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Veröffentlicht am 01.10.2021

Ein literarisch anspruchsvoller Roman

Der Kolibri
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Der Autor, Sandro Veronesi, wurde für diesen Roman mit dem Premio Strega 2020 ausgezeichnet. Daher waren meine Erwartungen an diesen Roman ziemlich hoch. Auch das Cover hat mich direkt angesprochen, ein ...

Der Autor, Sandro Veronesi, wurde für diesen Roman mit dem Premio Strega 2020 ausgezeichnet. Daher waren meine Erwartungen an diesen Roman ziemlich hoch. Auch das Cover hat mich direkt angesprochen, ein Kolibri mitten im Flug, sodass seine Umrisse verschwommen dargestellt sind.

Der Einstieg des Romans beginnt im Jahr 1999. Dr. Marco Carrera behandelt in seiner Praxis für Augenheilkunde wie gewöhnlich seine Patienten. Doch an diesem Tag findet ein Mann den Weg in sein Patientenzimmer, den er dort nicht erwartet hätte. Es ist der Psychiater seiner Ehefrau Marina. In dem Glauben, dass Marco Carrera Gefahr drohe, bricht der Psychiater seine Schweigepflicht um diesen vor der drohenden Gefahr zu warnen. Als er aber erkennt, dass er die Angelegenheit falsch eingeschätzt hat, entschuldigt er sich und verlässt die Praxis. Zuvor teilt er Marco Carrera jedoch mit, dass seine Frau Marina ein Kind erwartet, das jedoch nicht von ihm sei.

Von nun an, also quasi mit Beginn des zweiten Kapitels, wird der Leser auf eine Odysee zwischen den Lebensjahren des Dr. Marco Carrera geschickt. Die Jahre 1981, 1979, 1983, 2000, 1992, 2005, 2030... wechseln sich immer wieder mit Briefen (zeitlich später betrachtet E-Mails) ab, die Marco Carrera entweder an seine ewige Geliebte Luisa oder seinen jüngeren Bruder Giacomo schreibt. Es ist nicht leicht der Handlung zu folgen, da sie nicht chronologisch aufgebaut ist. Anhand der Briefe und Abschnitte der verschiedenen Jahre muss der Leser selbst den Weg finden um die Lebensgeschichte des Protagonisten nachvollziehen zu können.

Der Schreibstil von Sandro Veronesi, bzw. die Deutsche Übersetzung, ist sehr gut gelungen und zieht einen in den Bann. Teilweise werden die Sätze wie zu einem Sog, die den Leser festhalten. Es ist nicht selten, dass die Länge einiger Sätze über eine halbe, eine ganze Seite oder sogar darüber hinaus gehen. Teilweise ist es geradezu anstrengend diese Sätze zu lesen und dan auch noch deren tieferen Sinn zu begreifen.

Je weiter man in dem Buch voran kommt, desto leichter lässt sich der Handlung folgen, da man immer mehr Puzzlestücke zusammen setzen kann. Das Leben des Marco Carrera ähnelt mehr und mehr einem Drama, als auch noch seine Tochter bei einem Bergsteiger-Unglück stirbt. Sie hinterlässt ihre junge Tochter, die fortan von Ihrem Großvater großgezogen wird. Letztendlich gibt es in diesem Roman auch Passagen die Zukunft betreffend, was erst einmal komisch anmutet aber irgendwie auch stimmig ist.

Ein Satz dieses Romans ist mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben: "Wie viele Personen sind in uns begraben." (Seite 334)

Darüber kann man meiner Meinung nach lange nachdenken, ebenso wie über dieses literarische Werk.

Für mich war das Buch allerdings zu anspruchsvoll um es tatsächlich einfach genießen zu können. Ich konnte mich nicht komplett in dieses Buch fallen lassen, musste stets wachsam sein und die einzelnen Teile miteinander verknüpfen.

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Veröffentlicht am 04.03.2022

Toxisch

Unser wirkliches Leben
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Anna ist 24 Jahre jung, Gesangsstudentin und lebt in London. Gemeinsam mit einer Freundin teilt sie sich ein Zimmer, denn das Geld ist knapp. Abends singt und Kellner Anna in einer Bar, in der sie de 15 ...

Anna ist 24 Jahre jung, Gesangsstudentin und lebt in London. Gemeinsam mit einer Freundin teilt sie sich ein Zimmer, denn das Geld ist knapp. Abends singt und Kellner Anna in einer Bar, in der sie de 15 Jahre älteren Max kennen lernt. Was dann folgt, ist meiner Meinung nach an Klischee kaum zu überbieten. Anna geht eine Beziehung mit dem geheimnisvollen, scheinbar nur auf den ersten Blick charmanten, wohlhabenden Banker ein. Die Beziehung der beiden ist hauptsächlich sexuell geprägt, es ist eine sehr toxische Beziehung, was Anna aber nicht erkennt oder nicht erkennen will. Sie lässt sogar ihre Proben für Opern und den normalen Gesangsunterricht mehr und mehr schleifen. Ihr Privatleben und auch ihr mentales Befinden bewegt sich unaufhörlich wie in einer Spirale abwärts.
Von Beginn an habe ich mich mit diesem Buch sehr schwer getan, denn die Autorin verwendet keine wörtliche Rede. Das macht das Lesen, vor allem das Verständnis für die Dialoge, sehr anstrengend. Die gesamte Handlung ist strikt aus Annas Perspektive erzählt, wirkt über lange Passagen sehr trostlos, langweilig und einfach anstrengend. Vermutlich passend zu Annas innerer Einstellung, aber nicht angenehm zu lesen. Die Charaktere sind mir allesamt unsympathisch geblieben. Die "Beziehung" zwischen Anna und Max ist ganz einfach als toxisch zu bezeichnen. Ich weiß nicht, wer daran gefallen findet, für mich war es jedenfalls nichts.

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Veröffentlicht am 19.10.2021

Kurios

Liebe Rock
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Timm ist Möchtegernschriftsteller, bisher hat aber nichts nennenswertes zustande gebracht. Er zieht in die WG von Rock ein, die er in einer Kneipe kennen gelernt hat und die ihn gebeten hat ein Inserat ...

Timm ist Möchtegernschriftsteller, bisher hat aber nichts nennenswertes zustande gebracht. Er zieht in die WG von Rock ein, die er in einer Kneipe kennen gelernt hat und die ihn gebeten hat ein Inserat für das freie Zimmer aufzusetzen. In Rocks WG wohnt außerdem ihr Freund Marc sowie Rocks Hund. Timm und Marc bereiten früh aneinander, weil Timm von Beginn des Einzugs an um Rocks Liebe buhlt. Timm und Marc schließen über Rocks Kopf hinweg kuriose Wetten ab. Schließlich entwedet Timm Marc dessen Manuskript und veröffentlicht den Roman unter seinem eigenen Namen.
Ich hatte große Erwartungen an diesen Roman. Vielleicht oder sogar vermutlich zu hohe Erwartungen. Das gesamte Buch ist einfach nur chaotisch und kurios. Die Kapitel sind absteigend von 100-1 angeordnet, der Erzähl-und Sprachstil außergewöhnlich und sehr gewöhnungsbedürftig. Je mehr ich gelesen habe, desto besser habe ich in diesen Stil hineingefunden. Aber ganz ehrlich, es liest sich nicht schön. Das Buch hat mich an klassische Schullektüre erinnert, die wurde eher gezwungenermaßen gelesen und war ebenfalls nur schwer zugänglich. Trotz dessen ist nicht zu verkennen, dass dieses Buch litarisch anspruchsvoll ist. Ich lasse das in meine Bewertung mit einfließen und verbuche es mal als Form der Kunst. Anderenfalls hätte ich für diesen Roman kaum positive Worte übrig. Wirklich schade, ich habe mir mehr erhofft.

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