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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.05.2021

Historisch sehr wichtig

Kriegskinder
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In „Kriegskinder“ lernen wir sehr viel über das Leben von einzelnen Personen, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs noch Kinder waren. Neben Erzählungen über Bombeneinschlägen, Bunkeraufenthalten und verlorene ...

In „Kriegskinder“ lernen wir sehr viel über das Leben von einzelnen Personen, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs noch Kinder waren. Neben Erzählungen über Bombeneinschlägen, Bunkeraufenthalten und verlorene Familienmitglieder sprechen die Zeitzeugen auch offen über ihre nationalsozialistische Erziehung. Sie berichten über die Hitlerjugend und das Denken ihrer Eltern, die oftmals dem Nationalsozialisten zugewandt waren. Trotz des Schrecken des Krieges wird in einigen Berichten deutlich, dass der Glaube an den Nationalsozialismus tief in der Bevölkerung verankert war. Außerdem wird über die Erlebnisse der Vertreibung aus den besetzen Ländern berichtet und wie die Angst vor der russischen Armee und die Erzählungen über die damit einhergehenden Folgen für eine stetige Wachsamkeit sorgten. Während den Vertreibungen kamen es auch zur Trennung zwischen Kindern und Eltern, die sich erst Jahre später wiederfanden. Die Darstellung zeigt die Schrecken und grausamen Erlebnisse der Kinder in Deutschland, aber macht gleichzeitig deutlich, dass der Nationalsozialismus für viele Teil ihrer verinnerlichten Ideologie war. Es entschuldigt die Taten der Nationalsozialisten nicht, bietet aber einen weiteren Einblick in die deutsche Geschichte und die Leben der Menschen, vor allem der Kinder und Jugendlichen. Ich kann das Buch allen empfehlen, die sich für Geschichte interessieren und einen näheren Einblick in das Leben der Kriegskinder bekommen wollen.

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Veröffentlicht am 20.05.2021

Wichtige Aufarbeitung der amerikanischen Geschichte

Die Nickel Boys
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Ich bin etwas geplättet vor der Thematik dieses Buchs. Durch eine einzige, gar unschuldig wirkende Handlung gerät Elwood in die Besserungsanstalt Nickel Academy. Elwood ist ein charmanter, hilfsbereiter ...

Ich bin etwas geplättet vor der Thematik dieses Buchs. Durch eine einzige, gar unschuldig wirkende Handlung gerät Elwood in die Besserungsanstalt Nickel Academy. Elwood ist ein charmanter, hilfsbereiter und intelligenter Jugendlicher, der trotz widriger Umstände Träume im Leben hat. Obwohl dieses Leben es nicht leicht mit ihm meint, verliert er nie die Hoffnung und möchte etwas aus sich machen. Doch die Geschichte meint es nicht gut mit ihm und er landet in der Besserungsanstalt, die sich als wahrer Albtraum entpuppt.

Colson Whitehead erzählt auf 236 Seiten die Geschichte der Nickel Boys und ihr Leben in der Anstalt. Dabei werden Themen wie Verletzungen, Misshandlungen, Strafarbeiten und gar Mord behandelt, die zwar nicht in ausgeschriebenen Szenen dargestellt werden, sondern oftmals nur erwähnt oder umschrieben werden. Doch gerade diese Erzählweise wirkt authentisch. Viele Erlebnisse sind zu schrecklich und werden von Betroffenen selbst nicht hervorgeholt, um die Schrecken nicht noch einmal zu durchleben. Und genau das verleiht den Ereignissen diese unfassbare Grausame. Indem Whitehead die Brutalität nur mit Worten streift, anstatt sie ungefiltert zu präsentieren, bewirkt es beim Lesen eine Gänsehaut, die einen schaudern lässt.

Neben der Besserungsanstalt wird auch der Rassismus der 1960er Jahre aufgegriffen. Vor 60 Jahren wurden Menschen noch in zwei Klassen eingeteilt und durften aufgrund ihrer Zuteilung bestimmte Dinge nicht tun. In vielen Szenen kommt der Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen gezielter zum Ausdruck, beispielsweise in der Tatsache, dass Elwood nicht in einen Vergnügungspark darf. Zudem wird im Buch oftmals die rassistische Beleidigung verwendet.

Die Geschichte wurde inspiriert von realen Besserungsanstalten, die es in den USA gab. Daher zeigt das Buch eine fiktive Geschichte, die so hätte stattfinden können. Die Erzählung ist nicht schnell gelesen, trotz der wenigen Seiten, dass die Ereignisse, die behandelt werden, einen gefühlstechnisch mitnehmen. Ich nehme definitiv etwas von der Geschichte mit und bin froh, sie gelesen zu haben. Es ist wichtig, über die Vergangenheit zu schreiben und damit den Leuten deutlich zu machen, was in der Welt passiert ist. Colson Whitehead hat mit seinem Buch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet und das in einem sehr ergreifenden Schreibstil. Also, worauf wartet ihr? Schnappt euch das Buch und überzeugt euch selbst.

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Veröffentlicht am 20.05.2021

Simona Baldelli - ich danke dir!

Die Rebellion der Alfonsina Strada
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Simona Baldelli, ich danke dir! Ich hätte ohne diesen wirklich wahnsinnig guten Roman nicht wirklich erfahren, wer Alfonsina Strada ist. Und das wäre sehr traurig, denn sie war eine großartige Radsportlerin, ...

Simona Baldelli, ich danke dir! Ich hätte ohne diesen wirklich wahnsinnig guten Roman nicht wirklich erfahren, wer Alfonsina Strada ist. Und das wäre sehr traurig, denn sie war eine großartige Radsportlerin, die auch an Radrennen für Männer teilgenommen hat. Und das zu einer Zeit, als es für Frauen noch viel schwerer war! In diesem unfassbar gut geschriebenen Roman taucht man ein in das Leben der Alfonsina Strada und muss sich erst mal gefasst machen, auf ein nicht ganz so schönes Leben. In ärmlichen Verhältnissen entdeckt Alfonsina rein zufällig die Leidenschaft fürs Fahrrad, als sie sich dieses von ihrem Vater stibitzte. Nächtelang fuhr sie damit durch die verschiedenen Dörfer und stärkte so durch ihren Körper. Durch tägliches Radfahren entwickelte sie genug Kenntnisse, um auch die ersten kleineren Radrennen zu gewinnen und nach und nach sich zu einer kleinen Berühmtheit zu entwickeln. Hört sich doch an wie eine Erfolgsgeschichte? – In Teilen. Alfonsina hatte zwar Erfolg und Vergnügen auf der Radstrecke, aber im echten Leben mit wirklichen Problemen zu kämpfen. Im Roman wird dargestellt, wie sie die Liebe und Zuneigung ihrer Familie sucht, aber stets abgeblockt wird. Selbst als sie viel Geld verdient, trifft sie auf Unverständnis. Auch der Fakt, dass sie als Frau Rad fährt und dann noch in Kleidung, die für Frauen der damaligen Zeit untypisch, wenn nicht sogar skandalös waren, sorgen für viel Klatsch und böses Gerede. Und nicht, dass das alles schon zusammen schlimm genug wäre, lauern im Roman noch einige weitere Probleme, die sie bewältigen muss.

Baldelli schreibt in einem sehr erzählerischen Stil, der auch ein paar fantastische Elemente aufweist. Alfonsinas Geschichte entwickelt sich dadurch zu einer hoffnungsfrohen, aber gleichzeitig auch traurigen Erzählung. Trotz vieler Schicksalsschläge und Problemen kann man Kraft und Zuversicht erkennen, die Alfonsina stetig weitermachen lässt. Als Protagonistin im Roman wird sie vielseitig und in unterschiedlichen Situationen dargestellt. Von der Tochter, die ihren Kopf durchsetzt, zur liebenden, aber freien Ehefrau bis hin zur alten Dame, die immer noch auf zwei Rädern durch Italien fährt, dürfen wir ihren Lebensweg begleiten. Auch wenn sie im Roman in verschiedenen Altersstufen und in unterschiedlichen Szenen gezeigt wird, bleibt sie stets eine selbstbewusste Frau, die weiß, was sie will. Die Darstellung ist Baldelli sehr gut gelungen und wirkt authentisch. Andere Figuren wirken eher etwas einseitiger, lassen aber in gewissen Augenblicken auch andere Seiten erkennen. Das tut der Geschichte keinen Abbruch, da Alfonsina dadurch noch mehr hervorgehoben wird. Ein wahres Lesevergnügen über eine mutige junge Frau, der damit ein schönes Denkmal errichtet wurde.

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Veröffentlicht am 20.05.2021

Stella Fortuna - Überlebenskünstlerin oder vom Pech verfolgt?

Die sieben oder acht Leben der Stella Fortuna
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Zunächst muss ich erstmal eine Warnung für dieses Buch aussprechen, da Themen wie sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Misshandlungen und Tod eine Rolle im Roman spielen. Falls ihr durch derartige Themen ...

Zunächst muss ich erstmal eine Warnung für dieses Buch aussprechen, da Themen wie sexueller Missbrauch, Vergewaltigung, Misshandlungen und Tod eine Rolle im Roman spielen. Falls ihr durch derartige Themen oder Beschreibungen getriggert werdet, solltet ihr dieses Buch lieber nicht lesen.

Juliet Grames schreibt über die (zweite) Stella Fortuna, deren Leben ein wenig anders verläuft als bei anderen Menschen. Denn Stella entkommt sieben oder acht Mal dem Tod und ist folglich eine echte Überlebenskünstlerin (oder ein vom Pech verfolgter Mensch). Die Arten ihrer Beinahe-Tode sind sehr unterschiedlich, aber alle in ihrer eigenen Art und Weise schlimm. Dabei sind die Beschreibungen sehr detailliert und definitiv nichts für schwache Nerven. Manchmal wollte ich gar nicht weiterlesen, weil ich schon ahnte, was passieren wird. Es war eine Mischung aus Abneigung und Neugier, dass mich während bestimmter Szenen antrieb, weiterzulesen. Denn Juliet Grames (& die Übersetzung von Werner Löcher-Lawrence) zieht einen mit ihrem Schreibstil in den Bann. Laut Klappentext soll die Geschichte auf das Leben ihrer Großmutter beruhen, aber bevor die Geschichte beginnt, betont die Autorin, dass es ein Roman sei. Mir ist nicht ganz klar geworden, inwieweit Ereignisse nun wirklich stattgefunden haben oder nicht – um ehrlich zu sein, hoffe ich es ganz stark nicht. Denn, wenn die Großmutter nur die Hälfte der Sachen in diesem Roman erlebt hat, wäre ich schon stark schockiert.

Aber abgesehen von den schrecklichen Ereignissen, die Stella Fortuna durchleben musste, war der Roman ein Highlight. Die Geschichte ist bewegend und berührend, auch wenn man manchmal einfach wütend wurde und am liebsten in die Szene eingegriffen hätte, um es zu verhindern. Juliet Grames‘ Buch macht etwas mit einem, während man die Geschichte liest. Es fühlt sich gar an, als würden die Figuren ihre Geschichte einem selbst erzählen. Und auch der Schreibstil, wie die Autorin Vorausblicke gab und sich selbst hineingeschrieben hat, ließ einen fühlen, als hätte alles tatsächlich so stattgefunden. Von der ersten bis zur letzten Seite verspürte ich in keiner einzigen Sekunde Langeweile und würde am liebsten immer weiterlesen. Die knapp 500 Seiten sind in Nullkommanichts verflogen, aber die Geschichte bleibt definitiv noch länger hängen. Möglicherweise habe ich bereits eines meiner Jahreshighlights entdeckt.

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Veröffentlicht am 10.05.2021

Man schmeckt den Kuchen beim Lesen

Bretonischer Zitronenzauber
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Ich befinde mich in der Bretagne und esse köstlichen Zitronen-Basilikum-Kuchen, während ich auf das Meer schau und mich umgeben von wunderbaren Menschen befinde. Ach, wie schön wäre das! Hannah Luis lässt ...

Ich befinde mich in der Bretagne und esse köstlichen Zitronen-Basilikum-Kuchen, während ich auf das Meer schau und mich umgeben von wunderbaren Menschen befinde. Ach, wie schön wäre das! Hannah Luis lässt einen träumen und in Gedanken an die Küste reisen. Mit Mona dürfen wir aus dem langweiligen Alltag in Deutschland ausbrechen und uns spontan ins Abenteuer stürzen. Wir lernen brummige Bretonen, sympathische Bäckerinnen und verrückte Persönlichkeiten kennen. Doch trotz der vielen unterschiedlichen Charaktere haben sie alle eins gemeinsam – man schließt sie sofort ins Herz!
Mit einem eher traurigen Thema wird die Erzählung eingeleitet, denn Monas Großmutter Fine ist gestorben. Zunächst wirkt das Buch daher nicht wie ein sommerlicher Wohlfühlroman, doch das ändert sich schnell, als Mona ein Rezept entdeckt, der sie dazu verleitet, ihre Wurzeln zu entdecken. Von da an steigert sich die positive Atmosphäre des Buchs. Mona begibt sich zunächst nur mit ihrem Hund Flint auf die Reise in die Bretagne und gabelt nach und nach Menschen auf, die genauso wie sie gutes Essen genießen. Daran erkennt sie eine verwandte Seele, was überaus charmant ist. Das Thema des Buchs ist nämlich die große Leidenschaft fürs Backen. Nicht nur löst ein Rezept die Reise überhaupt aus, nein, auch durch Gebäck kommt sie den Menschen auf ihrem Weg näher. Die süßen Leckereien werden immer wieder beschrieben, sodass es schwerfällt, nicht nebenbei das ein oder andere Kuchenstück zu verdrücken. Doch gerade die Beschreibung dieses schönen, gar sorglosen Lebens, das nur kurz durch kleinere und größere Probleme durchbrochen wird, ist genau das schöne an diesem Buch. Die Geschichte lässt einen den Alltag vergessen und für die Lesestunden zur sonnigen bretonischen Küste flüchten. Ich empfehle das Buch für alle Liebhaber*innen von entspannter, sorgloser Urlaubslektüre mit einer Prise Abenteuer, einem Hauch von Sommergefühle und einer großen Menge Liebe.

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