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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.09.2021

Der Autor macht es seinen Lesern nicht leicht!

Ritchie Girl
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1946 kehrt Paula Bloom nach Deutschland zurück, in das Land, in dem sie aufgewachsen ist und das sie vor neun Jahren in Richtung Amerika verlassen hat. Als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmanns und ...

1946 kehrt Paula Bloom nach Deutschland zurück, in das Land, in dem sie aufgewachsen ist und das sie vor neun Jahren in Richtung Amerika verlassen hat. Als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmanns und einer deutschen Mutter führte sie in Berlin ein wohlhabendes Leben. Doch ihr war schon damals bewusst, dass ihr Vater mit den Nazis kooperierte.
Nun kehrt sie nach einer Ausbildung für Geheimdienstoperationen in Camp Ritchie, Maryland, als amerikanische Besatzungsoffizierin nach Deutschland zurück. In Frankfurt soll sie die Identität Johann Kupfers, eines österreichischen Juden klären, der angibt, der berühmt-berüchtigte Spion „Sieben“ zu sein und nun den Amerikanern seine Dienste anbietet. Doch Paula verfolgt bei der Suche nach der Wahrheit auch persönliche Interessen. Sie glaubt, Johann Kupfer könnte Informationen über ihre große Liebe Georg haben.
Der Autor Andreas Pflüger macht es seinen Lesern nicht leicht. Selbst für historisch einigermaßen bewanderte und interessierte Leser ist die Vielzahl an Namen und Informationen anstrengend und erfordert Konzentration. Zudem ist die Hauptfigur Paula Bloom schwer zu fassen. Trotz ihrer Zweifel und ihrer Schuldgefühle bleibt sie eher fremd, kühl und distanziert. Es fällt schwer, ihre Gefühle nachzuempfinden, da diese oft nur angedeutet werden. Auch ihre Verhaltensweisen werden dem Leser nur allmählich verständlich, da Paulas Vergangenheit wie einzelne Mosaiksteinchen erst nach und nach offenbart wird. Andererseits fördert das natürlich den Spannungsaufbau.
Pflügers Stil ist besonders, wirkt teils sachlich-nüchtern, knapp, mit schnellen Schnitten wie im Film. Unter dieser fast schon berichtartigen Ebene verbirgt sich aber großes Kino!
Keine leichte Lektüre, aber eine in jedem Fall lesenwerte!

Veröffentlicht am 05.08.2021

Gutes Team

Hundstage für Beck
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Der Polizist Nick Beck, ehemals erfolgreicher LKA-Ermittler, hat nach einem völlig missglückten Einsatz, bei dem seine Partnerin ums Leben kam, den Boden unter den Füßen verloren. In Nordbek, einem kleinen ...

Der Polizist Nick Beck, ehemals erfolgreicher LKA-Ermittler, hat nach einem völlig missglückten Einsatz, bei dem seine Partnerin ums Leben kam, den Boden unter den Füßen verloren. In Nordbek, einem kleinen Ort im Hamburger Norden, wohin er sich hat versetzen lassen, ertränkt er seinen Frust in Alkohol. In diesem alkoholisierten Zustand überfährt er dann eines Nachts eine junge Frau. In seiner Panik versteckt er zunächst die Leiche. Doch anhand der Spuren an seinem Auto wird ihm allmählich klar, dass die junge Frau schon vorher tot gewesen sein muss. Um bei der Aufklärung des Falls nachzuhelfen, platziert er die Leiche so, dass sie schon bald gefunden wird.
Die LKA-Ermittlerin Cleo Torner wird mit dem Fall beauftragt. Zur Unterstützung fordert sie ausgerechnet Nick Beck an, der nun gegen sich selbst ermitteln muss. Bald schon führen die die Ermittlungen ins Drogenmilieu…..
Der Fall beginnt mit einer recht verzwickten Ausgangslage für den Antihelden Nick Beck, was dem Krimi einen besonderen Reiz verleiht. Leider verläuft die Handlung dann teilweise recht vorhersehbar. Nick Beck und seine neue Kollegin Cleo Torner bilden ein gutes Team, wirken aber beide stellenweise etwas klischeehaft. Auch kann man ihr Handeln nicht immer ganz nachvollziehen. Während man bei Nick Beck so manchen Fehler verzeiht, da er ja ein sympathischer Antiheld ist und sich durch die Arbeit an dem Fall aus seinem Selbstmitleidtief zieht, wirkt Cleos Torners Privatleben etwas zu konstruiert und wenig authentisch. Dennoch kann man sich die beiden in einem weiteren Fall gut vorstellen und die norddeutsche Provinz als Handlungsort ist durchaus reizvoll.

Veröffentlicht am 17.07.2021

Komplex

Die Toten vom Gare d’Austerlitz
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Als die Deutschen am 14. Juni 1940 in Paris einmarschieren, werden am Gare d’Austerlitz vier Polen ermordet in einem Eisenbahnwaggon aufgefunden. Inspecteur Éduard Giral beginnt zu ermitteln und stößt ...


Als die Deutschen am 14. Juni 1940 in Paris einmarschieren, werden am Gare d’Austerlitz vier Polen ermordet in einem Eisenbahnwaggon aufgefunden. Inspecteur Éduard Giral beginnt zu ermitteln und stößt auf Spuren von Giftgas, das im 1. Weltkrieg verwendet wurde. Kurz darauf begeht ein weiterer polnischer Mann mitsamt seinem kleinen Sohn Selbstmord. Offenbar stammen alle Toten aus derselben polnischen Stadt.
Girals Ermittlungen werden durch die Regeln der deutschen Besatzer, aber auch durch Widerstände in den eigenen Reihen erschwert. Zudem mischen sich Wehrmacht, Gestapo und Geheime Feldpolizei in seine Recherchen ein. Giral gerät zwischen die Fronten und in ein verwirrendes Labyrinth von Intrigen und Machtspielen.
Immer wieder kreuzen sich Girals Wege mit denen des undurchsichtigen Majors Hochstetter von der Abwehr: Giral weiß nicht, ob er ihm vertrauen kann oder ob er ihn doch besser als Feind, mit dem er nun gezwungenermaßen zusammenarbeiten muss, betrachten soll.
Zudem taucht Girals Sohn Jean-Luc auf, der vor den Deutschen auf der Flucht ist und entschlossen ist, sich gewaltsam gegen die Besatzer zur Wehr zu setzen.
Der eigentliche Kriminalfall gerät vor dem historischen Hintergrund zunehmend ins Hintertreffen. Dieser historische Hintergrund wird jedoch anschaulich und spannend geschildert und auch die Figur Eddie Girals, der das Geschehen in der Ich-Perspektive erzählt, was etwas gewöhnungsbedürftig ist, wirkt sympathisch und interessant. Seine Geradlinigkeit, sein Kampf für die Gerechtigkeit, aber auch seine Schwächen wirken authentisch.
Die Handlung ist durch die verschiedenen Intrigen und Interessen der beteiligten Gruppen äußerst komplex, sodass man, wie auch Giral, gelegentlich den Überblick verliert. Am Ende wird der Fall zwar aufgeklärt, aber ein Krimi oder Thriller ist ,,Die Toten vom Gare d’Austerlitz“ in meinen Augen nicht.

Veröffentlicht am 09.07.2021

Düster- melancholisch

Unter dem Sturm
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Als in einer kalten Novembernacht 1994 im kleinen südschwedischen Marbäck der Hof der Familie Markström brennt und darin die Leiche der jungen Lovisa Markström gefunden wird, weist alles auf ein Verbrechen ...


Als in einer kalten Novembernacht 1994 im kleinen südschwedischen Marbäck der Hof der Familie Markström brennt und darin die Leiche der jungen Lovisa Markström gefunden wird, weist alles auf ein Verbrechen hin. Der Täter ist sowohl für die Polizei als auch für die Dorfbewohner schnell ausgemacht: Edvard Christensson war mit Lovisa befreundet und er ist, wie schon sein Vater, berühmt-berüchtigt für seinen aufbrausenden Charakter. Zudem wird Edvard in der Nacht des Feuers mit Brandwunden im nahegelegenen Wald verletzt aufgefunden.
Edvard wird verurteilt, doch sowohl sein Neffe Isak, für den Edvard ein Vaterersatz und eine Art bester Freund war, als auch für den jungen Polizisten Vidar, bleiben Zweifel an Edvards Schuld bestehen.
Bei Isak verfestigt sich während seiner Kindheit und Jugend die Vorstellung, dass er den Keim des Bösen in sich trägt, wie sein Onkel Edvard und wie auch schon sein Großvater, und so gerät er immer wieder in Schwierigkeiten. Mit 18 sitzt er dann wegen Diebstahls vor dem Polizisten Vidar, der sich durch Isak an Edvards Verhaftung zurückerinnert Aufgrund seiner nun wieder erwachenden Zweifel rollt er den Fall erneut auf und stößt auf einige Ungereimtheiten.
Der Kriminalroman ist geprägt durch eine eher düster-melancholische Grundstimmung. Sowohl Vidar als auch Isak sind keine lebensfrohen oder glücklichen Figuren. Erinnerungen, Schuldgefühle, Unausgesprochenes verstärken die triste Atmosphäre, was gelegentlich auf Kosten der Spannung geht. Allerdings ist die Handlung geschickt angelegt, zwei Zeitsprünge, einmal 9 Jahre später, einmal 12 Jahre später, lassen den Leser Isaks und auch Vidars Leben mit allen Höhen und Tiefen mitverfolgen. So zieht sich auch der eigentliche Fall über Jahrzehnte, bis er endgültig aufgeklärt werden kann.
,,Unter dem Sturm“ ist eher ein nachdenklicher, melancholischer Kriminalroman, der den Leser durch die menschlichen Fehler der Beteiligten bewegt.

Veröffentlicht am 07.06.2021

Zeitporträt der wilden 60er

Teufelsberg (Wolf Heller ermittelt 2)
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Nach ,,Die Tote im Wannsee“ legen die drei Autoren Lutz, Wilhelm und Kellerhoff mit ,,Teufelsberg“ ihren zweiten Kriminalroman mit Kommissar Wolf Keller vor. ,,Teufelsberg“ spielt im Westberlin der späten ...

Nach ,,Die Tote im Wannsee“ legen die drei Autoren Lutz, Wilhelm und Kellerhoff mit ,,Teufelsberg“ ihren zweiten Kriminalroman mit Kommissar Wolf Keller vor. ,,Teufelsberg“ spielt im Westberlin der späten 60er Jahre und lässt den historischen und politischen Hintergrund der Zeit wieder aufleben.
Als die Frau eines Richters brutal erwürgt wird, ist ganz Berlin in Aufruhr. Die Tatsache, dass die Ermordete Jüdin war und außerdem ihr Ehemann Morddrohungen der radikalen Linken erhalten hat, verkomplizieren die Ermittlungen von Kommissar Wolf Heller. Einiges weist auf einen politisch motivierten Mord hin, doch Heller hat so seine Zweifel. Immer wieder kreuzt die lebenslustige Amerikanerin Louise Mackenzie Hellers Wege. Sie ist außerdem noch die Nichte der Toten und führt deshalb eigene Recherchen durch, die sie aber in große Gefahr bringen…..
Da es sich um Band 2 der Reihe mit Wolf Keller handelt, sollte man den Vorgängerband besser gelesen haben, um ohne Schwierigkeiten den zahlreichen Figuren und ihren Beziehungen untereinander folgen zu können. Hellers Privatleben wird recht ausführlich Raum gegeben, was der Veranschaulichung der zeitgenössischen Atmosphäre zugute kommt, allerdings leider auch auf Kosten der Spannung geht.
Das Autorentrio hat ein gelungenes Zeitporträt mit einem interessanten, aber leider nicht allzu spannenden Kriminalfall verknüpft. Für historisch interessierte Leser dennoch ein empfehlenswertes Buch!