiert so oft, nicht nur hier. Ich kenne zig Fälle, bei denen die Opfer hätten noch gerettet werden können, wenn jemand die Polizei oder den Krankenwagen gerufen hätte. So verbluten viele minutenlang, manchmal sogar mehr als eine Stunde ! ... Der berühmteste Fall ist der von Kitty in New York in den 80ern, wo mehrere Nachbarn sie beobachten und den Übergriff sahen, aber niemand die Polizei verständigte. Mehrere Nachbarn haben sie verbluten sehen und niemand half ihr. Erst nach mehr als einer Stunde kam eine Nachbarin sofort zu ihr, aber da war es schon zu spät. Hier war noch die Besonderheit, dass der Täter das ausnutzte, und nach dem ersten Angriff nochmal zurückkam udn sein Werk vollendete. Weil ja niemand etwas unternahm. Grauenvoll! Wie hilflos muss Kitty sich gefühlt haben, zu wissen, sie wurde gesehen, in Augen zu blicken, die einfach wieder ihre Türen schlossen und warteten, bis sie erstummte ...

In den Fällen im Buch war das mehr das normale Verhalten der Nachbarn; also die Opfer wussten nicht, dass andere etwas von dem Geschehen mitbekamen. Es wurden auch bei Nicht-Überfällen einiges merkwürdiges beobachtet, aber nicht gemeldet. Auch wirklich so handfeste Sichtungen, wie ein Nachbar, der den schleichenden Täter erwischt und freundlich hustet, um zu signalisieren, dass er ihn bemerkt hat. Eine Woche später wurde Opfer Nummer elf überfallen. Sie war im sechsten Monat schwanger. (Nur eines der vielen Beispiele, wo man nur den Kopf schütteln kann - der Täter wurde von vielen auf frischer Tat entdeckt, flüchtete und begann wenig später "Ersatz"-Taten.) Nicht umsonst sagt die Polizei, man solle auch noch so unscheinbare Dinge melden, die einem nicht wichtig erscheinen. Viele Fälle werden durch solche Mini-Puzzleteile gelöst.


👀 Was die Menschen sehen: Schweinwerfer auf dem freien Feld hinter ihrem Haus, wo kein Auto sein sollte. Aufgebrochene Türen. Einen Mann, der aus einem Entwässerungsgraben steigt und in den Nachbargarten schleicht. Geheimnisvolle Fußabdrücke im Garten. Einen Mann, der an die Tür klopft und wissen will, wie viele Personen in dem Haus wohnen, obwohl in diesem Jahr keine Volkszählung stattfindet. (Anmerkung von mir: Michelle schreibt fast eine Seite solcher Auffälligkeiten)
Was die Menschen hören: Wie sich jemand an der gläsernen Schiebetür zu schaffen macht. Kratzen an der Hausseite. Einen Hilferuf. Ein Handgemenge. Schüsse. Den lang gezogenen Schrei einer Frau. (Anmerkung von mir: Auch hier habe ich ihre Auflistung abgekürzt)
Niemand ruft die Polizei.
Diese Beobachtungen sammeln die Polizisten bei den Befragungen der Nachbarn nach vollbrachter Tat.

(Seite 233/234)


Da kommen Verbohrtheit und Egomanie sowie Machtspiele der Departments und Ermittler immer ins Spiel. Dieser große Fall mit vielen Einzelfällen bildet da keine Ausnahme. Und wie in vielen Kriminalfällen wurden auch hier eklatante Fehler begangen; Beweise wurden einfach vernichtet, ohne je einen Blick darauf geworfern zu haben, zum Beispiel. Dann kommen noch Aussagen hinzu, die sehr kurzgedacht sind, wie; der EAR stahl keine Rabatt-Marken wie der ONS, also konnte er nicht derselbe Täter sein. Da wurde die Entwicklungen des Täters gar nicht in Betracht gezogen, und dass der ONS noch vor dem EAR gewütet hatte. Wir reden (lesen) hier ja von jemadnen, der Jahrzehnte auf Achse ist. Dass sich der Täter da auch weiterentwickelt sagt einem jeder mit Verstand! Aber diese fehlerhafte Denkweise hat andere Ermittler behindert. Ebenso wie destruktive Aussagen wie "Verschwende nicht deine Zeit!" - "Er ist tot!" - "Er verrotet sicher im Gefängnis!" - "Warum kümmert dich das so?", die faule und uninteressierte Ermittler ihren aktiven und suchenden Kollegen vor die Köpfe knallen. Das zog sich bis zur Verhaftung des Übeltäters. Auch im Jahr 2000 kamen den alten Hasen nicht in den Sinn, der Täter hätte ja auch krank sein können oder bereits zu alt für seine akrobatischen Fluchten. Darüber wurde gar nicht nachgedacht, jedenfalls hat das kein Ermittler preisgegeben oder gar an anderen kritisiert. Dieses eklatante Fehlverhalten einiger Ermittler hat alles und jeden behindert, und somit auch die Ergreifung des Täters.


👀 Als ich die Tat in der Queen Ann Lane am 1. Oktober 1979 erwähnte, verhärtete sich Rays Miene.
"Ich glaube, in dieser Nacht hätten sie ihn schnappen können", sagt Ray.
Es war die Nacht, in der er begriff, dass er töten musste. Die Nacht, in der seine Opfer überlebten und ihr Nachbar, ein FBI-Agent, den Verdächtigen bei der Flucht auf einem gestohlenen Rennrad verfolgte. Ich bin die Strecke der Verfolgungsjagd anbgelaufen bis zu der Stelle, wo der Agent ihn verloren hatte. Der Agend stand in Funktkontakt mit den anrückenden Polizisten.
Ich habe nie begriffen, warum er nicht gefasst wurde.
"Ich wusste, was passieren würde", sagt Ray. Er schüttelt den Kopf. "Ich wusste genau, was die Polizisten machen würden."
Sie ließen ihn entwischen.

(Seite 334)


Wer das von den Crime-Serien nicht weiß: Dieser FBI-Ermittler hatte freies Schußfeld und hat das nicht genutzt. Er sah die Situation als unrechtmäßig für den Waffengebrauch. Natürlich war das heftig umstritten, da so eine Serien-Vergewaltiger und -Mörder entkommen konnte und weitere Menschen vergewaltigte und ermordete. Ich achte den FBI-Agenten für seine Entscheidung, kritisere aber auch, dass er ihn hätte ja nicht gleich töten müssen. Das ist auch etwas, was einem oft begegnet; dass die Täter statt ins Bein oder Arm, um sie handlungsunfähig zu machen, direkt tödlich erschossen werden. Da fragt man sich doch, ob die das gar nicht erst lernen, Gefangene zu nehmen. Der FBI-Agent hätte ihn nicht töten brauchen. Ich denke, daher kommt zum Teil auch die Kritik. Der andere Teil sind die typisch amerikanischen Werte zum Waffengebrauch. Viele zögern nicht und töten lieber als dass ein Mörder weiter frei herumläuft.

Diese Missstände bringt Michelle auch im Buch ein und ich war erleichtert, dass sie auch diese Aspekte betrachtete. Denn die gehören leider oft dazu. Was verkrampft sich alles in mir, wenn ich darüber nachdenke, wie die Fälle gelöst werden könnten (generell), wenn Ermittler und Zeugen rechtschaffener wären und zusammenarbeiten würden?! Und dieser Riesen-Fall hat so viele Puzzleteile, die nicht alle ordnungsgemäß zusammengeführt wurden, sodass der Täter immer wieder entkommen konnte! Das gleicht einem zynischen Götterspiel! Da waren nicht nur die Planung und Geduld des Täters ausschlaggebend, sondern auch massig viel Glück! Wie oft er gesichtet wurde, wie viele Phantombilder es von ihm gab, wie viele merkwürdigen Geschehnisse entdeckt wurden - vor vielen Verbrechen, die er danach begangen hatte ... Er ist mit allem davongekommen, selbst Beweise, die er zurückgelassen hatte, wurden einfach ohne Blicke darauf entsorgt. Nein, allein mit dem Können des Täters hat das nichts zu tun. Wie in vielen anderen Fällen kommen hier einfach viele Fahrlässigkeiten zusammen.

Michelle schreibt zu all dem, dass es bezeichnend für die siebziger war. Allerdings stimmt das nicht. Ja, das war so, aber ist heute immer noch so. Die Menschen haben die gleichen Gründe wie damals. Und es ist immer noch unverständlich und behindernd. Sie schreibt auch treffend dazu:

👀 Ich erwähnte Shelby gegenüber die allgemeine Verunsicherung in der Zeit nach Vietnam, doch Shelby schüttelte den Kopf. Die Passivität der Nachbarn war für ihn nur ein Problem von vielen. Nicht nur die Bürger hatten versagt, sondern auch Shelbys Vorgesetzte, die so sehr mit ihren Machtspielchen beschäftigt waren.

(Seite 235)


Sie bringt es genau auf den Punkt. Wer verschiedene Crime-Serien schaut, weiß um das Verhalten der Departments und ihre Vorgehensweisen. Sobald ein Fall mediale Aufmerksamkeit genießt oder sehr groß wird (was hier der Fall war), gehen die Ränkespiele richtig los. Das Ego wird aufgeplustert und es geht vorwiegend nur noch darum, wer die Ehre hat, ganz vorne dabei zu sein und den Fall abzuschließen, um die Karriere voranzutreiben. Opfer und Tat selber spielen da im Hintergrund Walzer.

Natürlich gibt es bei den Bürgern Unsicherheiten, was sie melden sollen und was nicht. Aber hier waren Gegebenheiten, die auf jeden Fall hätten gemeldet werden müssen. Auch ist es so, dass viele Ermittler Meldungen auch nicht ernst nehmen. Im besten Fall sagen sie dir, sie können da nichts machen, sie brauchen was handfestes. Im schlimmsten Fall lachen sie über dich, verhöhnen dich. Und nein, das ist nicht nur in Amerika so. Besonders in Deutschland herrscht die bekannte Philosophie unter der Bevölkerung, dass die Polizei erst etwas unternimmt, wenn etwas konkretes passiert ist. Ein Beispiel werde ich mal nennen: Eine ehemalige Umschulungs-Kollegin von mir erzählte mal, dass sie mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn im Auto auf der Autobahn von einem anderen Autofahrer massiv bedrängt wurden. Der rammte sie sogar. Als sie währenddessen bei der Polizei anriefen, meinte die nur, dass sie in diesem Fall nichts tun können, weil sie dafür kein Personal haben. Erst, wenn dadurch ein Unfall passiert, fahren sie raus. Ja, da schüttelt es sich doch bei jedem, oder? Wir schimpfen ja gerne über andere Länder und ihre Systeme, und plustert uns auf, wir würden es besser machen.

Das ist also ein Riesenproblem, das sich auch in diesem Riesen-Fall ereignet hat. Wie viel früher hätte der Täter gefasst, wie viele Leben gerettet werden können ... ? Man mag gar nicht darüber nachdenken, weil sonst die blanke Wut einen befällt. Mir ergeht es jedes Mal so, wenn ich sowas mitbekomme. Michelle stellt die gleichen Fragen, bleibt aber sachlich und emotional unberührt (für uns Leser). Aber das ist okay so, ich habe Wut für uns beide in mir. Und da brauchen wir auch gar nicht in die USA gucken, auch bei uns in Europa passieren ständig eklatante Fehler. Wir alle kennen Fälle, wo Sexualstraftäter ein super Gutachten erhalten und entlassen werden. Und daraufhin sofort den nächsten übergriff begehen. Und man muss auch kein Psychologe sein, um zu wissen, dass Sexualstraftäter die einzigen Kriminellen sind, die man nicht resozialisieren kann. Triebe kann man nicht stoppen. es gibt Programme, die diesen Menschen helfen, mit ihren Trieben umzugehen, aber das sind keine Schlösser, sondern Pflaster. Diese Menschen können jederzeit rückfällig werden. Und gerade solche straffälligen Täter dann in die Gesellschaft hinaus zu schicken, ist grob fahrlässig! Und das gibt es gerade bei uns in Deutschland viel zu viel. Weil wir einfach eine sehr milde Gesetzeslage haben. Auch andere Verbechensbereiche wie Raub und Tötung gibt es zu Haufen, bei denen lebensrettende Fehler gemacht werden.

Ganz präsent ist mir ein Fall, bei dem es um einen Asylanten geht. Dieser ist mir nicht hängen geblieben, weil er kein Deutscher ist, sondern weil der Fall international ist. Dieser Täter nämlich bewarb sich in verschiedenen europäischen Ländern als Asylbewerber mit falschen Dokumenten. Keinem fiel es auf. In Frankreich tötete er sein erstes Opfer (von dem wir wissen - wir wissen ja nicht, wie viele er bereits vorher ermordete oder eben nicht). Daraufhin sollte er ausgewiesen werden. Die Behörden versäumten dies aber und so zog er nach Deutschland und tötete eine weitere Person. Und blieb eine Zeit lang unerkannt. Beide Tötungen sahen die Behörden nicht im Zusammenhang, weil sie sich nicht miteinander austauschten, auch in kriminaltechnischem Bereich (wie in Amerika ebenfalls). Bei weiterer Kontrolle seiner Unterlagen stellten die Beamten dann fest, dass ein Haftbefehl und eine Abschiebung auf den Mann ausgestellt worden waren, in Frankreich. Muss ich dazu noch mehr schreiben? Statt nach Amerika zu schauen, mal lieber vor der eigenen Haustür kehren.


Auch so Fehler, die nicht direkt mit den Fällen aufkamen, sondern vorher schon begangen wurden, die dann mit in die Fälle reinspielten:

👀 Jahrelang scheint niemanden aufgefallen zu sein, dass die Notrufnummer 911 im gemeindefreien San Ramon nicht funktionierte, obwohl die Telefongesellschaft den Anwohnern diesen Service in Rechnung stellte. Eine Frau, die am Ende einer ruhigen Sackgasse wohnte, stieß auf diesen Missstand. Das schrille Fiepen aus dem Hörer, das eine nicht zustande gekommene Verbindung anzeigte, versetzte ihr nach zwei Stunden sexueller Gewalt durch einen Fremden einen zusätzlichen Schock.

(Seite 272)


Das lasse ich unkommentiert.


👀 Nach etwa einem Jahr war die Untätigkeit der Nachbarn nicht mehr mit Ahnungslosigkeit oder Trägheit zu entschuldigen. Es war reine Wagenburgmentalität. Wenn sie etwas sahen, schlossen sie die Türen ab, schalteten das Licht aus, zogen sich ins Schlafzimmer zurück und hofften, er würde sie nicht holen. "Ich hatte Angst", gab eine Frau zu. Aber warum hatte sie nicht die Polizei angerufen? Meine Gedanken kreisten immer wieder um die Frage, wie es hätte laufen können.

(Seite 243)


Dazu brauche ich nichts mehr kommentieren. Sagt alles.


Viele Theorien kamen auf, wieso der Täter plötzlich aufhörte und woanders weitermachte, wieso er jahrelang bis zur Verhaftung gar nicht mehr in Erscheinung trat ... Ich finde das gar nicht so unergründlich. Auch Michelle hat diese Theorien beschrieben und wie die Antworten darauf aussehen. Und ihre Meinung dazu trifft auch auf meiner, denn sie ist mehr als logisch zu begreifen. Ich frage mich da, wie die Ermittler und andere das nicht sehen konnten. Es war nichts rätselhaftes, es war klar wie Brühe. Ich kann nicht ausdrücken, wie oft ich den Kopf geschüttelt habe und wütend geworden bin. So oft.


An einer Stelle musste ich schmunzeln, die ist so schön geschrieben:

👀 Um zu veranschaulichen, wie schwierig die Bewertung potenzieller Verdächtiger ist, zeigte er später, dass rein nach den Aufenthaltsorten und der Personenbeschreibung des EAR-ONS selbst Tom Hanks infrage käme. (Der, das möchte ich betonen, schon wegen des Drehplans der Serie Bosom Buddies ausgeschlossen werden kann.) 🤭

Sehr interessant fand ich die Stelle, bei der zwei Firmen Autosomale DNA von Menschen untersucht, deren Ergebisse dann anzeigen, welche Krankheiten in den Genen liegen bzw. die Auslöser, die möglicherweise diese Erkranken hervorbringen. Ich finde die Stelle sofern interessant, als das ich diese Art der Untersuchung bereits kenne. Ich habe einen Artikel dazu in einer meiner Wissensmagazinen, zu genau der zeit, als das Verfahren noch neu war. Man kann seine Speichelprobe für etwas mehr als hundert Euro in die Labore schicken. Die Ergebnisse werden per E-Mail mitgeteilt. Im Artikel hat ein Reporter das gemacht und davon berichtet. Natürlich alles aus den USA, die sind ja Vorreiter in diesen Bereichen. Ich war überrascht, dass das hier zu lesen ist. Aber auch sehr passend für das Kapitel.

Etwas zwiegespalten bin ich ja schon immer über die Hobby-Ermittler aus den Webseiten gewesen. Die kannte ich natürlich durch die ganzen Crime-Serien auch zu genüge. Aber diese Bürger-Initiativen sind zum großen Teil bei den Departments ungern gesehen. Andererseits sind sie auf solche Initiativen angewiesen. Es ist schon ein Armutszeugnis, neben den positiven Gründen. Denn es zeigt auch die Unfähigkeit der Ermittler und das Versagen des Staates, diese finanziell und personell ausreichend auszustatten. Stattdessen ermitteln die Bürger, um die Verbrechen aufzuklären. Selbstjustiz ist verpönt, aber gerade in Amerika, wo alle Waffen halten dürfen, ein Alltagsmodell. Sehr ambivalent! Und ob man es nun positiv oder negativ betrachten möchte - Faktisch bleibt es so, dass nicht die Bürger einer Stadt für die Verbrechensaufklärung zuständig sind, auch nicht als Assistenten. Sondern die Polizei, die dafür bezahlt wird.


Es ist mir ein Fehler bewusst im Gedächtnis geblieben, ganz zu Anfang, da wird ein Mord falsch in der Erzählung zugeordnet und eine Vergewaltigung hat mich irritiert, also die der Name des Opfers und ihre Lebensumstände. Der Verlauf war derselbe, wie auch der Sohn im gleichen Alter war, als der Übergriff geschah. Allerdings wird ganz vorne im Buch bei der Karte ein ganz anderer Name angegeben. Ich weiß nicht, ob Michelle sich einfach verschrieben hat oder das zwei verschiedene Frauen sind, mit demselben Lebensumstand und Verlauf. Auch bei den Ermittlern ist ein Fehler aufgetreten bzw. ist mir aufgefallen, dass auf Seite 122 ein Foto von einem William McGowan abgebildet ist und auch so deklariert. Aber der zuständige Ermittler damals hieß Bill McGowan. Das wird auch noch auf derselben Seite erwähnt. Scheint mir ein Schreibfehler zu sein, oder es sind wieder zwei verschiedene Personen, von denen aber nur einer erwähnt wird, während der andere nur auf dem Foto zu sehen ist. Sinnfrei ist das alle male. Im letzten Kapitel steht, dass die Suche mit DNA-Spuren in der Überschrift "Sacramento 2013" zu lesen ist. Aber diese Überschrift gibt es nicht.


Im Laufe der Ermittlungen gab es viele Phantombilder von dem Täter. Mal sahen sie ihm ähnlich, mal weniger. Erschreckend finde ich (da gibt es vieles in diesem Riesen-Fall) besonders, wie eines der vielen Phantombilder dem Täter 1:1 zeigen! Zwei der Phantombilder sind im Buch abgebildet, das eine hat viele Ähnlichkeiten mit dem Täter. Das andere ist genau er! Ich habe wirklich noch nie (nicht, dass ich mich daran erinnere) ein Phantombilde gesehen, das genauso aussieht, wie der Täter. Und der Fotoabgleich, der auch im Buch ist, ist alt. Auf dem Foto ist er 72 Jahre alt, bei seiner Verhaftung. Das Phantombild entstand im Februar 1977!!! Wirklich alles - von Stirn über denselben Blick, Nase, Mund, Gesichtskontur - stimmt mit dem 41 Jahre alten Mann auf dem Foto überein! Und das, obwohl er auf dem Foto seinen Kopf etwas hochhält! Richtig gruselig! Du erkennst ihn, obwohl er 31 Jahre älter ist als auf dem Phantombild! Habe Gänsehaut. Immer noch. Wenn ich bedenke, wie viele Phantombilder wage sind und trotzdem die Täter dadurch geschnappt werden ... wieder etwas unerklärliches und voller Glück geprägt. (Siehe Anhang Bild GRUSELIG!)

Auf dem Foto 1973 von ihm lässt sich das Phantombild auch deutlich wiedererkennen. (Siehe Anhang Bild DEUTLICH! Als junger Mann) Aber auch das zweite Phantombild von August 1979 im Buch gleicht dem Foto unheimlich. (Siehe Anhang Bild UNHEIMLICH!)

Dann gibt es noch ein gutes Phantombild mit einem jüngerem Ich des Täters, dass auch wahnsinnig gut harmoniert! (Siehe Anhang Bild WAHNSINN!)

Auf einer weiteren Collage ist er von 1973 (Foto) mit einem wieder sehr ähnlichem Phantombild abgebildet! Beide Personen sind da jung. Leider kann ich die Collage nicht zeigen, mehr als fünf Bilder sind nicht erlaubt. 🙄

Dasselbe Phantombild mit dem alten Mann auf dem Polizeifoto - ebenfalls klar identifizierbar, trotz des Riesen-Altersunterschied! (Siehe Anhang Bild DEUTLICH! Als alter Mann)


https://www.lovelybooks.de/autor/Michelle-McNamara/Ich-ging-in-die-Dunkelheit-2479710823-w/rezension/2984528475/


(Und ja, die Collagen habe ich erstellt. Die zwei Phantombilder und das Polizeifoto sind vom Buch, alle anderen aus dem Internet. Ist ja - wie bereits erwähnt - ein berühmter Fall.)


👀 "Ein Verbrecher ist in seiner Vergangenheit ungeschützter als in seiner Zukunft."

(Britischer Kriminalpsychologe David Canter im Buch "Criminal Shadows")


Fazit:
Ich habe das Buch innerhalb zwei Tagen durchgelesen. Es hat einen Sog. Das Buch selbst ist im eigentlichen Sinne ein Puzzle zum Bild; es lässt sich noch so vieles dazu schrieben - zum Täter, zu den Opfern, zu den Hinterbliebenen, zu den Ermittlern, zum Verlauf ... So vieles bleibt ungeschrieben, aber Michelles Geschichte, ihre Ermittlungen, enden hier.


👀 "Ich bin überzeugt davon, dass niemanden außer ihr gelungen wäre, als Außenseiterin in diesem Fall zu erreichen, was sie erreicht hat, und mit der Zeit eine von uns zu werden. Ich glaube, eine solche Kooperation von privater und öffentlicher Seite ist bei einem Ermittlungsverfahren einmalig. Michelle war dafür perfekt."

(Paul Holes, Forensiker und Ermittler, der mit Michelle bis zu ihrem Tod zusammengearbeitet hat)


Dieser Riesen-Fall ist nicht nur einzigartig, weil er so viele Fälle an verschiedenen Orten und verschiedene Taten enthält, sondern auch unglaublich detailliert die Entwicklung des Täters aufzeigt. Zu Beginn nur Einbrüche und Raub (bis auf eine Ausnahme, die ungeplant war), wie ein Herantasten an seine zukünftigen Taten. Dann wird er mutiger und vergewaltigt alleinstehende (oder gerade allein im Haus stehende) Frauen, kombiniert das mit Raub. dann steigert er sich zu Pärchen-Überfällen mit Vergewaltigung, Raub und Mord. Und das zwei Jahrzehnte, von denen wir wissen! Das ist wie eine Pyramide, die sich langsam aufbaut und deren Entwicklung jeder sehen kann. Gleichzeitig sind einzelne Fälle auch komplex, weil sich Städte nicht miteinander austauschen und keine Verbindung gesehen wird, wo welche ist.

Man darf auch nie vergessen, dass all diese Fälle nur die sind, die wir kennen, die an die Öffentlichkeit gelangt sind. Uns allen ist klar (sollte es, es ist kein Geheimnis), dass gerade bei Sexualverbrechen viele Dunkelfälle existieren. Denn sexuelle Gewalt jeglicher Art ist in unserer Gesellschaft ein Riesen-Tabu-Thema und sehr intim und schambehaftet. Das liegt am patriarchen System weltweit, das von Männern aufgebaut wurde. Nicht selten werden Sexualopfer von Polizei und Gericht eine Mitschuld gegeben. Es ist also davon auszugehen, dass es hier viel mehr Opfer gibt, als wir wissen. Schon drei Morde konnten dem Täter nicht einwandfrei angelastet werden, weil Beweise fehlen oder unzureichend sind.

Mich hat das Buch laufend getriggert. Ich habe im März eine Kurzserie gesehen: "Unbelievable" (auf Netflix). Dort geht es um eine Vergewaltigungs-Serie in verschiedenen Bezirken, die sich natürlich nicht austauschen. Die Fälle sind in vielen Details genau wie die Fälle hier im Buch. Mich hat es immer wieder an die Serie erinnert. Vielleicht haben die Produzenten diese Fälle auch als Vorlage genommen und weitergespinnt ... ich weiß es nicht. Es gleicht sich nur sehr erschreckend. Übrigens eine super tolle Serie mit starken Schauspielern. Es lohnt sich diese anzusehen.

Ich war traurig, als ich das Buch untersuchte und nichts zu ihrem Tod fand und kein Foto von ihr, um mir ein Bild von ihr machen zu können. Aber auf den letzten Seiten ist ein Foto von ihr abgebildet, was ich für den Leser sehr schön finde. Ich möchte ja die Frau sehen, die dieses Buch geschrieben hat, wie ein Tagebuch, zu dem man Verbindung aufnimmt.

Das Buch insgesamt hat mir sehr gefallen, der große Schwachpunkt ist hier der chaotische Erzählstil. Ein unnötiges Inhaltsverzeichnis kommt noch hinzu, da man sich an ihm gar nicht orientieren kann. Die Daten sind - bis auf die Übersicht zu Beginn - in den Kapiteln chaotisch niedergeschrieben. Da die Kapitel nicht geordnet nach den Daten geschrieben sind, war es für mich schwer, alles beisammenzuhalten. Dafür sind das einfach zu viele Orte, zu viele Opfer, zu viele Ermittler. Ich konnte sie alle nicht immer richtig zuordnen. Man wird von einem Fall zum Nächsten geschleudert, der nicht immer direkt danach geschah. Von 1981 geht es zu 1980, dann zu 2009 ... dazwischen sind immer wieder Kapitel, die ohne Daten in der Überschrift auftauchen. Da sind die Daten der Geschehnisse, die dort erzählt werden, auch noch gemischt. Ein wirklich bunter Haufen, der mich irritiert und mich immer wieder aus dem Lesefluss genommen hat. Aber nur kurz - denn dann ging es fesselnd weiter und ich konnte gar nicht aufhören zu lesen. Es ist hier wirklich so einiges ambivalent, auch das Lesegefühl. Einerseits chaotisch und irritierend, andererseits fesselnd und eindringlich. Daher auch meine Gesamtbewertung von 4 Sternen.


👀 "Die Zukunft hält jede Menge Bösewichte für dich bereit", sagte er.
"Ich will nicht >jede Menge Bösewichte<", sagte ich. "Ich will nur den einen."

(Seite 350)

Niemand hatte geahnt, dass ihr beides verwehrt bleiben würde ... Sie starb am 21. April 2016. Fast genau zwei Jahre, bevor der EAR, ONS und vermeintlicher Plünderer festgenommen wurde.



So, nachdem ich für die Zusammensetzung dieser Bewertung knapp sieben Stunden (ohne Pausen) geschuftet habe, mag ich nicht mehr denken. 🥴









P.S.: Nähere Infos zum Täter werde in dem Buch leider nicht notiert, was für die Leser natürlich unbefriedigend ist. Vor allem für Diejenigen, die keine Crime-Serien gucken und den Fall auch nicht kennen. Daher hier meine Ergänzung:

Modernste DNA- und Ahnenforschungs-Datenbanken führten die Polizei erst zu entfernten Verwandten des Täters, dann schließlich bis zu seiner Haustüre in Sacramento. Josef James DeAngelo, damals 72 Jahre alt, ist ein Ex-Polizist, 1979 wegen Ladendiebstahls aus dem Dienst entlassen. Er wird nach 44 Jahren (von der ersten tat an, von der wir wissen) ! endlich verhaftet. Um der Todesstrafe zu entgehen, worauf die Staatsanwaltschaft als Deal verzichtet hat, gestand der dann 74-Jährige am 29.Juni 2020 13 Morde und über 160 Verbrechen wie Entführung, Einbruch, Raub und Vergewaltigung, teils bereits verjährt. Seine Opfer waren zwischen 13 und 41 Jahre alt (ohne die Kinder im Haus gerechnet, nur reine Übergriffe). Am 21. August 2020 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Staatsanwalt Thien Ho zitierte DeAngelo: „Ich habe alle diese Sachen getan. Ich habe alle ihre Leben zerstört. Deshalb muss ich jetzt den Preis bezahlen.“ Die zuständige Distrikt-Staatsanwältin (District Attorney) erklärte es für möglich, dass es weitere unidentifizierte Verbrechensopfer DeAngelos gäbe und man wohl nie die wirkliche Dimension seiner Taten erfahren werde. (Von mir: Was ich ja auch für sehr wahrscheinlich halte)

Die kalifornischen Behörden ließen verlauten, McNamaras Erkenntnisse hätten nicht zur Ergreifung des Täters geführt. Der US-Pay-TV-Sender HBO sicherte sich die Rechte an McNamaras Buch für eine Doku-Serie.



Anmerkung von mir: Für mich ist es mehr Frustration als Sieg, dass er ganz normal sei Leben glücklich weiterleben durfte und erst im hohen Alter und hoher Gebrechlichkeit verhaftet wurde. Letzten Endes hat er gewonnen und sein Leben gelebt.





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Veröffentlicht am 29.05.2021

Was perfekt war ... ist emotional und realistisch!

Was perfekt war 1: Was perfekt war
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Klappentext:
Quinn und Graham lernen sich unter mehr als unglücklichen Umständen kennen und verlieben sich unsterblich ineinander. Kaum ein Jahr später sind sie glücklich miteinander verheiratet… Happily ...

Klappentext:
Quinn und Graham lernen sich unter mehr als unglücklichen Umständen kennen und verlieben sich unsterblich ineinander. Kaum ein Jahr später sind sie glücklich miteinander verheiratet… Happily ever after?

Acht Jahre danach: Jemanden zu lieben, heißt nicht unbedingt, mit ihm glücklich zu sein. Das erkennt und erleidet Quinn Tag für Tag, denn obwohl sie und Graham sich weiterhin innigst lieben, gibt es ein Problem, das ihre Beziehung zu zerfressen droht …


Autorin:
Die außergewöhnliche Geschichte der Autorin Colleen Hoover: Eigentlich schrieb sie ihren Debütroman "Weil ich Layken liebe" als Weihnachtsgeschenk für ihre Mutter. Aufgrund der guten Resonanz in ihrem Umfeld veröffentlichte sie es dann aber selbst als E-Book - und verkaufte zwei Monate später bereits 200 Bücher am Tag. Zudem wurde sie des Öfteren mit dem Good Reads Choice Award für ihre Werke ausgezeichnet. Colleen Hoover lebt mit ihrer Familie in Texas.

Übersetzerin:
Katarina Ganslandt lebt mit Sascha (Mann) und Elmo (Hund) in Berlin und sammelt am liebsten jede Menge nützliches und unnützes Wissen an, wenn sie nicht gerade Bücher aus dem Englischen übersetzt. Mittlerweile sind über hundert Titel zusammengekommen.

Sprecherin:
Die gebürtige Koblenzerin Carolin Sophie Göbel ist Schauspielerin sowie Synchron- und Hörbuchsprecherin. Ihre Schauspielengagements führten sie nach Stuttgart, Leipzig und Frankfurt, wo sie u. a. als »Luise« in Kabale und Liebe und als »Hermia« im Sommernachtstraum zu sehen war. Als Sprecherin leiht sie ihre Stimme regelmäßig der Augsburger Puppenkiste, 3sat und dem ZDF. 2016 wurde sie für ihre Arbeit von Audible mit dem Hörbuch-Nachwuchssprecher-Preis ausgezeichnet.


Bewertung:
Das Cover ist typisch Bold-Verlag im Bezug auf die Autorin. Es ist derselbe Stil wie bei "Verity", "Too Late" und "All das Ungesagte zwischen uns". Das hier finde ich aber von allen am Unschönsten. es ist weder Nichts, noch Etwas ... Der Titel dagegen passt super zur Geschichte und weckt die Aufmerksamkeit ...

Die Erzählung ist in der Ich-Form von Quinn und Graham. Die Geschichte wechselt sich mit dem Früher und Heute ab. Das finde ich sehr gelungen und fesselnd. Man erfährt nicht in einem Rutsch, wie die Beiden zusammenfinden und wie es mit ihnen weitergeht. Das wird Stück für Stück entblößt, während die Gegenwart erzählt wird.

Dieses Nicht-Miteinander-Reden ... wie viele Partnerschaften hat das schon kaputtgemacht?! Mir kommt dann unwillkürlich der Gedanke "Selber Schuld". Natürlich gibt es vor allem psychische Gegebenheiten, die es so schwer machen können, miteinander zu reden. Aber ganz schwere Fälle sind auch eher selten, finde ich. Meistens scheuen wir nur den Konflikt oder schämen uns oder uns ist das einfach zu mühsam. Selber Schuld halt. Ist für mich schwer nachzuvollziehen bei Partnern, mit denen man reden kann und die einem zeigen, dass sie geduldig sind und versuchen, einen zu verstehen ... wenn dann die andere Partei dann trotzdem blockiert, es gar nicht mal versucht, habe ich gar kein Verständnis dafür und es nervt einfach nur! Diesen Fall haben wir hier in der Geschichte:

Quinn ist mehr als acht Jahre mit Graham zusammen, möchte noch mehr als er ein Kind haben. Es klappt nicht. Und auslassen tut sie es an ihm. Klar hat man so Tage, da ist es gar nicht gut - bei den einen mehr, bei den anderen weniger - und wir neigen dazu, den nächstbesten unsere Launen aufzudrücken. Aber was Quinn hier im Heute tut, ist sehr egoistisch und unfair. Die Autorin und die Sprecherin bringen ihre Verzweiflung und Hoffnung sehr berührend wieder. Graham dagegen ist sehr nachsichtig mit ihr und weist viel Geduld auf. Von ihm erfährt man weniger als von ihr, Quinn steht nahezu immer im Mittelpunkt, da kommt Graham selbst bei der Autorin zu kurz.

Selbst gegenüber ihrer Schwester ist Quinn zum Teil unausstehlich. Vor allem wundert sie sich dann auch noch, wie ihre Schwester auf ihr Verhalten reagiert und versteht es nicht. Selbstreflexion ist ihr auch völlig fremd - das ist ebenfalls sehr realistisch geschildert. Die meisten Menschen - nach meiner Erfahrung - können das überhaupt nicht! Das bereitet mir persönlich immer sehr viel Probleme. Und sie sind auch meistens nicht gewillt, daran etwas zu ändern, Quinn ebenso wenig.

Es gibt so minimale Momente, wo sich ein Gespräch zwischen den Beiden anbahnt - aber die sind nicht nur kaum vorhanden, sondern auch sehr kurz ausfallend. Das ist kein negativer kritikpunkt zur Autorin und der Geschichte. Es ist sehr realistisch erzählt, so sieht es ja auch bei vielen Partnern aus. Das ist ja auch der Grund, wieso die Beziehungen zerbrechen. Das sind nicht Untreue, zu wenig Zeit etc. Das sind nur die Kollateralschäden, die aus der fehlenden Kommunikation herrühren. Das ist das eigentliche Problem. Daraus entstehen dann Untreue, zu wenig Zeit etc.

Die Autorin hat hier einen wirklich schweren Fall von einer Protagonistin in verzweifelter Mühe, schwanger zu werden, dargelegt. So unausstehlich ist nicht jede Frau in ihrer Lage. Quinn ist wirklich eine 10 auf der Skala. Ob das Absicht der Autorin ist, weiß ich nicht zu beurteilen. Es macht die Geschichte aber noch schwerer, als es bei diesem Thema sowieso schon ist. Ich finde es einfach übertrieben, das Verhalten von Quinn. Bei Graham spürt man auch die Verzweiflung und seine Mühe, aber er richtet nicht sein ganzes Leben danach aus. Und er ist nicht unfair oder gar gemein. Er drückt seine Gefühle und Gedanken aus, ohne über die Stränge zu schlagen.

Bei Quinn dreht sich alles nur ums Schwanger werden - da habe ich mich immer wieder gefragt, wieso sie nicht einfach auch mal die Zweisamkeit genießen kann oder andere Wege zum Muttersein ausprobiert? Da gibt es ja nicht nur künstliche Befruchtungsarten ... Leih-Mutterschaften, also als Patin für Weisenkinder oder als Unterstützung für viel arbeitende Eltern ... Oder eine Arbeit als Kindergärtnerin oder im Waisenhaus ... Oder eben Adoptionen ... Aber sie will immer nur das Eine, das Einzige, was scheinbar nicht funktioniert. Das fand ich auch nervig, dieser Scheuklappen-Blick. Das geht ja bis zum Ende so, da findet keine Entwicklung bei ihr statt.

Es gibt hier eigentlich gar keine Nebencharaktere. Selbst Quinn's Schwester kann man nicht als solchen beschreiben ... Quinn und Graham spielen hier wirklich als Solokünstler (Quinn sogar überwiegend), sowas ist selten der Fall. Hat der Geschichte keinen Abbruch getan, es wäre allerdings viel von Quinn's "Extremismus" kompensiert worden.

Die Sprecherin passt wirklich sehr gut, und sie konnte mich auch bei den Emotionen immer abholen.


Fazit:
Ein typisches Hoover-Buch mit neuer Geschichte. Man erkennt auf jeden Fall, dass Colleen die Autorin ist. Dieses Spielen mit den Gefühlen schafft sie hier sehr gut, und trotz der über Maßen nervigen Protagonistin konnte ich nicht aufhören, das Hörbuch zu hören. Das sagt schon alles über die Umsetzung aus. Die Geschichte hat ohne Zweifel einen gewissen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Nicht unerwähnt möchte ich das Haupthema "ungewollte Nicht-Schwangerschaft", neben "Kommunikation in der Partnerschaft" lassen. Beide aktuelle und zeitlose Themen hat die Autorin sehr gut transportiert, wahrheitsgetreu realistisch - auch wie das Umfeld der Beiden auf das Thema reagiert.

Die größte Schwachstelle ist einfach Quinn. Mir ist sie viel zu viel in den Mittelpunkt gestellt worden, hier wäre mehr Graham ein guter Ausgleich gewesen. Seine Gedanken und Gefühle bleiben sehr hinter Quinn's Sicht zurück. Sehr schade!



Trotzdem kann ich das Werk von Herzen weiterempfehlen.




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Veröffentlicht am 27.05.2021

Das Buch der Überraschung! (Finger weg, wenn du nichts anderes lesen willst, als das, was du bereits kennst - Du wirst enttäuscht werden!)

Das Lied der Nacht
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Inhaltsbeschreibung, Leseprobe und Klappentext:
Des Nachts erwachen die Geschichten.
Schnell fliegen sie dahin in den fahlen Stunden des Zwielichts, dem bläulichen Dunkel der Dämmerung.
Denn Geschichten, ...

Inhaltsbeschreibung, Leseprobe und Klappentext:
Des Nachts erwachen die Geschichten.
Schnell fliegen sie dahin in den fahlen Stunden des Zwielichts, dem bläulichen Dunkel der Dämmerung.
Denn Geschichten, müsst ihr wissen, Geschichten reisen unaufhaltsam wie das Licht, über breite Straßen und verschlungene Pfade, durch Wälder und über Berge, selbst über das weite Meer. Ein geflüstertes Wort, mehr braucht es dazu nicht. Eine leise Melodie. Ein Stückchen Garn, einen Tropfen Tinte, eine tapfere Seele.
Erinnert euch.
Erinnert euch an die Geschichte, die keine Stimme mehr hat, an das Lied, das nicht mehr gesungen wird. Erinnert euch an die mächtigen Türme, an Melodie der Nacht, an die hohen Brücken weit über dem Meer.
Erinnert euch, wohin euer Herz euch führen wollte, bevor Furcht auf allen Wegen wandelte.
Ich werde euch dabei helfen. Schürt das Feuer und rückt dichter zusammen, lasst euch nicht schrecken von meinen Narben und dem Blut auf meinem Mantel. Wenn ihr euch zu mir setzt, singe ich ein Lied für euch, und ich erzähle euch eine Geschichte.
Sie beginnt in einem finsteren Tal mit hohen, schneebedeckten Bäumen. Auf einer uralten Straße, einst breit und stolz, nun stumm und grau. Sie beginnt in einem einsamen Wanderer in den fahlen Stunden des Zwielichts, im bläulichen Dunkel der Dämmerung.
Sie beginnt mit einer Frage.
Fürchtet ihr euch?

(Seite 9)


Autorin:
Christine Elizabeth Bernard ist das Pseudonym von Christine Lehnen. Die Autorin wurde 1990 im Ruhrgebiet geboren, lebte allerdings einige Zeit in Kanada, den USA, Paris und an anderen Orten dieser Welt. 2018 erscheint ihr Debütroman, der erste Band der Fantasy-Trilogie „Palace of Glass“. Das Buch verfasst die Autorin auf Englisch und bietet es unter dem Titel „Touch That Fire“ Londoner Literaturagenten an. Zuvor schrieb Lehnen einige Kurzgeschichten, die mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet wurden, beispielsweise der Preis der Jungen Akademie Europas. Sie studiert im Master Englische Literatur und Politikwissenschaften, forscht zum Thema Kreatives Schreiben und unterrichtet seit 2014 zudem an der Universität Bonn Literarisches Schreiben. Nebenbei schreibt sie für Zeitungen wie den Kölner Stadt-Anzeiger und entwirft eine Fernsehserie für ITV Studios Germany. Ihr Pseudonym wählte sie zu Ehren ihrer Großmütter, Elisabeth Surmann und Resi Lehnen, geborene Bernard.


Bewertung:
😬 Okay ... das wird ein Essay 😂

Das Cover ist toll aufgeteilt und beinhaltet alle drei Bände, um das gesamte Panorama-Cover zu offenbaren. Den ersten Teil hiervon finde ich am schönsten. Toll mit den Türmen bei jedem Band, und die dunklen Nebel ... Ganz neu und überraschend finde ich die Zusätze: In der vorderen Seitenklappe sind fünf Dinge über die Autorin aufgeführt, Fakten. Es wird auch ein QR-Code angezeigt, mit der man die ganzen Sonderzugaben im Buch entdecken kann. Auf der letzten Seite ist das ausführlich erklärt; man lädt eine QR-App herunter und scannt mit der App den QR-Code und einzelne Füchse auf den Seiten, die anzeigen, dass dort ein Zusatz wartet. Diese sind zusätzlich noch aufgeführt - was es ist und auf welcher Seite es zu finden ist. Echt ganz neu für mich. Kannte ich bisher gar nicht.

Ich habe das mit den Fuchs auch erstmal gar nicht begriffen, nur gesehen, dass ein Symbol direkt zu Beginn zu sehen ist. Ich habe echt Minuten gebraucht, um den Fuchs in dem Symbol zu erkennen, obwohl das nicht schwer ist. Aber erstens kannte ich das ja gar nicht und habe also gar keine Verbindung gezogen und zweitens kommt es direkt als erstes mitten in dem Symbol vor. Das war irritierend. Was mich hierzu immer noch irritiert ist, ob das über dem Symbol und dem Fuchs zum Buch gehört oder eine Widmung ist: Für den Barden, der befand, dass die Fantasie ein Menschenrecht ist. - Was ist es nun? Eine Widmung oder gehört es zum Prolog? Ich bin verwirrt! Dann folgt der titellose Prolog, und jedes Kapitel hat das Kompass-Symbol und eine Überschrift. Der Fuchs ist nur drauf, wenn es ein Extra dabei zu entdecken gilt.


"Das Leben steckt voller Merkwürdigkeiten, und das wäre nicht die merkwürdigste Geschichte, die man sich je erzählt hat - dass ein Lied uns schützen könnte. Vielleicht wurde es ja in einer Sprache verfasst, deren Worte die Schatten sprechen. Vielleicht ist das sogar die Sprache der Schatten, die nur längst in Vergessenheit geraten ist unter uns Narren, die wir unser Wissen nicht weitergeben."

(Seite 165)


Mein nächstes Problem ist die Karte. Hier erstmal meinen Dank, dass es eine zur Geschichte gibt. Leider fehlen sie oft, obwohl sie nötig sind. Aber, leider ein aber, die Karte ist extrem klein und kaum zu lesen. Die Schrift ist so klein ... Wahnsinn. Da hätte man die Karte lieber waagerecht auf zwei Seiten drucken sollen. Das machen ja manche, hatte ich auch schon. Denn so ist es echt anstrengend.

Das zweite Problem: Viele wichtige Städte sind gar nicht eingezeichnet bzw. deklariert! Dabei sind genau diese im Buch zu finden, schon auf den ersten Seiten. Das ist ein Manko, das ich aber bei nahezu jeder Karte bisher entdeckt habe. Viel unwichtiges drin, aber das, was wichtig ist, nur halb. Richtig doof! Ich suche mich doof, weil es nicht da ist und weil ich die Schrift ganz nah ans Auge halten muss, um sie zu lesen. Statt der wichtigen Städte, die eine Rolle spielen, sind total bescheuerte Namen drin: Sahne & Torte, Orangen, Muscheln, Fisch & Zitrone, Jakobsmuscheln, Kalb & Salbei usw. Was soll das sein??? Essen? Orte? Vielleicht kommt da noch was in Band 2 dazu, das bezweifle ich aber sehr. Es ärgert mich, das so ein Unsinn drinsteht, aber nicht alle Städte!

Auch sonst verwirrt mich die Karte noch mit einer Minikarte am oberen Rand, die ... keine Ahnung, was enthält. Es sind auf jeder Seiten Zahlen drin und zwischen den Zahlen in der Mitte Namen, Orte? Was ist das??? Hier fehlt echt eine Legende dazu. Merkwürdig ist ebenfalls, dass ganz oben am Rand ganz klein in einer Sprache aus dem Buch "Guten Morgen" und "Vielen Dank" steht und übersetzt ist. Wozu? Das kommt gar nicht vor. Dafür aber viele andere Sätze und Wörter, die gar nicht erklärt werden - das hätte die Autorin mal reinsetzen sollen. Oder eben gar nichts, was sollen diese zwei lächerlichen Kurzsätze??! 😒 Die Legende zur Karte ist natürlich kaum zu lesen. Also, toll, dass eine Karte drin ist, aber schlecht, dass man sie nicht versteht.


In manchen Liedern erzählt man sich noch davon: Wie des Nachts ausgesprochen werden konnte, was man im hellen Licht des Tages nie wagen würde.

(Seite 30)


Der Klappentext ist wirklich a-typisch, vor allem der letzte Satz ist echt dämlich-nervig: Weyd und Caer sind die Einzigen, welche die Schatten zurücktreiben können - falls sie das Lied der Nacht erlernen ... - Total überzogen, da sie nicht die Einzigen sind! 🙄 Ich kann so eine Übertreibung nicht ausstehen. 🤨 So dramatisiert.

Schon der Prolog zeigt den literarisch poetischen Erzählstil mit einem ganz anderem Satzaufbau durchweg. Hier hat die Autorin einen ganz anderen Schreibstil gezeigt, als in der Palace-Reihe. Dieser Art ist für mich kein Problem, da ich poetische Stile mag, aber für so manchem könnte es anstrengend werden, die Geschichte zu lesen. Sie ist nicht so leicht zu lesen, wie man das von der Autorin kennt. Der Schreibstil ist poetisch und schwermütig, baut die Spannung aber auch extrem auf. Kurze und präzise Sätze, einzelne Wörter, die erst mit anderen Wörtern den Sinn ergeben. Ich finde diese abgedruckten Meinungen anderer ja ziemlich unnötig und nichtssagend, da ich dem meistens nicht zustimmen kann. Aber hier kann ich diese abgedruckte Meinung wirklich bestätigen: "Wortgewaltig und poetisch zugleich webt C. E. Bernard die Magie ihrer Geschichten." (Bernhard Hennen - wer ist das??? Wäre ja schön, wenn das mit beistehen würde. 🙄) Ihr Stil ist hier wirklich Wortgewaltig und Poetisch (ja, extra großgeschrieben)! Und er passt auch hervorragend zur Geschichte. Wir kennen ja alle gute Geschichten mit schlechter Umsetzung und umgekehrt. Ich kann mir diese Geschichte schon im gängigen Erzählstil vorstellen, aber dadurch verlöre sie an Bildgewandtheit. Das macht sie ja so besonders.

Zusätzlich hat sie noch etwas eingebaut, was ich noch niemals gelesen habe: mindestens zwei Handlungsstränge ineinander verflochten. Schon im ersten Kapitel werden zwei Stränge in kürzester Zeit abgewechselt. Mal jeden zweiten Satz, dann wieder nach ein paar Sätzen ... Wahnsinn! Und das in jedem Kapitel! Manchmal zwei, manchmal vier Stränge ... Das ist echt einzigartig. Man kennt das ja so, dass verschiedene Handlungsstränge in Kapitel unterteilt sind, oder wenigstens in Absätzen. Das ist hier nicht der Fall. Hier fließt alles ineinander, das kann schon mal verwirren, und dazu der spezielle Schreibstil. Ich hielt schon im ersten Kapitel fast nur den Atem an, weil dieser schnelle Wechsel so rasant im Tempo ist, und die Spannung wird dadurch noch extremer aufgebaut und die Lösung, das Ausatmen, immer weiter hinausgezögert. Wirklich sonderbar und besonders. So temporeich ist aber nicht jedes Kapitel.

Das Buch kann man definitiv nicht einfach herunterlesen, wie gewöhnliche Romane oder die Vorwerke der Autorin. Ich hatte auch einen Moment, indem ich dachte, dass ich gerade nicht in der Stimmung für solch ein Werk bin. Aber dann habe ich erstmal weitergelesen und gewartet, ob sich das ändert, und tatsächlich hat mich der Verlauf gefesselt. Man muss wirklich den Kopf für dieses Buch haben - wenn man was leichtes und schnelles lesen möchte, ist das hier das falsche Buch, die ganze Reihe. Dieses Werk nämlich lässt sich nicht herunterlesen - es bietet dafür aber Lebendigkeit und Tiefe.


"Ein Lied! Wahrhaftig, ein Lied wird uns retten, ein Lied und eine Geschichte. Und eine großartige Geschichte wird das sein!"

(Seite 210)


Der Erzähler taucht viermal auf; einmal im Prolog, zweimal mitten im Buch, einmal als Epilog. Und er erzählt immer lückenlos weiter, da bleibt nichts offen, nur Neugierde. Das ist der Autorin richtig gut gelungen. Die Kapitel sind lang angesetzt, was aber immer bei solchen Geschichten mit dieser Erzählart vorhanden ist. Ich kenne jedenfalls keines, das mit kurzen Kapiteln aufwartet. Der Stil muss sich entfalten können, dafür braucht er Platz.

Ich versuche mal etwas Durchblick in die Charaktere zu geben:

Wyed ist der Wanderer. Mal wird er Wyed genannt, mal Der Wanderer. Manchmal kommt auch bei Caer's Sicht "ihr Wanderer" dazu. Seine Geschichte bleibt ziemlich im Dunkeln. Mit der Zeit erfährt man wichtiges über seine Vergangenheit, aber eben nicht alles. Seine mysteriöses Lichtbrosche wird gar nicht erklärt. Oder wieso nur er den Pass überqueren kann. Er ist also eine weitgehend undurchschaubare Person, trotz der paar Infos, die man erfährt. Er steht von allen am meisten im Mittelpunkt. Das ist hier auch etwas nach dem a-typischen-Helden-Typos gestaltet; er ist der Einzige der das Königreich retten kann. 🥱 Sein "Ich muss alle retten!" ging mir am Ende doch auf die Nerven. Man liest kaum was anderes von ihm. Das kommt überall sehr penetrant durch. Aber ich mag ihn sehr, er ist verschlossen, naja, sehr typisch Mann - gemixt mit alten und neuen Männerwerten. Er ist bekannt für seine Stärke im Kampf und in den Wanderungen, die er unternimmt. Mit Caer an seiner Seite ist er fast unschlagbar, denn sie hilft ihm mit ihrer Fähigkeit, auch im Dunkeln erfolgreich zu sein.

Caer ist die Bardin. Sie wird entweder als Caer oder als Die Bardin beschrieben. Manchmal kommt auch bei Wyed's Sicht "seine Bardin" dazu. Ich erinnere mich gar nicht, was im Bezug auf ihre Vergangenheit ist. Ich finde die Stelle auch nicht. Aber sie hat die Fähigkeit, mit den Tönen und Klängen zu kommunizieren. Sie kann sie dazu bringen, stärker hervorzutreten. Sie spielt viel auf ihrer Oud, dichtet und singt Lieder. Sie ist nach Wyed die zweitfokussierteste Person der Geschichte.

Bahr ist eine Seefahrerin, die von weit her und sehr ruppig ist. Aber auch sehr herzlich und mich zum Schmunzeln brachte. Sie wirkt wie eine richtig alte, agile und taffe Großmutter für alle. Man muss sie einfach ins Herz schließen. Sie hat die Fähigkeit der Sprache des Feuers. Sie kann mit ihm kommunizieren.

Jori ist ein nicht so agiler alter Mann, dem die Knochen wehtun. Seine Vergangenheit finde ich auch nicht im Buch wieder. Er kann die Sprache der Tiere und hat so den weißen Fuchs Bellitas gefunden. Dieser spricht auch mit ihm und agiert wie ein Mensch. Er ist fester Bestandteil der Gruppe und Geschichte. Da geht einem das Herz auf ...

Der Baron Lurin ist der Herrscher des Königreiches Schur, wo sich das Meiste ereignet. Neu ist hier, dass er nie König genannt wird - weder von der Autorin, noch von den Charakteren. Auch ist sein Sitz nicht immer als Schloß deklariert. Das wechselt mit Festung. Er ist ein grausamer Herrscher, der nur nach seinen Gelüsten strebt und lebt. Er hatte eine Schwester Lurina, die eine geschichtliche Rebellion anführte. Er ist vernarrt in Caer und will sie um jeden Preis für sich haben.

Ealdre ist der geheimnisvolle Fremde zu Beginn. Er taucht aus dem Nichts auf. Dann wird er zum Mitglied der Truppe. Er ist ein magischer Heiler, dessen Vergangenheit auch undurchsichtig ist. Man erfährt am Ende sehr wichtiges über ihn, aber das was für mich nicht überraschend. Ich habe das gewusst, einfach weil es nicht unvorhersehbar ist. Es werden immer wieder Andeutungen gemacht, schon alleine sein Äußeres lässt gar nicht lange raten. Sein Verhalten wechselt am Ende, was für den Leser sehr überraschend ist - auch, wenn der Grund es nicht ist. Aber was das genau bei ihm ist, verrät die Autorin in diesem Band jedenfalls nicht. Ich hoffe, das bleibt aber nicht am Ende der Reihe offen. Ihn mag ich auch sehr, seine Art berührt mich.

Die Zwillingsgeschwister Jelscha und Andrin kommen auch zur Truppe dazu. Sie gehören der Eisernen Soldaten an und kämpfen zunächst für den Baron. Dann sagen sie sich los und gehen mit den anderen auf Mission. Jelscha ist eine stolze Person, die erst eine Weile braucht, um mit anderen warm zu werden. Andrin dagegen ist sehr herzlich und hilfsbereit. Man erfährt nur wenig von ihnen und ihrer Geschichte.

Es gibt noch viele andere Charaktere, aber die kriege ich weder alle zusammen, noch bestimmen sie groß den Verlauf.


Das Schweigen hatte seinen Preis, so wie es immer seinen Preis hatte, wenn man sich nicht an die Wahrheit hielt. Reue.

(Seite 301)


Die Liebesgeschichte zwischen Wyed und Caer kann man als solches nicht bezeichnen. es ist eher eine Pflanze im Einpflanz-Stadium. Beide wollen, trauen sich aber nicht. mehr als leichte Berührungen, die nicht erotischer Natur sind, liest man hier nicht. Die Autorin baut hier durch den gesamten Verlauf immer wieder Momente an Spannung auf, bei denen man denkt "Jetzt aber!" - doch dann passiert wieder nichts. Sie spielt ganz schön mit unseren Gefühlen - mit denen der Leser und der Figuren. 🤭 Das ist weder schlecht noch gut. Natürlich hätte ich gerne etwas mehr davon gelesen, das hier ist echt nur ein Hauch von Nichts. Aber sie baut das scheinbar gaaaanz laaangsam, Stück für Stück in den Bänden auf.

Das Tolle an den Fähigkeiten in der Geschichte ist, dass sie einen eigenen Charakter und Willen haben. Sie sind nicht passiv, wie man das aus anderen Fantasy-Geschichten kennt. Sie sprechen ihre eigene Sprache, mit eigenen Worten und eigenem Willen. Entweder sie hören auf einen, oder eben nicht. Man muss sie bitten oder schriet sie an, man kann sie nicht einfach lenken nach Gutdünken. Sie werden hier als eigenständige "Wesen" dargestellt, was mir unheimlich gut gefällt, und das ganze Magische noch lebendiger macht.

Die Geschichte von Schur ist sehr gut erzählt, die Vergangenheit wird nach und nach preisgegeben. Die Türme bleiben ein wenig, mysteriös, wie auch ihre Wirkung. Die Schatten sind ebenfalls gut beschrieben, durch den Erzählstil sehr bildgewandt. Ihre Entstehung ist überwiegend dargelegt, für mich aber fehlt der Kern ihrer Herkunft. Furcht spielt da die entscheidende Rolle, aber die Verbindung finde ich nicht so perfekt gezogen.


In den meisten Fällen bedeutet Mut, nicht nachzudenken. Nicht über das nachzudenken, was man vorhatte, oder über die Konsequenzen. Mut bedeutete, ein einfach zu tun, und sich vorzumachen, es gäbe keine Konsequenzen.

(Seite 205)


Die Figuren haben in der Geschichte verschiedene Sprachen, aber nicht alles wird übersetzt. Der Spitzname "midons" zum Beispiel wird oft benutzt, aber nie erklärt. Ebenfalls fallen einige Sätze und andere Wörter wie "Sorteid", die nie erklärt werden. Das finde ich 🙁

Es finden sich auch viele Fehler der Logik in dem Buch, die zum Teil richtig irritierend sind. Einmal wird Jelscha von weiblich zu männlich gemacht, dann wieder weiblich. Ein anderes Mal sind die Angreifer erst Holzfäller, dann doch Eiserne Soldaten. Der Clou; die Soldaten sind gerade erst auf dem Weg und können auch gar nicht die Zerstörer sein. Während von Beginn an die Holzfäller als Zerstörer beschrieben sind. Das geht noch auf zwei weiteren Seiten so und irritiert total. Bei einer weiteren Szene wird nicht das weibliche Wort für Narr benutzt, sondern das männliche, sodass ich dachte, Wyed (Mann) redet hier, dabei ist das Caer (Frau). Musste das dreimal lesen, um es zuzuordnen. Solche Fehler haben mich aus dem Lesefluss gestoßen. Auch Fragen wie: Woher weiß der fremde Heiler Ealadre, wer die Stria war und woher sie kam? Das wurde gar nicht vor ihm erwähnt. Niemand stört es oder fällt es überhaupt auf. - Caer hat eine Ballade zum Baron gesungen, woher weiß sie die ganzen intimen und peinlichen Details??? Das kommt aus dem Nichts und niemand wundert sich. Auch der Wanderer nicht, der sie vor dem Baron beschützen will.

Total fehlerhaft und irritierend: Die Stria hat ja das Lied vor allen gesungen, aber nur Caer erinnert sich daran. Und alle anderen tun so, als ob sie das Lied in der Sprache noch niiie gehört hätten und meinen, Caer solle es ihnen beibringen. Vor allem; Stria war fast zerteilt, wie der Erzähler erzählt, und am Mund klaffte ein Loch ... aber sie lebte dennoch und konnte das Lied singen? Auch unlogisch! Durch die Geschichte hinweg tun alle so, als sei Caer die Einzige, die bei der Stria war und das Lied gehört hat. Auch im letzten Drittel wird das wieder geäußert und Caer soll es ihnen Beibringen. Direkt danach sagen sie, dass sie alle dabei waren und das Lied gehört haben. Ein richtig struktureller Fehler, der mich natürlich immer wieder rausriss aus der Geschichte.

Bis kurz vor Ende wird seine Schwester immer wieder erwähnt, aber nie beim Namen. Lurins Schwester wird immer beim Namen genannt, nur seine eigene nennt er immer Schwester. Was soll das? Erst kurz, bevor der Band endet, erfahren wir den Namen von Wyeds Schwester! Die Autorin tut echt so, als sei das ein mystisches und wichtiges Geheimnis.🙄

Und am Schluß bleibt eine wichtige Frage immer noch offen: Warum ist Weyd der einzige, der den Pass überqueren kann? Und wieso fragt niemand danach??

Was mich ebenfalls das ganze Buch über stutzig macht; es ist nicht erlaubt, in der Nacht ein Licht, Feuer, anzuzünden. Aber das passiert andauernd bei allen. In den Häusern, im Schloss sogar, auch Außen am Stall ... und das ist dann auch okay. Auch irritierend und total entgegen der Geschichte!

Das Ende ist durch die Worte des Erzählers offen und macht mich total neugierig auf Band 2. Die Leseprobe anbei werde ich allerdings nicht lesen, da ich sie nicht gerne lesen mag. Das ist so frustrierend, wenn man dann weiterlesen möchte ... Band 2 kommt am 19. Juli 2021, Band 3 erst im November 2021.


Die Freunde wussten es nicht.
Sie wussten nicht, dass die Zeit der Finsternis noch vor ihnen lag.
Und doch frage ich mich ...
Es muss einen Moment gegeben haben, ganz am Anfang vielleicht, in dem sie sich für einen anderen Weg hätten entscheiden können.
Aber sie taten es nicht. Sie wählten diesen Weg. Den Weg in die Finsternis. Den Weg zu den Türmen.. Den Weg, den man Hand in Hand mit dem Tod beschreitet.

(Seite 386)


Fazit:
Ich hatte durch die Palace-Reihe natürlich mit dem gleichen Erzählstil gerechnet. Und es liegt auch nahe, dass ich denke, die Geschichten ähneln sich. Die Aufmachung ist vom Stil her dieselbe, auch der Klappentext ist genauso. Aber hier bekommt man nicht GENAU das, was man sieht. Klar, das Cover passt hervorragend, wie auch der Titel. Aber sonst - der Inhalt - ist es eine Wow-Überraschung! Der eigenwillige und komplex-poetische Schreibstil, gepaart mit neuartigem Art der Verlaufserzählung verblüfft und irritiert zugleich. Die Geschichte an sich ist nicht superneu, aber doch etwas eigenes neuartiges wie a-typisches und fesselnd, in Kombination zur Erzählart. Einerseits neuartig und spannend, andererseits komplex und schwermütig. Wenn man alles miteinander kombinieren kann, ergibt das eine explosive Mischung, die feurig ist und glüht. Wenn man das nicht schafft, ist das Werk entweder zu anstrengend oder einfach nur gut. Für viele ist die Geschichte wirklich schattig (habe fast alle Rezensionen gelesen) - im Sinne der Erzählart, was sich gar nicht leugnen lässt, auch wenn einem selbst der Stil zusagt.


Flucht ist die beste Verteidigung. Flucht, nicht der Kampf. Der Kampf nimmt Leben, wo die Flucht sie rettet.

(Seite 85)


Schade und auch täuschend finde ich, dass weder von Autorin noch Verlag eine kleine Warnung hierfür gegeben wird. Ein Risiko ist es ja immer, ein neues Buch zu lesen, dessen Geschichte man nicht kennt. Aber hier haben etliche Leser große Erwartungen im Bezug auf den Erzählstil gehabt (künftige Leser haben sie immer noch), was die Folge der Palace-Reihe - die Vorwerke der Autorin - ist. So geht man an das Buch mit ganz anderen Vorstellungen, die die Erfahrung gezeigt hat, und wird bitter (im schlimmsten Fall) enttäuscht. Zurecht, und es macht auch sauer. Es ist ja nicht einfach ein gängiges Risiko, sondern auch eine richtig herbe Täuschung dem Leser gegenüber. Denn das ist nicht einfach ein anderer durchschnittlicher Erzählstil - Es ist was komplett anderes und teilweise auch neues.

So wie es Trigger-Warnungen gibt, so sollte auch ganz vorne solche eine Warnung bei so extremen und seltenen Fällen stehen. Aber wie so vieles scheint mir gerade das absichtlich nicht zu geschehen, da ja etliche Leser dann das Buch bzw. die ganze Reihe nicht kaufen würden - à la weniger Gewinn. Verlage denken eben gewinnorientiert, wie andere Wirtschaftszweige auch. Das geht - wie wir wissen - oft zum Nachteil der Kundschaft. Womit auch Verlage und Autoren sich ins eigen Fleisch schnitzen, denn es hagelt schlechte Bewertungen, was wiederum andere Leser abschreckt und somit den Gewinn nicht mehrt. Typisch! 🤦

Vor allem führt es zusätzlich in die Irre, einen Aufkleber mit "Die neue Serie der Autorin der Palace-Reihe" in dick und groß auf das Cover zu kleben, und so den Eindruck zu vermitteln, es handle sich um etwas ähnliches in seiner Art! Zudem ist auf den Produktseiten sogar das Cover mit diesem Aufkleber abgebildet - normalerweise ist das gar nicht so. Die ganzen Aufkleber sieht man nur bei den Büchern persönlich, nicht bei den Marketing- und Shopseiten. Das zeigt doch schon die volle Absicht der Täuschung.


"Zeit, zur Ruhe zu kommen. Du kannst dich nicht ausruhen, wenn du tot bist. Lebe. Denn du hast nur dieses eine Leben."

(Seite 335)


Ich verstehe sehr gut, wenn Leser die Erzählart abschreckt, es muss einem liegen, man muss geistig bereit oder offen für neues sein. All Diejenigen, die es wagen, wünsche ich viel Durchhaltevermögen und Genuss. Für alle anderen wünsche ich ein passenderes Buch zum Schmöckern. 💌 Für das Gesamtwerk, mit allen Fehlern und Tollem, gibt es von mir 4 Sterne.


Kommt wieder. Folgt dem alten Pfad durch den tiefen Wald, hin zum wärmenden Feuer.
Denn des Nachts erwachen die Geschichten.
Und bis dahin ...

(Seite 386)



P.S.: Ich glaube, als Hörbuch wäre es sehr magisch! 🔮



😈 Lesen auf eigene Gefahr:

https://www.lovelybooks.de/bibliothek/WriteReadPassion/lesestatus/2981132440/




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