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Veröffentlicht am 01.02.2022

In der Hexenküche

Bei den Tannen
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Sein siebter Fall führt Commissario Grauner ins wilde und abgelegene Sarntal, im Herzen Südtirols. Dort liegt eines der besten Restaurants der Welt: das Tan, geführt von Hedwig Jöchler, die bei den Talbewohnern ...

Sein siebter Fall führt Commissario Grauner ins wilde und abgelegene Sarntal, im Herzen Südtirols. Dort liegt eines der besten Restaurants der Welt: das Tan, geführt von Hedwig Jöchler, die bei den Talbewohnern als Hexennachfahrin gilt. Als eine berühmte Gourmetkritikerin bei ihr speist, kommt diese mitsamt ihren beiden Hunden unter mysteriösen Umständen zu Tode. Bald stellt sich heraus, dass sie vergiftet wurde.

Commissario Grauner ist ja sehr bodenständig und so gar nicht in der Welt der feinen Speisen und der Hautevolée der Restaurantkritiker zuhause, wo er nun aber ermitteln muss. Für die eigenwilligen Dorfbewohner war es natürlich die Köchin, Hedwig Jöchler. Doch mit dieser Tat würde sie sich ja selbst am meisten schaden. Und dann brennt das Tan! Auch wenn Grauner und seine Assistentin Silivia Tappeser von den Hexengeschichten und anderem Aberglauben nichts wissen wollen, müssen sie sich fragen, ob hier eine alte Rechnung beglichen werden soll. Offenbar gibt es Konflikte zwischen den Bewohnern des Sarntals, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen.

Wer die Vorgängerbände kennt, weiß, dass Grauner öfter mal abschweift und sich in philosophischen Gedanken verliert, was der Spannung gelegentlich etwas abträglich ist, zu dem etwas kauzigen, aber überaus sympathischen Kommissar allerdings unbedingt gehört. Jedoch kommt in diesem 7. Fall hin und wieder das Gefühl auf, dass Grauner langsam alt wird und seine Energie und Tatkraft etwas gelitten hat. Zudem ist sein Team noch aus dem letzten Fall mit dem Tod eines Kollegen traumatisiert, was die Arbeit aller erschwert. Das Ende konnte mich in diesem Fall leider nicht so ganz überzeugen, dafür gab es zu viele Zufälle und lose Enden.
Lenz Koppelstätters Stil ist speziell, etwas altertümlich und gewöhnungsbedürftig, passt aber meiner Ansicht nach ausgezeichnet zum Charakter des eigenwilligen Kommissars und Südtirols.

Veröffentlicht am 12.12.2021

Spannend, aber mit Längen

Die Nacht des Feuers
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Der schwedische Autor Kjell Eriksson hat mit seiner Ann Lindell-Reihe im Laufe der Jahre viele Fans gefunden. Die sympathische Heldin, Kommissarin Ann Lindell, überzeugt aber weniger durch ihre Stärken, ...



Der schwedische Autor Kjell Eriksson hat mit seiner Ann Lindell-Reihe im Laufe der Jahre viele Fans gefunden. Die sympathische Heldin, Kommissarin Ann Lindell, überzeugt aber weniger durch ihre Stärken, sondern vor allem durch ihre menschlichen Schwächen. So hat sie ein deutliches Alkoholproblem, auch mit der Treue tut sie sich schwer. Dennoch wächst dem Leser die Hauptprotagonistin mehr und mehr ans Herz.
,,Die Nacht des Feuers“ ist der 8. Band der Reihe, der erst jetzt, nach einer jahrelangen Pause, nach dem 7. Band ,,Offenes Grab“ erscheint.
Inzwischen hat Ann Lindell ihren Job bei der Polizei an den Nagel gehängt und lebt in einem kleinen Dorf auf dem Land. Ihren Lebensunterhalt verdient sie in der örtlichen Käserei, was ihr Halt und Zufriedenheit verleiht. Doch als in ihrem scheinbar so idyllischen neuen Zuhause das alte Schulhaus brennt und drei Asyl suchende Menschen sterben, hilft sie kurz entschlossen ihrem Ex-Kollegen Sammy bei den Ermittlungen. Keiner der Dorfbewohner will etwas gesehen haben, aber Ann hegt wenig Zweifel, dass eine rechtsextreme Gruppe hinter dem Brandanschlag steckt. Und nach und nach erkennt sie, dass so mancher Dorfbewohner doch mehr weiß, als er sagen will.
Damit rücken immer wieder andere Verdächtige in den Fokus, was den Fall zunehmend spannend macht. Allerdings gibt es auch viele, teils ziemlich ausufernde Passagen, in denen Ann Lindell oder auch andere Figuren ihren Gedanken nachgehen, was teils etwas ermüdend wirkt.

Veröffentlicht am 27.11.2021

Eigenwillig

Betongold
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Josef Frey, jahrzehntelang Mordermittler in München, wird durch eine bösartige Krankheit frühzeitig in den Ruhestand gezwungen: Morbus Bechterew, eine Krankheit, die zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule ...


Josef Frey, jahrzehntelang Mordermittler in München, wird durch eine bösartige Krankheit frühzeitig in den Ruhestand gezwungen: Morbus Bechterew, eine Krankheit, die zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule führt und den Betroffenen dazu zwingt, gebeugt und mit großen Schmerzen durchs Leben zu gehen.
Um den Schmerzen zu entkommen, macht Frey endlose Spaziergänge durch München und raucht Cannabis, was ihm den Beinamen Smokey eingebracht hat.
Als sein alter Freund Schanninger, der als Immobilienhai viel Geld verdient hat, tot in einer Baugrube gefunden wird, macht Frey sich auf die Suche nach der Wahrheit. Dabei stößt er auch auf Dinge, die er bisher über seinen Freund aus Jugendtagen nicht wusste. Dabei kommen immer wieder auch Erinnerungen an frühere Zeiten auf, als Frey, Schanninger und der Dritte im Bunde, Matthias Hinterkammer, noch recht unbeschwert in die Zukunft blickten, bevor alle drei völlig unterschiedliche Wege einschlugen.
Auch wenn es um ein Verbrechen geht, das am Ende aufgeklärt wird, handelt es sich bei ,,Betongold“ nicht um einen Krimi im eigentlichen Sinne, sondern eher um eine etwas nachdenkliche, teils wehmütige, teils humorvolle Erzählung über Freundschaft und Feindschaft, Liebe und Enttäuschung, Glück und Unglück, Macht und Geld usw.
Die vielen bayerische Wendungen und die umgangssprachliche Ausdrucksweise sind sehr gewöhnungsbedürftig und sicher nicht jedermanns Sache. Allerdings passt der Stil sehr gut zu den eigenwilligen Protagonisten und dem Schauplatz München.

Veröffentlicht am 25.11.2021

Immer auf der Suche nach Recht und Gerechtigkeit

Feind des Volkes
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Der aufrechte und etwas sturköpfige Hauptmann Max Heller war für seine Vorgesetzten noch nie bequem. Auf der Suche nach Recht und Gerechtigkeit stößt er immer wieder an die Grenzen des gerade geltenden ...

Der aufrechte und etwas sturköpfige Hauptmann Max Heller war für seine Vorgesetzten noch nie bequem. Auf der Suche nach Recht und Gerechtigkeit stößt er immer wieder an die Grenzen des gerade geltenden politischen Systems. Doch in diesem letzten Band hat sich die Situation noch etwas verschärft. Nicht nur, dass Heller kein Vertrauen in seinen Vorgesetzten Appelt hat und dieser ihm ständig neue Steine in den Weg legt, auch Heller selbst zeigt sich aggressiver und widerborstiger.

1959 werden in einer Rasthütte in einem Waldstück bei Dresden zwei Tote gefunden. Max Heller und seine Kollegen sollen den Fall möglichst rasch und möglichst ohne Aufsehen aufklären. Schnell wird er von seinem Vorgesetzten in die Schranken verwiesen und sehr bald ist auch die Stasi mit im Spiel. Ein autistischer junger Mann kommt da als Verdächtiger gerade recht. Dieser gesteht auch gleich die Tat, um endlich in Ruhe gelassen zu werden. Heller ist zwar keineswegs von diesem Geständnis überzeugt, kann aber nichts weiter tun.
Als er jedoch zwei Jahre später ein Paket mit Beweismaterial aus diesem alten Mordfall erhält, weiß Heller, dass der falsche Mann im Gefängnis sitzt. Der wahre Täter ist zurück und fordert Heller zu einem Spiel um Leben und Tod heraus. Damit geraten auch Heller und seine Familie in tödliche Gefahr.
Wie immer bei Goldammers Krimireihe um Max Heller spielt der historische Hintergrund eine große Rolle. 1961 spitzt sich die Lage in der DDR zu, viele Menschen verlassen die DDR in Richtung Westen. Auch Heller und seine Frau Karin standen schon einmal vor dieser Entscheidung. Doch jetzt wird der Bau der Berliner Mauer heimlich vorbereitet, und für eine Flucht könnte es bald zu spät sein.
Dieser letzte Fall führt die Reihe um Max Heller, die 1944 in der Bombennacht in Dresden begonnen hatte, zu einem runden Abschluss.
Allerdings erscheint dieser Fall und seine Auflösung etwas überkonstruiert, auch ein paar Figuren weniger hätten der Handlung meiner Meinung nach gutgetan. Doch die Figur Max Hellers, seine Gedanken, Zweifel, seine Gefühle in Bezug auf seine Heimat und seine Familie, stehen für mich stärker im Vordergrund, weshalb ich auch diesen letzten Band gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 22.11.2021

Überraschend anders

Eifersucht
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Fans der Harry Hole-Reihe seien vorgewarnt. Hier zeigt sich der Autor von einer ganz und gar anderen Seite als in seinen Kriminalromanen.
Der Band ,,Eifersucht“ vereint sieben unterschiedlich lange Erzählungen ...


Fans der Harry Hole-Reihe seien vorgewarnt. Hier zeigt sich der Autor von einer ganz und gar anderen Seite als in seinen Kriminalromanen.
Der Band ,,Eifersucht“ vereint sieben unterschiedlich lange Erzählungen zum titelgebenden Thema: die Eifersucht, eines der stärksten Gefühle, eines der zentralsten Motive für Verbrechen. Doch die Geschichten sind keine Krimis, auch wenn Verbrechen durchaus eine Rolle spielen.
Anders als bei seinen Krimis beginnen die Geschichten eher gemächlich, fast ertappt man sich schon dabei, dass einen, wie z.B. in der ersten Geschichte ,,London“ das etwas enttäuschende Gefühl beschleicht, die Handlung plätschere mehr so dahin und zack – kommt eine völlig unvorhergesehene Wendung. Und da zeigt sich das wahre Können des norwegischen Erfolgsautors, dass er den Leser immer wieder überraschen kann!
Am nachhaltigsten wirkt die längste der Erzählungen, ,,Eifersucht“ in der der Athener Ermittler Nikos Balli, Spezialist für das Mord-Motiv Eifersucht, auf der Insel Kalymnos, den vermissten Kletterer Julian suchen soll. Julian und sein Zwillingsbruder Franz hatten sich in dasselbe Mädchen, Helena, verliebt. Nach einem Streit wurde Julians Handtuch am Strand gefunden. Balli stößt bei seinen Ermittlungen auf immer mehr Hinweise, dass Franz seinen Bruder aus Eifersucht getötet haben könnte, nicht zuletzt, da Helena den offeneren Julian bevorzugt hatte. Doch dann wird Julian gefesselt und völlig entkräftet in einer Höhle gefunden, dafür fehlt nun von Franz jede Spur. Dieser hinterlässt nur eine Waffe. Balli, früher selbst Kletterer, wird durch die Ermittlungen auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert, die sich nun nicht mehr verdrängen lässt.
Jo Nesbo zeigt sich hier weniger actionreich, philosophischer, vielleicht auch altersweiser (?), woran man sich etwas gewöhnen muss. Doch wenn man sich erst einmal auf die Geschichten einlässt, wird man belohnt.