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Veröffentlicht am 10.11.2023

Eine kulinarische Lesereise für alle Sinne

Schwaben. Meine kulinarische Heimat
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Ein Kochbuch, dass mich mit allen Sinnen anspricht! Es beginnt mit einem sehr ästhetisches Cover, das Grün der Schrift passt gut zu den Linsen, von denen einige eine ähnliche Farbe aufweisen. Der Einband ...

Ein Kochbuch, dass mich mit allen Sinnen anspricht! Es beginnt mit einem sehr ästhetisches Cover, das Grün der Schrift passt gut zu den Linsen, von denen einige eine ähnliche Farbe aufweisen. Der Einband ist solide und zu meiner großen Freude gibt es ein Lesebändchen. Ein Buch, dass gut in die Küche passt, und man kann einen kleinen Fettspritzer leicht vom Cover abwischen. So ein Kochbuch will ja gelebt werden.

Bereits das Cover suggeriert, dass es sich um eine schlichte und bodenständige Küche handelt, ganz ohne Firlefanz.

Der Vorsatz stimmt ein auf die kulinarische Reise und zeigt der Leserin den Reiseweg des Autors und seiner Fotografen. Der Leserin? Ja richtig, denn Matthias F. Mangold hat mit "Schwaben - Meine kulinarische Heimat" nicht nur ein Kochbuch geschrieben, sondern zugleich einen spannenden Reisebericht. Er berichtet von seinen Begegnungen mit regionalen Produzenten und am liebsten möchten man gleich losfahren und diese selber aufsuchen. Im Anhang finden sich die Adressen und Kontaktdaten ebenso wie die Internetadressen der Anbieter. So ist es teils auch möglich, dort online zu bestellen.

Die ansprechenden Fotografien von Axel & Ralf Killian zeigen Land und Leute, ihre Arbeit, ihre Produkte und sie vermitteln mir dadurch den Eindruck von Engagement und Bodenständigkeit, von Leidenschaft und Genuss. Insgesamt überall Menschen, die ihren Beruf leben. Man spürt die Begeisterung. Und auch die Rezepte von passen dazu. Sie sind ehrlich und gut nachzukochen.

Mit großer Begeisterung habe ich diese Genussreise verfolgt und dabei viele interessante Dinge erfahren. Besonders beeindruckt haben mich die Wiederentdeckung der Alb-Linsen und die Zucht des Hällischen Landschweins.

Mangold berichtet auch von den Veränderungsprozesse, mit denen es seine Gesprächspartner zu tun haben, egal ob Traditionsbetriebe oder Neulinge. Wie sie Neues Probieren oder zu Althergebrachtem aber Vergessenem zurückkehren. Weg von der technisierten Massenproduktion, der Orientierung am Einheitsgeschmack - hin oder in diesem Fall auch zurück zur althergebrachten Hand- bzw. Fußarbeit. Ein wunderschönes Foto zeigt gummigestiefelten Füße beim Traubenstampfen.

Aber nicht jede Veränderung ist gewollt. So führt die nachlassende Bewirtschaftung der Streuobstwiesen dazu, dass alte Sorten aussterben. Veränderte Arbeitsprozesse und Abnahmemärkte auch bei der Schäferin. Frei von der üblichen Schäferromantik, den Blick gerichtet auf die wirtschaftlichen Bedingungen. Und natürlich steht bei allen am Ende das Produkt, das seinen Absatz finden muss. Aber es wird auch deutlich, dass Qualität und Handarbeit ihren Preis haben.

Nicht fehlen darf natürlich die Geschichte der Herrgotts-B'scheißerle. Ich kann diese unterhaltsame und anregende Reise nach Schwaben vollauf empfehlen und vergebe gerne fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 10.11.2023

Archäologie und Mord

Der Stein des Todes
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Gerne werden Archäologen mit Kriminalisten verglichen, die in akribischer Weise mit Pinsel und Spaten nach Erkenntnisen suchen. Klassisch wird Agatha Christie erwähnt, die mit kolonialer Attitüde ihren ...

Gerne werden Archäologen mit Kriminalisten verglichen, die in akribischer Weise mit Pinsel und Spaten nach Erkenntnisen suchen. Klassisch wird Agatha Christie erwähnt, die mit kolonialer Attitüde ihren zweiten Ehemann Max Mallowan zu Ausgrabungen begleitete und diese finanzierte. Und immer wieder werden seitdem archäologische Themen in Kriminalromanen aufgegriffen und Ausgrabungen als Setting verwendet. Oft bleibt der Fundplatz jedoch eine bloße Kulisse und es stellt sich heraus, dass sich der oder die Schreibende nicht wirklich mit der Materie auskennt.

Doch es geht auch anders, wie Margarete von Schwarzkopf mit ihrer Anna-Bentorp-Reihe überzeugend unter Beweis stellt. "Der Stein des Todes" ist bereits Band 7 dieser im emons-Verlag erschienenen Reihe.

Die Kunsthistorikerin Anna Bentorp verbringt ihren Urlaub auf Kreta und in Italien und stößt dabei auf Ereignisse aus dem Jahr 1908, in dem die Italienische Archäologische Mission auf Kreta unter Federico Halbherr und Luigi Pernier den legendären bronzezeitlichen Diskos von Phaistos ausgegraben haben. Es soll eine weitere Keramikscheibe gegeben haben und einen Mord. Auch in Italien stößt Bentorp auf einen 1946 ermordeten Archäologen. Und offenbar gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen.

Geschickt verwendet die Autorin dabei historische Fakten und spinnt diese fiktiv weiter. Aufgrund ihres fundierten Wissens und ihrer akribischen Recherche wirkt das Erzählte dabei so authentisch, dass ich mehr als einmal nachschlagen musste, um zu erkennen, was sich tatsächlich ereignet hat, und was der Phantasie und der Feder von Margarete von Schwarzkopf entsprungen ist. So fühlte ich mich stets gut unterhalten und zugleich angeregt mitzurätseln, worum es bei den lange zurückliegenden Morden ging, denen bald auch in der Gegenwart mysteriöse Todesfälle folgen. Dabei gerät auch Anna in Gefahr.

"Der Stein des Todes" ist ein anspruchsvoller Kriminalroman, denn er bewegt sich auf drei Zeitebenen und in mindestens drei Ländern, und es treten sehr viele Protagonisten auf. Ein Genuss für Liebhaber komplexer und detailreicher Geschichten.

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Veröffentlicht am 23.10.2023

Krimödie im Swingerclub

Strippen statt sticken!
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Die ersten Pluspunkte erhält dieses Büchlein bereits für sein Äußeres. Es ist klein und handlich und passt in jede Damenhandtasche. Zudem wiegt es mit seinen 219 Seiten und den auffälligen runden Ecken ...

Die ersten Pluspunkte erhält dieses Büchlein bereits für sein Äußeres. Es ist klein und handlich und passt in jede Damenhandtasche. Zudem wiegt es mit seinen 219 Seiten und den auffälligen runden Ecken nicht viel, so dass dabei die Henkel nicht abreißen. Vor allem aber ist das Titelbild ein echter Hingucker: da rekelt sich ein Gartenzwerg lasziv auf einer Blumenwiese und bedeckt seine "Zwergjuwelen" mit einem Feigenblatt.

Aber auch das schönste Cover braucht einen guten Inhalt, um von mir fünf Sterne zu erhalten. Und die hat "Strippen statt sticken!" wirklich verdient. Der frühpensionierte Kommissar Siggi Seifferheld hat es mit einem skurrilen Mord in einem - Achtung! - Swingerclub zu tun, und das im beschaulichen Schwäbisch Hall. Beschaulich kommt vermutlich daher, dass hier jeder nach dem anderen schaut, und es so bald Stadtgespräch ist, dass der sympathische Pensionär in diesem Etablissement "verkehrt". Und dabei geht er doch gerade mit seiner Ehefrau Marianne zur Paartherapie. Man ahnt es schon, das ist Cosy Crime oder eben eine Krimödie. Kurzweilig, schräg und voller Momente zum Schmunzeln. So gibt es wunderbare Kapitelüberschriften und den Chattverlauf der Familien-WhatsApp-Gruppe.

Tatjana Kruse hat Kommissar Seifferheld bereits zum 9. Mal ermitteln lassen, aber auch für Neulinge ist dieses Büchlein bestens geeignet. Ein Personenregister am Ende des Buches erleichtert den Überblick, falls man durcheinanderkommen sollte.

Wenn mir etwas gefehlt hat, dann einzig eine Lesung der Autorin, die es dabei noch mehr versteht, ihr Publikum zum Lachen zu bringen. Schließlich nennt man sie auch die "Queen der Krimi-Comedians".

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Das Böse trifft sich in Solothurn

Solothurn hüllt sich in Schweigen
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Es ist der 6. Fall um Hauptmann Dominik Dornach, und wieder einmal trifft sich das Böse im beschaulichen Solothurn. Diesmal führen die Mordermittlungen der Kriminalpolizei in das Milieu der arabischen ...

Es ist der 6. Fall um Hauptmann Dominik Dornach, und wieder einmal trifft sich das Böse im beschaulichen Solothurn. Diesmal führen die Mordermittlungen der Kriminalpolizei in das Milieu der arabischen Clan-Kriminalität und der italienischen Mafia. Aber auch Wagner-Söldner und Kriegsverbrechen in der Ukraine spielen eine Rolle. Dem Autor ist es gut gelungen, dies Themen in "Solothurn hüllt sich in Schweigen" zusammenzuführen. Das Böse trifft sich in Solothurn.

Über 366 Seiten gelingt es Christof Gasser, einen Spannungsbogen von Beginn an aufzubauen und konstant aufrecht zu erhalten. So möchte man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Alle Handlungsstränge lösen sich auf und beliebte Motive der Solothurn-Serie begeistern erneut die Leserschaft. So begibt sich Tochter Pia mal wieder in Gefahr, und Dornach Selbst hat alle Hände voll zu tun, um seine Frauengeschichten nicht durcheinanderzubringen. Mir gefällt daran besonders gut, dass die Frauen in Gassers Romanen starke Persönlichkeiten sind, neben denen Dornach hier sogar deutlich verblasst. Die Persönlichen Verwicklungen sind mir fast ein bisschen zu viel, aber eben nur fast. Eine kleine Kritik habe ich dahingehend, dass sich ein bestimmtes Schema wiederholt und dadurch am Ende keine Überraschung mehr darstellt. Da es insgesamt aber wieder ein richtig starker Pageturner geworden ist, lasse ich das Pendel zu fünf Sternen ausschlagen.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Brandaktueller Kriminalroman mit unerwarteten Wendungen

Nebel über der Uckermark
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Wieder einmal ist es Richard Brandes gelungen, einen hervorragenden und spannenden Kriminalroman zu verfassen, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat.

Carla Stach, die Hauptfigur ...

Wieder einmal ist es Richard Brandes gelungen, einen hervorragenden und spannenden Kriminalroman zu verfassen, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat.

Carla Stach, die Hauptfigur seiner Serie, ermittelt diesmal aufgrund eines Hinweises, mit dem sie selbst gar nichts anfangen kann. Der Initialhinweis kommt von einer Wahrsagerin, und Carla hält Hellseherei schlichtweg für Hokuspokus. Doch dann finden sich Hinweise darauf, dass Maria Kaiser, die Hellseherin, tatsächlich einen Mord "gesehen" hat.

Brandes gelingt es, dass Thema Hellseherei mit all seinen Facetten aufzuzeigen - der Faszination für das mystische, ethnologische Aspekte, aber auch die kommerzialisierte Seite der Esoterik und sogar das interessante Thema der Zusammenarbeit der Polizei mit Hellsehern - ohne dass "Nebel über der Uckermark" zu einem Sachbuch wird. Durch den häufigen Perspektivwechsel, den der Autor hervorragend beherrscht, kommt es auch nicht zu einem Be- oder gar Herabwerten der unterschiedlichen Sichtweisen. Vielmehr entwickelt sich zwischen den Protagonisten ein interessanter Diskurs zum Für und Wider und zur Glaubwürdigkeit von Maria Kaiser.

In einem zweiten Strang ermittelt Carlas Kollege Maik ondercover in einer rechtsextremen Organisation, der brutale Morde zugeschrieben werden. Auch hier hat Brandes hervorragend recherchiert und bezieht eindeutig Stellung gegen demokratiefeindliche Umtriebe wie den Reichsbürgen und Verschwörungserzählern.

Exkurs: Die rechtsextreme Bewegung war schon zu ihren Anfängen im späten 19., beginnenden 20. Jahrhundert nicht einheitlich, und ist es bis heute nicht. Das ändert jedoch nichts an ihrer Gefährlichkeit. Wer mag, kann sich darüber im Verfassungsschutzbericht informieren oder in historischen und politischen Publikationen. Vorausgesetzt man geht nicht von vornherein davon aus, dass es sich bei Staatsorganen, Wissenschaftlern und Presse lediglich um gleichgeschaltete Institutionen handelt.

Im Roman werden bestimmte Themen angerissen wie etwa die Renaissance rechtsextrem-esoterischen Gedankenguts bei Klima-Leugnern und Gegnern der Corona-Schutz-Maßnahmen, und Brandes liefert auch eine interessante psychologische Erklärung für die Hinwendung zu einfachen Lösungen. Er zeigt aber auch auf, dass sich hinter einer Hinwendung zum Rechtsextremismus ein individuelles Schicksal verbergen kann.

Der Krimi selbst ist von Anfang an fesselnd, wozu der an einen Thriller erinnernde Schreibstil mit kurzen Kapiteln und Cliffhängern beiträgt. Ich konnte gar nicht anders, als das Buch in einem Rutsch durchzulesen. Dabei blieb der Spannungsbogen bis zum Schluss erhalten. Und natürlich spielt auch die Natur, diesmal die Wälder der Uckermark, auch wieder eine wichtige Rolle, durch welche die besondere Atmosphäre der Bücher von Richard Brandes unterstrichen wird.

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