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Veröffentlicht am 16.10.2021

Bonbons und Familiengeschichte

Die Schokoladenfabrik - Die Tochter des Apothekers
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Köln Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Kölner Dom befindet sich noch immer im Bau, die Stadt verändert sich langsam aber sicher von einem Mittelalter-Städtchen in eine Metropole und auch politisch liegt ...

Köln Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Kölner Dom befindet sich noch immer im Bau, die Stadt verändert sich langsam aber sicher von einem Mittelalter-Städtchen in eine Metropole und auch politisch liegt Veränderung in der Luft.
Anna Sophie wächst als Tochter eines angesehenen Apothekers auf. Sie stellt Hustenbonbons aus Zucker und Kräutern her, die bald nicht nur aufgrund ihres guten Geschmacks sondern vor allem wegen ihrer heilenden Wirkung in aller Munde sind. Als ihr Vater sie mit dem Apotheker-Gesellen August verheiraten will, stellt Anna Sophie sich gegen ihren Vater. Sie entscheidet sich gegen den zwielichtigen August und für ihre Jugendliebe Franz Stollwerck. Franz kehrt von einer Wanderschaft zurück, die ihn unter anderem nach Paris geführt hat wo er als Zuckerbäcker ausgebildet wurde. Nicht zuletzt mit der Hilfe von Anna Sophies Hustenbonbons erbauen und führen die zwei eine erfolgreiche Bonbon-Fabrik. Dieser Erfolg ist der Konkurrenz jedoch ein Dorn im Auge und so bleibt es nicht lange friedlich um die junge Familie.
Von Beginn an habe ich mich gut in der Handlung zurechtgefunden, was mir bei Romanen mit vielen Personen und Familien nicht immer gelingt. Vor allem die Hauptpersonen waren in ihren Beschreibungen und den Charakterzügen so gestaltet, dass ich direkt einen Zugang zu ihnen finden konnte. Diese liebevolle Ausarbeitung lässt vor allem im Verlauf des Romans zu, dass man die Entwicklung einzelner Persönlichkeiten sehr gut verfolgen kann.
Ich war verwundert, dass Hustenbonbons früher tatsächlich nur in Apotheken verkauft wurden. Heute findet man sie in jedem Supermarkt. Auch die beschriebene Heilwirkung einzelner Kräuter war neu für mich und zeigt, wie ausführlich für diesen Roman recherchiert wurde.
Historische Fakten weben sich perfekt in die Fiktion ein. Wichtige Themen wie die Märzrevolution kommen nicht nur zu Sprache sondern fließen direkt in die Handlung mit ein. Begeistert haben mich vor allem die charakterstarken Frauen. Nicht nur sie, sondern auch die Anfänge der Frauenbewegung werden thematisiert.
Ein wenig irritiert war ich jedoch, dass trotz des Titels kein Wort über Schokolade verloren wird. Lediglich Kakao wird vereinzelt angesprochen.
Da es sich bei diesem Roman allerdings um den Auftakt zu einer Saga über das Schokoladenimperium der Familie Stollwerck handelt, ist diese Irritation schnell aus dem Weg geräumt.
Umso mehr freue ich mich auf den zweiten Teil, denn dann geht es wirklich um die berühmte Schokolade.

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Unglaublich.

Nowhere Girl
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Harbhajan. Göttliches Lied in Sanskrit. Diesen Namen erhält ein Neugeborenes in Neuseeland. Die Eltern tragen auf die Geburtsurkunde des Mädchens brasilianische Namen ein. Damit begehen sie Urkundenfälschung ...

Harbhajan. Göttliches Lied in Sanskrit. Diesen Namen erhält ein Neugeborenes in Neuseeland. Die Eltern tragen auf die Geburtsurkunde des Mädchens brasilianische Namen ein. Damit begehen sie Urkundenfälschung und besiegeln das Schicksal des unschuldigen Kindes. Seit ihrer Geburt ist Harbhajan eine Gejagte, ihr Leben lang auf der Flucht vor Interpol.
Die Jahre ihrer Kindheit, ihrer Jugend und ihre Lebensjahre als junge Erwachsene schildert und verarbeitet Harbhajan alias Cheryl Diamod, alias unzähliger anderer Namen in diesem Buch.
Die ersten Lebensjahre der kleinen Harbhajan lesen sich wie ein abenteuerlicher Roadtrip durch viele unterschiedliche Länder. Die Familie, Vater, Mutter und zwei ältere Geschwister sind immer an Harbhajans Seite. Das Verhältnis ist zuweilen angespannt, aber die Familie hält zusammen. Wenn die Familie einen Ort verlässst, bricht sie kompromisslos alle Brücken hinter sich ab. Es ist als wäre die Familie nie an diesem Ort gewesen. Es werden nicht nur Name und Identität gewechselt, sondern auch die Religionszugehörigkeit. Von Harbhajan und ihren Geschwistern wird nicht nur erwartet Leistungssport zu machen, sondern auch die Besten zu sein und sich zu beweisen. Der Vater entwickelt immer mehr tyrannische Züge, wird psychisch und auch physisch gewalttätig gegenüber seiner Familie. Die Mutter erkrankt psychisch und die ältere Schwester hat ebenfalls ein auffälliges und ungesundes Verhalten. Die Familie zerbricht zusehends, auch wenn Harbhajan unaufhörlich versucht sie zusammen zu halten.
Es dauert ein wenig, bis die Handlung an Fahrt aufnimmt, dies erkläre ich mir jedoch auch damit, dass Harbhajan nicht so detailliert und emotional aus ihrem Leben berichten kann. Diese Passagen lesen sich teilweise wie mit fremder Hand geschrieben. Je älter Harbhajan wird, desto mehr Emotionen fließen in den Text. Die Story wird immer mitreißender, sodass ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen konnte. So etwas kann man sich unmöglich ausdenken. Ich bin ziemlich sicher, dass fast jeder Produzent so ein Drehbuch ablehnen würde. Unglaublich. Unfassbar, was ein Mensch in seinem Leben durchmachen kann, welche Angst er ausgeliefert sein kann, welch psychischer Druck und Tyrannei. Das Ende des Buches hat mich aufgewühlt und nachdenklich zurückgelassen. Ein Thriller, der auf dem Leben eines Menschen beruht. Harbhajan.

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Veröffentlicht am 10.10.2021

Knigge des 21. Jahrhunderts

Modern-Life-Etikette
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Mit dem Ratgeber "Modern-Life-Etikette" hat die Autorin Gabriela Meyer einen Knigge des 21. Jahrhunderts erschaffen. Dieser Ausdruck wird dem Buch allerdings nicht ganz gerecht. Heute sind wir sowohl in ...

Mit dem Ratgeber "Modern-Life-Etikette" hat die Autorin Gabriela Meyer einen Knigge des 21. Jahrhunderts erschaffen. Dieser Ausdruck wird dem Buch allerdings nicht ganz gerecht. Heute sind wir sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt zu Hause. Die Gesellschaft und die Welt um uns herum verändert sich so schnell wie nie zuvor. Sich heutzutage anzupassen und souverän aufzutreten fällt nicht jedem Menschen leicht.
In verschiedenen Abschnitten geht Gabriela Meyer auf verschiedene Themen- und Lebensbereiche ein. Social-Media, Smalltalk, Veranstaltungen, Selbstpräsentation oder Essen und Tischkultur, um ein paar Beispiele zu nennen. Die Themen werden kenntnisreich analysiert und kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Zu vielen Themen stellt die Autorin weiterführende Verweise bereit. Kleine humorvolle Anekdoten sorgen dafür, dass das Ganze nicht zu trocken wirkt. Der Ratgeber wirkt keinesfalls belehrend, sondern unterstützt viel mehr das eigene Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Mich persönlich hat das Buch sehr in meinem Verhalten und meinem Auftreten bestätigt. Den Großteil der Verhaltensregeln befolge ich bereits, ganz einfach weil es sich so gehört und ich so erzogen wurde.
Fazit: Ein fachlich ausgezeichneter und in einigen Punkten auch unterhaltsamer Ratgeber, den man bei Bedarf, wie beispielsweise einem bevorstehenden Geschäftessen oder einer besonderen Veranstaltung, einfach aus dem Regal holen kann um sich entsprechend vorzubereiten.

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Veröffentlicht am 01.10.2021

Ausdrucksvoller historischer Roman

Die letzte Tochter von Versailles
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Das Cover ziert eine junge Frau in einem opulenten Kleid, die durch den Spiegesaal des Schlosses von Versailles rennt. Ein Teil der Handlung spielt in eben diesem historischen Schloss im 18. Jahrhundert. 
Véronique ...

Das Cover ziert eine junge Frau in einem opulenten Kleid, die durch den Spiegesaal des Schlosses von Versailles rennt. Ein Teil der Handlung spielt in eben diesem historischen Schloss im 18. Jahrhundert. 
Véronique wächst in ärmlichen Verhältnissen der Unterschicht auf. Nachdem ihr Vater, ein Buchdrucker verstorben ist, muss ihre Mutter die Familie mit dem Verkauf gebrauchter und ausgebesserter Kleider am Leben halten. Als Véronique mit ihrer Schönheit dem Kammerdiener des Königs auffällt, ist ihr Schicksal schnell besiegelt. Als Entschädigung erhält die Familie Geld um die Schulden tilgen zu können.
Véronique Roux ist dreizehn Jahre alt, als sie als ein "Vögelchen" an den Hof des französischen Königs Louis XV. gebracht wird. Ihre Unverdorbenheit und ihre Schönheit sind der Grund dafür. Fortan ist sie eine Mâtresse des Königs, der ihr offiziell allerdings als "polnischer Graf" und "Cousin der Königin zweiten Grades" vorgestellt wird. Véronique wird schwanger und gebärt eine Tochter, die ihr direkt nach der Geburt weggenommen wird. Marie-Louise.
Marie-Louise wächst zunächst bei eine Amme auf, dann verbringt sie mehrere Jahre ihrer Kindheit als Pflegekind von Bediensteten am Hof des Königs. Am Schloss Versailles lernt sie unter anderem Auguste, den späteren König Louis XVI. kennen. In ihrem weiteren Leben verschlägt es Marie-Louise nach Paris, wo sie das Handwerk der Hebammen erlernt und selbst eine vereidigte Hebamme wird. Sie heiratet einen gesellschaftlich anerlannten Anwalt und bekommt einen Sohn. Doch im Jahr 1879 bringt die Französische Revolution Unruhen nach Paris und auch in Marie-Louises Ehe, da ihre Verbindung zum Königshaus nicht ewig verborgen bleibt.
Der Schreibstil ist flüssig, packend und man hat das Gefühl das Buch gar nicht mehr zur Seite legen zu können. Véroniques Gedanken sind teilweise sehr naiv dargestellt, was natürlich für ein junges, unaufgeklärte Mädchen überaus passend ist. Der erste Teil des Romans, überwiegend aus der Sicht von Véronique erzählt, spielt im Schloss von Versailles und am Hof des Königs. Ein Leben im Überfluss: Essen, Kleider, Schmuck. Die große Kluft zwischen Arm und Reich ist sehr deutlich beschrieben. Im zweiten Teil, dem Leben von Marie-Louise, wird der Fokus mehr auf die bürgerliche Gesellschaft gelegt. Dieses Ungleichgewicht zwischen den Gesellschaften lösen letztendlich die Französische Revolution aus. Die Französische Revolution selbst nimmt keinen allzu großen Anteil in der Handlung des Buches ein. Sie ist eher wie ein großes politisches Ereignis beschrieben, ohne den Fokus des Lesers zu sehr an sich zu reißen. Der Schwerpunkt liegt weiterhin auf Marie-Louise und ihrem Leben.
Fazit: Mir hat das Buch sehr gut gefallen, sodass ich eine klare Leseempfehlung für alle Fans von historischen Romanen aussprechen kann.

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Die Reise der kleinen Astronautin Maximilia

Wenn die Faust des Universums zuschlägt
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Dieses Buch zu rezensieren fällt mir nicht leicht. Ich kann diese Zeilen erst mit ein paar Tagen Abstand schreiben, nachdem ich das Buch beendet habe. Eine rein objektive Bewertung ist bei dieser Thematik ...

Dieses Buch zu rezensieren fällt mir nicht leicht. Ich kann diese Zeilen erst mit ein paar Tagen Abstand schreiben, nachdem ich das Buch beendet habe. Eine rein objektive Bewertung ist bei dieser Thematik unmöglich.

Dr. Johannes Wimmer beschreibt in diesem Buch den Weg seiner Tochter Maximilia durch ihr kurzes Leben. Seine Frau Clara und er bemerken schnell, dass mit ihrer Tochter gesundheitlich etwas nicht stimmt. Sie erbricht ständig, aber kein Arzt hat eine Antwort auf dieses Symptom. Immer wieder bekommen die beiden die gleiche Antwort: "Das Kind hat nichts."

Als dann schließlich doch eine Diagnose gestellt wird, bricht für die Eltern eine Welt zusammen. Ein bösartiger Hirntumor. Trotz all der Hoffnung, die immer wieder durch die Zeilen des Buches schimmert, ist schnell die Gewissheit da, dass Maximilas Erkrankung unheilbar ist. Der Weg den die Eltern dann gehen müssen ist so emotional und intensiv beschrieben, dass ich das Buch immer mal wieder zur Seite legen musste, weil mir die Tränen kamen.

Ein Kind zu verlieren ist das schlimmste was Eltern widerfahren kann.

Dr. Wimmer schildert diese Zeit, die ihm und seiner Frau mit ihrer Tochter bleibt, beinahe wie ein Selbstgespräch. So bekommt man einen tiefen Einblick in seine Gefühlswelt und Gedanken.

Mit dem Thema 'Tod des eigenen Kindes' geht Dr. Wimmer sehr offen um. Er und seine Frau entscheiden bewusst wie sie den Abschied von Maximilia gestalten wollen.

Dr. Wimmer hat sich meinen tiefsten Respekt verdient. Ich bin sicher, dass dieses Buch Betroffenen und Angehörigen Trost spenden kann. Und wenn es nur darum geht zu wissen, dass man nicht alleine ist.

Besonders beeindruckt hat mich das Zitat: "Das Leben mag uns Schicksalsschläge zuteilen, aber es bestimmt nicht, wie wir damit umgehen." (Seite 190)

Es ist "schön traurig" und eine klare Leseempfehlung. Taschentücher bereit halten.

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