Profilbild von aimee

aimee

Lesejury Profi
offline

aimee ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit aimee über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2018

Totale Kontrolle – zum Wohle aller

Die Optimierer
0

Interessante, sehr gut recherchierte Zukunftsvision, die einem vor Augen führt, weshalb die Vorratsdatenspeicherung gar nicht so belanglos ist, wie sie uns oft erscheinen mag. Erschreckend und gut!

Zugegeben, ...

Interessante, sehr gut recherchierte Zukunftsvision, die einem vor Augen führt, weshalb die Vorratsdatenspeicherung gar nicht so belanglos ist, wie sie uns oft erscheinen mag. Erschreckend und gut!

Zugegeben, ich gehöre auch zu denjenigen, die es nicht weiter tragisch finden, von Amazon aufgrund meiner Kaufhistorie neue, auf mich „zugeschnittene“ Kaufempfehlungen zu bekommen, und wenn Google bereits vorher weiß, nach was ich suchen werde, spar ich mir das Tippen.

Theresa Hannig erschafft in ihrem Roman nun eine Welt, deren Bewohner gerade aufgrund solcher Daten und einer allumfassenden „Dokumentation“ ihrer Leben zu gläsernen Bürgern werde. Kurz das jeweilige Profil aufrufen und schon weiß man bestens „bescheid“ über denjenigen, der vor einem steht, welchen sozialen Status er hat, wie er sich in der Gesellschaft engagiert und wo sein optimaler Platz in der optimalwohlökonomischen Gesellschaft ist. Denn jeder hat einen Platz, an dem er für sich und alle anderen am nützlichsten wirken kann – bei manchen ist dies tatsächlich das heimische Sofa! Und auch der Protagonist Samson Freitag muss auf sehr schmerzliche Art erfahren, wie es ist, vom System „aussortiert“ zu werden.

Unbedingt lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Idee/Originalität
  • Spannung
Veröffentlicht am 19.12.2017

„Satter“ Misanthrop auf Abschlusstournee

Das Jahr der Frauen
0

Frank Stremmer ist ein Arschloch. Ein sexistisches, zynisches Arschloch. Wer damit kein Problem hat, dem könnte dieses Buch sehr gut gefallen!
Stremmer ist müde, lebensmüde. In einem letzten Aufbäumen ...

Frank Stremmer ist ein Arschloch. Ein sexistisches, zynisches Arschloch. Wer damit kein Problem hat, dem könnte dieses Buch sehr gut gefallen!
Stremmer ist müde, lebensmüde. In einem letzten Aufbäumen versucht er „Verständnis“ für seine Umgebung aufzubringen, eigentlich ist ihm aber längst alles relativ gleichgültig. Und so kann er recht locker aufspielen, denn wenn man erst einmal gelernt hat, dauerhaft neben sich zu stehen, ist einem nichts mehr peinlich: Wie ein zynischer Beobachter steht er neben seinem inhaltslosen Leben, kommentiert sich, seine Mitmenschen und vor allem auch seinen Job bei einer bedeutenden NGO, deren Hauptanliegen vor allem im „So tun als ob“ besteht, mit scharflakonischer Zunge, Er will die Welt und sich verstehen, findet letzten Endes aber doch nur alles lästig. Auf dem hohen Ross ist es auf Dauer sehr einsam, auch das gesteht er sich ein. Doch er kann nicht aus seiner Haut, lässt alle im Regen stehen, die einen, manchmal zwei Schritte auf ihn in zugehen.
Um auf eine daher gesagte Frage seines Psychiaters eine schnoddrige Antwort zu geben, schlägt er ihm eine Wetter vor: Sollte er es schaffen, im neuen Jahr jeden Monat eine andere Frau ins Bett zu bekommen, darf er sich Ende des Jahres endlich umbringen – mögen die Spiele beginnen!
Gerrit Bartels beschreibt es in seiner im Deutschlandfunk ausgestrahlten Rezension wie folgt: „So wird Stremmer zum verbrauchten Helden eines Romans, der sich angenehm quer stellt zu dem, was die deutschsprachige Gegenwartsliteratur sonst so produziert.“
Ich hab‘s gern gelesen!

Veröffentlicht am 31.08.2017

Spannend, schockierend, gut!

Marthas Widerstand
0

„Death is Justice“, der neue leuchtende Stern im Fernsehabendprogramm, sieben Tage, sieben Zellen, sieben Todgeweihte, sie haben es in der Hand, liebe Zuschauer, wer ist schuldig und hat den Tod durch ...

„Death is Justice“, der neue leuchtende Stern im Fernsehabendprogramm, sieben Tage, sieben Zellen, sieben Todgeweihte, sie haben es in der Hand, liebe Zuschauer, wer ist schuldig und hat den Tod durch den elektrischen Stuhl verdient? Rufen sie jetzt an und stimmen sie ab, denn ihre Stimme zählt! Das ist Demokratie, das ist Gerechtigkeit!
Wie immer haben wir einen hochspannenden Fall für sie! Das Opfer: Jackson Paige, der allseits beliebte, sozial engagierte und charismatische Fernsehmoderator. Die Täterin: Martha Honeydew, mit ihren 16 Jahren das erste minderjährige Mädchen die hier exklusiv bei uns auf ihre Hinrichtung wartet. Sie stammt aus dem Armenviertel, in den Paige so viel Gutes bewirkt hat, und doch hat sie ihn kaltblütig ermordet! Bleiben sie dran, die nächsten sieben Tage werden hochspannend, denn „Death is Justice“!
Kerry Drewery erschafft ein England, in dem der wohlhabende TV-Konsument über Recht und Gerechtigkeit, Tod und Leben entscheiden darf, die Gerichte sind demokratisch abgeschafft, wahre Demokratie wird nun per Ted und vom Volk ausgeübt. Wer in die Todeszellen transportiert wird, kann nur noch auf Sympathien der Zuschauer hoffen, denn wer muss sich schon mit Beweisen herumschlagen, wenn sich mit Emotionen viel besser Quote machen lässt!
Ein hochspannendes Buch, das teilweise erschreckend realitätsnah wirkt! Wenn man zu lesen begonnen hat, ist es fast unmöglich, das Buch wieder aus der Hand zu legen, auch wenn es manchmal so provokant an den Nerven zehrt, dass man es am liebsten an die Wand knallen würde –
klare Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Originalität
  • Spannung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.07.2017

Geht unter die Haut

Über das Meer
0

Ein Reporter und ein Fotograf geben sich als Flüchtlinge aus und begeben sich in die Hände von Schleusern, die sie in einem Boot über das Mittelmeer ins Ersehnte Europa bringen sollen. Schnell wird klar, ...

Ein Reporter und ein Fotograf geben sich als Flüchtlinge aus und begeben sich in die Hände von Schleusern, die sie in einem Boot über das Mittelmeer ins Ersehnte Europa bringen sollen. Schnell wird klar, dass diese finale Etappe zwar der gefährlichste, aber auch der kleinste Teil einer sehr zermürbenden, zum großen Teil fremdgesteuerten „Reise“ ist. Die Probanden werden zu Spielbällen von rivalisierenden Schleuserbanden, sitzen wochenlang muxmäuschenstill in engen, anonymen Apartments ohne zu wissen wo sie sind, wann und ob es weitergeht – immer darauf hoffend, dass sie an „vertrauenswürdige“ Schlepper geraten sind, die sich nicht schon längst mit ihrem Geld aus dem Staub gemacht haben oder sie in eine Nussschale pferchen und auf dem offenen Meer ihrem Schicksal überlassen werden.
Ein riskantes Projekt, den beiden wird schnell klar, dass sie sich, sollte ihre Tarnung auffliegen, in höchster Gefahr befinden und auch bei der tatsächlichen Flucht über das Meer nur hoffen können, nicht in eine Notsituation zu geraten, denn auch ein eventuell abgehender Notruf über das mitgeführte Satellitentelefon ist keine Garantie für eine rechtzeitige Rettung.
Zugleich werden an zwei „Mitreisenden“ exemplarisch die möglichen Beweggründe für eine Flucht nach Europa, und die damit verbundenen Hoffnungen beschrieben. Die beiden Schicksale werden auch nach der Flucht eine gewisse Zeit begleitet und zeigen, wie die erträumten Vorstellungen hart mit der Realität aufeinandertreffen.
Spätestens nach dieser Lektüre wird einem bewusst, dass sich niemand „freiwillig“ auf diesen gefährlichen Weg macht, aber auch dass viele an eine Zukunft im „gelobten Europa“ glauben, die es so nicht gibt. Auch hier wieder der Appell: Vor Ort die Lebensumstände verbessern und über das hier zu erwartende aufklären. Denn dass die Europäische Union die Einreise irgendwann erleichtern und so zigtausend Tote im Mittelmeer verhindern wird, scheint utopisch.

Veröffentlicht am 14.07.2017

Schnell mal Urlaub auf den Tisch

World Food Café. Quick and Easy
0

Wie auch schon im Vorgänger („World Food Café“) haben hier Carolyn und Chris Caldicott vegetarische Gerichte von ihren Reisen zusammengetragen. Nach Ländern geordnet (u. a. Bangladesch, Japan, Kuba und ...

Wie auch schon im Vorgänger („World Food Café“) haben hier Carolyn und Chris Caldicott vegetarische Gerichte von ihren Reisen zusammengetragen. Nach Ländern geordnet (u. a. Bangladesch, Japan, Kuba und Syrien) und mit wunderschönen Fotografien von ihren Reisen werden exoitische, hierzulande meist gänzlich unbekannte Gerichte gekonnt in Szene gesetzt – dieses Mal aber mit dem Anspruch „quick & easy“. Diesem wird das Buch auch in großen Teilen gerecht, alle bis jetzt gekochten Gerichte waren tatsächlich leicht nachzuempfinden, wenn auch „schnell“ wohl im Auge des Betrachters liegt (kann dann schon auch mal bis zu einer Stunde dauern, bis das Essen auf dem Tisch steht), das Ergebnis hat sich aber jedes Mal gelohnt!
Unbedingt nachkochen sollte man die kubanischen Blätterteig-Pastelitos und den japanischen Seidentofu mit Ingwer und Schnittlauch!
Lecker :-q