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Veröffentlicht am 22.10.2018

Einfühlsam erzählte, tief berührende Lebensgeschichte

Das rote Adressbuch
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INHALT
Doris wächst in einfachen Verhältnissen im Stockholm der Zwanzigerjahre auf. Als sie zehn Jahre alt wird, macht ihr Vater ihr ein besonderes Geschenk: ein rotes Adressbuch, in dem sie all die Menschen ...

INHALT
Doris wächst in einfachen Verhältnissen im Stockholm der Zwanzigerjahre auf. Als sie zehn Jahre alt wird, macht ihr Vater ihr ein besonderes Geschenk: ein rotes Adressbuch, in dem sie all die Menschen verewigen soll, die ihr etwas bedeuten. Jahrzehnte später hütet Doris das kleine Buch noch immer wie einen Schatz. Und eines Tages beschließt sie, anhand der Einträge ihre Geschichte niederzuschreiben. So reist sie zurück in ihr bewegtes Leben, quer über Ozeane und Kontinente, vom mondänen Paris der Dreißigerjahre nach New York und England – zurück nach Schweden und zu dem Mann, den sie einst verlor, aber nie vergessen konnte.
(Quelle Klappentext Verlagsgruppe Randomhouse)

MEINE MEINUNG
„Das rote Adressbuch“ ist das äußerst beeindruckende Debüt der jungen schwedischen Autorin und Journalistin Sofia Lundberg. Ihr ist ein überaus bewegender, berührender Roman über die ereignisreiche Lebensgeschichte einer bewundernswerten Frau gelungen. Eine wundervolle Geschichte mit vielen magisch-schönen Momenten, großen Emotionen und erschütternden Schicksalsschlägen, die mich schon bald ganz in ihren Bann gezogen hat.
Der Einstieg mit der aus Sicht der betagten Doris erzählten Rahmenhandlung ist sehr gelungen. Wir lernen die oft von Schmerzen geplagte und auf fremde Hilfe angewiesene, aber geistig noch fitte 96jährige Dame kennen, die auf ihr bewegtes Leben zurückblickt und ihrer über alles geliebten Großnichte Jenny die zu Papier gebrachten Erinnerungen hinterlassen möchte. Als Ausgangspunkt nimmt sie ein rotes Adressbuch zu Hand, das Doris zu ihrem zehnten Geburtstag von ihrem Vater geschenkt bekam, um darin die Namen und Anschriften aller für sie bedeutsamen Menschen zu notieren. Ein Anfangsbuchstabe und Name leitet jeweils zu einem neuen Kapitel und einer weiteren Erinnerung von Doris über. So wechselt die Handlung zwischen den beiden Zeitebenen und sorgt für viel Abwechslung.
Immer tiefer dringen wir in die Vergangenheit der alten Dame ein, erfahren Doris streng gehütete Geheimnisse und besuchen an ihrer Seite die verschiedenen, für sie so bedeutsamen Städte und Schauplätze wie Stockholm, Paris, New York oder England. Schrittweise enthüllt sich uns ein äußerst bewegtes Leben voller Glücksmomente, mit einer tragischen Liebesgeschichte und sehr ergreifenden Schicksalsschlägen, die einem ans Herz gehen.
Der sehr anschauliche, einfühlsame Erzählstil der Autorin ließ mich rasch in die unterschiedlichen Welten eintauchen und mich von der jeweilige Atmosphäre gefangen nehmen.
Der Autorin hat ihre Charaktere sehr vielschichtig und lebensecht ausgearbeitet. Insbesondere die äußerst liebenswerte Hauptfigur Doris ist ihr mit ihrem tiefgründigen, stimmigen Charakter hervorragend gelungen – eine bemerkenswert starke Frau, die ihren Weg durch die zahlreichen Widrigkeiten der Zeitgeschichte unbeirrbar und voller Stolz beschritten hat und stets voller Zuversicht in die Zukunft geblickt hat.
Zum Hörbuch
Um die unterschiedlichen Zeitebenen von Gegenwart und Vergangenheit zu verdeutlichen, wurden zwei Sprecherinnen ausgewählt. Beate Himmelstoß ist eine großartige Erzählerin von Doris Geschichte und eine sehr gelungene Besetzung für diese emotionale Geschichte. Mit ihrer Stimme und ihrem speziellen Timbre bringt sie die ältere Doris hervorragend zur Geltung. Auch Susanne Schroeder findet als junge Doris den richtigen Ton und lässt uns mühelos in Doris Erinnerungen eintauchen. Professionell und überzeugend lesen beide Sprecherinnen, variieren ihre Stimme, um weitere Charaktere unverwechselbar zu machen, und lassen den Roman überaus lebendig wirken. Etwas bedauerlich ist es allerdings, dass sich der Verlag für eine gekürzte Version mit einer Gesamtlaufzeit von 7h22min entschieden hat. Dieser facettenreichen, tiefgründige Roman hätte auch eine vollständige Lesung gut vertragen und keine Langeweile aufkommen lassen.
Die sehr überzeugende Hörbuchvertonung des Romans ist ein abwechslungsreiches, unterhaltsames Hörerlebnis!
FAZIT
Sofia Lundberg ist mit ihrem Debüt eine fesselnde, berührende Lebensgeschichte mit Tiefgang gelungen, in der sie auf eine sehr geschickte Art das Abschiednehmen, Loslassen, Verluste und die Macht der Liebe thematisiert.

Veröffentlicht am 29.09.2018

Vielschichtiger, packender Krimiauftakt

Der Schmetterling
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INHALT
Nach zwanzig Jahren in Stockholm kehrt Johan Rokka in seine Heimatstadt Hudiksvall im Nordosten Schwedens zurück, um sich dem Trauma zu stellen, das ihn seit damals verfolgt.
Nach Weihnachten soll ...

INHALT
Nach zwanzig Jahren in Stockholm kehrt Johan Rokka in seine Heimatstadt Hudiksvall im Nordosten Schwedens zurück, um sich dem Trauma zu stellen, das ihn seit damals verfolgt.
Nach Weihnachten soll er seinen Dienst als Ermittler antreten. Doch ausgerechnet an Heiligabend wird er zu seinem ersten Tatort gerufen. Die Frau des Starfußballers Måns Sandin wurde in ihrem Haus erschossen, als sie mit ihren beiden kleinen Kindern allein zu Hause war. Sandin ist ein alter Freund von Rokka aus Kindheitstagen. Dann geschieht ein zweiter Mord. Kennt Rokka den Mörder bereits von früher? Ist er der nächste auf seiner Liste?
(Quelle: Klappentext HarperCollins)
MEINE MEINUNG
„Der Schmetterling“ von der schwedischen Autorin Gabriella Ullberg Westin ist der vielversprechende Auftakt einer neuen Krimi-Reihe um den jungen Kriminalinspektor Johan Rokka, der nach vielen Jahren aus Stockholm in seine nordschwedische Heimatstadt Hudiksvall zurückkehrt.
Westin ist ein sehr vielschichtiger Krimi gelungen, der zwar erst sehr langsam Schwung aufnimmt, mit immer neuen Verwicklungen und Wendungen aber zum Ende hin unglaublich packend wird. Zudem enthält er viele für skandinavische Krimis charakteristische Komponenten – von der düsteren Atmosphäre, den klimatischen Eigenheiten des nordischen Winters bis hin zu den problembeladenen Ermittlern.
Gekonnt beginnt die Autorin ihren Roman mit einem verstörenden und schockierenden Auftakt, bei dem der Leser miterlebt, wie Henna Sandin, die Frau des gefeierten Fußballers Måns, am Heiligabend vor den Augen ihrer kleinen Kinder von einem als Weihnachtsmann verkleideten Killer getötet wird. Der eiligst mit dem erschütternden Mordfall betraute Neuankömmling Rokka steht vor keiner leichten Aufgabe, denn er kennt sein neues Ermittler-Team noch gar nicht. Zudem muss er schon bald gegen seine ehemaligen Jugendfreunde ermitteln und wird zusehends mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert. Verwirrende Erkenntnisse zum Opfer, ein weiterer Mord und Hinweise auf Wettbetrug bei Pferderennen lassen die Ermittlungen in verschiedenste Richtungen laufen und führen Rocca sogar bis nach Florenz. Die stetigen Wechsel der Erzählstränge, viele Cliffhanger und eingeschobene kursiv gedruckte Zwischenkapitel als Tagebucheintragungen, die tieferen Einblicke in die Vergangenheit und Psyche einer zunächst unbekannten Figur geben, sorgen für Abwechslung und lassen immer mehr Spannung aufkommen. Die vielen verschiedenen Figuren und ihre Geheimnisse erschweren es einem anfangs jedoch, den Überblick zu behalten und der komplexen Handlung zu folgen. Die Autorin hat eine realistische, anspruchsvoll konstruierte und sehr packende Story mit unterschiedlichen, parallel laufenden Handlungssträngen und vielen bedeutungsvollen Details ersonnen, die viel Raum zum Spekulieren und Miträtseln bietet. Nach und nach fügen sich immer mehr Puzzleteilchen zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen, doch bis zum überraschenden Schluss wusste ich nicht, wer Hennas Mörder war und welches Motiv er hatte.
Neben den Ermittlungen gibt es auch einige Einblicke in das Privatleben und die persönlichen Probleme der Ermittler ohne allerdings allzu großen Raum in der Geschichte einzunehmen. Der Protagonist Rokka ist als ein sehr vielschichtiger, interessanter Charakter mit Ecken und Kanten angelegt, den man allmählich etwas näher kennenlernt. Kein übermäßig sympathischer Charakter, der aber allmählich immer mehr Profil hinzugewinnt und mit seiner offenen, authentischen Art schließlich überzeugt. In Andeutungen zu Roccas Vergangenheit erfährt man zudem über seine wirklichen Motive, die ihn in seinen Heimatort haben zurückkehren lassen. Ein spannender Handlungsfaden, der sicherlich im folgenden Band aufgegriffen und weitergeführt wird. Auch einige andere Charaktere insbesondere Roccas interessante Kollegin Janna sind sehr plastisch und lebensnah ausgearbeitet, so dass ihre Handlungen für mich weitgehend nachvollziehbar waren.
FAZIT
Ein vielversprechender Auftakt einer neuen schwedischen Krimi-Reihe um den jungen Kriminalinspektor Johan Rokka. Eine clever konstruierte Handlung, die zwar erst sehr langsam Schwung aufnimmt zum Ende hin aber unglaublich packend wird!

Veröffentlicht am 13.09.2018

Schonungsloser, nachdenklich stimmender Roman

Unruhe
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INHALT
Ein aufstrebender Journalist reist aus Istanbul in seine Heimat an die türkisch-syrische Grenze. Dort sucht er nach Spuren eines Freundes und stößt auf die Berichte junger Jesidinnen, die dem IS ...

INHALT
Ein aufstrebender Journalist reist aus Istanbul in seine Heimat an die türkisch-syrische Grenze. Dort sucht er nach Spuren eines Freundes und stößt auf die Berichte junger Jesidinnen, die dem IS entkommen konnten. Immer tiefer gerät er in einen Sog aus aktuellen und alten Geschichten, Leidenschaften und Gewalt, der ihn zwingt, seine Herkunft und sein Leben neu zu bewerten.

Als Ibrahim, der in Istanbul ein geschäftiges aber gewöhnliches Leben führt, vom Tod seines Jugendfreundes Hüseyin erfährt, kehrt er zum ersten Mal seit vielen Jahren in ihre gemeinsame Heimatstadt Mardin zurück. Auf den Spuren des Freundes erfährt er von dessen geheimnisvoller Verlobten Meleknaz. Fasziniert von den Berichten über die junge Jesidin taucht er ein in die Mythen und Überlieferungen ihrer Kultur und trifft auf eine Gruppe von Frauen, die aus der Gefangenschaft des IS fliehen konnten.
(Quelle: Klappentext Klett Cotta)
MEINE MEINUNG
Mit „Unruhe“ hat der bekannte türkische Schriftsteller Zülfü Livaneli einen beeindruckenden, gesellschaftskritischen Roman mit einer sehr aktuellen Thematik verfasst. Es ist ein überaus gelungener, unaufgeregt erzählter Roman, der mit seiner emotionalen Geschichte aufrüttelt und den Leser sehr betroffen und nachdenklich zurücklässt.
Angesiedelt ist die Handlung in der Stadt Mardin nahe der türkisch-syrischen Grenze gelegen, wo viele vor dem Islamischen Staat und seinen Gräueltaten geflüchtete Menschen aus Syrien in Flüchtlingslagern untergekommen sind. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der sympathische Ich-Erzähler Ibrahim, ein engagierter Journalist aus Istanbul, der wegen der Beerdigung seines Jugendfreundes Hüseyin nach langer Zeit in ihren Heimatort Mardin zurückkehrt. Wir begleiten ihn auf seiner Spurensuche, die ihn zu früheren Bekannten mit ihren Geschichten führt und alte Erinnerungen in ihm heraufbeschwört. Aus Ibrahims Blickwinkel erleben wir seine fesselnden Nachforschungen zu den mysteriösen Hintergründen des Tods seines Freunds und zu dessen geheimnisvoller Verlobten Meleknaz, einer jungen geflohenen Jesidin mit einem blinden Baby. Sehr eindringlich und einfühlsam beschreibt Livanali in verschiedenen Episoden, wie sehr die jesidische Glaubensgemeinschaft mit Vorurteilen und offenen Anfeindungen selbst im muslimischen Exil durch die Bewohner im Grenzland zu kämpfen hat. Nach und nach lässt der Autor uns in die faszinierenden jesidischen Mythen und befremdlichen Traditionen dieser recht archaischen Kultur eintauchen. Was Ibrahim schließlich aber über die grausame Verfolgung der Jesiden, ihren Massenmord durch den IS und ihr leidvolles Schicksal von einer jesidischen Frau im Flüchtlingslager erfährt, rüttelt ihn auf und lässt auch uns Leser sehr betroffen zurück. Zunehmend beginnt er – konfrontiert mit den dörflichen Mythen und islamischen Traditionen - seinen westlich geprägten Lebensstil und seine bisherigen Überzeugungen zu hinterfragen. Ibrahims obsessive Suche nach Hüseyins verschollener Verlobten wandelt sich immer mehr zu einer eigenen Sinnsuche.
Trotz der eher schweren, schonungslosen Thematik versteht es Zülfü Livaneli mit seinem oftmals blumigen Erzählstil, eine gewisse Leichtigkeit in seine Geschichte zu bringen und dem Leser sein Anliegen nicht belehrend, sondern unterhaltsam und anschaulich zu vermitteln.
FAZIT
Eine schonungslose, nachdenklich stimmende Geschichte über Schmerz, Hass, Verfolgung und Gewalt, aber auch über die versöhnlich stimmende Kraft der Liebe, die bisweilen alle Grenzen überwinden kann.
Sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 29.08.2018

Ein sehr außergewöhnliches Leseabenteuer

Der Blumensammler
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INHALT
New York, 1983. Als Peter Manyweathers in einer Bibliothek einen alten Brief entdeckt, weiß er noch nicht, dass er gerade das größte Abenteuer seines Lebens in den Händen hält. Sechs seltene Blumennamen ...

INHALT
New York, 1983. Als Peter Manyweathers in einer Bibliothek einen alten Brief entdeckt, weiß er noch nicht, dass er gerade das größte Abenteuer seines Lebens in den Händen hält. Sechs seltene Blumennamen sind in dem geheimnisvollen Brief notiert. Sechs Blumen, die so unvergleichlich sind, dass Peter Manyweathers für sie um die ganze Welt reisen wird. Drei Jahrzehnte später wandelt der Londoner Dove Gale fasziniert auf den Spuren des Blumensammlers, dessen Leben ihm in migränehaften Erinnerungsschüben erscheint.
Doch weshalb erinnert er sich an das Leben von Peter Manyweathers, und was verbindet die beiden Männer miteinander?
(Quelle Klappentext Tropen Verlag)
MEINE MEINUNG
In seinem 3. Roman „Der Blumensammler“ erzählt Bestsellerautor David Whitehouse eine äußerst ungewöhnliche, magische Geschichte über die Macht der Erinnerungen, Bedeutung der eigenen Identität, über die Kraft der Liebe, Einsamkeit und tragische Verluste. Nach seinem erfolgreichen 2. Roman, der uns auf einen fantastischen Roadtrip durch die Welt der Literatur entführte, nimmt uns der Autor nun mit auf eine abenteuerliche Exkursion rund um den Globus auf der Suche nach einigen sehr exotischen, blühenden Raritäten in der Pflanzenwelt.
„Der Blumensammler“ ist ein kurzweiliger, unterhaltsamer Roman mit vielen phantastischen Elementen und sehr berührenden Momenten, der aber zugleich tiefgründig ist und viel Stoff zum Nachdenken bietet.
Schon der äußerst märchenhafte Einstieg mit einer skurrilen, amüsanten Rahmenhandlung rund um Prof. Cole gibt Rätsel auf, und lässt vermuten, dass wir es hier mit einer Geschichte zu tun haben, in der die Grenzen von Realität und Fiktion verschwimmen. Mich hat die mysteriöse Handlung schon bald in ihren Bann gezogen, und viele Fragen aufgeworfen. In zwei auf verschiedenen Zeitebenen angesiedelten Handlungssträngen entspinnt sich eine fesselnde, clever konstruierte Geschichte um die beiden Hauptfiguren. Zum einen lernen wir den Amerikaner Peter Manyweathers kennen, der in New York eine kleine Reinigungsfirma in Brooklyn betreibt. In den 1980er Jahren entdeckt er durch Zufall einen romantischen, in einer Enzyklopädie versteckten Liebesbrief, in dem der anonyme Verfasser 6 äußerst seltene Blumen als Symbol ihrer Liebe aufzählt, woraufhin Peter sein eintöniges leben hinter sich lässt, und zu einem leidenschaftlichen Blumensammler wird, um diesen 6 Blumen auf der ganzen Welt nachzuspüren. Zum anderen begegnen wir in einem 30 Jahre später spielenden Handlungsstrang den vereinsamten jungen Waisen Dove Gales kennen, der in London als Mitarbeiter einer Notdienstzentrale arbeitet und von plötzlichen Migräneattacken heimgesucht wird, bei denen er in die Erinnerungen eines Fremden hinein katapultiert wird. Erst langsam beginnt man aufgrund von beiläufig eingestreuten Hinweisen zu erahnen, wie diese so unterschiedlichen Lebensgeschichten miteinander zusammenhängen könnten. Äußerst geschickt lässt der Autor schließlich die beiden Handlungsstränge seiner außerordentlich raffiniert angelegten Geschichte ineinanderlaufen, verknüpft sie am Ende sehr stimmig mit seiner Rahmenhandlung und hält zudem noch ein Überraschungsmoment für uns bereit.
Sehr fesselnd und zugleich lehrreich ist die abenteuerliche und ereignisreiche Jagd nach den botanischen Raritäten zu den unterschiedlichsten Schauplätzen auf der ganzen Welt geschildert, auf der wir Peter begleiten.
Hervorragend ist auch der wundervoll bildhafte und abwechslungsreiche Schreibstil des Autors, der sowohl mit melancholischen als auch mit sehr humorvollen Momenten angereichert ist. Sehr facettenreich und lebendig sind auch die Beschreibungen der verschiedenen Schauplätze, aber auch der vielen, teilweise kuriosen Details zu den Pflanzen, die Lust darauf machen, selbst im Internet auf eine kleine Entdeckungsreise zu gehen und mehr Informationen zu ihnen zu recherchieren.
Auch die beiden Protagonisten Peter und Dove sind äußerst vielschichtig und mit ihren Ecken und Kanten glaubwürdig ausgearbeitet, so dass sie mir im Laufe der Geschichte trotz ihren komplizierten Persönlichkeiten ans Herz gewachsen sind.
FAZIT
Ein unterhaltsamer, wundervoll geschriebener Roman mit phantastischen Elementen und berührenden Momenten. Insgesamt ein sehr außergewöhnliches Leseabenteuer – amüsant, skurril und nachdenklich stimmend!

Veröffentlicht am 25.08.2018

Folgenschwere Lügen

Vier.Zwei.Eins.
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INHALT
„Am Anfang stand der Betrug. Es folgte die Lüge. Dann war es nur noch Feigheit.
Und keiner hatte die leiseste Ahnung, in welche Katastrophe uns das alle führen würde.“
Im Sommer 1999 erleben Kit ...

INHALT
„Am Anfang stand der Betrug. Es folgte die Lüge. Dann war es nur noch Feigheit.
Und keiner hatte die leiseste Ahnung, in welche Katastrophe uns das alle führen würde.“
Im Sommer 1999 erleben Kit und Laura eine totale Sonnenfinsternis in Cornwall.
Beide sind jung und verliebt, sie sind fest davon überzeugt, dass sie noch viele solche Naturereignisse gemeinsam beobachten werden.
Im fahlen Dämmerlicht danach, als sich der Schatten auflöst, glaubt Laura etwas gesehen zu haben. Eine brutale Vergewaltigung. Doch der Mann bestreitet alles. Die Frau schweigt. Seine Aussage gegen die von Laura.
Monate nach der Gerichtsverhandlung steht die Frau plötzlich vor Lauras und Kits Tür. Schleicht sich auf merkwürdige Weise in ihr Leben. Nur Kit scheint zu sehen, was Beth Taylor wirklich ist: eine Bedrohung.
15 Jahre später leben Laura und Kit unter falschem Namen an einem geheimen Ort. Keine Kontakte in die sozialen Medien, kein Eintrag im Telefonbuch, nur gelegentliche Telefonate. Etwas liegt noch immer im Dunklen, Laura fürchtet es, und sie ahnt, dass sie nur einen Teil des Bildes sieht. Doch dann steht Beth Taylor plötzlich vor Lauras Tür. Und jetzt drängt die Wahrheit mit aller Macht ans Licht…
(Quelle Klappentext Fischer Verlag)
MEINE MEINUNG
Mit dem Roman „Vier.Zwei.Eins.“ ist der Autorin Erin Kelly ein fesselnder, clever konstruierter Psychothriller gelungen, der erst allmählich Fahrt aufnimmt, dann aber im letzten Drittel mit der Enthüllung eines komplexen Lügengeflechts nicht mehr aus der Hand zu legen ist.
Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Ich-Perspektive der zwei Protagonisten Laura und Kit. Zudem ist die Geschichte auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelt und springt permanent zwischen den Ereignissen der Vergangenheit zwischen den Jahren 1999 und 2000 sowie der Gegenwart von 2015 hin und her, so dass man anfangs die Kapitelüberschiften zur besseren Orientierung lesen sollte. Insgesamt ist der lebendige, abwechslungsreiche Erzählstil der Autorin jedoch sehr angenehm zu lesen.
Obwohl sich die Geschichte, die dramaturgisch in die fünf Phasen der Sonnenfinsternis aufgeteilt ist, sehr behutsam entwickelt, versteht es die Autorin eine gewisse Grundspannung und unheilvolle Atmosphäre aufzubauen. Lange Zeit ist es allerdings für den Leser völlig unklar, auf was die Geschichte überhaupt hinauslaufen wird. Auf der verzweifelten Suche nach den kleinsten Hinweisen und Hintergründen in den unterschiedlichen, je nach Perspektive subjektiv eingefärbten Rückblicken, erleben wir als Leser ein clever konstruiertes Verwirrspiel mit vielen Lügen und geschickt gestreuten falschen Fährten, das uns allerding recht lang auf die Folter spannt. Kaum glaubt man in einem Punkt endlich etwas mehr Durchblick zu haben, steht man vor neuen Unklarheiten und muss bald erkennen, dass nichts so ist, wie gedacht. Im letzten Drittel ziehen schließlich Tempo und Spannung enorm an. Nach einigen überraschenden Wendungen werden immer mehr fatale Verstrickungen der Charaktere offenbar. Mit der schrittweisen Enthüllung des komplexen Lügengeflechts hält die Autorin uns Leser in Atem und offenbart so manche schockierenden Abgründe der menschlichen Psyche. Der Thriller gipfelt in einem sehr packenden Finale und klingt mit einem völlig überraschenden, geschickt gewählten Ende aus, das einen ziemlich sprachlos zurück lässt.
Der Autorin ist es hervorragend gelungen, die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Charaktere mit ihren Höhen und Tiefen zu treffen. Durch die wählte Ich-Perspektive werden lange Zeit nur Bruchstücke ihrer wahren Gefühls- und Gedankenwelt offenbart und es ist an uns, auszuloten, welchen Teil ihrer geschilderten Erlebnisse wir Glauben schenken wollen und wo es angebracht ist, ihnen zu misstrauen. Daher muss man auch bei den Figuren auf so manche Überraschung und schockierende Enthüllung gefasst sein.
FAZIT
Ein fesselnder, raffiniert konstruierter Thriller mit einem faszinierenden Lügengeflecht und schockierenden Enthüllungen, der allerdings sehr langsam Fahrt aufnimmt!