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Veröffentlicht am 24.05.2020

Großartig!

Worauf wir hoffen
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Rezensionsexemplar

Inhalt

Amar ist der einzige Sohn einer muslimisch-amerikanischen Familie mit indischen Wurzeln. Er ist der ganze Stolz seiner Eltern und das hat er sich nicht ausgesucht. Immer wenn ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Amar ist der einzige Sohn einer muslimisch-amerikanischen Familie mit indischen Wurzeln. Er ist der ganze Stolz seiner Eltern und das hat er sich nicht ausgesucht. Immer wenn er gegen seine muslimische Familie rebelliert und in Streit mit seinem Vater gerät ist es Hadia, seine älteste Schwester, die zu ihm hält. Bis diese sich fragt, wofür eigentlich? Denn als Tochter und junge Frau hat sie nie die Möglichkeiten, die ihrem Bruder offen stehen. Nach einem großen Streit mit seinem Vater läuft Amar von zu Hause fort und Hadia nimmt langsam aber sicher seinen Platz ein.
Drei Jahre später heiratet die junge Frau aus Liebe den Mann ihrer Wahl und die gesamte Familie hat nun die Möglichkeit sich neu zu erfinden. Doch dann kehrt Amar zurück.
Eine verzweifelte, tragische aber auch ehrliche Geschichte über eine Familie, ihre Werte und ob man sich daraus befreien kann und / oder soll.


Bei der lieben Juliane von I am Jane habe ich auf Instagram „Worauf wir hoffen“ gesehen, welches sie vom dtv Verlag zugeschickt bekommen hat. Der Klappentext hat mich direkt angesprochen und so habe ich dem Verlag eine Mail geschickt und kurze Zeit später lag das Buch auch in meinem Briefkasten. Ich war sehr gespannt auf die Geschichte, denn in dieser Richtung habe ich bisher noch nichts gelesen. Da ich aber viel offener werden möchte, was mein Bücherregal anbelangt und die „Own Voices“-Debatte gerade ordentlich am Brodeln ist, passt dieses Buch wohl momentan besser denn je in meinen Blog. Fatima Farheen Mirza sind die Zusammenhänge in ihrem Buch wohl bekannt. Auch wenn die Geschichte nicht autobiographisch ist, so kann sie sehr gut nachempfinden, was in den Charakteren ihrer Geschichte vor geht und aus erster Hand berichten, wie es sein kann mit indischen Wurzeln und als Muslima in Amerika aufzuwachsen.

Die Geschichte ist in vier Teile unterteilt und jeder Teil setzt das Puzzle um die ganze Familie etwas genauer zusammen. Alle Familienmitglieder, bis auf die mittlere Tochter Huda, kommen mal mehr und mal weniger zu Wort. Jeder bekommt die Chance seine Sicht der Dinge zu schildern, seine Erinnerungen mit dem Leser zu teilen und ermöglicht so den Gesamtüberblick über das, was in all den Jahren mit der Familie geschieht. Es dauert, bis man wirklich versteht, wie alles zusammen hängt und doch kommt man Seite für Seite dem Ende und der daraus entstehenden Konsequenz immer näher. Ich kann gar nicht sagen welchen der Charaktere ich am liebsten mochte. Sie alle sind sehr unterschiedlich. Unterschiedlich aufgewachsen. Unterschiedlich erzogen. Leila und Rafik haben sich bemüht ihre Kinder nach ihren Werten großzuziehen. Der Glaube soll im Zentrum ihrer Kinder stehen. Sie sollen sich an die Werte, Normen und Regeln des Islam halten. Sich nicht dagegen wenden und fromm sein. Doch ist das so leicht, in einer Welt, die sich so schnell verändert und ihre Kinder mit ihr? Hadia und Huda identifizieren sich mit ihrem Glauben. Sie halten daran fest, finden darin Halt und fühlen sich wohl mit dem, was ihre Eltern ihnen mitgeben. Auch wenn sie nicht immer alles begreifen können so fügen sie sich in das, was ihnen vorgelebt wird. Anders Amar, der jüngste Bruder und einziger Sohn der Familie. Er stellt Fragen, die seine Schwestern nie gestellt haben. Er setzt sich mit seinem Glauben ganz anders auseinander und kann sich nach und nach kaum mehr damit identifizieren. All die Regeln und Einschränkungen sind für ihn zu viel und er rebelliert gegen alles, wofür sein Vater und seine Mutter einstehen.

Fatima Fahreen Mirza schafft es, die Dynamik dieser Familie auf eine so wunderschöne Weise darzustellen, dass man sich ab der ersten Seite fühlt, als wäre man selbst Teil der Familie. Auch wenn ich nichts davon, was Hadia und Amar erleben, selbst erlebt habe, so habe ich mich gefühlt, als wäre ich mittendrin. Als wäre ich mit dabei, wenn sie erwachsen werden und sich mit ihrem Glauben und dem Leben ihrer Eltern auseinander setzen müssen.

Die Geschwister könnten nicht unterschiedlicher sein. Hadia strengt sich in der Schule an, beim Beten und im Verhalten. Sie ist eine Musterschülerin, lässt sich nie etwas zuschulden kommen und versucht die Erwartungen ihrer Eltern zu erfüllen. Doch je älter sie wird, desto stärker wird auch ihr Wunsch, das zu tun, was sie möchte. Sie will studieren und dann heiraten. Sie möchte in ihrem Beruf arbeiten und sich nicht komplett für ihre Familie aufgeben. Dafür muss sie jedoch ihren eigenen Weg gehen und auch ihren Eltern klar machen, dass die Art, wie sie aufgewachsen und erzogen wurden, sich davon unterscheiden, wie sie selbst leben möchte.
Gleichzeitig hat sie Amar als Kind und Jugendliche immer in Schutz genommen. Sie hat ihn gedeckt, wenn er etwas ausgefressen hatte und zu ihm gehalten, wann immer er Schutz oder Trost gebraucht hat. Die besondere Verbindung zwischen den beiden ist durch die Seiten hindurch zu spüren. Die Liebe zwischen Geschwistern ist manchmal schwer zu verstehen und auch bei Amar und Hadia hatte ich manchmal das Gefühl, dass auch ihre Geschwisterliebe ab und an von Wut, Neid und Eifersucht geprägt ist. Doch letztlich sind sie Geschwister und deshalb immer füreinander da.

Amar ist eigentlich der undurchsichtigste und gleichzeitig interessanteste Charakter im Buch. Er zweifelt alles an, wofür seine Eltern und Schwestern brennen. Er setzt sich genauer mit dem Glauben auseinander, der ihm als Kind mitgegeben wurde und ihm wird nach und nach klar, dass er sich genau mit diesem Glauben kaum mehr identifizieren kann. Es ist nicht das, was er sich für sich selbst wünscht und es ist nicht das, wofür er leben kann und will. Er weiß jedoch nicht, wie er damit umgehen soll, denn er möchte seine Familie nicht enttäuschen. Er will die Regeln nicht brechen und eigentlich will er doch nichts anderes tun. Die Liebe zu seinen Schwestern hält ihn eine Weile aufrecht, doch irgendwann können auch Hadia und Huda nichts mehr für ihn tun und er bricht aus der Familie aus, um nicht noch schlimmeren Kummer über sein Elternhaus zu bringen.
Als Hadia ihn drei Jahre später zu ihrer Hochzeit einlädt entschließt sich Amar dazu, zurück zu kehren. Er will versöhnlich mit seiner Familie umgehen und weiß gleichzeitig nicht, wie er sich wirklich verhalten soll. Möchte er überhaupt zurückkehren? Will er zurück „nach Hause“? Oder war die Entscheidung weg zu gehen, das einzig Richtige, das er jemals getan hat?

Die Geschichte ist gespickt voller Erinnerungen der unterschiedlichen Charaktere aus der frühesten Kindheit und dem nun erwachsenen Leben. Es gibt nicht wirklich einen festen Zeitstrang, dem man folgt, sondern die Erinnerungen prasseln auf die Charaktere ein und das hat mir besonders gut gefallen. Genau so kehren Erinnerungen zu uns zurück: wir durchleben sie im einen Moment wieder, um im nächsten wieder in der Gegenwart zu sein und so stellt es Fatima Fahreen Mirza auch dar.
Man kann aus nächster Nähe erfahren wie eine Familie sich fast verliert und doch wieder zusammen findet. Vielleicht auf eine Weise, wie man sich das nicht unbedingt so richtig vorgestellt hat und doch ist es am Ende der Geschichte so, dass man versöhnt und glücklich zurück blickt und sich wünscht, dass alles Gut wird und bleibt.

Vor allem der letzte Teil des Buches hat mich nachhaltig beeindruckt und letztlich auch zum Weinen gebracht. Die Charaktere mussten alle im Laufe ihres Lebens so vieles durchmachen. Es wurden Fehler gemacht, es gab viele falsche Entscheidungen aber auch viele Richtige. Man kann nicht immer perfekt sein, man kann nicht immer alles richtig machen und es gibt nun einmal Fehler, die man machen muss. Und diese Familie zeigt auf, wie es sein kann. Wie man sich aus muslimischen Traditionen befreien kann ohne seinen Glauben zu verlieren. Wie man muslimischen Traditionen treu bleiben kann ohne jede Regel streng zu befolgen. Wie man den Glauben seiner Eltern hinter sich lassen kann, um selbst wachsen zu können. Das alles und noch viel mehr kann einem „Worauf wir hoffen“ zurück geben.
Die Hoffnung darauf, dass die Familie immer verbunden bleibt, egal was geschieht. Die Hoffnung, dass es einen Ort gibt, der für jeden Gut sein wird.

Fazit

Dieses Buch ist ein Roman über bedingungslose Liebe, Glaube, Freiheit, Reue und Vergebung. Man durchlebt so viele Gefühle, Situationen und Krisen, wie in kaum einem Buch. Man leidet mit den Charakteren, man liebt mit den Charakteren und man vergibt Charakteren. Man bereut, was gesagt und getan wurde und man befreit sich von dem, was einen unterdrückt. Dieses Buch gibt Hoffnung, für das einzustehen, das man liebt. Es gibt Hoffnung, dass es für jeden einen Platz gibt auch wenn dieser Platz vielleicht nicht da ist, wo man es zu Anfang gedacht hat. Dieses Buch hat mich von Anfang bis Ende begeistert und ich kann es euch nur ans Herz legen einmal einen Blick hinein zu werfen.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Absolut genial! Habe es geliebt!

Liebes Kind
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Inhalt

Nahe eines angrenzenden Waldes wird eine Frau von einem Auto angefahren. Der Notarzt wird verständigt und sie wird in ein Krankenhaus gebracht. Ihre Tochter ist bei ihr, die sagt, ihre Mutter sei ...

Inhalt

Nahe eines angrenzenden Waldes wird eine Frau von einem Auto angefahren. Der Notarzt wird verständigt und sie wird in ein Krankenhaus gebracht. Ihre Tochter ist bei ihr, die sagt, ihre Mutter sei Lena. Eine Krankenschwester spricht mit dem Mädchen und nach und nach stellt sich eine erschreckende Tatsache heraus: die Frau und zwei Kinder wurden in einer fensterlosen Hütte im Wald festgehalten. Während die Polizei herausfinden möchte, wer der Entführer ist, geht der Albtraum für die angefahrene Lena erst richtig los, denn sie scheint immer noch in Gefahr zu schweben.


Es war eine recht spontane Entscheidung von mir „Liebes Kind“ als Hörbuch von einem meiner Guthaben bei audible zu kaufen. Ich bin gerade komplett im Thriller-Fieber und habe einige begeisterte Stimmen gehört. Als ich dann eine längere Autofahrt vor mir hatte wollte ich mit diesem Buch beginnen und wusste zu Anfang noch nicht worauf ich mich da einlassen würde..

Zunächst ein paar Worte zu dem Hörbuch allgemein: es wurde von drei unterschiedlichen Sprechern eingelesen. Eine Stimme für Lena, eine Stimme für Hannah, die Tochter, und eine Stimme für Matthias, den Vater von Lena. Alle drei machen ihre Arbeit wirklich hervorragend. Ich habe mich in jeder Sekunde des Hörbuchs gefühlt, als wäre ich mitten im Geschehen. Die Stimmen haben mich perfekt begleitet, haben jegliches Gefühl wunderbar dargestellt und ich hatte ein geniales Kopfkino. Selten habe ich ein so gut eingesprochenes Hörbuch gehört. Ich bin absolut begeistert.

Doch nicht nur die Sprecher haben ihre Arbeit wunderbar gemacht, sondern auch die Autorin Romy Hausmann. Ich weiß nicht wie es ihr gelungen ist, doch sie hat mich an dieses Hörbuch gefesselt. Ich habe jedes einzelne Wort gierig aufgesaugt. Fast jedes Kapitel endet mit einem kleinen Cliffhanger, sodass es unfassbar schwer war, überhaupt aufzuhören. Der Schreibstil ist wirklich toll, es ist teilweise sehr poetisch und träumerisch aber auch klar und leicht zu verstehen. Man fliegt nur so durch das Buch und die Zeit scheint still zu stehen. Die Art, wie das Buch geschrieben und wie es aufgebaut ist, hat mich völlig in seinen Bann gezogen. Ein Thriller in dieser Art habe ich noch nie in der Hand gehabt, auch wenn das Ausgangsszenario eigentlich kein Unbekanntes ist. Eine junge Frau wird entführt und taucht Jahre später wieder auf. Es schient wie jeder dieser Entführungsthriller zu sein und doch ist diese Geschichte ganz anders. Sie geht unter die Haut, lässt einen spüren, was es heißt, so etwas durchgemacht zu haben. Diese Geschichte ist hart, teilweise war es für mich schwer zu ertragen und gleichzeitig war es mir unmöglich die Geschichte zu pausieren. Ich wollte wissen wer dahinter steckt. Ich wollte wissen wieso. Ich wollte einfach alles wissen.

Die Charaktere in der Geschichte sind sehr vielschichtig gestaltet. Man bekommt für jede Person, die zu Wort kommt, ein Gefühl. Man kann sich hineinversetzen und verstehen oder nicht verstehen. Es ist mir von Satz zu Satz leichter gefallen mich in die jeweilige Situation hineinzudenken und mitzufühlen. Auch wenn vor allem Hannah eine große Herausforderung ist. Viel mehr kann und will ich zu dem Mädchen nicht sagen, weil jeder sich ein eigenes Bild von ihr machen soll. Sie war für mich von besonderem Interesse und gleichzeitig der Charakter, den man am schwersten nachvollziehen konnte. Natürlich aus den offensichtlichen Gründen ihrer lebenslangen Gefangenschaft. Lena war für mich ebenfalls spannend zu lesen, allerdings viel leichter zu verstehen. Ihre Angst, ihre verwirrten Gefühle, ihre Verletzlichkeit aber auch der Wille, sich nicht brechen zu lassen. Ihr ist Schreckliches widerfahren und sie muss damit klar kommen und versuchen das Grauen zu verarbeiten. Allerdings scheint dieses Grauen noch nicht ausgestanden zu sein, was ihr umso mehr Angst macht und ihre Handlungen für mich noch nachvollziehbarer gemacht haben. Wer würde nicht so reagieren? Wer würde nicht versuchen irgendwie heil aus der Sache heraus zu kommen? Zumindest halbwegs? Matthias, der Vater von Lena, ist anders. Er ist völlig verzweifelt. Kaputt. Am Boden zerstört. Sein Lenchen ist 14 Jahre verschwunden gewesen und nun hat er die Hoffnung sie zurück zu bekommen. Seine Lena, die entführt wurde. Seine geliebte Lena. Durch den neu eröffneten Fall erfährt man auch vieles von der Vergangenheit. Seine Beziehung zu seiner Frau, zu seinem ehemaligen besten Freund, der die Ermittlungen damals (und nun heute) leitete und die Beziehung zu seiner Tochter. Matthias ist für mich das beste Beispiel eines völlig verzweifelten Vaters, dem letztlich jedes Mittel recht ist, um die Wahrheit um den schrecklichen Fall seiner Tochter endlich herauszufinden. Nichts ist ihm zu schade und das macht ihn als Charakter so spannend. Ich habe für ihn die unterschiedlichsten Gefühle gehabt: Mitleid, Unverständnis, Trauer… die gesamte Geschichte war eine Achterbahn der Gefühle.

Die Charaktere haben für mich den Großteil der Geschichte ausgemacht. Sie waren wundervoll ausgearbeitet und durch die Sprecher wurden sie nahezu lebendig. Die Handlung jedoch darf ich nicht außer acht lassen. Man spürt von der ersten Seite an eine konstant dunkle Atmosphäre. Unterschwellig weiß man als Leser, dass sich etwas anbahnt. Etwas unheimliches und düsteres. Die Spannung hat mich über die Geschichte hinweg fast verrückt gemacht. Die Cliffhanger am Ende von fast jedem Kapitel haben zu dieser Spannung noch einiges beigetragen. Man rätselt unweigerlich mit und versucht das Geheimnis auch zu lösen. Es hat einfach wahnsinnig Spaß gemacht. Nur das Ende war mir dann doch ein bisschen zu sehr „Hollywood“, auch wenn es an meiner Gesamtbewertung nichts verändert hat. Ich hätte es mir ein bisschen anders gewünscht, allerdings sind keine Fragen offen geblieben, was mir wieder gefallen hat. Man wird am Ende mit Antworten belohnt, was vor allem für die Charaktere in der Geschichte eine wahre Erlösung ist.

Fazit

Wer einen spannungsreichen Thriller, mit vielschichtigen Charakteren und unvorhersehbaren Wendungen sucht, der ist bei „Liebes Kind“ an der richtigen Adresse. Die Autorin vermag es einen an die Seiten zu fesseln und das Hörbuch lässt einen Film im Kopf ablaufen. Die Sprecher machen ihre Arbeit großartig und die Geschichte erwacht so erst recht zum Leben. Dieser Thriller wird mir noch lange in Erinnerung bleiben und ist definitiv ein Jahreshighlight.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Ich bin verliebt in diese Geschichte!

Das Erbe der Königin
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Inhalt

Mittlerweile weiß jeder, dass die Frauen Heinrichs VIII. gefährlich leben. Wenn er einmal seinen Blick auf eine andere gerichtet hat, schwebt seine aktuelle Königin in Lebensgefahr.
Die deutsche ...

Inhalt

Mittlerweile weiß jeder, dass die Frauen Heinrichs VIII. gefährlich leben. Wenn er einmal seinen Blick auf eine andere gerichtet hat, schwebt seine aktuelle Königin in Lebensgefahr.
Die deutsche Anna von Kleve kommt als vierte Gemahlin des Königs nach England. Die schüchterne junge Frau verliebt sich in das Land, in das sie einheiratet und ist vom höfischen Leben fasziniert. Allerdings bemerkt sie recht schnell, dass fast alles nur Fassade ist, denn nach Katharina von Aragon und den Boleyn-Schwestern versucht neben Anna selbst, nun auch die junge und bildhübsche Hofdame Katherine Howard, sich bei Heinrich beliebt zu machen. Und so ist keine der jungen Frauen wirklich sicher, was ihre Zukunft bringen wird…

Nachdem ich „The Spanish Princess“ gesehen habe und das dazugehörige Buch „Die ewige Prinzessin“ gelesen habe, wollte ich die Welt der Tudors noch nicht verlassen. Aus diesem Grund habe ich nach „Das Erbe der Königin“ gegriffen und es nicht bereut. Das Buch beleuchtet nicht nur die kurze Ehe zwischen Anna von Kleve und Heinrich VIII. sondern auch die Ehe mit Katherine Howard. Von beiden Ehefrauen wusste ich nicht sehr viel und war deshalb umso gespannter, wie Philippa Gregory die Geschichte dieser beiden Frauen geschrieben hat.

Das Buch ist aus der Sicht von Anna von Kleve, Katherine Howard und Jane Boleyn (Lady Rochford) geschrieben. Man lernt die junge Anna noch in Kleve kennen, wie sie für das Portrait Modell stehen muss, welches Heinrich VIII. gezeigt werden soll. Über ihre Kindheit ist kaum etwas bekannt und doch schafft es Philippa Gregory mir näher zu bringen, wie sie hätte aufwachsen können. Der Vater starb an einer Krankheit und ihr Bruder war unglaublich herrschsüchtig und ihr gegenüber recht gleichgültig. Trotzdem hat sie sich zu einer sehr mutigen jungen Frau entwickelt, denn sie besteht am englischen Königshof. Allerdings geht bereits die erste Begegnung zwischen dem König und Anna gehörig schief und somit ist der Weg, den sie dann in Zukunft gehen würde, bereits vorgezeichnet. Eine Beziehung zum König aufzubauen ist Anna so gut wie unmöglich. Er behandelt sie schlecht, beleidigt sie und kümmert sich überhaupt nicht darum, dass es eine Krönung geben soll. Anna lernt jedoch eifrig die englische Sprache und bemüht sich eine gute Königin und Ehefrau zu sein. Doch gegen Heinrich VIII. hat sie kaum eine Chance.

Vor allem dann nicht mehr, als Katherine Howard als ihre Hofdame den englischen Hof zu verzaubern beginnt. Das Mädchen ist gerade 14 Jahre alt als sie in die Löwengrube geworfen wird, um die Howards wieder zu mehr Macht zu verhelfen. Ihr Onkel, der einflussreiche Herzog Norfolk hat große und ehrgeizige Pläne mit Katherine, kaum dass der König ein Auge auf zu geworfen hat. Sie soll sein Herz gewinnen, ihn verliebt machen und damit Anna von Kleves Untergang herbeiführen. Gleichzeitig soll natürlich der Stern der Howards wieder aufgehen, der durch die Exekution von Anne Boleyn sehr stark ins Wanken kam. Katherine hat Spaß am königlichen Hof, sie liebt es zu flirten und von jungen Männern angeschaut und bewundert zu werden. Sie ist sich ihrer Schönheit durchaus bewusst und es gibt nur einen Menschen, dem sie wirklich gefallen will: sich selbst. Ihr wird erst spät klar, was für Folgen ihr Betragen haben kann und so steuert auch sie unweigerlich in eine Falle hinein, die ihr Leben bedrohen kann.

Ganz anders erscheint es Jane Boleyn zu gehen. Sie ist, nach der Hinrichtung ihres Mannes George Boleyn und ihrer Schwägerin Anne Boleyn in Ungnade gefallen. Doch der Herzog von Norfolk holt sie als Hofdame zurück, um Anna von Kleve zu dienen und ihm Bericht zu erstatten. Norfolk möchte alle Fäden in der Hand halten und hat deshalb eine treue Dienerin genau dort platziert, wo sie ihm am meisten helfen kann. Jane, die unbedingt wieder eine Aufgabe von Bedeutung haben möchte, tritt die Stelle bereitwillig an und tut genau das, was der Herzog ihr aufträgt. Sie beobachtet, manipuliert zu seinen Gunsten und hilft dabei Anna zu stürzen und Katherine Heinrich VIII. zuzuführen. Ohne schlechtes Gewissen macht sie eine Aussage, die Anna von Kleve in ernste Schwierigkeiten bringen könnte und als sich die Schlinge um Annas Hals immer weiter zuzieht besinnt sich der König und beschließt lediglich eine Scheidung von der deutschen Königin. Er bezahlt ihr eine Abfindung, sie bekommt Häuser, Land und Dienerschaft und dennoch weiß Anna, dass sie niemals sicher sein wird. Jane jedoch fühlt sich sehr sicher in ihrer Rolle, denn schließlich beschützt der Herzog von Norfolk sie. Immerhin erfüllt sie all seine Aufgaben mit Bravour. Denn sie hat Katherine nun erfolgreich auf den Thron gebracht und tut nun ihr Bestes, um diesen Thron zu sichern, auch wenn dies nur mit sehr unkonventionellen Mitteln möglich zu sein scheint. Lady Rochford sieht zwischen all diesen Intrigen und Verstrickungen jedoch nicht, dass auch sie ins Kreuzfeuer geraten könnte, sollte sich das Blatt erneut wenden.

Philippa Gregory weiß einfach wie man historische Romane schreibt. Obwohl mir die geschichtlichen Ereignisse bereits bekannt waren, habe ich von der ersten Seite an mitgefiebert. Ich wusste, was mit Anna geschehen würde und mir war auch klar, welches Schicksal Katherine und Jane ereilen würde, dennoch konnte ich vor Spannung das Buch kaum zur Seite legen. Die drei Frauen, so unterschiedlich sie nur sein konnten, haben mich, auf ihre jeweilige Weise, fasziniert. Die eine, wollte nur ihrem Bruder entkommen und hat sich unverhofft in ein Land verliebt, das ihren Tod bedeuten könnte. Die andere liebt nur sich selbst, Geld und Liebeleien, ohne auch nur eine Sekunde über die Konsequenzen nachzudenken, schließlich ist sie erst 14 Jahre alt und hat ihr ganzes Leben noch vor sich. Und schließlich die letzte der drei, die nur auf ihren Machterhalt und ihren Vorteil bedacht ist. Keine von ihnen bekommt das, was sie verdient haben und doch sind sie der Willkür des Königs ausgeliefert gewesen. Philippa Gregory hat diese tragische Geschichte großartig zu Papier gebracht. Man spürt, dass sie die geschichtlichen Ereignisse perfekt mit ihrer eigenen Fantasie und Vorstellung verwebt und aus diesen historischen Fakten einen genialen Roman macht.

Fazit

Für eingefleischte Tudor-Fans ist diese Geschichte absolut zu empfehlen! Ich liebe es, wie Philippa Gregory die historischen Fakten in einen Roman verpackt und glaubhaft darstellen kann, was geschehen ist und möglicherweise geschehen ist. Die Charaktere, die zu Wort kommen, wirken unglaublich authentisch und man fiebert jede Seite des Buches mit und das, obwohl den meisten wohl der Ausgang der Geschichte klar sein wird. Als Einstieg in die Welt der Tudors ist das Buch vielleicht nicht ganz geeignet, da es eben die 4. und 5. Ehe von König Heinrich VIII. beleuchtet aber nach der Lektüre von „Die ewige Prinzessin“ und „Die Schwester der Königin“ kann ich es aufjedenfall empfehlen!

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Ich liebe diesen Thriller!

Der Kinderflüsterer
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Rezensionsexemplar

Inhalt

Als seine Frau Rebecca unerwartet verstirbt, möchte Tom Kennedy mit seinem Sohn Jake irgendwo neu beginnen. Er kauft ein Haus in einem beschaulichen Ort namens Featherbank, ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Als seine Frau Rebecca unerwartet verstirbt, möchte Tom Kennedy mit seinem Sohn Jake irgendwo neu beginnen. Er kauft ein Haus in einem beschaulichen Ort namens Featherbank, von dessen düsterer Vergangenheit er nichts ahnt. Vor zwanzig Jahren wurden in Featherbank fünf Kinder entführt und ermordet. Der Mörder wurde unter dem Namen „Der Kinderflüsterer“ bekannt und auch gefasst.
Doch dann verschwindet wieder ein kleiner Junge und langsam aber sicher machen Gerüchte die Runde, dass der Täter von damals vielleicht einen Komplizen hatte. Zeitgleich beginnt Jake sich seltsam zu benehmen und berichtet von einem Flüstern, direkt an seinem Fenster…


Als ich eine Mail vom Blanvalet Verlag bekommen habe, dass „Der Kinderflüsterer“ erscheint und bald im Bloggerportal zur Anfrage frei sein wird, habe ich mir die Geschichte auf die Merkliste gepackt. Der Klappentext klang nach einer ordentlichen Portion Gänsehaut und das Cover hat mich umgehauen. Als ich die Geschichte dann in meinem Briefkasten lag, habe ich nicht lange gewartet um das Buch zu lesen. Es hat sich gelohnt!

Schon der Beginn hat mir eine Gänsehaut über den Körper gejagt. Der Prolog startet mit einem Brief an Jake, der gruselig, traurig und ehrlich zugleich wirkt. Man kann sich vorstellen was passieren könnte und beginnt bereits am Anfang ein gruseliges Szenario im Kopf zusammen zu spinnen. Mein Herz hat etwas schneller geschlagen, bei dem Gedanken, dass ich nun in diesen Thriller eintauchen würde und es wurde ein Thriller, den ich ganz bestimmt nicht so schnell vergessen würde.
Man liest die Geschichte aus verschiedenen Sichtweisen. Es kommen vor allem Tom und Jake zu Wort, sowie DI Pete Willis und der Täter. Ich finde es immer gelungen, wenn Autoren es schaffen auch die Sicht des Täter mit in die Geschichte einfließen zu lassen. Es ist nicht so, dass ich Verständnis für diesen Menschen empfinden würde, aber es bringt einen zusätzlichen Gänsehautfaktor mit in eine Geschichte. Man weiß, was dieser Mensch denkt, man weiß, was er vor hat und man möchte die geliebten Charaktere davor beschützen, dass ihnen Unheil angetan wird. Aber natürlich kann man nicht in das Buch hineingreifen, was alles nur noch schlimmer macht. Alex North hat also alles richtig gemacht.

Schon nach wenigen Seiten war ich komplett in der Geschichte gefangen. Man lernt Jake und Tom kennen, die große Schwierigkeiten haben ihr Leben weiter zu leben. Tom wirkt völlig verloren und neben sich. Er hat sich nie vorgestellt allein ein Kind groß zu ziehen und nun ist seine geliebte Frau tot und er ist wie gelähmt. Jake ist ein verschlossenes Kind, das wahrscheinlich früher auch schon wenig mit seinem Vater anfangen konnte. Jetzt muss er sich mit ihm auseinander setzen, weil seine Mutter nicht mehr für ihn da sein kann. Das bringt ihr empfindliches Verhältnis noch mehr ins Wanken. Jake weiß nicht, ob er seinem Vater auf die Nerven fällt. Er ist sich nicht sicher, ob sein Vater ihn überhaupt liebt und Tom weiß nicht, wie er seinem Sohn zeigen kann, dass er immer für ihn da ist und sich um ihn sorgt. Die beiden sind wie verletzte die Tiere, die irgendwie versuchen zu überleben und es ist unglaublich traurig ihnen dabei zuzusehen.
Mit dem neuen Haus, das sie kaufen, soll sich alles ändern, doch das ist natürlich nicht der Fall. Ihre Beziehung ist immer noch schwierig und alles wird noch komplizierter, als Jake zum ersten Mal diese Stimme erwähnt. Tom bekommt es mit der Angst zu tun. Was ist, wenn sein Sohn mit dem Tod der Mutter gar nicht so gut zurecht kommt, wie er gedacht hat? Was, wenn er psychologische Hilfe bräuchte und er hat es nicht erkannt?

Währenddessen muss die Polizei versuchen, den verschwundenen Neil wieder zu finden. Doch er ist bereits Monate nicht zu finden und die Hoffnungen, ein lebendiges Kind seinen Eltern zurück bringen zu können, schwinden rapide. Pete Willis erinnert sich an die frühere Mordserie, weil er die Ermittlungen geleitet und den damaligen Täter festnahm. Er weiß nicht, ob sie damals etwas übersehen haben. Er weiß nicht, ob ihnen damals ein Komplize durch die Lappen gegangen ist und deshalb arbeitet er genauso verbissen an dem Fall, wie seine Kollegin Amanda Beck. Es war toll ihre Polizeiarbeit und die Verbundenheit mit dem Fall nachfühlen zu können. Ich habe gespürt, wie verzweifelt Pete versucht hat, diesen Fall zu lösen. Das Kind zu retten, um den Albtraum endlich beenden zu können. Es war großartig.

Die Atmosphäre in der Geschichte hatte mich komplett gefangen genommen. Die Stimmung war so düster und unheilvoll, dass man allein davon schon eine Gänsehaut bekommen hat. Ich konnte das Buch nicht zur Seite legen und musste es an einem Stück durchlesen. Ich war so aufgeregt, hatte eine Gänsehaut nach der anderen und wirklich Angst, was mich auf der nächsten Seite erwarten würde. Ich hatte keine Ahnung wer der Täter sein konnte, ich konnte nicht erahnen, was als nächstes passieren würde und ich wollte es unbedingt wissen. Der Schreibstil von Alex North hat schließlich sein übriges getan und ich werde definitiv meine Augen offen halten, sobald dieser Autor ein neues Buch herausbringen wird.

Fazit

Ein Thriller, der vor allem mit seiner düsteren Gänsehaut-Atmosphäre bestochen hat. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen, konnte die Geschichte nicht zur Seite legen und wusste, dass ich keinesfalls schlafen würde, wenn ich nicht wüsste, wer der Mörder ist. Also habe ich gelesen, gelesen, gelesen und das Ende hat mich begeistert. Das Buch ist genau das, was ich ewig gesucht habe und ich kann es jedem ans Herz legen, der gerne etwas gruseligere Geschichten liest, die allein durch ihre Düsternis bestechen können. Trotzdem eine kleine Warnung: auch wenn man nicht explizit weiß was mit den Kindern geschehen ist, es geht um Kindesentführung und -mord. Wer dies nicht ertragen kann, sollte lieber die Finger von der Geschichte lassen.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Absolut empfehlenswert!

Untendrumherumreden - Alles über Liebe und Sex
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Inhalt

Auf ihrem YouTube Kanal nimmt Hannah Witton kein Blatt vor den Mund. Sie erzählt einfach, wie es ist, mit dem Sex und der Liebe. Also hat sie sich irgendwann gedacht, wieso nicht ein Buch darüber ...

Inhalt

Auf ihrem YouTube Kanal nimmt Hannah Witton kein Blatt vor den Mund. Sie erzählt einfach, wie es ist, mit dem Sex und der Liebe. Also hat sie sich irgendwann gedacht, wieso nicht ein Buch darüber schreiben? Und dies dann in die Tat umgesetzt. Es geht um das erste Mal, um Verhütung, Selbstbefriedigung, Pornos, LGBTQ+, Konsens, Körperwahrnehmung und so viel mehr. Das Buch ist ein Mix aus persönlichen Anekdoten, wichtigen Kommentaren und hilfreichen Tipps, bei denen nicht nur junge Menschen etwas lernen können.


Das Buch habe ich bei Anna von Ink of books und Mareike von Crow and Kraken das erste Mal gesehen und mich direkt wieder daran erinnert, als Arvelle das Buch auf Lager hatte. Da ich große Lust darauf hatte, mich diesem Thema zu widmen habe ich es kurzerhand bestellt und dann auch direkt gelesen. Es war ein voller Erfolg!

Das Buch kann in meinen Augen als modernes Aufklärungsbuch durchgehen. Es ist modern, witzig und locker geschrieben. Die Leserinnen werden auf Augenhöhe abgeholt, nicht belehrt oder eine fremde Meinung wird aufgezwungen. Nein. Es wird sachlich und informativ aufgeklärt, ohne den erhobenen Zeigefinger zu nutzen. Schon im Vorwort sagt Witton, dass sie dieses Buch nicht geschrieben hat, dass man es am Stück durchliest. Jeder soll sich das Thema herausnehmen, das gerade Interessant ist und sich dann informieren. Es gibt so viele unglaublich wichtige Themen von Verhütung über Sexting zu Pornografie ist alles dabei, das junge Menschen ab, sagen wir mal 13+ interessiert. Und es ist so wichtig, dass sich Jugendliche heutzutage aufklären. Wenn es das private Umfeld nicht schafft, kann so viel falsch und schief laufen. Ein solches Buch ist unglaublich wichtig! So können auch junge Menschen richtig aufgeklärt werden ohne mit einer rotköpfigen Biolehrerin Reagenzgläser mit Kondomen zu überziehen (kleiner Disclaimer: das Buch erklärt zwar, worauf man achten muss, wenn ein Kondom übergezogen wird, man sollte es aber vorher wirklich einmal selbst testen, um eine ungewollte Schwangerschaft oder sexuell übertragbare Krankheiten zu vermeiden).

Überhaupt finde ich den Aufbau des Buches unglaublich gelungen. Es werden so viele Themen aufgegriffen, die längst im Unterricht und Lehrplan ihren Platz haben sollten. Nicht nur, dass über gesunde und ungesunde Beziehungen aufgeklärt wird, es gibt auch ein Bereich der allein LGBTQ+ gewidmet ist und verschiedene Identitäten beleuchtet, erklärt, was LGBTQ+ eigentlich ist und es kommen Own-Voices zu Wort, da Hannah Witton selbst eine weiße cis-hetero Frau ist und eben nicht dieselben Erfahrungen macht, wie jemand, der sich zu LGBTQ+ zählt. Ich finde es wunderbar und so wichtig, dass dieses Thema aufgegriffen wird.
Auch hier noch ein großes Lob an die Autorin: die Own-Voices Repräsentation in diesem Buch ist wirklich unglaublich gelungen. Nicht nur im Bereich LGBTQ+ kommen Menschen zu Wort, um über ihre Erlebnisse zu sprechen, sondern bspw. im Kapitel Pornografie. Ein Pornosüchtiger berichtet über seine Erfahrungen, wie es dazu kam und wie er sich davon lösen konnte. Mit diesem Thema wird so sensibel umgegangen, was mir wirklich gefallen hat. Es wird darüber berichtet und dargelegt, wieso Pornografie so gefährlich sein kann, gleichzeitig wird diese Sucht nicht verteufelt. Es kann eben jedem passieren.

Hannah Witton berichtet sehr ungeschönt von ihren eigenen Erfahrungen mit der Liebe, Sex und Beziehungen. Sie bindet auch die Erfahrungen ihrer Familie und Freunde mit ein, was das Buch umso sympathischer und authentischer macht. Es hat sich teilweise so angefühlt einem Bericht einer Freundin zu lauschen, die gerade ihre Probleme und Sorgen mit ihrem Sexleben vor mir ausbreitet. Was mir auch unwahrscheinlich gefallen hat war der Teil, mit dem Orgasmus und den Frauen. In Verbindung mit den verdrehten Vorstellungen, die uns Liebesromane / New Adult Geschichten oder auch Pornos in die Köpfe setzen, sollte unser erstes Mal welterschütternd sein und uns in eine neue Sphäre des Lebens heben. Diejenigen von uns, die ihr erstes Mal bereits erlebt haben, werden wissen, dass das nicht unbedingt der Fall ist. Deshalb kann ich für meinen Teil diese Multiple-Orgasmen-Erste-Male nicht ernst nehmen. Und Hannah Witton kann mit ihrem Buch die Augen all jener junger Mädchen öffnen, die sich verunsichert gefühlt haben, nachdem ihr erstes Mal eben nicht weltbewegend war. Großartig!

Außerdem geht es um Konsens, der in meinen Augen, immer wieder vergessen wird. Man sollte immer, wirklich immer, egal wie lange man schon in einer Beziehung ist oder nicht, fragen ob es in Ordnung ist jetzt Sex zu haben. Und erst wenn ein eindeutiges „Ja“ erfolgt, dann haben beide Spaß an der Sache. Ein „Nein“ bleibt ein „Nein“ und sollte auch als solches akzeptiert werden. Ein Ehering gibt keine allgemeingültige Einverständnis zum täglichen Sex und das sollte auch jungen Menschen vermittelt werden.

Noch ein paar Worte zur Gestaltung des Buches: es ist wirklich ansprechend und toll illustriert. Es gibt Zeichnungen, Muster und Darstellungen, die sich durch das komplette Buch ziehen und auch die Kapitel begleiten und untermalen. So nimmt es dem Buch ein bisschen dieses „Sachbuch“ / „Fachbuch“ Atmosphäre, denn es lockert alles etwas auf. Natürlich tut auch Hannah Wittons ansprechender Schreibstil sehr viel dafür, dass man sich überhaupt nicht fühlt, als würde man ein Sachbuch lesen. Es ist so erfrischend auf diese Weise aufgeklärt zu werden. Ich habe zwar nicht komplett neue Dinge für mich selbst erfahren aber werde das Buch definitiv einmal meinen Bio-Lehrerinnen Freunden zeigen und ihnen vorschlagen, damit im Aufklärungsunterricht zu arbeiten. Es wäre mir wirklich eine Freude zu wissen, dass einige junge Menschen wirklich mit einem ganz anderen Bewusstsein aufgeklärt werden.

Fazit

Ein wahrhaftig großartiges Aufklärungsbuch, das nicht nur durch ihre Gestaltung und den lockeren Schreibstil besticht, sondern auch mit der Auswahl der Themen. Die wichtigsten Dinge werden angesprochen, es gibt Own-Voices Repräsentation und es ist ein Sachbuch, das ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Junge Menschen können so unglaublich viel daraus lernen und auch ältere Leser
innen können noch Neues mitnehmen. Ich hatte unfassbar viel Spaß beim Lesen und werde das Buch definitiv immer und immer wieder empfehlen!

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