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Veröffentlicht am 16.06.2023

Ein Mut-mach-Buch

Wie Wellen im Sturm
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Das erste Jugendbuch aus der Reihe „Liebe ist…“ der Autorin Alicia Zett handelt von (Frauen)Fußball, vom Freundschaften schließen, vom Finden der ersten Liebe und - noch wichtiger - vom Finden seiner selbst. ...

Das erste Jugendbuch aus der Reihe „Liebe ist…“ der Autorin Alicia Zett handelt von (Frauen)Fußball, vom Freundschaften schließen, vom Finden der ersten Liebe und - noch wichtiger - vom Finden seiner selbst.
Louise wagt einen mutigen Neuanfang. Nachdem sie in Folge eines Kusses mit ihrer ehemaligen besten Freundin in ihrer Schule zur Außenseiterin wurde, ergreift sie die Chance, als ihr aufgrund ihres Talentes, Geschichten zu schreiben, ein Stipendium für ein Internat am Meer angeboten wird. Dort lernt die 16-Jährige, wie es ist, Teil eines echten Teams zu sein, wächst in vielerlei Hinsicht über sich hinaus und verliebt sich sogar - auch wenn das mit der Liebe wie so oft zunächst nicht so leicht ist. Louise stellt sich in „Wie Wellen im Sturm“ häufig ihren Ängsten, wofür sie zumeist belohnt wird.

Mir hat es viel Freude bereitet, Louise auf diesem Weg zu begleiten. Jede:r kennt ja die Situation, irgendwo neu zu sein und sich erst einmal in eine Gruppe hineinzufinden. Dadurch ist es leicht, sich direkt zu Beginn mit Louise zu identifizieren. Für mich persönlich waren es insbesondere am Anfang überfordernd viele Nebenfiguren, die namentlich genannt wurden. Das hat wahrscheinlich das Gefühl von Louise sehr gut widergespiegelt, die ebenso überfordert von den vielen neuen Gesichtern war. Die detaillierte Beschreibung von Louises Sinneseindrücken macht es zudem besonders einfach, sich in sie hineinzuversetzen.

„Wie Wellen im Sturm“ enthält einige inhaltliche Besonderheiten. Zum Einen ist es ein Roman über Mädchen, die Fußball spielen. Der Sport stellt eine wichtige Nebenhandlung da und wird daher sehr detailliert beschrieben. Es fällt auf, dass die Autorin selbst im Fußball zu Hause ist, da sie nicht nur einzelne Spielzüge, sondern auch die damit verbundenen Emotionen so beschreibt, dass man sie als Leser:in nachvollziehen kann. Und das auch ohne zwingend selbst mal gespielt zu haben.
Außerdem ist es mir positiv aufgefallen, dass die Protagonistin offen über Masturbation nachdenkt und generell ihre Sexualität, also auch ihre sexuelle Anziehung, sehr offen behandelt wird. „Offen“ heißt in diesem Fall zunächst zwar nur gegenüber der Lesenden, jedoch ist das schon mehr, als in den meisten anderen Jugendbüchern passiert, wo Sex häufig umgangen wird. Es wird nie zu explizit, reicht aber für die Vorstellungskraft aus und normalisiert sexuelle Handlungen von Frauen. Auch hat es mir gefallen, dass einer nonbinänren Person eine Bühne gegeben wurde. Diese ist zwar nur eine Nebenfigur, jedoch ist Sichtbarkeit sehr wichtig und es ist schön, dass Neopronomen verwendet wurden, da nur deren Verwendung in der Öffentlichkeit auf lange Sicht Normalität bringen werden.

Eine große stilistische Besonderheit in „Wie Wellen im Sturm“ ist die Einbindung von Louises Fantasy-Geschichte in die Haupthandlung. Nicht nur liest man teilweise seitenlang in ihrer Geschichte weiter und kann dadurch beobachten, wie diese durch Louises Leben geprägt wird, auch redet die Protagonistin mit Lou und diskutiert teilweise regelrecht mit ihr. Am Anfang wusste ich noch nicht so recht, was ich von diesem Stilmittel halten soll, gegen Ende empfand ich gerade die kleinen „Zwischenrufe“ der Drachenreiterin jedoch als sehr unterhaltsam und auflockernd.

Ansonsten ist der Schreibstil der Autorin kurzweilig; man kommt schnell in die Handlung rein und will diese auch gar nicht mehr so schnell verlassen, weil das Internat so heimelig beschrieben wird, das man gerne selbst Teil von Louises neuem Freundeskreis wäre.

Als Fazit würde ich das Buch jedem empfehlen, der eine leichte Lektüre und einen Wohlfühlort sucht. Gerade junge Mädchen, die vielleicht sogar selbst ihre Sexualität hinterfragen, können sich sicherlich in Louise wiederfinden. Auch kann „Wie Wellen im Sturm“ Mut machen, wenn man selbst Außenseiter:in ist, wenn man einen Neuanfang wagen will oder auch wenn ein Coming Out bevorsteht. Als erstes Buch der Reihe macht es auf jeden Fall Lust auf mehr Geschichten aus dem Internat.

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