Profilbild von anna-liee

anna-liee

Lesejury Profi
offline

anna-liee ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit anna-liee über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.05.2020

Eine süße Liebesgeschichte

Perfectly Broken (Bedford-Reihe 1)
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Als Brooklyn ihre große Liebe verliert, hat sie auch sich selbst verloren. Aus diesem Grund verlässt die junge Frau Manchester und möchte in Bedford neu anfangen, um all den ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Als Brooklyn ihre große Liebe verliert, hat sie auch sich selbst verloren. Aus diesem Grund verlässt die junge Frau Manchester und möchte in Bedford neu anfangen, um all den Schmerz ihrer Vergangenheit hinter sich zu lassen. Deshalb sieht sie auch über die Tür hinweg, welche ihr Schlafzimmer und das Schlafzimmer ihres Nachbarn miteinander verbindet.
Und dann hört sie zum ersten Mal seine Stimme und seine Musik. Plötzlich fühlt Brooke sich weniger allein, weniger einsam und weniger traurig. Und das, obwohl sie Chase noch nie begegnet ist. Dennoch fühlt sie etwas, wenn sie seine Stimme durch die Wand hören kann und egal wie sehr sie sich auch wehrt, ihre Gefühle beginnen Achterbahn zu fahren. Doch kann sie sich erneut auf jemanden einlassen?


Spontan habe ich mich dazu entschieden „Perfectly Broken“ bei NetGalley anzufragen und habe direkt die Zusage bekommen. Ich habe mich sehr gefreut, mal wieder einen Ausflug in das New Adult Genre zu machen, denn ab und an habe ich dann doch Lust auf eine ganz klassische romantische Liebesgeschichte und mit diesem Buch habe ich da auch nicht daneben gegriffen.

Sarah Stankewitz hat einen wirklich angenehmen und flüssigen Schreibstil. Man fliegt nur so durch die Seiten und liest einfach unheimlich gerne in der Geschichte, die man vor sich hat. Die Autorin weiß, wie man schreibt und weiß auch, wie man eine Liebesgeschichte zu etwas Besonderem macht. Man liest praktisch in einem Zug die gesamte Geschichte durch und weiß erst, dass man am Ende angekommen ist, wenn es einfach nicht mehr weiter geht.

Die Charaktere sind unglaublich sympathisch und einfühlsam. Man kann sich direkt in ihre Lage hineinversetzen. Ich mochte Brooke wirklich gerne. Sie hat so vieles durchgemacht und versucht trotzdem weiter zu machen und nicht aufzugeben. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, wie grauenvoll es sein muss, die große Liebe, den sicheren Hafen, zu verlieren und neu anfangen zu müssen. Vor allem, wenn man bereits das ganze Leben geplant hat und dann alles wie eine Seifenblase zerplatzt. Auch wenn ich es doch etwas befremdlich fand, dass sie tatsächlich in eine Wohnung gezogen ist, die eine Verbindungstür zu jemand völlig Fremden hat. Aber ohne das, hätte natürlich die gesamte Geschichte nicht funktioniert.
Auch Chase, aus dessen Sicht ebenfalls einige Kapitel geschrieben ist, hat mein Herz erwärmt, obwohl er nicht so greifbar wie Brooke war. Er ist sensibel, hat unheimliches Durchhaltevermögen und wenn er liebt, dann liebt er bedingungslos. Ich mochte seine Art mit Brooke umzugehen und vor allem das Vorlesen hat mich immer wieder zum Lächeln gebracht. Was ich wirklich toll fand war, dass Chase keinesfalls ein Bad Boy ist. Er hat keine „Ich habe ständig bedeutungslosen Sex“ Allüren und behandelt Brooklyn auch nicht wie ein Objekt. Er ist ein ganz normaler junger Mann, der seine Gefühle ausdrücken kann und sie auch ausleben möchte, wenn er sich einmal sicher ist. Er behandelt Frauen gut und das hat mir sehr gut gefallen. So sollte es in jedem New Adult Roman ablaufen.

Wie der Klappentext bereits andeutet ist die Handlung der Geschichte nicht neu erfunden. Viele New Adult Romane folgen diesem Schema eines gebrochenen, traurigen Mädchen, welches durch eine neue Stadt und eine neue Liebe wieder stark wird. Das mit der Verbindungstür jedoch ist etwas innovatives, das mir gut gefallen hat. Ich hätte es mir aber doch etwas mehr auf die Spitze getrieben gewünscht. In meinen Augen wäre es etwas spannender geblieben, wenn die beiden sich sehr viel länger nicht gesehen hätten und sehr viel intensivere Gespräche geführt hätten. Das Buch hat allerdings nur 250 Seiten und deshalb war eine gewisse Geschwindigkeit nötig, um die Liebesgeschichte überhaupt komplett erzählen zu können.
Was mich zusätzlich gestört hat war, dass es gegen Ende dann wirklich noch zwei dramatische Szenen gab, die in meinen Augen nicht nötig gewesen wären. Das erste und auch viel größere Drama wurde schon nach kürzester Zeit angedeutet und ich habe mir direkt gedacht, dass es wohl so kommen wird. Sehr schade, denn ein größerer Überraschungseffekt wäre sicher toller gewesen. Hier muss ich sagen, dass es schon in Ordnung war, dass durch diese Situation noch einmal etwas Drama hinzugefügt wurde, doch beim zweiten, kürzeren, dramatischen Moment musste ich dann doch mit den Augen rollen. Es war komplett überflüssig und hat eigentlich nur dazu geführt das Buch um 20 Seiten zu verlängern.

Wie das Buch zum Ende gekommen ist hat mir dann wiederum gut gefallen. Der Abschluss war rund, traurig und gleichzeitig wirklich wunderschön. Man kann sich den Sonnenuntergang in den Chase und Brooke hineinreiten wirklich vorstellen. Es ist einfach toll, wenn man das Gefühl hat, die lieb gewonnenen Charaktere sind glücklich und zufrieden in ihrer Welt und genau dieses Gefühl hat Sarah Stankewitz in mir ausgelöst.

Fazit

Sarah Stankewitz kann Liebesgeschichten schreiben. Sie schafft es die Charaktere unglaublich sympathisch und einfühlsam darzustellen. Ihr Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen und die Art und Weise wie sie erzählt, fesselt einen an die Seiten ihres Buches. Perfectly Broken ist ein gelungener New Adult Roman, in dem man sich wirklich wohl fühlt und der mir Spaß gemacht hat. Vor allem die Charaktere haben die Geschichte getragen und mich für sich eingenommen. Die Handlung war zwar ganz gut aber nichts Neues, es gab leider keine Überraschungen für mich und das fand ich wirklich schade. Dennoch kann ich die Geschichte jedem empfehlen, der gerne mal eine Liebesgeschichte für Zwischendurch liest.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.05.2020

Ein solider Abschluss der Trilogie

Ein Reif von Silber und Gold
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Das große Finale der Reihe steht an: im Kaiserreich der Esche ist es dunkel geworden. Alles scheint in Schieflage geraten zu sein, denn kein Getreide will mehr richtig wachsen, ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Das große Finale der Reihe steht an: im Kaiserreich der Esche ist es dunkel geworden. Alles scheint in Schieflage geraten zu sein, denn kein Getreide will mehr richtig wachsen, das Vieh bringt missgebildeten Nachwuchs zur Welt und grausige Bestien treiben ihr Unwesen. Und das Geschick der gesamten Welt scheint auf den Schultern zweier Frauen zu liegen: Leyken, die in der Esche im Süden ist und eine besondere Verbindung zu dieser aufzubauen scheint und Sölva im tiefen Norden, die als einzig überlebende Erbin des Morwas nicht weiß, was das Schicksal für sie bereit hält, wenn die Stämme von Ord sich nicht einigen können, wer den Reif von Eisen bekommt. Die Frage ist nur: sind die beiden den Aufgaben, die auf sie warten, wirklich gewachsen?


Im Oktober 2017 habe ich den ersten Band der Königschroniken-Reihe vom Rowohlt Verlag angeboten bekommen und mich unglaublich auf ein neues High Fantasy Abenteuer gefreut. Die Reihe habe ich mit „Ein Reif von Silber und Gold“ nun beendet und bin schon ein kleines bisschen traurig, dass ich das Reich der Esche nun schon wieder verlassen musste.

Es ist mehr als ein Jahr her, dass ich den zweiten Teil der Trilogie gelesen habe und deshalb war der Einstieg in den Abschluss der Reihe doch etwas schwieriger, als ich erwartet habe. Doch Stephan M. Rother macht es einem leicht: immer wieder werden zu Beginn die Ereignisse der vergangenen Bände kurz erwähnt und durch Gedankengänge der Protagonisten wieder in Erinnerung gerufen. Das hat mir ungemein geholfen, um schnell wieder in die Gänge zu kommen und wieder im Gedächtnis zu haben, was in den letzten beiden Bänden alles passiert ist und in welchem Zusammenhang die einzelnen Charaktere stehen. Der Schreibstil des Autors ist nach wie vor wirklich schön und leicht zu lesen. Die Beschreibungen sind weiterhin wirklich toll und ausführlich, sodass man sich einfach perfekt in das Reich der Esche hineindenken kann. Überhaupt die Idee dieser Welt begeistert mich nach wie vor. Ein riesiger uralter Baum, der das Gleichgewicht einer ganzen Welt hält, ist einfach großartig. Ist ein einzelner Ast im Ungleichgewicht, dann ist es auch der Teil der Welt, für den dieser Ast steht.

Auch die Atmosphäre im Buch ist wirklich gelungen. Eine düstere, kriegerische und gefährliche Zeit ist im Reich der Esche angebrochen. Überall herrscht Verwüstung, Hunger und Krieg. Niemand scheint mehr sicher zu sein und es wirkt so, als würden die Menschen sich auch nicht vertragen wollen. Etwas düsteres hängt über dem Reich und das lässt Stephan M. Rother perfekt durchklingen. Als Leser fühlt man sich selbst nicht mehr wohl in dieser Welt und wünscht sich nichts sehnlicher, als dass endlich wieder Licht und Hoffnung zurückkehren. Die Frage ist nur, ob Sölva und Leyken ihre Aufgaben erfüllen können, die wohl für sie gedacht sind.

Wie schon im vorherigen Band stehen vor allem die beiden Frauen Sölva und Leyken im Vordergrund. Ihre Sichtweisen nehmen fast das gesamte Buch ein und bringen den Leser entweder in die Rabenstadt oder tief in den Norden zu den Stämmen des Otta. Ihre Situationen könnten nicht unterschiedlicher sein und doch ähneln sie sich: beide Frauen stehen vor einem Scheideweg. Sie müssen entscheiden, ob sie die Verantwortung übernehmen, die man ihnen möglicherweise gibt, oder ob sie sich weiterhin von jemand anderem leiten und führen lassen.
Sölva wird im Verlaufe des Buches klar, dass sie sich nicht nur um das Kind von Ildris kümmern muss, sondern dass sie vielleicht auch in der Entscheidung, wer der künftige König sein wird, mit einbezogen werden wird. Schließlich ist sie die letzte lebende Erbin des verstorbenen Königs Morwa und wurde von ihm mit viel Aufmerksamkeit gesegnet. Doch für die Männer und Anführer der jeweiligen Stämme ist es sehr schwierig eine Frau überhaupt nur anzuhören. Für mich war es jedoch klar, dass Sölva sich, durch ihre gesamte Entwicklung, genügend Selbstvertrauen angeeignet hat, um in dieser Männerbestimmten Welt zurecht zu finden. Sie hat den Mut bekommen, der nötig ist um dort zu bestehen und sich durchzusetzen. Das gefällt mir sehr an ihr. Sie hat sich weiterentwickelt und ist zu einer sehr starken Frau geworden, die weiß, wann sie für sich eintreten muss, um das Beste für ihr Volk zu erlangen.

Auch Leyken hat sich mittlerweile entwickelt auch wenn nicht so stark wie Sölva. Sie lässt sich nicht mehr komplett herumschubsen, stellt Fragen und versucht zu verstehen, was das Problem in der Rabenstadt und dem Reich der Esche ist. Gleichzeitig lässt sie Gnade walten und setzt sich dafür ein, die Esche zu retten. Als in der Rabenstadt ein Ausnahmezustand beginnt und Leyken nach und nach die Bedeutung von der Entführung ihrer Schwester und auch ihr selbst klar wird, beginnt sie zu verstehen, worauf alles hinauslaufen wird. Auch wenn sie nicht ganz so selbstbewusst wurde wie Sölva, so versucht Leyken ihrem Schicksal nicht mehr zu entkommen, sondern es anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Es ist nicht das, was sie sich für sich selbst und ihre Zukunft vorgestellt hat, doch notwendig und deshalb nimmt sie ihr Schicksal an.

Die Person, die schon im zweiten Teil enorm im Hintergrund war, wurde auch im dritten Teil nicht weiter hervorgehoben. Pol bekam wenige Kapitel, die teilweise kaum etwas mit der restlichen Entwicklung der Geschehnisse in Zusammenhang zu bringen sind. Man erfährt, wieso er der Auserwählte ist und was besonders an ihm ist und auch, dass er für die weiteren Geschehnisse wichtig sein könnte, doch das war es auch schon. Der Gesamtzusammenhang, den ich mir so unbedingt gewünscht habe, bleibt aus. Es fehlt etwas. Es fehlt an umfangreicheren Erklärungen, es fehlt letztlich an Nutzen von Pol. Er wurde als Charakter groß eingeführt, doch seine Reise hatte letztlich kein wirkliches Ziel und das war dann irgendwann sowieso egal. Vor allem bei Pol wurde auch deutlich, dass die Reihe ursprünglich vier Bände umfassen sollte. Höchstwahrscheinlich (ich vermute an dieser Stelle) waren die Verkaufszahlen nicht gut genug, um einen vierten Band rentabel für den Verlag zu machen. Also musste alles in einem dritten Teil verarbeitet werden und das ist, bei einer so komplex angelegten Story wirklich schwierig. Gegen Ende ist es unglaublich deutlich, dass der Autor das Ende nicht so gestalten konnte, wie er es sich gedacht hat, weil kaum etwas ausführlich erklärt wurde.

Der Gesamtzusammenhang wurde mir zwar klar und vor allem das letzte Kapitel hat mir wirklich gut gefallen, doch der Weg dorthin war ab Mitte des Buches eher holprig und mit wenigen Erklärungen. Alles wurde schnell zu einem Abschluss gebracht, ohne dass die Zusammenhänge wirklich deutlich hergestellt wurden. Man muss sich am Ende sehr viel selbst zusammenreimen und sehr viel selbst nachdenken und überlegen, um klar zu bekommen wie alles gedacht war. Trotzdem fehlt eben ein bisschen Anleitung durch den Autor, der Geschichte hätte es wirklich gut getan, wenn sie noch 100 Seiten mehr gehabt hätte, um die Geschichte würdiger zu beenden. Es ist einfach zu deutlich zu spüren, dass ein letzter Teil gestrichen wurde und somit die Planungen des Autors nicht so ausgeführt werden konnte, wie ursprünglich gedacht.

Fazit

Leider konnte die Trilogie nicht so gut abgeschlossen werden, wie ich es mir für diese komplexe Fantasy-Geschichte gewünscht hätte. Man spürt, dass der Autor alles gegeben hat, was er konnte, doch die Zusammenhänge wurden einfach nicht deutlich genug aufgeklärt, Erzählstränge führten quasi ins Nichts und wurden am Ende noch einmal aufgegriffen, damit es eben doch einen Gesamtzusammenhang ergab. Die Charaktere haben sich zwar teilweise weiterentwickelt, aber es wäre sicherlich noch mehr gegangen. Der Schreibstil und die Atmosphäre des Buches waren weiterhin toll und ich denke ich werde mir noch weitere Bücher des Autors anschauen. Der Abschluss der Reihe war schon in Ordnung aber ich habe mir sehr viel mehr davon versprochen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Die Grundidee ist toll, die Umsetzung leider nicht...

Die Arena: Grausame Spiele
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

London in der Zukunft. Die Gesellschaft ist gespalten: die Pures leben ihr Leben voller Luxus, Geld und Komfort, während die Dregs unterdrückt, ausgegrenzt und als Sklaven verschachert ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

London in der Zukunft. Die Gesellschaft ist gespalten: die Pures leben ihr Leben voller Luxus, Geld und Komfort, während die Dregs unterdrückt, ausgegrenzt und als Sklaven verschachert werden. Aus dieser Situation heraus wurde eine gefährlicher Zirkus gegründet. Dreg Kinder werden trainiert, um eine waghalsige und immer wieder tödliche Show abzuliefern. Genau in diesem Zirkus treffen sich Hoshiko und Ben das erste Mal. Er ist der Sohn einer der wichtigsten Pure Ministerinnen und sie die Hauptattraktion in der Arena. Mit dieser Begegnung verändert sich nicht nur alles für die beiden, sondern vielleicht auch für die ganze Welt…


Auf der Frankfurter Buchmesse habe ich „Die Arena“ entdeckt und das Buch ist mir tatsächlich nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Der Inhalt klang super spannend und das Cover ist wirklich wunderschön gestaltet. Also habe ich kurzerhand den Verlag angeschrieben und ein Rezensionsexemplar zugesendet bekommen. Ich wollte wissen, was sich hinter „Die Arena“ verbirgt und habe die Geschichte dann in kurzer Zeit durchgelesen.

Es ist schon ziemlich lange her, dass ich eine Dystopie gelesen habe und meine Erwartungen an die Geschichte waren recht hoch. Der Klappentext versprach eine grausame, gefährliche Dystopie, die zwei junge Protagonisten hat, welche sich gegen alle Widerstände irgendwie auflehnen. Zumindest habe ich es teilweise so interpretiert und deshalb bin ich auch mit diesen Überlegungen an das Buch herangegangen. Es war vielleicht ein Fehler, so viel darüber nachzudenken, aber eine Dystopie mit einem gefährlichen Zirkus im Mittelpunkt klang einfach zu gut.

Leider muss ich sagen, dass mich die Geschichte doch nicht ganz so überzeugen konnte, wie ich es gern gehabt hätte. Man erfährt kaum etwas über die Gesellschaft in „Die Arena“. Es gibt wenig, bis gar keine, Informationen darüber wie es mit der Gesellschaft überhaupt so weit kommen konnte. Wieso wurde die Welt in Pures und Dregs gespalten? Was ist der Grund dafür? Wie konnte es soweit kommen? Alles bleibt vage und es wird einfach als gegeben angesehen. Natürlich ist der Blickwinkel, aus dem die Geschichte geschrieben ist, vielleicht für diese Informationen nicht gerade der Richtige, dennoch hätte ich mir mehr Hintergrundinformationen gewünscht. Gleichzeitig wird recht schnell deutlich, dass es in diesem Buch keine Graustufen gibt. Es gibt fast ausschließlich schwarz und weiß. Die Pures, die unterdrücken, töten, bestrafen, sind die bösen und die Dregs, die leiden und keinerlei Rechte haben, sind die Guten. Die einzige Ausnahme bildet natürlich Ben, der wohl der einzige auf der ganzen Welt zu sein scheint, der wirklich reflektieren kann. Es ist schade, dass die Linien hier nicht verschwimmen und der Kampf gegen Ungerechtigkeiten quasi aus dem Nichts heraus entsteht, denn die Dregs allein können das niemals schaffen. Zumindest wurde mir das durch die Handlung so suggeriert. Ich hoffe der zweite Teil erleuchtet mich da etwas, denn Informationen über den Widerstand, der immer wieder angedeutet wird, würde mich wirklich sehr interessieren.

Wie schon erwähnt dreht sich die Handlung um zwei junge Protagonisten. Ben ist der Sohn einer sehr wichtigen und besonders grausamen Pure Ministerin, die das Ziel hat, zur Präsidentin gewählt zu werden. Er wirkt sehr fein, sensibel und ruhig im Vergleich zu seinen Mitschülern. Doch als der Zirkus in die Stadt kommt ist auch er hingerissen von den Lichtern, den Attraktionen und den Geheimnissen, die sich dort verbergen. Er möchte unbedingt die Show sehen, denn die Hochseiltänzerin, die er von seinem Fenster aus gesehen hat, hat ihn besonders fasziniert. Er will unbedingt sehen, wie sie auf dem Seil ihre Saltos schlägt. Doch als Ben im Zirkus sitzt und sieht, was dort geschieht wird ihm ganz anders. Er erkennt, dass die Dregs eben doch Menschen sind und nicht so behandelt werden sollten. Und das, obwohl er schon seit Monaten regelmäßig mit der Dreg-Dienerin des Hauses eine Art Freundschaft entwickelt hat. Aber da sie kein geeigneter Love-Interest ist, musste Hoshiko dazu auserkoren werden. Schließlich kann Liebe auf den ersten Blick alles richten. Zumindest wirkt es so. Ben fasst den Entschluss, die Hochseiltänzerin irgendwie zu retten und damit beginnt ein gefährliches Spiel.

Hoshiko ist fünf Jahre alt, als sie aus ihrer Familie gerissen und in den Zirkus verschleppt wird. Viel mehr wird aus ihrer Vergangenheit nicht erzählt, denn sie erinnert sich kaum und die Erinnerung überhaupt ist viel zu schmerzhaft für sie. Im Zirkus ist das Leben grauenvoll. Der Direktor, zwar selbst ein Dreg, behandelt seine „Attraktionen“ grausam und unnachgiebig. Wenn sie sich verletzen, lässt er ihnen kaum Zeit, sich zu erholen, schließlich wollen die Pures genau das: Verletzungen, Verstümmelungen, Tod. Darum geht es im Zirkus. Die Dregs sollen sich in Lebensgefahr befinden und ab und an sollte auch jemand sterben, damit der Zirkus weiter im Gespräch bleibt. Es ist ekelerregend. Den Kindern wird kaum etwas zu essen gegeben, sie dürfen sich nicht frei bewegen und sind den Launen der Pures komplett ausgeliefert. Es ist sehr bedrückend, wenn Hoshiko ihre Umwelt beschreibt. Sie ist selbst um die 16 Jahre alt und gehört deshalb schon zu den „erwachseneren“ Dregs, die im Zirkus leben. Normalerweise überleben die Kinder nicht so lange. Was mich etwas gestört hat war die Tatsache, dass sie sich wirklich sofort von Ben hat beeindrucken lassen. Sie will bzw. soll von außen die harte, abgeklärte Dreg sein, die alle Pures verdammt, weil sie ihr Leben zerstört haben. Doch als Ben auftaucht wird alles durcheinander geworfen, obwohl er kaum etwas dazu beiträgt. Sie setzt alles aufs Spiel, für einen Pure, über den sie kaum etwas weiß. Ich bin mir einfach nicht sicher, ob ich das realistisch und gut dargestellt finde. Die gesamte Liebesgeschichte war für mich völlig an den Haaren herbeigezogen. Alles ging viel zu schnell, wirkt wie eine schlecht konstruierte Insta-Love und hatte für mich keinerlei Chemie. Ich habe es überhaupt nicht gespürt und denke, dass die Geschichte auch ohne diese Liebesstoryline funktioniert hätte. Warum muss Liebe der Ausschlag sein, um etwas verändern zu wollen? Kann es nicht einfach ein Umdenken sein, dass diese Welt und die Gesellschaft nicht richtig, sondern ungerecht ist? Angestoßen durch den Zirkus Besuch von Ben? Es hätten so viel mehr und bessere Argumente gefunden werden können und doch wird wieder eine Liebesgeschichte genutzt, um allen Ungerechtigkeiten zu trotzen.

Dennoch ist die Geschichte gut geschrieben. Hayley Barker weiß, wie man Spannung aufbaut und hat diese wirklich gut in das Buch eingebaut und auch genutzt. Der Unterhaltungsfaktor war definitiv gegeben und ich habe das Buch auch in kurzer Zeit beendet, denn ich wollte wissen, wie es weitergeht und auch, wie es ausgehen wird. In welche Richtung wird sich die Geschichte wenden? Das Ende könnte, für mich, gut und gerne so stehen bleiben aber da es einen zweiten Teil gibt, bin ich umso gespannter darauf, was noch auf mich warten wird und ob die Welt der Pures und Dregs brennen wird.

Fazit

Mit anderen Dystopien wie zum Beispiel „Die Tribute von Panem“ kann „Die Arena“ nicht mithalten. Die Grundidee ist großartig, doch die Umsetzung hatte dann doch einige große Schwächen. Ein Problem war für mich eindeutig die Insta-Love, welche über alle Widrigkeiten hinweg Rassismus und Ungerechtigkeiten ungeschehen machen will. Ben und Hoshiko kennen sich nicht, sie begegnen sich einmal im Zirkus und beide sind sozusagen unsterblich verliebt. Es ist unglaubwürdig und trotzdem wird dies als Anlass genommen, alles zu überdenken. Das hätte ich mir einfach anders gewünscht, denn ich bin sicher, dass die Geschichte auch ohne Lovestory gut funktioniert hätte. Das Buch war dennoch sehr unterhaltsam und ich bin gespannt wohin sich die Geschichte in Band 2 wenden wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Leider nicht so toll wie gedacht.

Die Arena: Letzte Entscheidung
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Hoshiko und Ben sind gemeinsam mit Greta und Jack auf der Flucht. Auch wenn der Zirkus in Brand gesteckt wurde, gibt Bens Mutter Vivian nicht auf: sie will Rache an den Flüchtigen ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Hoshiko und Ben sind gemeinsam mit Greta und Jack auf der Flucht. Auch wenn der Zirkus in Brand gesteckt wurde, gibt Bens Mutter Vivian nicht auf: sie will Rache an den Flüchtigen nehmen und es scheint ihr zu gelingen. Als die vier in die Enge getrieben werden, liefert Ben sich aus, um die anderen drei zu retten. Dass er damit genau in eine gefährliche Falle läuft, wird ihm erst bewusst als es zu spät ist, denn die tödlichste Show der Welt ist zurück…


Nachdem ich letzten Monat den ersten Teil der Dilogie „Die Arena – Grausame Spiele“ beendet hatte, lag der zweite Band schon auf meinem Stapel der Bücher, die ich als nächstes lesen wollte. Der Rowohlt Verlag hat mir die Freude gemacht und mir auch dieses Buch direkt zugesandt. Ich war eigentlich sehr froh, dass die Geschichte für mich nahtlos weiterging, weil ich ein klein wenig Angst hatte, dass die Handlung von Band 1 ein wenig verblassen würde, wenn ich etwas länger mit Band 2 warte. So bin ich also einfach weitergegangen und direkt in ein neues Abenteuer mit Hoshiko und Ben gelaufen.

Ich hatte gehofft, dass der zweite Teil etwas mehr über die Welt, in der Ben und Hoshiko leben, eröffnen würde. Schließlich waren sie nun auf der Flucht. Doch dem war leider nicht so, denn Hoshiko, Ben, Jack und Greta verlassen London nicht. Die Stadt ist so gut abgesichert, dass sie keine Chance bekommen wirklich zu fliehen. Es scheint, dass die Unterstützung, die Jack eigentlich haben sollte, da er jahrelang für den Untergrund gearbeitet hat, ihnen nicht helfen kann. Sie sind ein Jahr gefangen in einer Stadt, die sie unermüdlich sucht und werden schließlich recht am Anfang des Buches auch gefunden. Nur durch einen Deal gelingt es Ben, seine geliebte Hoshiko, Jack und Greta zu retten. Er liefert sich selbst aus und verhindert somit, dass seine Freunde getötet werden. Nun beginnt für Ben eine Tortur und für Hoshi und die anderen ein weiteres Versteckspiel. Ihr Weg führt sie in die Slums von London, die ein schrecklicher Ort mit eigenen Regeln ist, während Ben sich einem ganz neuen Schrecken stellen muss: denn die tödlichste Show der Welt, wurde in diesem vergangenen Jahr wieder aufgebaut und nun befand er sich genau dort. Im Zirkus.

Das Ausgansszenario ist also nicht ganz so zufriedenstellend für mich, allerdings immer noch voller Spannung. Ich hatte mir eigentlich ein grandioses Fluchtszenario gewünscht, bei dem der Untergrund kennen gelernt wird und gemeinsam der Kampf gegen das Regime beginnt. So kämpfen die Teenager und Jack weiterhin irgendwie allein für sich hin. Gegen eine Übermacht an Pures, die sich nicht darum scheren ob ein Dreg stirbt oder lebt. Ihre Flucht hat allerdings etwas bewirkt: einige Pures scheinen an ihrem Regime zu zweifeln und eine Pro-Dreg Präsidentschaftskandidatin bekommt heftigen Aufschwung. Bens Mutter kommt ins Straucheln und ist deshalb umso erpichter darauf, etwas großartiges zu schaffen, um alle Pures davon zu überzeugen, dass Dregs Abschaum sind und abgeschafft gehören. Doch kann eine Präsidentschaftswahl den Rassismus beenden, der tief in den Menschen dieser Welt verwurzelt ist? Können Vorurteile mit einem einfachen Regierungswechsel abgeschafft werden? Und was genau möchte denn die andere Kandidatin für das Land tun? Woher kommt sie und welche Absichten hat sie? All das bleibt irgendwie im Dunkeln. Ich habe mir immer und immer wieder solche und ähnliche Fragen gestellt und bis zum Ende keine richtige Antwort darauf bekommen.
Mein größtes Problem jedoch hatte ich damit, dass nichts erklärt wird. Weder, wieso Bens Mutter derart grausame Vorsätze für die Dregs hat, noch wie es überhaupt soweit kommen konnte, dass die Welt in Pures und Dregs unterteilt wurde. Kleinere Einschübe über Einwanderungen und Arbeitsplatzdiebstahl haben all meine Fragen nämlich längst nicht beantwortet. Das kann doch keine solch drastischen Folgen nach sich ziehen und schon gar nicht diesen Hass in einer Frau schüren, die überhaupt nicht weiß wohin mit all ihrer Wut auf Menschen, die sie nicht kennt, mit denen sie nichts zu tun hat und die ihr überhaupt nichts getan haben. Es wird als gegeben angesehen, dass Bens Mutter durch und durch böse ist, obwohl das Buch eigentlich die Botschaft sendet, dass niemand von Grund auf Böse ist. Dass nicht jeder Pure das rassistische Gedankengut auf diese Weise ausleben möchte, wie es Bens Mutter Vivian tut. Bei ihr jedoch wird eine Ausnahme gemacht und das finde ich schade. Ja, es gibt böse Menschen, aber Menschen werden nicht böse geboren, sie werden durch äußere Umstände, Erziehung, Erfahrungen, und und und dazu gemacht. Doch Vivian Baines bekommt keine Erklärung, sondern nur die Begründung, dass sie das wahre Böse ist. Das habe ich zwar auch so wahrgenommen, denn sie kennt keinerlei Gnade, allerdings hätte ich mir doch Hintergründe gewünscht, um sie besser verstehen zu können. Ich habe mich kein bisschen in diese Frau hineinversetzen können, weil sie für mich wie eine Art grausame und abartige Masse war, die nicht greifbar ist. Anders war es mit einer Person, zu der ich leider nicht mehr sagen kann, da dies ein massiver Spoiler wäre. Dort kennt man die Hintergründe und kann sich vorstellen, wieso es soweit kommen wollte. Das macht die Taten und den Charakter deshalb nicht sympathisch, aber irgendwie doch bedauernswert.

Im gesamten Buch nimmt die Liebesgeschichte von Ben und Hoshi viel Raum ein und das, obwohl die beiden eigentlich gerade auseinandergerissen sind und wirklich anderes zu tun haben, als sich gegenseitig anzuschmachten. Trotzdem beteuern sie sich, in Abwesenheit des Anderen, ständig ihre Liebe und das ist nicht nur schrecklich kitschig, sondern auch unnötig. Das zieht sich leider durch das gesamte Buch und hat mich auch schon in Band 1 genervt, weil diese „Liebe auf den ersten Blick“ für mich einfach komplett unrealistisch war. Sie kannten sich nicht, kamen aus komplett unterschiedlichen Welten, sind anders aufgewachsen und so könnte ich ewig weitermachen. Das passt in meinen Augen einfach nicht, zumindest nicht in dieser Geschwindigkeit, in der diese wahre große Liebe sich entwickelte.

Der Spannungsbogen in der Handlung ist allerdings von Anfang an gut ausgereift. Man spürt, dass man auf einen großen Höhepunkt hinsteuert und wartet und wartet und wartet auf das große Finale, das dann einfach verpufft wie eine Seifenblase. Der große Knall, die Entscheidung, das alles ist so unspektakulär wie ein Blatt, das vom Baum fällt. Es hat mich wirklich frustriert, dass Hayley Barker so viel Spannung aufgebaut hat und letztlich dann einfach so verschenkte. Es hätte so viele Möglichkeiten gegeben, so viele Chancen alles mit einem krassen Finale enden zu lassen und sie hat alles verstreichen lassen. Anstelle von einem dramatischen Ende bekommt das Buch letztlich ein seichtes Happy End, das ich persönlich unglaubwürdig, langweilig und enttäuschend finde. Aber so passt es dann doch wieder zu der Liebesgeschichte, die ich genauso unglaubwürdig finde.

Trotzdem und das ist ein großer Pluspunkt für die Geschichte, hat mich Hayley Barker an das Buch gefesselt. Der Schreibstil ist locker und lässig, man fliegt nur so durch die Seiten und vor allem sind die kurzen Kapitel sehr hilfreich, um das Buch schnell zu lesen. Hier wurde das „nur noch ein Kapitel“ wirklich durchgezogen und mir hat das sehr gefallen. Natürlich ist auch der Spannungsbogen toll gewesen, denn so wollte ich auch am Buch dran bleiben und weiterlesen, allerdings war eben die Auflösung und das Ende sehr enttäuschend.

Fazit

Das Buch hatte einen tollen Spannungsbogen, der leider ins Nichts verlief. Ich mochte die Schnelligkeit der Geschichte und der Aufbau war auch nicht schlecht, doch die Auflösung hat mich enttäuscht. Es kam ein großes Nichts und alles wurde Friede Freude Eierkuchen. Konsequenzen? Kaum zu spüren oder wurden einfach nicht auserzählt. Es sind noch immer etliche Fragen offen, was mich grundsätzlich nicht stört, doch hier waren es einfach viel zu viele. Die Auflösung hat sich die Autorin zu einfach gemacht und das hat mich wirklich genervt. Der Abschluss der Reihe ist zwar schön aber für eine Dystopie so überhaupt nicht das, was ich mir gewünscht habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Eher enttäuschend.

Haarmann
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Im Hannover der 1920er Jahre verschwinden Jungs spurlos. Niemand weiß wohin und wieso, doch einer nach dem anderen wird vermisst gemeldet. Für Robert Lahnstein, Ermittler in ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Im Hannover der 1920er Jahre verschwinden Jungs spurlos. Niemand weiß wohin und wieso, doch einer nach dem anderen wird vermisst gemeldet. Für Robert Lahnstein, Ermittler in diesem Fall, wird aus schrecklichen Gerüchten bald Gewissheit: das Deutschland der Zwischenkriegszeit hat es mit einem psychopathischen Serienmörder zu tun. Doch Lahnstein weiß bald nicht mehr, womit er mehr zu kämpfen hat: mit dem Schicksal der Vermissten, dem Verwirrspiel mit dem mutmaßlichen Täter, den Machenschaften innerhalb der eigenen Polizeireihen oder der wachsenden Unruhen der Gesellschaft, die bald glaubt, dass die Polizei sie nicht mehr vor den schrecklichen Verbrechen schützen kann.


Dirk Kurbjuweit ist für mich kein unbekannter Autor. Ich habe bereits „Zweier Ohne“ von ihm gelesen und kannte daher seine Art zu erzählen bereits. Fritz Haarmann, der Serienmörder, ist für mich ebenfalls nicht unbekannt. Durch etliche True Crime Podcasts und Berichte war ich mit dem Fall des „Werwolfs“ von Hannover bereits vertraut. Als ich gesehen habe, dass ein Kriminalroman zu diesem schrecklichen Fall erscheinen wird, wollte ich das Buch unbedingt lesen. Herzlichen Dank an das Bloggerportal und den Penguin Verlag für das Rezensionsexemplar!

Ich bin großer True Crime Fan. Einen genauen Zeitpunkt, wann dieses Interesse losgegangen ist, kann ich euch gar nicht sagen. Schon als jüngeres Mädchen habe ich gerne Krimi-Serien geschaut, mich haben True Crime Dokumentationen interessiert und Serien wie „Criminal Minds“ oder „Navy CIS“ habe ich rauf und runter geschaut. Ermittlungsarbeit fand ich spannend und, wie ihr sicher wisst, lese ich für mein Leben gerne Thriller. Seit Ende 2019 habe ich auch True Crime Podcasts für mich entdeckt und bin begeisterte Hörerin von „Mordlust“ und „Zeit Verbrechen“. Ich kann nicht mehr genau benennen wann ich das erste Mal von Fritz Haarmann gehört habe, doch ich weiß, dass ich Ende des letzten Jahres einen Podcast, der sich allein mit diesem Fall beschäftigt, gehört habe. Es war ein wirklich toll aufgenommener Podcast, der sich wie ein Hörspiel hört und toll recherchiert ist. So wurde mein Interesse an diesem Fall wieder geweckt und als ich von dem Buch „Haarmann“ gehört habe, wollte ich es unbedingt lesen.

Der Einstieg in die Geschichte war eigentlich recht leicht, die Welt, in der man sich in diesem Buch bewegt ist geprägt von Krieg, Armut und politischen Unsicherheiten. Der erste Weltkrieg ist zu Ende und Deutschland hat die Kriegsschuldlast alleine zu tragen. Die Niederlage wiegt für die meisten Deutschen schwer und die politische Lage leidet sehr darunter. Keiner weiß so recht wohin er sich wenden soll, wer die richtigen Werte vertritt und was als nächstes geschehen wird.
Und dann verschwinden in Hannover immer wieder Jungs zwischen 15 und 19 Jahren spurlos. Die verängstigten Eltern wenden sich an die Polizei, wissen nicht, was mit ihren Jungen geschehen ist. Robert Lahnstein ist neu im Präsidium in Hannover und wurde für den Fall der vermissten Jungen eingesetzt. Es belastet ihn stark, dass sie keinerlei Hinweise haben, niemand hat irgendetwas gesehen oder bemerkt. Doch nicht alle Jungen können so plötzlich und ohne ein Wort zur Fremdenlegion gehen, oder nach Amerika oder sonst irgendwie ausgerissen sein. Es ist unwahrscheinlich, dass mittlerweile 16 junge Männer in ähnlichem Alter einfach aus der Welt fallen.
Lahnstein versucht in alle Richtungen zu ermitteln, doch nicht nur die fehlenden Hinweise stellen ihm ein Bein, auch seine Kollegen scheinen nicht unbedingt großes Interesse daran zu haben, dass die Fälle aufgeklärt werden. Sie behindern immer wieder Lahnsteins Arbeit, ignorieren seine Vorschläge und scheinen seine Arbeit eher zu behindern als ihm helfen zu wollen. Lahnstein steht schnell vor der Frage: wird jemand gedeckt? Gibt es vielleicht einen Täter, der bewusst übersehen wird? Als er einen wichtigen Hinweis bekommt, die nötige Akte aber nicht aufzufinden ist, setzt er sich mit Drohungen gegen seine Kollegen durch und bekommt endlich das, was er so lange verzweifelt gesucht hat: einen mutmaßlichen Täter. Fritz Haarmann.

Lahnstein ist für mich nur schwer greifbar gewesen. Er wirkt traumatisiert durch den Krieg, auch wenn er diese Tatsache zu verbergen versucht. Den Verlust seiner Frau und des gemeinsamen Kindes hat er nicht überwunden und die Gefangenschaft in England plagt ihn zusätzlich mit Erinnerungen. Teilweise hatte ich beim Lesen das Gefühl, dass er überhaupt nicht bei der Sache ist und sich leicht von äußeren Umständen ablenken ließ. Auch die politisch schwierige Lage kommt immer wieder in den Vordergrund. Natürlich spielt diese eine Rolle, vor allem wenn man an die Ermittlungsarbeit und den wachsenden Druck der Gesellschaft denkt. Doch letztlich sollte es nicht hauptsächlich darum gehen, dass erst kürzlich ein Putschversuch in München misslang, bei dem Hitler ins Gefängnis ging oder wie die unterschiedlichen Wahlergebnisse zu dieser Zeit aussahen. Bis zu einem gewissen Punkt konnte ich verstehen, wieso der Autor diese Tatsachen mit eingeflochten hat, doch etwas weniger hätte mir mehr gefallen. Mir hat der Fokus auf den Kriminalfall gefehlt. Auch die immer wiederkehrenden Erinnerungsfetzen von Lahnstein fand ich teilweise ermüdend und habe sie gegen Ende nur noch als Lückenfüller betrachtet. Als hätte man überlegt, wie man das Buch länger machen kann und deshalb die Familientragödie noch mit eingebaut. Und trotz all dem, bleibt Lahnstein für mich blass und unnahbar. Ich habe kein bisschen mit ihm gefühlt, konnte ihn nicht greifen und letztlich eigentlich auch gar nicht leiden. Teilweise hat er sich regelrecht in seinem Selbstmitleid gesuhlt und immer wieder die Chance verpasst sich gegen seine Kollegen durchzusetzen. Lahnstein weiß genau, dass sie viel zu wenig Polizeikräfte sind und er weiß, dass die Polizisten darauf angewiesen sind von Spitzeln Hinweise zu bekommen, um Verbrecher festzunehmen. Was er nicht sieht ist, dass Haarmann genau das ist: ein Spitzel der Polizei. Er ist blind, was seine eigenen Kollegen angeht und lässt alles durchgehen, egal, was sie machen. Ich fand es schade, dass er sich nicht durchzusetzen wusste.

Die eigentliche Hauptperson in diesem Buch hätte in meinen Augen Fritz Haarmann sein sollen. Es hätte mich brennend interessiert wie sich Kurbjuweit ihn vorgestellt hat. Sein Innenleben, das, was ihn mutmaßlich dazu antrieb, all diese schrecklichen Taten zu begehen. Ich hätte gerne mehr über seine Kindheit und Jugend erfahren. Wie wurde er zu dem Mann, der er war, als man ihn hinrichtete? Wie konnte es so weit kommen? Das alles hat er nicht mit einbezogen. Haarmann bleibt an sich genauso blass wie Lahnstein. Er ist zwar der Täter, kommt aber erst ganz zum Schluss richtig im Buch vor. Über ihn wird aber kaum etwas im Buch geschrieben. Nichts, das wirklich Einblick in sein Leben gegeben hätte. Es gibt einige wenige Passagen in denen seine Gedanken geteilt werden, doch das war mir eindeutig zu wenig. Diese Stellen hätte der Autor meiner Meinung nach ausweiten und vertiefen sollen. Ich wollte etwas über Haarmann erfahren und nicht über die Polizeiarbeit von Lahnstein oder sein Familienunglück. Es ist schade, dass der Fall in diesem Buch dann doch irgendwie in den Hintergrund gedrängt wird. Die Taten an sich müssen ja nicht detailliert beschrieben werden, doch ich hätte mir auch mehr Spannung erwartet. Es war grausam was zu dieser Zeit in Hannover geschah und letztlich wird diese Tatsache fast schon unter den Tisch gekehrt. Erst in den letzten beiden Kapiteln wird ein Teil des Ausmaßes klar, das Haarmann angerichtet hat und dennoch nicht nachdrücklich genug. Es fehlten mir Informationen, Vermutungen und die Spannung. Vor allem hat Kurbjuweit als wichtige Quellen für sein Buch die Aufzeichnungen von Theodor Lessing genannt, welcher damals im Gericht saß und sehr detailliert darüber berichtete, wie Haarmann sich gab. Vereinzelt übernahm Kurbjuweit das Verhalten von Haarmann, doch nicht mit Nachdruck genug. Nur mit Hintergrundwissen kann man diese Hinweise wirklich verstehen und deuten, was ich sehr schade fand. Nicht jeder, der dieses Buch liest, kennt sich gut mit dem Fall Haarmann aus und kann die Verhaltensweisen richtig deuten. Im Fokus war, in meinen Augen, nicht Fritz Haarmann, sondern der Polizist Lahnstein.

Fazit

Das Buch hätte sehr viel spannender und unterhaltsamer sein können, wäre der Protagonist nicht ein Polizist der mit größeren privaten Problemen zu kämpfen hat, sondern der Täter an sich. Ich hätte sehr viel lieber gelesen, was in Haarmanns Umfeld los war, wie er sein Leben fristete und letztlich zu dem wurde, der er war. Es hat mich nicht sonderlich interessiert, was Lahnstein privat durchleben musste, weil ich wegen Fritz Haarmann dieses Buch lesen wollte und nicht wegen einem Polizisten. Die Taten an sich blieben genauso blass wie sämtliche handelnde Personen. Die politische Lage wird dafür umso genauer dargestellt, was ich aber nicht immer notwendig fand. Ja, ein gewisser Rahmen, in dem man sich orientieren kann ist durchaus wichtig, aber mehr auch nicht. Leider konnte mir dieses Buch nicht das geben, was ich mir gewünscht habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere